Führung virtueller Teams. Besonderheiten und Erfolgsfaktoren


Hausarbeit, 2010

20 Seiten, Note: 1,0


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Zielsetzung

2 Begriffliche Annäherung
2.1 Das konventionelle Team
2.2 Virtuelle Organisationsformen
2.3 Das Virtuelle Team

3 Besonderheiten Virtueller Teams
3.1 Vorteile Virtueller Teams
3.2 Kritische Faktoren in Virtuellen Teams

4 Exkurs: Stand der Forschung zur Führung

5 Implikationen für die Führung Virtueller Teams
5.1 Empfehlungen der aktuellen Forschung zur Führung Virtueller Teams
5.2 Ausgewählte Modelle zur Führung Virtueller Teams
5.2.1 Das VIST-Modell von HERTEL/KONRADT
5.2.2 Das integrative Managementmodell von KRÄMER/DEEG
5.2.3 Das multikulturelle IPO-Modell von KÖPPEL
5.3 Die wichtigsten Erfolgsfaktoren zur Führung Virtueller Teams
5.3.1 Vertrauen
5.3.2 Kommunikation
5.3.3 Koordination
5.3.4 Konfliktmanagement
5.3.5 Kulturelle Vielfalt
5.3.6 Prozessgestaltung und Dokumentation

6 Ausblick: Aufgaben für die Personalentwicklung

7 Schlussbetrachtung

1 Einleitung und Zielsetzung

Immer mehr Menschen arbeiten in Teams zusammen, ohne dass sie direkten Kontakt zu einander haben. Virtuelle Organisationsformen nehmen in den letzten Jahren einen immer größeren Stellenwert ein. Sie sind Antworten auf den Wandel der Wettbewerbsbedingungen, denn aus Kostengründen und zur Kompetenz­bündelung arbeiten Menschen virtuell, an ihren jeweiligen Standorten, zusammen. Die zunehmende Vernetzung und Verbreitung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien haben die Möglichkeiten der globalen Zusammen­arbeit erweitert. Moderne Technik macht´s möglich? Theoretisch ja, doch in der Praxis ergeben sich häufig Probleme und Grenzen, die die Folge von spezifischen Bedingungen der Virtualität sind. In dieser Arbeit möchte ich den Fokus auf die besonderen Anforderungen an die Führung solcher Teams legen:

Wie kann man virtuelle Teams erfolgreich führen und dabei ihre Besonderheiten berücksichtigen?

Mein Interesse an diesem Thema entstammt meiner praktischen Arbeit bei einem Krankenversicherer: Im Jahr 2007 wurden drei bis dahin eigenständige regionale Organisationseinheiten zu einer fusioniert, was eine Zentralisierung meiner Abteilung zur Folge hatte. Gleichwohl blieben Arbeitsplätze an den bisherigen Standorten bestehen, so dass sich virtuelle Teams bildeten. Bei diesen traten Probleme in der Zusammenarbeit auf, die es vorher so nicht gab und die die Führungskräfte mit den üblichen Methoden nicht bewältigen konnten.

Im ersten Teil dieser Hausarbeit werde ich in der gebotenen Kürze die Begrifflich­keiten Team, Gruppe und verschiedene virtuelle Organisationsformen von Virtuellen Teams abgrenzen. Um mehr Raum zu haben für die Besonderheiten der Virtualität beschränke ich mich beim Überblick zum aktuellen Stand der Forschung auf den Gebieten „Team“ und „Führung“ auf wenige, wissenschaftlich anerkannte Arbeiten. Im weiteren werde ich die Vorteile und kritische Faktoren aufzeigen, um dann daraus die wichtigsten Erfolgsfaktoren für die Führung Virtueller Teams abzuleiten. Nachdem im Hauptteil beschrieben wird, vor welchen besonderen Heraus­forderungen Führungskräfte virtueller Teams stehen, möchte ich im letzten Teil einen Ausblick darauf geben, welche Aufgaben eine professionelle Personal­entwicklung speziell für Virtuelle Teams wahrnehmen kann.

2 Begriffliche Annäherung

Um sich dem Thema „Virtuelle Teams“ zu nähern, bedarf es zunächst einer Beschreibung des konventionellen Teambegriffs (2.1). Die verschiedenen Formen der virtuellen Zusammenarbeit lassen sich dann auf die Ebene des Teams (2.2) fokussieren, um schlussendlich eine Definition Virtueller Teams (2.3) zu bilden.

2.1 Das konventionelle Team

Umgangssprachlich werden die Begriffe „Gruppe“ und „Team“ häufig synonym verwendet. Die spezifischen Merkmale von Teams gehen jedoch über die von Gruppen hinaus, so dass ein Team zwar eine Gruppe, aber nicht jede Gruppe automatisch auch ein Team ist. Gabler´s Wirtschaftslexikon[1]definiert eine (soziale) Gruppe als

„bestimmte Anzahl von Mitgliedern, die über längere Zeit miteinander ein gemeinsames Ziel verfolgen, in einem kontinuierlichen Kommunikations- und Interaktionszusammenhang stehen („Wir-Gefühl”) und gruppenspezifische Rollen, Normen und Werte ausbilden“.

Neben einem ausgeprägten Gemeinschaftsgeist sehen HEIMBURG/RADISCH[2]das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zu einem Team in dessen Existenzgrund: Die Teammitglieder sollen gemeinsam eine oder mehrere Aufgaben lösen und entwickeln ein gemeinsames Engagement dafür. Durch die "beständige Konzentration auf Leistung"[3]wird die Teamleistung auch an der Zielerreichung bzw. am Endergebnis gemessen.

2.2 Virtuelle Organisationsformen

Der Oberbegriff „Virtuelle Kooperation“ bezeichnet

"arbeitsteilige Leistungen zwischen Personen, Organisationseinheiten oder ganzen Organisationen, die auf verschiedene Orte verteilt sind und über Kommunikationsmedien miteinander in Verbindung stehen"[4].

Aufgrund der reichen Vielfalt unterschiedlicher virtueller Kooperationen ist vorweg eine Abgrenzung vonnöten. Die Ausgestaltung der Organisationsformen variiert sehr stark, vor allem (1.) hinsichtlich derBeteiligten. In der Literatur zum Thema werden unterschiedliche Begrifflichkeiten genannt, die ich für diese Hausarbeit nach folgenden Ebenen strukturieren möchte:

- individuumsbezogene Ebene des Arbeitsplatzes (Telearbeit)
- mitarbeiterbezogene Ebene des Teams (virtuelles Team)
- organisationsbezogene Ebene des Unternehmens (virtuelles Unternehmen)
- unternehmensübergreifende Ebene (virtuelle Netzwerke)

Auf allen Ebenen kann die Virtualität unterschiedlich tief ausgeprägt sein, oft abhängig vom Grad der Internationalisierung der jeweiligen Organisationen. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal virtueller Organisationsformen ist (2.) dieDauerhaftigkeit; in der Literatur scheinen am häufigsten zeitlich begrenzte Projektformen untersucht. KONRADT/HERTEL[5]differenzieren Virtuelle Teams zudem noch (3.) nach demGrad der Autonomie und Hierarchie(geführt vs. selbstorganisiert), (4.) derAbgegrenztheit(eindeutige Teamzugehörigkeit vs. wechselnd/unternehmensübergreifend) und (5.) derKomplexität(ähnliche Berufsfelder vs. diversity).

Im Rahmen dieser Hausarbeit beschränke ich mich auf die Ebene des Virtuellen Teams innerhalb einer Organisation und dort im speziellen auf die besonderen Aufgaben an die Führung eines solchen.

2.3 Das Virtuelle Team

Virtualität hat viele Facetten: Ein virtuelles Team stellt eine neue Arbeitsform innerhalb einer Organisation dar und kann durch folgende Dimensionen gekennzeichnet werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Dimensionen zur Typisierung Virtueller Teams (in Anlehnung an STRÄTGEN[6])

In dieser Hausarbeit beziehe ich mich auf folgende Definition:

Als Virtuelle Teams gelten Gruppen, "die gemeinsam eine Aufgabe im Unternehmen bearbeiten, ohne jedoch an einem gemeinsamen Standort lokalisiert zu sein"[7]. Der Austausch erfolgt "primär mittels moderner Informations- und Kommunikationstechnologien"[8].

Dabei tragen sie zusätzlich die Merkmale konventioneller Teams[9]. Für die Führungskraft besteht die Besonderheit, dass sie keinen unmittelbaren Zugriff auf die einzelnen Teammitglieder hat[10].

Die neuere Literatur trägt vor allem der Globalisierung und Internationalisierung Rechnung, indem solche Teams zumeist in einen länder- und kulturenüber­greifenden Kontext gesetzt werden. Die Eigenheiten Virtueller Teams treten jedoch immer zutage, ob die Teammitglieder 100 oder 10.000 km voneinander getrennt sind. An dieser Stelle wird auf die, durchaus große, Bedeutung kultureller Unter­schiede nicht näher eingegangen. Ein mir wichtig erscheinender Faktor, ob die Führungskraft die disziplinarische Weisungsbefugnis hat, wird in vielen Studien nicht geklärt, da nicht immer deutlich wird, ob es sich um matrixartige Projektteams oder dauerhafte Teams handelt.

Virtuelle Führung im Sinne von Führung auf Distanz realisieren Führungskräfte z.B. mit Mitarbeitern

- in verschiedenen Niederlassungen,
- bei international zusammengesetzten, länderübergreifenden Teams,
- in Telearbeit,
- von externen Dienstleistern,
- in Netzwerken und virtuellen Organisationen[11]

3 Besonderheiten Virtueller Teams

Dieses Kapitel behandelt die Besonderheiten Virtueller Teams gegenüber anderen Teams. Es geht der Frage nach, warum Organisationen Virtuelle Teams bilden (3.1) und welche Faktoren die Arbeit dieser Teams und ihrer Führungskräfte erschweren können (3.2).

3.1 Vorteile Virtueller Teams

Die Einführung Virtueller Teams hat meist unternehmensstrategische Gründe, von denen Unternehmen sich folgende Vorteile versprechen:

- hohe Flexibilität durch beliebig zusammensetzbare Projektteams
- schnelle Reaktion auf Marktveränderungen und Kundenanforderungen
- Nutzung von Expertenwissen, das am Standort nicht verfügbar wäre
- Sicherung von Wettbewerbsvorteilen durch hohe Kundennähe
- Einsparung von Zeit und Kosten (für Reisen, Zuschläge, Personal im Hochlohnland etc.)
- verkürzte Entscheidungswege durch medial unterstützte Abstimmung in Echtzeit
- höhere Mitarbeiterbindung durch Freiraum für Mitarbeiterwünsche. An dieser Stelle seien auch auf die besonderen Chancen verwiesen, die sich, vor allem selbständigen, Mitarbeitern in virtuellen Strukturen bieten: Die Arbeit als „Experte“ ist herausfordernd und erfolgt überwiegend autonom und selbstbestimmt. Eine Ausrichtung an persönlichen Bedürfnissen ist eher möglich (z.B. Wiedereinstieg nach Elternzeit mittels Telearbeit).
- hohe Transparenz der Prozesse durch die Nutzung elektronischer Medien, die in hohem Maße verschriftlichen und dokumentieren

3.2 Kritische Faktoren in Virtuellen Teams

Das amerikanische Autorenteam um O´NEILL stellt treffend fest: "They face all the normal difficulties of leading a team, plus the added complication of doing so virtually."[12]Daher seien nachfolgend die besonderen Faktoren der Virtualität und ihrer Folgen genannt, die die Effektivität Virtueller Teams beeinträchtigen können:

- fehlendes Vertrauen: Durch den reduzierten persönlichen Kontakt sind häufiger Misstrauen und Missverständnisse möglich. Räumliche Distanz bringt auch immer eine soziale Distanz mit sich.[13]
- zu geringe/fehlerhafte Kommunikation: Kommunikation kommt nur durch Aktivität der Teammitglieder zustande. Verlangsamtes Feedback bei Nutzung elektronischer Medien und die geringere Anzahl an Kommunikationskanälen[14]kann nachteilig wirken. Gerade bei interkulturellen Teams treten vermehrt Kodierungsfehler, unterschiedliche Erwartungen und Stereotype auf[15].
- erschwerte Koordination/Information: Da immer Technik zur Information benutzt werden muss, wird Vieles nicht weitergegeben oder es ist unklar, welchen Wert eine Information für den Anderen hat. Unabgestimmte und zeitlich verzögerte Reaktionen erschweren die Koordination[16]. Kommunikation findet kaum spontan, sondern nach Terminplan statt. Die Führungskräfte selbst stehen vor dem Problem, "wie sie die notwendigen Informationen über Leistung, Motivation, Kooperation und andere interpersonale Prozesse innerhalb des Teams erhalten"[17]
- Isolation/mangelnde Identifikation: Überwiegend elektronische Kontakte und fehlende direkte Kollegen können das Gefühl geben, nicht ins Team eingebunden zu sein. Mitglieder können u.U. anonym bleiben. Technik unterstützt die Teamorganisation, aber schafft noch lange keinen Teamgeist.
- abnehmende Motivation/geringe Gruppenkohäsion: Wird der Beitrag zum Teamerfolg und die Wirksamkeit eigener Handlungen nicht deutlich, kann die Arbeitsmotivation sinken. Die Entwicklung einer Teamidentität, eines „Wir-Gefühls“, gestaltet sich für Virtuelle Teams schwierig, da fördernde Rituale meist fehlen.
- interkulturelle Unterschiede: Unterschiedliche Erwartungen, Kommunikations- und Konfliktverhalten können zu Störungen führen.
- fehlende Lern- und Kooperationsbereitschaft: „Sitzt“ jeder auf seinem Wissen, gehen Innovationen zurück und Unterstützung im Team wird nicht gelebt. Virtuelle Teamstrukturen begünstigen nach SCHREYÖGG[18]oft Fehlverhalten wie die Nicht-Einhaltung von Fristen und Absprachen, ungenügende Aufgabenerledigung und die Geringschätzung von Teambelangen.

REMDISCH/UTSCH befragten 131 Führungskräfte im Rahmen einer Studie zu ihren Erfahrungen mit Führung auf Distanz: „Was sind für Sie die zentralen Nachteile bzw. Probleme einer Führung auf Distanz?“ (offene Frage mit Mehrfachnennungen) mit folgendem Ergebnis:

[...]


[1] Gabler Verlag (Hrsg.): Wirtschaftslexikon, Stichwort: Gruppe, online im Internet:
http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/55468/gruppe-v5.html abgerufen am 21.02.10

[2]vgl. VON ROSENSTIEL 2001, S. 25

[3]KATZENBACH/SMITH 1993, S. 41

[4]KONRADT/KÖPPEL 2008, S. 10

[5]vgl. KONRADT/HERTEL 2002, S. 19

[6]STRÄTGEN 2006, S. 22-24

[7]KÖPPEL 2010, S. 145

[8]HOFMANN/REGNET 2009, S. 611

[9]vgl. KONRADT/HERTEL 2002, S. 17ff.

[10]vgl. VON ROSENSTIEL 2001, S. 51

[11]vgl. HOFMANN/REGNET 2009, S. 612

[12]O´NEILL/LEWIS/HAMBLEY 2008, S. 230

[13]REMDISCH/UTSCH 2006, S. 38

[14]vgl. KONRADT/HERTEL 2002, S. 83

[15]vgl. KÖPPEL 2010, S. 149

[16]vgl. SCHREYÖGG 2009, S. 147

[17]BECKER/HESS 2002, S. 1

[18]vgl. SCHREYÖGG 2009, S. 147

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Führung virtueller Teams. Besonderheiten und Erfolgsfaktoren
Hochschule
Technische Universität Kaiserslautern  (Distance and International Studies Center - DISC)
Note
1,0
Autor
Jahr
2010
Seiten
20
Katalognummer
V173308
ISBN (eBook)
9783640934614
ISBN (Buch)
9783640934911
Dateigröße
1113 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Master-Fernstudiengang “Personalentwicklung“
Schlagworte
virtuelle Teams, Teams, Führung auf Distanz
Arbeit zitieren
Claudia Schuster (Autor:in), 2010, Führung virtueller Teams. Besonderheiten und Erfolgsfaktoren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/173308

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