Cybermobbing in Social Networks

Juvenile Praktiken und die Effekte der computervermittelten Kommunikation auf die Öffentlichkeit und Privatheit im Social Web


Tesis, 2010

108 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1 Jugend im Kontext von Medien und Sozialisation
1.1 Jugend
1.2 Selbstsozialisation im Internet 2011,

2 Jugendliche im Social Web
2.1 Web 2.0
2.2 Social Web Plattformen und Social Software
2.2.1 Netzwerkplattformen
2.2.2 Multimediaplattformen
2.2.3 Weblogs/ Podcasts/ Videocasts
2.2.4 Wikis/ Instant Messaging
2.2.5 Netiquette
2.3 Social Web Praktiken
2.3.1 Identitätsmanagement
2.3.2 Beziehungsmanagement
2.3.3 Informationsmanagement

3 Mobbing
3.1 Interpersonale Kommunikation
3.2 Definition und Merkmale von Mobbing
3.3 Formen von Mobbing
3.4 Akteure
3.4.1 Täter
3.4.2 Opfer
3.4.3 Zuschauer
3.5 Auswirkungen/ Ursachen

4 Cybermobbing
4.1 Cyberspace und Internet
4.2 Computervermittelte Kommunikation
4.2.1 Unterschiede zwischen CvK und F2FK
4.2.2 Effekte von computervermittelter Kommunikation
4.3 Definition Cybermobbing
4.3.1 Merkmale von Cybermobbing
4.3.2 Kanäle und Öffentlichkeitsgrade von Social Software
4.4 Formen von Cybermobbing
4.5 Akteure - Ursachen - Auswirkungen
4.5.1 Täter
4.5.2 Opfer
4.5.3 Zuschauer
4.6 Gesetzliche Sanktionen von Mobbinghandlungen

5 Öffentlichkeit und Privatheit in Social Networks

6 Ausblick

7 Fazit

Abbildungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Einleitung

„Megan war 13 und über beide Ohren in eine Internet-Bekanntschaft verliebt. Als ihr virtueller Freund sie plötzlich verschmähte, erhängte sich das Mädchen. Doch der virtuelle Freund war in Wahrheit eine ehemalige Freundin, die sich rächen wollte. Jetzt stehen die Täter selbst am Online-Pranger“ (Patalong 2007, Hervorheb. im Original). Ein soziales Phänomen, was bislang aus institutionellen Kontexten wie der Schule oder beruflichen Arbeitsverhältnissen bekannt ist, breitet sich im Zuge der Mediatisierung und Informatisierung in fast alle privaten Lebensbereiche der Gesellschaft aus. Mobbing, das onlinevermittelt über das Internet oder das Handy praktiziert wird, wird mit dem Begriff Cybermobbing gekennzeichnet. So werden beleidigende und bedrohende Kommentare auf Profilseiten gepostet oder diffamierende Videos und Bilder manipuliert, um sie ohne Zustimmung des Urhebers auf YouTube der Öffentlichkeit des Webs zu präsentieren. Das Metamedium Internet und die implizierten sozialen Netzwerke und Online Communities bieten Jugendlichen neue soziale Räume, um onlinevermittelt zu kommunizieren und zu interagieren. Im Social Web werden soziale Beziehungen geknüpft oder User-Generated Content hochgeladen, um ihn auf Social Web Plattformen mittels asynchronen und synchronen Kommunikationsdiensten wie Email oder Instant Messaging einem bestimmten Publikum zugänglich zu machen. Auch wenn sich durch die computervermittelte Kommunikation Vorteile für die interpersonelle Kommunikation ergeben, so begünstigen Merkmale wie die Entkörperlichung und Persistenz von Informationen ebenfalls antisoziales Verhalten wie Cybermobbing.

In dieser Arbeit wird einerseits untersucht, welchen Stellenwert das Social Web in der Lebenswirklichkeit von Jugendlichen einnimmt und welche Handlungen sie in ihm alltäglich vollziehen. So scheinen die Popularität von Social Network Sites und die Verschmelzung privater Öffentlichkeiten, neben positiven Effekten auch Sicherheitsrisiken für die interpersonelle Kommunikation im Internet zu beherbergen. Um dieser These nachzugehen, werden im Hauptteil die Unterschiede zwischen Mobbing in Face-to-Face Situationen und Cybermobbing herausgearbeitet, die sich durch die Effekte der computervermittelten Kommunikation ergeben. Anschließend werden die Veränderungen der Öffentlichkeit und Privatheit in Social Networks anhand von Beispielen erläutert, um im Ausblick die Präventions- und Interventionsansätze bzw. aktuelle Konzepte zur Minimierung von Mobbing/ Cybermobbing sowie zur Förderung der Medienkompetenz und prosozialen Verhaltens bei Jugendlichen zu erläutern.

1 Jugend im Kontext von Medien und Sozialisation

Zu Beginn dieser Arbeit wird zuerst die Lebensphase Jugend und deren zeitliche sowie inhaltliche Entwicklungsmerkmale dargestellt. Danach werden die juvenile Selbstsozialisation im Internet und die Mediennutzung von Jugendlichen[1] anhand aktueller empirischer Daten erläutert.

1.1 Jugend

Eine nähere Begriffsbestimmung von Jugend ist abhängig vom gesellschaftshistorischen Kontext, in dem Heranwachsende aufwachsen. Die Jugend ist ein soziales Konstrukt, das spezifische Denkvorstellungen von jugendlichen Umgangsformen in Bezug auf andere Generationen und Maßnahmen, die während der Erziehung von Jugendlichen angewendet werden, beinhaltet (vgl. Andresen 2005, S. 11).

Seit dem Beginn der Industriealisierung und der folgenden Bildungsexpansion werden Fähigkeiten und Fertigkeiten an die Jugendlichen weniger durch die Familie, sondern vermehrt durch Bildungsinstitutionen wie Schule und Ausbildung vermittelt. Die regressive Funktion altersheterogener Primärgruppen wie die der Familie verliert an Einfluss, hinsichtlich dessen, dass sich Jugendliche bei der Bildung- und Berufswahl nicht mehr an ihnen orientieren (vgl. Baacke 1999, S. 126; Bell 1961; Eisenstadt 1966).

Allerdings gewinnen auch informelle Lernräume wie die eher altershomogenen Peergroups und Jugendkulturen[2] sowie der Einfluss von Orientierungs- und Wertemuster, die über audiovisuelle Medien[3] wie Fernsehen und Internet vermittelt werden, sukzessiv mehr an Bedeutung für die jugendliche Genese. Die Jugendlichen universalistisch geprägter Industrienationen wachsen zu Beginn des 21. Jahrhunderts in fast vollkommen mediatisierten Informations- und Wissensgesellschaften auf, in denen es im Kontext von Wertepluralisierung auch zu einer Zunahme von Individualisierungsprozessen kommt. Die heterogenen Leitbilder des Wertepluralismus führen bei Jugendlichen universalistisch geprägter Industrienationen vermehrt zu einer Werteunsicherheit, wenn es um die Konstruktion von Identität[4] geht.

Die Rolle der Heranwachsenden ist zudem unklar definiert. EISENSTADT (1966) charakterisiert die Lebensphase Jugend als „inter-linking sphere“, einem Bindeglied zwischen festen Rollenmustern der Kindheit und des Erwachsenenalters (vgl. Baacke 1999, S. 127). Dieses Dasein ist durch eingeschränkte Rechte und Mitwirkungsmöglichkeiten geprägt. Die Jugendlichen befinden sich in einem Moratorium[5], einen Schutzraum, in dem sie eigentlich bewusst von den Anforderungen und Pflichten der Erwachsenengesellschaft befreit sind, um ihre individuelle Persönlichkeitsstruktur und Identität auszubilden. Allerdings beinhaltet ihre Lebensgestaltung vermehrt Pflichten und Verantwortungssituationen, die charakteristisch für das Erwachsenenalter sind. Beispielsweise stehen Heranwachsende in ihrer Freizeit unter einem zunehmenden Termindruck, weil sie die Teilnahme an mehreren Sport-, Musik- oder Schulveranstaltungen selbst zeitlich managen müssen. Aus der mangelnden Rollendefinition der Jugend resultiert deshalb oftmals eine emotionale und soziale Labilität, die anschließend in ein Orientierungs- und Schutzbedürfnis wechselt, welche die Jugendlichen vermehrt in altershomogenen Gruppen wie der Peergroup oder Jugendkulturen anstatt in traditionellen pädagogischen Institutionen wie der Familie zu befriedigen versuchen.

Das Entstehen und die Orientierung an Mitgliedern von Jugendkulturen, Jugendszenen[6] und sozialen Milieus[7] in realen und virtuellen[8], sozialen Räumen wie den Online Communities des Social Web ist somit eine Reaktion auf Sozialisationsdefizite der primären Sozialisationsagenturen wie Familie, Schule und Ausbildung (vgl. Baacke 1999, S. 127). Sowohl im regional begrenzten Freundeskreis wie auch in den virtuellen Social Networks und den Online Communities des Social Web[9] organisieren, kommunizieren und stilisieren sich die Jugendlichen anhand vorherrschender Werte- und Orientierungsmuster.

Die genaue zeitliche Eingrenzung der Lebensphase Jugend ist aufgrund der verlängerten Verweildauer im Bildungssystem und den daraus resultierenden relativen Grenzen dieses Lebensabschnittes nur in Abhängigkeit zu einem speziellen gesellschaftlichen Kontext möglich[10] (vgl. Ferchhoff 1999, S. 69-71). Die Begriffe Adoleszenz und Postadoleszenz kennzeichnen die Erweiterung des Jugendzeitraums, der in diesem Zusammenhang das Alter zwischen dem 15. und 28. Lebensjahr definiert. Die erfolgreiche Bewältigung von Entwicklungsaufgaben[11] soll währenddessen zu der Ausbildung einer individuellen Persönlichkeitsstruktur und stabilen Identität bei den Jugendlichen bzw. jungen Erwachsenen führen (vgl. Havighurst 1948, 1982; Erikson 1968). Die Identitätskonstruktion ist alle]rdings nicht mit dem Erreichen des Erwachsenenalters abgeschlossen. Im Zuge lebenslangen Lernens wird auch die Identität jedes Individuums während eines dynamischen Wertewandels innerhalb der Gesellschaft ständig verändert. Während der juvenilen Sozialisation soll es hingegen „durch [die] direkte oder indirekte Interaktion [mit Bezugspersonen in Schule, Freizeit und Beruf] zur Entwicklung [bzw. Weiterentwicklung] einer relativ stabilen Verhaltensdisposition“ kommen (Baacke 2007, S. 38). Das Ziel dieses Lebensabschnittes ist es somit, dass das Individuum selbstbestimmt, kritisch und reflexiv in Interaktion mit der jeweiligen sozialen Lebensumwelt unter der Beachtung gesellschaftlicher Werte- und Normvorstellungen handelt. In diesem Zusammenhang steht auch das Erlangen von kommunikativen Kompetenzen, Sozialkompetenzen, Handlungskompetenzen und Medienkompetenzen.

Die „Mediatisierung“ und „Informatisierung“ der gesellschaftlichen und privaten Lebensbereiche führt außerdem dazu, dass Identität auch online konstruiert wird (Castells 2001).

Sowohl im regional begrenzten Freundeskreis wie auch in den virtuellen Social Networks und den Online Communities des Social Web organisieren, kommunizieren und stilisieren sich die Jugendlichen anhand vorherrschender Werte- und Orientierungsmuster. Dies führt dazu, dass soziale Beziehungen auf Onlineplattformen neu geknüpft und gefestigt werden und daraus resultierend die Grenzen zwischen Realität und Virtualität verschwinden. Verhaltensweisen und Handlungen, die online getätigt werden, haben in den meisten Fällen Auswirkungen auf die Lebenswirklichkeit der Jugendlichen. Dazu zählen u.a. Gruppen, die in bestimmten Online Communities über ein spezielles Thema diskutieren, Vorlieben und Meinungen untereinander austauschen, wodurch sich auch der Lebensstil in der Realität verändert. Besonders jugendkulturelle Szenen vernetzen sich vermehrt online und planen die nächsten anstehenden regionalen oder überregionalen Events[12].

1.2 Selbstsozialisation im Internet

Die Haushalte, in denen die 12-19 Jahre jungen Heranwachsenden im Jahre 2009 leben, sind vollständig mit Mobiltelefonen, PCs bzw. Laptops ausgestattet[13]. Achtundneunzig Prozent der Haushalte verfügen über einen Internetzugang (MPFS 2009, S. 6). Diesbezüglich gibt es nur marginale Unterschiede hinsichtlich der Schulform (Hauptschüler 97%; Realschüler 98%; Gymnasiasten 99%) (MPFS 2009, S. 7). Fünfundneunzig Prozent der Heranwachsenden besitzen ein eigenes Handy und bereits 72% der Mädchen und 77% der Jungen gehört ein eigener PC oder Laptop (MPFS 2009, S. 7). Im Vergleich zur Untersuchung 2007 sind der Computerbesitz um vier Prozentpunkte und der Internetzugang um drei Prozentpunkte angestiegen. Während ihrer Freizeit nutzen 79% der Jugendlichen das Handy mehrmals pro Tag, 63% täglich den Fernseher und 65% das Internet. Davon 25% sogar mehrmals pro Woche. Das Handy wird sogar bei 79% der Jugend mehrmals am Tag genutzt (MPFS 2009, S. 16). Anhand dieser Ergebnisse wird deutlich, dass der regelmäßige Umgang mit digitalen Medien[14] zum Alltag[15] von Jugendlichen gehört.

Das Internet[16] ist ein Metamedium, was im Wesentlichen als Infrastruktur zu verstehen ist, die viele Internetdienste und -anwendungen impliziert. Personen, die über einen Internetzugang verfügen, instrumentalisieren diese Anwendungen und Dienste, um onlinevermittelt, synchron und/oder asynchron zu kommunizieren[17]. Der Zugang zum Internet, also zu dem globalen Netz an Servern, auf denen Informationen gespeichert sind, erfolgt mittels des WWW (World Wide Web). Oftmals mit dem Internet gleichgesetzt, ist es allerdings auch nur eine Webanwendung, auf die mit einer weiteren Software, einem Browser wie Mozilla Firefox, zugegriffen werden kann. Medien wie das Internet (lat. Medium= Mittel) sind Instrumente, die der Informationsübermittlung einer Nachricht zwischen Sender und Empfänger bzw. zwischen Produzenten und Rezipienten dienen. Für 87% der Jugendlichen ist die tägliche Internetnutzung wichtig (MPFS 2009, S. 19). Das Internet ist im Tagesablauf kaum bzw. im Medienvergleich von nachrangiger Bedeutung. Für zehn Prozent ist es in der Schule sowie am Arbeitsplatz und beim Lernen bzw. bei den Hausaufgaben am wichtigsten (MPFS 2009, S. 21).

Insgesamt ist auch der Medienbegriff einem stetigen Wandel ausgesetzt, da er eng an die Dynamik der technischen und sozialen Entwicklung geknüpft ist. Der anhaltende technologische Fortschritt, d.h. die Produktion immer schnellerer und anwenderfreundlicher, intuitiver Hard- und Software in den Bereichen digitaler Medien führt dazu, dass Medien wie das Internet zum festen Bestandteil im Alltag von Jugendlichen werden. Daraus ergeben sich zwangsläufig Auswirkungen auf das Handeln der juvenilen Gesellschaftsmitglieder. Das zeigt sich bereits am typischen Tagesablauf einiger Heranwachsender, dessen erste Aktion nach der Schule das Aufrufen des Freundesnetzwerkes im Internet ist, um sich für den Abend zu verabreden. Die onlinebasierende Vernetzung von sozialen Kontaktkreisen und die vermehrte Selbstdarstellung auf Social Network Sites führen dazu, dass Jugendliche während ihrer Freizeit viel länger online sind und das die Bewertung und Wahrnehmung der eigenen Person durch andere Mitglieder der Netzwerke an Bedeutung für die Identitätskonstruktion gewinnen. Die technischen Voraussetzungen bilden günstige Internettarife und schnelle Datenleitungen wie DSL, die es den Jugendlichen ermöglichen, eine unbegrenzte Menge an persönlichen Informationen wie Fotos oder Videos ins Internet hochzuladen. Die alltägliche Kommunikation in Chaträumen oder via Instant Messenger führt sogar vereinzelt dazu, dass spezielle Formen der computervermittelten Kommunikation wie Smilies oder Emoticons[18], Einzug in die realen Sprach- und Schreibgewohnheiten der Heranwachsenden erhalten, ob nun schriftlich in Klassenarbeiten oder als eine Abwandlung der Jugendsprache in der Peergroup.

Besonders soziale Medien, zu denen auch Social Network Sites wie Facebook, Myspace oder die VZ-Netzwerke (SchuelerVZ, StudiVZ, MeinVZ) gehören, sind bei Jugendlichen sehr beliebt. Im Durchschnitt nutzen 47 % der Jugendlichen das Internet zur Kommunikation in Online Communities oder über andere Social Software wie Instant Messenger. 70 Prozent der 12- bis 19-Jährigen haben auf diese Weise regelmäßig Kontakt zu anderen (täglich/mehrmals pro Woche). Gut die Hälfte sendet und empfängt mit dieser Häufigkeit Emails, etwas mehr als ein Viertel tauscht sich regelmäßig in Chatrooms aus (MPFS 2009, S. 33f.). Somit besitzen Onlinedienste einen erheblichen Anteil an der Wirklichkeitskonstruktion der Jugendlichen, da diese über Kommunikation erfolgt.

Die Zuwendung zu jugendkulturellen Szenen und die sie begleitenden Medien, wie Online Communities, stellt einen Akt der „Selbstsozialisation von Jugendlichen“ dar (Baacke 2007, S. 42). Der Begriff Selbstsozialisation kennzeichnet Prozesse, die ein hohes Maß an „Selbstorganisation, Selbstregulierung und Eigenkonstruktivität“ besitzen (Sutter 2010, S. 52). Komplementär zur Selbstsozialisation sind Prozesse der Fremdsozialisation, d.h. Institutionen oder Personen wie Eltern, Erzieher oder Ausbilder, die einen direkten Einfluss auf das zukünftige Verhalten von Kindern oder Jugendlichen nehmen wollen, damit diese ihr Handeln an einem bestehenden System von gesellschaftlichen Normen und Werten, wie das Gesetz oder politische Weltanschauung, orientieren(vgl. Sutter 2010, S. 52).

Selbstsozialisation hingegen charakterisiert einen Prozess, in dem Individuen selbstständig Einstellungen und Verhaltensdispositionen aneignen, indem sie sich eigenständig aussuchen, mit welchen physikalischen, physiologischen und sozialkulturellen Lebenswelten[19] sie interagieren. Dieser Prozess erfolgt in drei Stadien: Erstens weisen Kinder und Jugendliche sich selbst und ihrer Umgebung eigene Bedeutungen zu, um zweitens eine individuelle Handlungslogik für sich selbst zu entwerfen, auf dessen Grundlage sie drittens eigene Handlungsziele formulieren. Der Einfluss sozialen Gruppierungen und Kulturen, wie Jugendkulturen bzw. jugendkulturelle Szenen, charakterisiert Selbstsozialisation nicht als Einzelaktivität, sondern als Gruppenprozess (vgl. Baacke 2007, S. 43). Während dieses

Prozesses gleichen sie gesellschaftliche Werte und Normen mit den eigenen Überzeugungen ab, beurteilen ihr eigenes Handeln reflexiv, um anschließend ihre subjektiven Denk- und Deutungsschemata zu modifizieren. Ein Subjekt wird dadurch zu einem selbstbestimmten, kritischen und gesellschaftlich handlungsfähigen Individuum.

Der Umgang mit dem Internet erfordert Medienkompetenz, da sie dazu befähigt, die Webinhalte adäquat und sozialverantwortlich zu nutzen. Medienkompetenz beinhaltet die Ebenen der „Medienkunde“, „Mediennutzung“, „Mediengestaltung“ und „Medienkritik“[20] (Baacke 2007, S. 98-100). Der Medienumgang erfordert es, die benötigten verbalen und sozialen Fähigkeiten während der Sozialisation zu erwerben (vgl. Charlton 1997). Die Rezeptionsforschung bestätigt, dass Individuen die Medieninhalte nicht passiv rezipieren, sondern dass sie sie, entsprechend ihrer Interessenslage und Geschmacksvorlieben, die je nach sozialkultureller Gruppierung variieren können, bewusst auswählen (vgl. Bourdieu 1982, S. 17ff.; Sutter 2011, S. 53). Damit stellt bereits die Rezeption von Medieninhalten durch die subjektive Wahrnehmung audiovisueller Reize einen konstruktiven Prozess dar. Auch wenn es beim Umgang mit Massenmedien zur Rezeption bereits vorgegebener Inhalte kommt, so wird dessen Bedeutung durch den Jugendlichen selbstständig konstruiert (vgl. Sutter 2010, S. 53). Juvenile Mediennutzung kennzeichnet, dass die Akteure die entscheidende Verantwortung während ihrer Selbstsozialisation übernehmen (vgl. Fromme u.a. 1999). Die Interaktivität in den Sozialen Netzwerken des Internet ermöglicht den Jugendlichen „vielfältige Eingriffs-, Gestaltungs- und Rückmeldemöglichkeiten [...], was gleichzeitig neue Varianten der Medienkommunikation erzeugt (vgl. Wehner 1997; Sutter 2008). Durch ein umfassendes Arsenal an Social Software des Social Web wird den Heranwachsenden eine Mediennutzung ermöglicht, die sie individuell und in Kooperation mit anderen Internetusern gestalten können (vgl. Sutter 2010, S. 52).

2 Jugendliche im Social Web

Wie im vorherigen Abschnitt dargestellt, nimmt der Umgang von digitalen Medien einen wesentlichen Stellenwert im Alltag von Jugendlichen ein. In diesem Kapitel wird nun auf die Merkmale des Social Web eingegangen, in denen Jugendliche nicht nur miteinander kommunizieren, sondern auch persönliche Informationen austauschen und veröffentlichen. In diesem Zusammenhang wird zuerst der Begriff Web 2.0 und die damit verbundenen pädagogischen Hoffnungen erläutert, um danach detaillierter auf die Verwendung der Begrifflichkeiten des Social Web und der Social Software einzugehen, die Jugendliche für ihre Social Web Praktiken instrumentalisieren.

2.1 Web 2.0

Der Begriff Web 2.0 wurde erstmals von dem IT-Manager ERIC KNORR im Dezember 2003 in dem Artikel 2004 - The Year of Web Services verwendet. Für ihn kennzeichnet das Web 2.0, in Anlehnung an SCOTT DIEZEN, dem technischen Direktor von BEA Systems, die sukzessive Ausgliederung von Netzwerkdiensten, wodurch das Internet zu einer universellen, standartbasierten Plattform wird, dessen Infrastruktur des Web 1.0 auf http, TCP/IP und HTML basiert.

Als Resümee der ersten Web 2.0 Conference im Oktober 2004 definiert TIM O’REILLY das Web 2.0 in dem Artikel What is Web 2.0 als eine geschäftliche Revolution in der Computerindustrie, die auf der Auslagerung ins Internet als Plattform und dem Verstehen seiner Erfolgsregeln basiert (vgl. ebd.).

„ Web 2.0 is the business revolution in the Computer industry caused by the move to the internet as platform, and an attempt to understand the rules for success on that new platform. Chief among those rules is this: Build applications that harness network effects to get better the more people use them. (This is what I've elsewhere called "harnessing collective intelligence.") " (O’Reilly 2010, Hervorheb. im Original).

Die Begriffserweiterung „2.0“ suggeriert, in Anlehnung an die Weiterentwicklung eines Softwareprogramms, den innovativen Fortschritt der Onlinedienste und -anwendungen hinsichtlich ihres Funktionsumfangs und den daraus resultierenden Möglichkeiten für die Nutzer (vgl. Schmidt 2009, S. 11).

Beide Definitionen beinhalten außerdem den ökonomischen Aspekt des Outsourcings, bei dem vergleichbar mit dem Prinzip des Cloud Computings Arbeitsschritte von ganzen Unternehmensabteilungen oder Lerngruppen ins Internet verlagert werden. D.h. Datensätze und Textdokumente werden mittels Onlineanwendungen wie Google Docs kollektiv von mehreren Mitarbeitern eines Unternehmens oder Privatpersonen auf Servern verwaltet bzw. weiterentwickelt. O’REILLYs Formel „The Web as a platform“ weist außerdem darauf hin, dass im Internet bzw. innerhalb des WWW, das selbst eine browserabhängige Anwendung ist, die sich der Infrastruktur des Internets (Servern und Computern) bedient, vermehrt Software bereitgestellt und weiterentwickelt wird. Desktopanwendungen, die auf dem Firmencomputer oder PC installiert sind, werden zunehmend zu browserintegrierten Anwendungen, die sowohl auf Datenbanken im Internet als auch auf Dateien des lokalen Computers zugreifen können. Als Beispiele dienen einerseits des Suchmaschinenanbieters Google, der Onlineanwendungen wie Google Docs und Google Kalender anbietet, die der Organisation des Tagesablaufes oder speziell für den Arbeitseinsatz konzipiert wurden. Ein weiteres Beispiel sind Webspace-Dienste, die den Usern Speicherplatz (derzeit bis zu 200GB) auf den Providerservern zur Verfügung stellen und ebenso wie die zuvor genannten Anwendungen globales Arbeiten im Internet möglich macht, ohne dabei an lokale Ressourcen wie den PC gebunden zu sein.

Das Web 2.0 ermöglicht es ebenfalls Webdienste miteinander zu kombinieren, „die auf technischen Standards für den Austausch von Daten zwischen Anwendungen beruh[en]“ (Schmidt 2009, S. 13f.). So ermöglichen Application Programming Interfaces (API) Daten eines Dienstes wie Google Maps auf mehreren Plattformen wie holidaycheck.de einzubetten, auf dessen Seiten Nutzer Hotels bewerten und ihre Eindrücke durch Fotos veranschaulichen können.

In den Äußerungen von O’REILLY wird deutlich, dass das Web 2.0 neben dem Outsourcing von Anwendungen und der Kombination einzelner Webdienste im Wesentlichen als ein neues Geschäftsmodell konzipiert wurde. Das Konzept „the long tail“ verweist darauf, dass im Internet die Erschließung bestimmter Nischenmärkte und die Befriedigung von speziellen Bedürfnissen wie Musik oder Filmen aufgrund der kostengünstigen Lagerung und Distribution dieser medialen Güter sehr lukrativ und profitabel zu sein scheint (Anderson 2006). Das Prinzip des „User-Generated Content“ (UGC) kennzeichnet Medieninhalte, die nicht durch die professionellen Provider von Onlinediensten produziert werden, sondern in kreativer Eigenleistung durch den Internetuser selbst, der sie anschließend der Internetöffentlichkeit in sozialen Räumen wie Foren, Weblogs oder Online Communities präsentiert (vgl. Bauer 2010; OECD 2007, S. 9). Jugendliche nutzen derzeit vorzugsweise ihr Handy, um Videos oder Fotos aufzunehmen und anschließend ins Netz hochzuladen. Nutzergenerierte Inhalte werden primär für non-kommerzielle Zwecke wie die Weitergabe an Freunde produziert. Allerdings versuchen einige Anbieter wie Myvideo den UGC zu monetisieren, indem sie ihn zu Werbezwecken nutzen[21]. BRUNS (2008) fast diesbezüglich drei Strategien bzw. Geschäftsmodelle zusammen: „Harnessing the Hive“[22], „Harvesting the Hive“[23], „Hijacking the Hive“[24], die die Vermarktung nutzergenerierter Inhalte beabsichtigen (S. 30ff., Hervorheb. im Original). Aufgrund dieser Modelle wird auch kritisch von „loser - generated content“ gesprochen, bei dem der Produzent der Medieninhalte aufgrund der Vermarktung seines Erzeugnisses unfreiwillig zu einem „working consumer“ wird (Peterson 2008; vgl. Kleemann, Voß & Rieder 2008).

Das dritte Merkmal von Web 2.0 zeigt sich am Wandel der computergestützten Interaktion und Kommunikation[25]. Der Computer wird von den Usern nicht mehr nur als Maschine zur Lösung von Rechenaufgaben verstanden, sondern er ermöglicht einen Zugang zu Wissen und Information, was auf Datenbanken wie Wikipedia bereitgestellt wird und zudem in Kollaboration weiterentwickelt wird. Der Grundstein zur hypertextuellen Verknüpfung von Daten und Dokumenten wurde bereits in den 1980er Jahren durch die Forschungsgruppe am Genfer Institut CERN gelegt. Jeder Nutzer bzw. jede Personengruppe, die Informationen ins Internet hochladen und mit anderen Inhalten verknüpft, wird zu einem potentiellen Sender, die an der Konstruktion von Öffentlichkeit partizipiert. Dieser Gedanke kann von zentraler Bedeutung für die Realisierung der Demokratie sein[26] (vgl. Habermas 1990). Das Web 2.0 enthält das Leitbild vom Internet als unabhängiges Medium, das einen „dezentralen und nicht kontrollierbaren sozialen Raum“ darstellt, indem eigenen Normen und Formen der sozialen Organisation gelten, die sich gegen stattliche Kontrollen behaupten (Schmidt 2009, S. 20f.).

Während das Web 1.0 noch auf statischen und über lange Zeit bestehende HTML Seiten basierte, deren Inhalte nur durch technisch ausgebildete Web-Administratoren verändert werden konnten, so besitzen nun auch private Internetnutzer die Möglichkeit, eigene

Webinhalte einzustellen und somit gleichzeitig die Struktur und das Angebot von Webdiensten wie dem WWW (World Wide Web) mitzugestalten. Das Web 2.0 führe somit zu einer veränderten Wahrnehmung und Nutzung des Internets und seiner Anwendungen, die einerseits der Weiterentwicklung der individuellen Identität, der Kommunikation zwischen Einzelpersonen oder Gruppen sowie der Informationsverwaltung dienen[27]. Der Mediennutzer vollzieht im Zuge der interaktiven Nutzung des Internets einen Rollentausch. Er wird vom passiven Rezipienten bestimmter Medieninhalte zu einem aktiven Produzenten und Distributoren seiner eigenen Medienprodukte, falls eine monetäre Absicht besteht (vgl. Ertelt 2008, S. 51).

Zusammenfassend stellt der Begriff Web 2.0 eine Sammelbezeichnung für die innovative Entwicklung der Internettechnologien und der damit verbundenen Leitbilder des Erschließens neuer Wirtschaftszweige und Hoffnungen hinsichtlich der aktiven Partizipation einzelner Bevölkerungsgruppen am dynamischen, gesellschaftlichen Wandel dar. Allerdings ist der technologische und ökonomische Fortschritt, die durch den Zusatz 2.0 suggeriert wird, überwiegend ausgeblieben. Befürworter verweisen darauf, dass das Web 2.0 die Zusammenarbeit und den Austausch zwischen Personen sowie die Distribution von Inhalten verbessert (vgl. Tapscott & Williams 2007, S. 19). Einige Forscher warnen hingegen vor dem Verfall von Privatsphäre oder der Verbreitung von unvollständigen Information, die durch Laien auf Onlineenzyklopädien wie Wikipedia publiziert werden (vgl. Gaschke 2009; Lanier 2006). Aus technischer Perspektive existierten heutzutage populäre und häufig genutzte Web 2.0- Anwendungen wie Wikis, Weblogs oder Netzwerkplattformen bereits seit Ende der 1990er Jahre. Kommunikationsdienste wie Email und Instant Messenger werden sogar seit der Vorstufe des Internets, Ende der 1960er Jahre, für den kommunikativen Austausch zwischen einzelnen Forschungsinstituten genutzt (vgl. Schmidt 2009, S. 14f.).

2.2 Social Web Plattformen und Social Software

Im Zusammenhang mit dem Phänomen Cybermobbing[28] werden zwei Konzepte auffällig, die im Gegensatz zum Begriff Web 2.0 mehr den sozialen Charakter von Onlineanwendungen und -diensten betonen und auf das interaktive Handeln seiner Nutzer hinweisen. Das Konzept „Social Software“ kennzeichnet Anwendungssysteme, „die unter Ausnutzung von Netzwerk- und Skaleneffekten indirekte und direkte zwischenmenschliche Kommunikation (Koexistenz, Kommunikation, Koordination, Kooperation) auf breiter Basis ermöglichen und die Identität und Beziehungen ihrer Nutzer im Internet abbilde n und unterstützen“ (Koch & Richter 2009, S. 12). Der Begriff „Social Web“ nach ELLERSBACH, GLASER & HEIGL (2008) umfasst Software, die „den Informationsaustausch, den Beziehungsaufbau und deren Pflege, die Kommunikation und die kollaborative Zusammenarbeit in einem gesellschaftlichen und gemeinschaftlichen Kontext unterstützen, sowie den Daten, die dabei entstehen und den Beziehungen zwischen Menschen, die diese Anwendungen nutzen“ umfasst (S. 31). Social Software stellt also die Werkzeuge dar, mit denen im Rahmen des Social Web agiert wird.

Beiden Begriffen ist gemein, dass sie das WWW als universalen Dienst des Internets charakterisieren und den sozialen Charakter betonen, der das interaktive Handeln seiner Nutzer fördert (vgl. Schmidt 2009, S. 21). Weil der Begriff Social Software ebenfalls Instant Messaging-Systeme und Diskussionsforen erfasst, erhalten beide Begrifflichkeiten im Gegensatz zum Begriff Web 2.0 den Vorzug bei der Analyse von Cybermobbing.

2.2.1 Netzwerkplattformen

„Formal wird ein Netzwerk definiert als ein Graph aus einer endlichen Menge Knoten und den Kanten zwischen ihnen. Ein soziales Netzwerk ist demnach ein Netzwerk, dessen Knoten soziale Akteure (Personen, Gruppen) sind und dessen Kanten die Verhältnisse der Akteure zueinander abbilden“ (Kecskes & Wolf 1996, S. 34). Somit ist nicht die technischmediale Infrastruktur der Netzwerkplattformen, die zur Verwaltung der sozialen Beziehungen seiner Mitglieder dient, als soziales Netzwerk zu bezeichnen, sondern „[...]das Geflecht an miteinander verbundenen Akteuren [...] (Schmidt 2009, S. 23).

Diese Netzwerke aus Individuen, die computervermittelt miteinander interagieren bzw. kommunizieren und dabei bestimmte Informationen wie persönliche Interessen und Vorlieben miteinander austauschen, realisieren sich folglich über ein System an interpersonalen Beziehungen (vgl. Keul 1993). Dabei wird Social Software wie Email oder Instant Messenger von den Akteuren instrumentalisiert, um auf den Plattformen des Social Web online- basierend zu kommunizieren. Diesbezüglich sind der „Austausch von Profildaten und Alltäglichen ohne thematische Strukturierung“ und die Selbstdarstellung des Users wesentliche Merkmale von „social networks“ (Ertelt 2008, S. 54). Sozialer Netzwerke, in denen die Beziehungen zu den in der Kontaktliste gesammelten Freunden gepflegt werden, werden auch als “Freundesnetzwerke im Internet” bezeichnet (Neuß 2008, S. 17).

Andere Webdienstleister wie Spickmich.de, Video- Musik- oder Fotonetzwerke stellen hingegen Bewertungen in den Fokus des Interesses.

Netzwerkplattformen wie SchuelerVZ, Myspace oder Lokalisten stellen den Netzwerkakteuren[29] einen halböffentlichen Kommunikationsraum bereit, da der Zutritt zu diesem in sich geschlossenen virtuellen Areal eine Registrierung durch den Nutzer erfordert[30]. Demnach besteht die erste Tätigkeit in dem Erstellen eines Profils, das wie die meisten Betreiber empfehlen, wahrheitsgetreue, soziodemografische Informationen[31] über die eigene Person (Name, Alter, Wohnort, Schulbesuch etc.) enthalten sollte, um später auch von „Freunden“ über eine integrierte Suchfunktion gefunden werden zu können. Netzwerkplattformen erhalten neben der Option, anderen Netzwerkmitgliedern, die das eigene Profil besuchen, persönliche und möglicherweise intime Informationen explizit zu präsentieren, vor allem auch die Funktion, soziale Beziehungen zu anderen Netzwerkakteuren zu schließen. So ist oftmals zu beobachten, dass Mitglieder der VZ- Netzwerke wie SchuelerVZ oder StudiVZ über eine enorme Anzahl von sog. „Freunden“ in der Kontaktliste verfügen. ERTELT (2008) betitelt dieses Maß an geknüpften sozialen Beziehungen als „inflationär“ bzw. das stetige Sammeln von neuen Kontakten als ein Akt der „Selbst-Verortung“, der im Wesentlichen dazu diene, seinen sozialen Status aufzubessern (S. 54). So besteht die Möglichkeit, von einer prall gefüllten Kontaktliste fälschlicherweise auf eine interessante Persönlichkeit des Profilinhabers zu schließen. Die Kontaktliste würde dem entgegen nur Auskunft über die „Bestätigung von (online-) Bekanntschaften“ geben (Ertelt 2008, S. 54).

Zu den Protagonisten sozialer Netzwerke gehören Personen oder Gruppen, deren Beziehungen und Interaktionen die Eigenschaften des Netzwerks bestimmen. Ausgehend von einer handlungsorientierten Perspektive beschreibt die Bezeichnung Akteure die Beteiligten als handelnde Individuen/Gruppen, wodurch auch Konzeptualisierungen von „Einfluss“ und „Macht“ innerhalb des Netzwerks möglich werden. Anhand von visualisierten Verknüpfungen der Beziehungen (wer kennt wen über wen?) ist es ihnen möglich, innerhalb des Freundes- und Bekanntennetzwerks zu navigieren und zu interagieren (vgl. Boyd & Ellison 2007; Richter & Koch 2008).

Zu den international populärsten Netzwerkplattformen zählen Facebook und Myspace, während im deutschsprachigen Raum die Jugendlichen besonders Plattformen wie SchuelerVZ, StudiVZ oder MeinVZ (VZ-Gruppe) für die Beziehungspflege nutzen. Insgesamt lassen sich alle Netzwerkplattformen einer bestimmten Zielgruppe zuordnen. So sind die VZ- Netzwerke besonders bei Schülern und Studenten gefragt, während andere auch Lokalisten bevorzugen. Neben diesen Plattformen, die besonders auf den persönlichen Austausch und die Pflege von Beziehungen ausgelegt sind, richten sich Plattformen wie XING an Berufseinsteiger bzw. Berufstätige, die über diesen Weg ihre beruflichen Qualifikationen in einem Netzwerk von Bewerbern und Stellenausschreibungen der Unternehmen inserieren. Im Prinzip gibt es für jede Zielgruppe bzw. jede soziale Gruppierung eine äquivalente soziale Netzwerkplattform im Internet[32].

Netzwerkplattformen wie StudiVZ, SchuelerVZ, wer-kennt-wen.de oder MeinVZ bzw. Multimedia-Plattformen wie MyVideo gehörten bereits im Juni 2009 gemessen an der Zahl der Seitenaufrufe (Visits) und den Page Impressions (PI) zu den meist genutzten Social Web Angeboten hinter dem T-Online Content (IVW 2010; HORIZONTstats 2010). Gründe für diese hohen Nutzungszahlen liegen in den Profilabrufen, um User-Generated Content wie Fotos oder Videos anzuschauen bzw. aufgrund von plattforminternen Kommunikation wie Werkzeuge wie Email, Chat oder Einträge in Subgruppen, in denen sich einzelne Mitglieder über ein spezielles Thema austauschen. Im September 2010 belegten die Angebote der VZ-Gruppe zwar weiterhin Platz 2, allerdings ist die Anzahl ihrer Visits um ca. 39,8 Millionen (9,2%) im Vergleich zum Vorjahr zurückgegangen (Neises 2010). Kommunikation ist für Jugendliche das zentrale Motiv, um Social Software, aber auch vermehrt Online Communities, zu nutzen. Fünfundachtzig Prozent der Internetnutzer suchen solche Angebote zumindest selten auf; im Vergleich zu 2008 ein Anstieg um zwölf Prozentpunkte. Die regelmäßige Nutzung von Online Communities, d.h. täglich/mehrmals pro Woche, ist hingegen zwischen den Jahren 2008 und 2009 im Durchschnitt um 15% gestiegen. Davon mehr Mädchen als Jungen und zu einem größeren Anteil Jugendliche mit einer höheren Bildung. Fünfzehn Prozent der Internetuser sind in keinerlei Online-Community eingebunden (MPFS 2009, S. 45).

Wird im Internet von Social Networks oder sozialen Netzwerken gesprochen, fällt oftmals auch der Begriff der Online Community. Beide Begriffe besitzen allerdings nicht die gleiche Bedeutung. Social Networks definieren sich über die Menschen, die es verkörpern. Diese nutzen eine bestimmte Technik, in diesem Fall das Internet, um miteinander in Kontakt zu treten und zu kommunizieren. In Bezug auf das Internet erfolgt die Kommunikation computervermittelt. Somit können sich in der Realität als auch in der Virtualität einzelne Personenkreise, d.h. einzelne soziale Netzwerke, zu einem komplexen Netzwerk zusammenschließen. Online Communities hingegen, sind Gemeinschaften im Internet, die sich über ihren Inhalt definieren. Dieser Inhalt kann aus der Kommunikation mit Freunden, aus der Information über Aktivitäten des eigenen sozialen Netzwerks oder anderer Mitglieder bestehen. Gemeinschaften von Internetusern, die sich zu bestimmten Themen wie Musik, Politik oder Mode im Internet organisieren, können somit ein soziales Netzwerk darstellen. Ein Social Network muss allerdings nicht zwangsläufig auch eine Online Community sein, da es primär um die Konversation über digitale Medien von sich gegenseitig bekannten Personen geht.

2.2.2 Multimediaplattformen

SCHMIDT (2009) ergänzt die Plattformen des Social Web um „Multimedia-Plattformen“, bei denen überwiegend „das Publizieren bzw. Rezipieren von multimedialen Inhalten im Vordergrund [steht], auch wenn diese Angebote oft mit Funktionen von Netzwerkplattformen angereichert sind [...]“ (S. 23, Hervorheb. im Original). Den Nutzern ist es also ebenfalls wie auf Social Network Sites möglich, ein eigenes Profil zu erstellen und Beziehungen zu anderen Plattformmitgliedern aufzubauen, indem sie diese hinzufügen oder jemanden autorisieren, in dessen Kontaktliste aufgenommen werden zu dürfen.

Auf solchen Multimedia-Plattformen ist es möglich, ein bestimmtes Format zu rezipieren bzw. selbst zu veröffentlichen. Auf YouTube werden überwiegend kurze Videos, Fernsehmitschnitte oder Diashows von Fotos angeboten, während bei Flickr ausschließlich Fotos zu finden sind. Auch auf Plattformen wie Slideshare, auf der Präsentationen zu wissenschaftlichen und privaten Themen angeboten werden, kann UGC hochladen und veröffentlichen werden. Dies allerdings nur uneingeschränkt, wenn das Urheberrecht anderer Künstler nicht verletzt wird. Das Anbieten dieser Medieninhalte ist ansonsten nur auf Länder beschränkt, in denen die Plattformprovider über die nötigen Lizenzen verfügen[33]. Desweiteren werden auch

Audiodateien auf Plattformen wie Deezer angeboten, die allerdings ausschließlich durch den Betreiber ergänzt und verwaltet werden. Der private Internetuser erhält hier nur die Möglichkeit, Medieninhalte zu rezipieren.

Die prototypischen Anwendungen des Social Web, zu denen Plattformen und auch die in den folgenden Abschnitten dargestellte Social Software gehört, besitzen eine hybride Ausstattung und Funktionsweise. So beinhalten Plattformen wie SchuelerVZ auch Weblogs[34] oder interne Messenger, mit denen die Akteure kommunizieren können. Die vorherige kategorische Trennung erfolgte nur zu analytischen Zwecken.

2.2.3 Weblogs/ Podcasts/ Videocasts

Zur Social Software gehören neben „Weblogs“ auch „Podcasts“ (Audioinhalte) oder „Videocasts“ (audiovisuelle Inhalte), mittels dessen private User wie Jugendliche ebenfalls ihre eigenen Inhalte veröffentlichen können (Kantel 2008, S. 21-30; vgl. Menduni 2007). Weblogs, die Tagebücher im Internet, werden überwiegend mit persönlichen Eindrücken und Erfahrungen der Urheber gestaltet, anstatt das es sich um professionellen Content durch Journalisten handelt. SCHMIDT (2009) bezeichnet diese Formate als „Personal Publishing“ (S. 24). Er weist jedoch auch darauf hin, dass die Grenzen zwischen „personal“ und „professional content“ sukzessiv verschwinden, weil auch Unternehmen Formate wie Weblogs für ihre Zwecke nutzen (vgl. ebd.).

2.2.4 Wikis/ Instant Messaging

Ebenfalls zur Social Software gehören „Wikis“. Dies sind Browseranwendungen, die mittels Hypertext-Dokumenten mit anderen Seiten verlinkt und durch mehrere Internetnutzer editiert, rezensiert und verwaltet werden. Der Begriff stammt von dem hawaiianischen Adjektiv wikiwiki ab und bedeutet „schnell“ (vgl. Kantel 2008, S. 23). Das populärste Wiki ist die freie Enzyklopädie Wikipedia.

Hinzu kommen „Instant Messaging“ Anwendungen wie ICQ, MSN oder Skype, die eine synchrone Kommunikation zwischen ihren Nutzern ermöglichen (Schmidt 2009, S. 25, Hervorheb. im Original). Instant Messenger (IM) sind Clients, die der sofortigen Nachrichtenübermittlung zwischen zwei oder mehreren Individuen dienen. Diese Anwendungen können entweder als Softwareanwendung auf der Festplatte des PC installiert oder als browserintegrierte Webapplikation verwendet werden. Der User entwirft einen eigenen Nickname[35] bzw. einen Avatar[36], über den ihn seine Freunde und Bekannte im Netzwerk des IM-Betreibers finden können. Jeder User muss daraufhin den neuen Kontakt autorisieren, um mit ihm zu chatten, d.h. in Echtzeit mittels T extnachrichten zu kommunizieren oder Dateien über den Webserver miteinander auszutauschen. Im Gegensatz zum eigentlichen Chatten, das in einem Chatroom stattfindet, in dem mehrere Nutzer gleichzeitig anwesend sind und miteinander kommunizieren, erfolgt das Chatten bei IM nur im sozialen Netzwerk, d.h. zwischen den Netzwerkmitgliedern, die über ein Pseudonym in der Datenbank des Instant Messenger Betreibers registriert sind.

2.2.5 Netiquette

Auf allen Netzwerkplattformen, Online Communities und bei der Verwendung bestimmter Social Software handeln die Mitglieder kollektiv bestimmte Verhaltensregeln aus, die den respektvollen Umgang wahren sollen. Es wird dabei auch von „Netiquette“ gesprochen, die das soziale Miteinander im Internet regelt (Spaiser 2010, S. 2). Der Begriff setzt sich zusammen aus den Substantiven network und Ettiquette, womit „die Gesamtheit der allgemeinen oder in einem bestimmten Bereich geltenden Umgangsformen“ eines Netzwerks gemeint sind (Spaiser 2010, S. 3). Dazu zählen beispielsweise Umgangsformen im Rahmen einer Netzwerkplattform. Die Notwendigkeit von Netiquette ist durch die soziodemografische, kulturelle Diversität (Alter, Geschlecht, soziale Schicht, Wissenstand) begründet, die vermehrt zu kommunikativen Missverständnissen und Konflikten zwischen den Internetusern führt. Zu den zehn Grundregeln der Netiquette zählen: (1) „ Handle online nach den gleichen Werten, denen du auch im richtigen Leben folgst“; (3) „Wisse immer, wo du dich im Cyberspace befindest“; (4) „Respektiere die Zeit und Übertragungskapazität anderer“; (5) „Sorge dafür, dass du online gut aussiehst“; (6) „Lasse andere an deinem Wissen teilhaben“; (7) „Hilf’, „flame wars“ unter Kontrolle zu halten“; (9) „Missbrauche nicht deine Rechte“; (10) „Vergib’ anderen ihre Fehler“ (dies. 2010, S. 4). Leitsätze wie (2) „Vergiss nie, dass es sich Onlinekommunikation zwischen Menschen abläuft“ oder (8) „Respektiere die Privatsphäre anderer User“ stellen ein Teil eines Regelwerks dar, um einen verantwo rtungsvolle Webkommunikation zu sichern, besonders wenn diese persönliche und intime Informationen enthalten. Einige Personen missachten allerdings diese Regeln.

2.3 Social Web Praktiken

Im vorherigen Abschnitt wurden einzelne Social Web Anwendungen und Dienste getrennt voneinander analysiert. Diese Trennung ist allerdings nicht auf ihre Verwendung bzw. ihre Nutzungsweisen im Social Web zu übertragen. Bestimmte Social Software und Dienste diffundieren teilweise miteinander, da sie gleiche Funktionsweisen besitzen und in bestimmten Nutzungskontexten, wie auf Social Network Sites, miteinander verknüpft sind. Der Fokus richtet sich nun auf ihre kollektiven Nutzungsweisen, mit denen auch die partizipatorischen Rollen des Internetusers verbunden sind.

SCHMIDT, LAMPERT und SCHWINGE (2010) differenzieren zwei Nutzungsvarianten: die „aktiv-gestaltende Nutzung“ von Social Web Anwendungen (wie das Hochladen von Videos oder Verfassen eines Beitrages in einem Weblog) und die „passiv-rezipierende Nutzung“ von Medieninhalten, die durch andere User veröffentlich werden (S. 255, Hervorheb. im Original). Eine strikte Trennung zwischen beiden Nutzungsweisen bzw. Personengruppen, die entweder aktiv-gestaltend oder passiv-konsumierend handeln, sei allerdings nicht möglich (vgl. ebd.). Das zeigt sich insbesondere an der Benutzergruppe, die im Internet sowohl aktiv-gestaltend als auch passiv-rezipierend handelt. So aktualisiert beispielsweise ein Mitglied einer Online Community täglich sein Profil auf der Social Network Site, außerdem schaut er sich zur Unterhaltung auch noch Videos auf YouTube an. Diese Nutzergruppe werden als „Prosument“ betitelt, was ihre gleichzeitige Rolle als Produzent und Konsument betont (Grimm & Rhein 2007, S. 152f.).

Die Ergebnisse der JIM-Studie 2009 zeigen, dass der Anteil der aktiv-gestaltenden im Vergleich zu den passiv-konsumierenden jugendlichen Internetnutzern deutlich geringer ist[37] (MPFS 2009, S. 35). So verfassen zwölf Prozent der Heranwachsenden mindestens mehrmals pro Woche Einträge in Foren oder Newsgroups, acht Prozent stellen mit dieser Häufigkeit Fotos oder Videos online, sechs Prozent laden Musik hoch. Im Vergleich zur ARD/ZDF-Online Studie 2007 ist somit die Zahl der juvenilen Videoproduzenten bzw. audiovisuellen Medienveröffentlichungen von sechs auf acht Prozent gestiegen (vgl. Gescheidle & Fisch 2007, S. 401). Noch seltener werden eigene Post auf Twitter (4%), Weblogs[38] (4%), in Enzyklopädien oder Podcasts (je 1%) gemacht. Auch die Differenzierung nach Geschlecht oder Alter der Jugendlichen fördert kaum Nutzungsunterschiede zu Tage. Insgesamt produziert und publiziert nur ein Viertel der Jugendlichen regelmäßig UGC im Netz (mindestens einmal pro Woche: 37%) (MPFS 2009, S. 35).

Eine Erweiterung der Typologie zwischen aktiven und passiven Nutzern des Social Web haben die SWR Medienforschung und das Medienforschungsinstitut „result“ vorgenommen. Sie beziehen die Dimension des Publikums mit ein, das sowohl innerhalb eines kleineren Personenkreises mit einer festgelegten Anzahl an Kommunikationspartnern „individuelle Kommunikation“ bzw. „öffentliche Kommunikation“ betreibt, wobei letztere eine potentiell unbegrenzte Anzahl an Teilnehmern erreichen kann (vgl. Gerhards, Klinger & Trump 2008). In diesem zweidimensionalen Modell ergeben sich acht, teilweise überschneidende Nutzertypen, die sich jeweils zwischen den vier gegenüberstehenden Polen: aktiv vs. passiv sowie individuelle vs. öffentliche Kommunikation einordnen. Zu den Typen der aktiv-gestaltenden Nutzer zählen die „Produzenten“, „Selbstdarsteller“, „Profilierte“, „Spezifisch Interessierte“, „Netzwerker“ und „Kommunikatoren“, während die Gruppe der „Infosucher“ und „Unterhaltungssucher“ zu den passiv-rezeptierenden Nutzern zählen (ebd.).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Typologie der Web 2.0-Nutzer (Gerhards, Klingler & Trump 2008, S. 139).

Die aktiv partizipierenden Nutzergruppen unterscheiden sich lediglich von einander, weil sie sich wie die Netzwerker einer breiteren Öffentlichkeit zuwenden bzw. Selbstdarsteller eher gestaltend agieren. Letztendlich weist das gesamte Modell durch den Einbezug der Publikumsdimension und des Öffentlichkeitsgrades von Social Software auf die sozialen Komponenten von Social Web Praktiken hin. Es zeigt auch, dass die Onlinenutzer bestimmte aktive bzw. passive Rollen einnehmen können, die sich partiell überschneiden. Neben dem Öffentlichkeitsgrad bestimmter Anwendungen gibt es allerdings keine Auskünfte über die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die die Internetuser während ihren Handlungen im Social Web anwenden müssen, um kompetent zu agieren.

Diese Kompetenzen versucht SCHMIDT (2009) durch die analytische Kategorisierung von drei „Handlungskomponenten von Social-Web-Praktiken“ herauszuarbeiten, die sich an den Nutzerintentionen und den daraus resultierenden Verwendungsweisen von Social Software im Social Web orientieren (S. 71-103; Schmidt, Lampert & Schwinge 2010, S. 261).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2:

Handlungskomponenten im Social Web (Schmidt, Lampert & Schwinge 2010, S. 261).

Die erste Ebene des „Identitätsmanagement“ kennzeichnet die Tätigkeiten des Selektierens und Präsentierens von persönlichen Informationen wie Interessen, Meinungen, Wissensbeständen oder Erlebnissen (ebd.). Die Ebene „Beziehungsmanagement“ ist hingegen durch die Pflege von bestehenden Beziehungen bzw. durch das Knüpfen neue Kontakte charakterisiert (ebd.). Die Ebene des „Informationsmanagement“ bezeichnet Tätigkeiten, die der Suche, der Rezeption und das anschließende Verwalten von Informationen dienen (ebd.). Allen drei Begriffen ist der Zusatz „-management“ gemein. Diese Ergänzung beruht auf der Annahme, dass beispielsweise Jugendliche als aktive Nutzer im sozialen Kontext des Social Web eigenständig handeln und regelmäßig, zum Teil routiniert neue Informationen verwalten. Daraus ergeben sich wiederum unterschiedliche Anforderungen an die Individuen und ihre Handlungsausrichtung, die mit einer Differenzierung zwischen der „Selbst-, Sozial- und Sachauseinandersetzung korrespondieren“ (Schmidt 2009, S. 72; Paus-Hasebrink, Schmidt & Hasebrink 2009). Die drei Ebenen werden nun detaillierter erörtert, da sie zeigen, aus welchen Motiven Jugendliche in Social Networks handeln.

2.3.1 Identitätsmanagement

Auch das Medium Internet trägt zu heutigen Individualisierungsprozessen und damit verbunden zur Thematisierung des Selbst bei. Es vermittelt „wichtige Identitätsressourcen wie Rollenmuster oder gesellschaftlich-kulturelle Leitbilder [...] [und bietet ebenfalls] Ansatzpunkte für Selbstreflexion“, wodurch besonders Internetanwendungen zum Identitätsmanagement instrumentalisiert werden (Schmidt 2009, S. 75f.). Die Hürden sein Selbst zu präsentieren, sind im Social Web bedeutend kleiner als in vergleichbaren Massenmedien wie TV, auch wenn die Anzahl der Teilnehmer höchstwahrscheinlich geringer ist (vgl. ders. 2009 S. 76). Konstruktion von Identität ist nicht mehr wie in der Identitätsgenese auf den Transfer zwischen „psychosozialen Moratorium der Adoleszenz“ und dem Erwachsenenalter begrenzt, sondern Identitätsbildung ist ein lebenslanger Prozess (Erikson 1970). Die Rede ist von sog. „Identitätsprojekten“, in denen entweder bestimmte Zielzustände bzw. Lebensvorstellungen durch das Individuum im Aushandlungsprozess mit der sozialen Umwelt realisiert oder bereits existierende Zustände stabilisiert werden (Schmidt 2009, S. 74; vgl. Siegert & Chapman 1987).

Identitätsmanagement im Social Web ist auf vielfältige Weise möglich. Dazu zählen das Erstellen eines eigenen Profils auf einer oder mehreren Netzwerkplattformen, die Zugehörigkeit zu bestimmten thematischen Gruppen (Online Communities), das Veröffentlichen und Verlinken eines Videos, das der Internetuser selbst produziert hat (meist Handyvideos, die aufgrund ihrer minimalen Größe zwar schnell online zu stellen sind, allerdings wegen ihrer geringen Auflösung und laienhaften Produktion oft amateurhaft wirken) oder das Einfügen eines Musikvideos seines Idols in einen eigenen Weblog oder in den der Netzwerkcommunity. Anhand dieser Informationen, die den Mitgliedern der Internetgemeinde präsentiert werden, können diese nun Rückschlüsse auf die individuellen kulturellen Präferenzen, d.h. Interessen, Werte- und Normvorstellungen des Senders erhalten bzw. die Informationen kontextgebunden interpretieren. Die Selbstpräsentation im Social Web bewirkt also eine veränderte Wahrnehmung der eigenen Identität durch die anderen Onlinerezipienten.

Der Grad wie oft ein Individuum Identitätsmanagement betreibt, lässt sich neben dem aktiven, routinierten Publizieren von Informationen auch vom strukturellen und zeitlichen Rahmen ableiten, in den Selbstdarstellungen veröffentlicht werden (Schmidt 2009, S. 77). D.h., wie akribisch und regelmäßig User einen eigenen Blog (wie auf Twitter) pflegen oder sie Profilinformationen auf ihrer Netzwerkplattform aktualisieren. Desweiteren lässt auch die Qualität eines Beitrages externe Schlussfolgerungen der Rezipienten über die Intentionen des Urhebers zu. So lässt beispielsweise ein eher aufwendig und professionell produziertes Video, das auf Videoplattformen in einer künstlerischen Kategorie publiziert wird, den Schluss zu, dass sich der Urheber besonders für das Filmen und Erstellen von künstlerischen Videos interessiert bzw. viel Zeit in sein Hobby investiert.

Durch die rasche Informationsverbreitung im Internet besteht für den Urheber allerdings nicht nur die Möglichkeit in kürzester Zeit eine potentiell unbegrenzte Anzahl von Rezipienten zu erreichen (wenn Informationen auf einer komplett öffentlichen Plattform verbreitet werden), sondern es besteht gleichzeitig auch die Gefahr, die Kontrolle über die Publikationen bzw. die Anzahl an Rezipienten zu verlieren. Besonders jugendlichen Internetusern ist die Reichweite und mögliche Wirkung bestimmter privater und intimer Informationen nicht bewusst. Im Zuge der Medienwirkungskompetenz[39] ist es erstens erforderlich, im Vorfeld reflexiv und sozialverantwortlich zu selektieren, welche privaten Informationen zur eigenen Person und von bekannten Freunden im Web publiziert werden sollen. Zweitens müssen die Urheber entscheiden, welche Informationen sie welcher Öffentlichkeit im Internet präsentieren möchten. Visuelle Medieninhalte wie Partyfotos auf einer Social Network Site, auf dem die Profilinhaber betrunken dargestellt wird, könnten die Wahrnehmung der eigenen Identität durch externe Personen (zu denen auch der potentielle Arbeitgeber gehört) verzerren.

Ob die Nutzer eine authentische Selbstdarstellung im Social Web betreiben, hängt partikular von ihrer eigenen Erwartungshaltung bzw. den Anforderungen durch die einzelnen Provider ab, die sie in ihren Nutzungsbedingungen formulieren. So empfehlen die VZ-Netzwerke wie SchuelerVZ, auch bei der Online-Repräsentation wahrheitsgetreue, persönliche Angaben zur Person, wie Name oder Alter, anzugeben, um von Freunden besser gefunden werden zu können. Diese Erwartungen, die bei Plattformbetreiber immer auch an finanzielle und wirtschaftliche Aspekte geknüpft ist, wie die Datenanalyse zu Zwecken personenbezogener Werbung, werden durch einen Großteil der jungen Akteure gebrochen. Neben dem Pflegen von Freundschaften gehört die Konstruktion einer oder multipler Identitäten[40] bzw. die Erschaffung eines Avatars für Jugendliche zu den wesentlichen Anreizen, Kommunikationsplattformen wie Myspace oder Facebook zu nutzen. Sie wollen ihr Selbst darstellen. Diesbezüglich werden allerdings auch viele „Fake-Identitäten“ konstruiert, für dessen Erschaffung Motive wie die Präsentation eines idealisierten Selbst oder die Umgehung bestimmter Restriktionen eines Portals (Mindestalter bei einer Anmeldung), dienen (Döring 2003, S. 344; vgl. Schmidt 2009, S. 80).

2.3.2 Beziehungsmanagement

Wie der Publikumsaspekt bei der Thematisierung des Selbst in onlinebasierenden sozialen Netzwerken zeigt, bedingen sich Identitätsmanagement und Beziehungsmanagement gegenseitig. So kann der Beziehungsstatus auf sozialen Netzwerkplattformen ein Indiz für externe Betrachter sein, um den Wahrheitsgehalt der online präsentierten Identität anhand der Freundesanzahl abzuleiten (vgl. Schmidt 2009, S. 81-83).

Heutzutage ist ein Trend zu beobachten, dass die Zugehörigkeit zu sozialen Netzwerken für die Berufswahl oder die Kommunikation oder Freizeitgestaltung mit Freunden immer mehr an Relevanz gewinnt. Dazu hat u.a. das Leitbild des „networked individualism“ beigetragen, das Auswirkungen auf die soziale Organisation hat (Wellman 2001, 2004). Bereits SIMMEL (1992) formulierte, dass die Individualität jedes Menschen in funktional differenzierten Gesellschaften in der individuellen Kombination bestimmter sozialer Beziehung und der daraus resultierenden eigenen Position als Knotenpunkt und Verbindung mehrerer Personenkreise entsteht. Zu den Ursachen für die steigende Vernetzung einzelner Individuen zählt neben den Veränderungen der sozialen, zeitlichen und räumliche Paradigmen von Interaktion[41], auch die „Mediatisierung“, d.h. die Durchdringung gesellschaftlicher, sozialer, kultureller und ökonomischer Lebensbereiche durch mediale Kommunikation (vgl. Krotz 2007; Schmidt 2009, S. 85). Die Medien bzw. Social Software werden zunehmend für die Beziehungspflege durch die User instrumentalisiert. Das Beziehungsmanagement findet nicht mehr in Face-to-Face Situationen statt, sondern verlagert sich in die sozialen Netzwerke des Social Web. Kulturökonomisch einerseits, um berufliche Kontakte auf Online-Plattformen wie XING zu knüpfen oder um private Beziehungen wie Partnerschaften oder Freundschaften herzustellen und zu erhalten. Das Netzwerken bzw. das Beziehungsmanagement ist damit nicht zwingend auf bestimmte Inhalte begrenzt, sondern Medien werden primär dazu eingesetzt, um jegliche Art von Relation zwischen Individuen zu pflegen.

Die Wahl des Mediums innerhalb des Metamediums Internet, d.h. welche Angebote und Anwendungen verwendet werden, um zwischen einzelnen oder mehreren Individuen computervermittelt zu kommunizieren, hängt von den „technischen Eigenschaften (affordances[42] ) [ab], die in Kombination mit sozialen Konventionen und Erwartungen (also Verwendungsregeln[43] ) sowie den Merkmalen einer gegebenen Beziehung (also relationalen Aspekten)“ einzelner Medienkanäle, bestehen (Schmidt 2009, S. 87). Je nach Passung zwischen Intention und Ausstattung werden adäquate Orte, Dienste und Anwendungen zum Beziehungsmanagement instrumentalisiert. Die Kanäle wecken zudem eine bestimmte Erwartungshaltung beim Nutzer, da beispielsweise durch den Einsatz mobiler Kommunikationsmittel oftmals eine ständige Verfügbarkeit assoziiert wird[44].

Neben den Anforderungen, die Netzwerkplattformbetreiber wegen der Authentizität von nutzerbezogenen Daten stellen, bestehen beim Beziehungsmanagement ebenfalls Erwartungen hinsichtlich der Umgangsformen auf einzelnen Kanälen. Jugendliche treffen sich zwar hauptsächlich in sozialen Räumen wie SchuelerVZ, um mit ihrer Peergroup „abzuhängen“ (vgl. Boyd 2009). Andererseits ist auch das Hinzufügen neuer Kontakte gewünscht, wobei nach bestimmten Regeln vorgegangen wird. Es gilt im Allgemeinen als unhöflich, Freundschaftsanfragen abzulehnen, auch wenn sie nicht dem regionalen Freundeskreis entspringen. Das Entfernen bereits explizit gemachter sozialer Beziehungen ist ebenso verpönt, da es einerseits bei Beziehungsmanagement um die Festigung sozialer Kontakte geht und andererseits, weil eine bestimmte Anzahl an Freunden auch immer einen gewissen Beliebtheitsgrad und eine Popularität suggeriert (vgl. Golbeck 2007; Schmidt 2009, S. 88f.). Sozialpsychologische Experimente auf der Netzwerkplattform Facebook zeigen außerdem, dass das Design eines Profils sowie die darauf befindlichen Kommentare von externen Usern zur Einschätzung der Persönlichkeitsmerkmale des Accountinhabers verwendet werden (vgl. Walter et al. 2008).

2.3.3 Informationsmanagement

Heutige Gesellschaften zeichnen sich durch einen Trend zur „Informatisierung“ aus (vgl. Castells 2001; Schmidt 2009, S. 95). D.h. ähnlich wie das Konzept der Mediatisierung sind alle Lebensbereiche über die Öffentlichkeit auf der Arbeit bis in die Privatheit des Eigenheims von Informationstechnologien durchdrungen. Diese Entwicklung hat zum einen Auswirkungen auf Formen sozialer Organisation und andererseits auf die zunehmende Verwertung von Informationen (anstatt materieller Güter).

Im Social Web werden sukzessiv die Informationen ganzer Bevölkerungsgruppen abgespeichert, ausgetauscht und verbreitet. Sowohl Informationen über einzelne Profilinhaber bei Facebook oder ganze Wirtschaftszweige, die online ihre Daten austauschen, sind verfügbar. Im Internet scheint sich ein Abbild der Wirklichkeit zu befinden. Allerdings wird bei dieser Einschätzung übersehen, dass Informationen von Personen zu bestimmten Sachverhalten fehlerhaft und verzerrt dargestellt sein können. Jeder Akteur im Internet besitzt somit gleichzeitig Anteile an der Konstitution von Öffentlichkeit[45].

Neben der massenhaften Informationsverbreitung im Social Web wird auch der Abruf jeglicher Informationen zu bestimmten Themen oder einzelnen Personen begünstigt. Suchmaschinen wie Google, die das Internet nicht mehr nach bestimmten Webkatalogen, d.h. thematisch eingegrenzt das Web auf Treffer untersuchen, sondern auch Querverweise und Hyperlinks folgen, ermöglichen es, fast alle auf Servern abgespeicherten Informationen für jedermann zugänglich zu machen. Es sei denn, der Zugang erfordert eine passwortabhängige Autorisierung. Das hat natürlich massive Auswirkungen auf die Öffentlichkeit und Privatheit im Internet. Zum einen ist es möglich, dass jeder Nutzer im Abbild der Gesellschaft partizipieren kann. Also durch seine Interessen und Meinungen das Bild von Wirklichkeit verändern kann. Zum anderen wird Privatheit im Internet reduziert, weil Datenschutz auch bei Social Network Sites wie Facebook eher kontraproduktiv für die funktionale Ausrichtung der Vernetzung und damit wirtschaftlichen Rentabilität ist.

Bei der heutigen Informationsbeschaffung hat längst die Internetsuchmaschine Google mit einem deutschen Marktanteil von 94,83% eine Monopolstellung eingenommen (Justus 2010). Fast 82% der Internetuser nutzen mindestens einmal wöchentlich eine Suchmaschine, 47% geben an, mindestens einmal wöchentlich gezielt nach speziellen Angeboten zu suchen (vgl. van Eimeren & Frees 2009, S. 340). Wirtschaftliche Aspekte oder auch politische Barrieren wie das staatlich kontrollierte Internetangebot in China und die damit verbundene, eingeschränkte Zugänglichkeit von regimekritischen Internetseiten zeigen, dass Informationen instrumentalisiert werden, um soziale Gruppierungen zu kontrollieren. Informationsmanagement sollte deshalb die Fähigkeit implizieren, Medieninhalten kritisch zu hinterfragen (vgl. Baacke 2007, S. 99). In den folgenden Kapiteln zum Thema Mobbing bzw. Cybermobbing wird nun analysiert, auf welche Weise im Internet bzw. Web verfügbare persönliche Informationen missbraucht werden, um absichtlich dem sozialen Ansehen eines Individuums zu schaden.

3 Mobbing

In den folgenden Kapiteln zum Thema Mobbing bzw. Cybermobbing wird nun analysiert, auf welche Weise im Internet verfügbare persönliche Informationen missbraucht werden, um absichtlich dem sozialen Ansehen eines Individuums zu schaden. In den nächsten beiden Kapiteln wird untersucht, durch welche Merkmale sich Mobbing, das sowohl in realen, formellen als auch in informellen Lebensräumen von Jugendlichen stattfindet, definiert werden kann und inwiefern es sich von Mobbing im Internet bzw. via Mobiltelefon unterscheidet. Um die räumlichen und medialen Kontexte von Mobbing analytisch zu unterscheiden, werden daher die Begriffe „konventionelles Mobbing“ und „Cybermobbing“ verwendet. Auch wenn insgesamt das soziale Phänomen Mobbing erläutert wird. In diesem Kapitel werden nun zunächst die charakteristischen Eigenschaften der interpersonellen Kommunikation erläutert, um anschließend auf die Merkmale und Formen von konventionellen Mobbing einzugehen. Außerdem erfolgt eine Klassifikation der beteiligten Akteure, um am Ende die möglichen Auswirkungen und Ursachen von Mobbing anhand empirischer Studien zu erläutern.

3.1 Interpersonale Kommunikation

Interpersonale Kommunikation bedingt die Existenz sozialer Systeme. Denn die Individuen konstruieren ihre Lebenswirklichkeit mittels Kommunikation. Somit sind die Entwicklung und der Fortbestand einer Gesellschaft von der wechselseitigen Kommunikation ihrer Mitglieder abhängig (vgl. Hohm 2006, S. 16; Luhmann 1975, S. 190; Parsons 1966, S. 33f.).

Während das Adjektiv „interpersonal“ einen zwischen mehreren Individuen ablaufenden Prozess charakterisiert, bedeutet das Substantiv „Kommunikation“, abstammend vom lateinischen Begriff communicatio, „teilen, mitteilen oder teilnehmen lassen“ (Duden 2007). Unter Kommunikation wird zunächst die Übermittlung von Informationen bzw. einer Nachricht zwischen einem Sender und Empfänger verstanden. Dazu dienen den Produzenten bestimmte Medien wie Sprache, Text oder auch Bild und Ton. Der Sender kodiert die zu übermittelnde Information in bestimmte verbale und nonverbale Codes bzw. Symbole, die der Empfänger anschließend dekodieren muss, um die Semantik des Inhalts zu erschließen. Während des Verschlüsselungs- und Entschlüsselungsprozesses kann es dabei aufgrund von sozialkulturellen Faktoren, wie differenten Sprachgewohnheiten bzw. Begriffsbedeutungen aus unterschiedlichen regionalen Kontexten, zu Störungen der zwischenmenschlichen Kommunikation kommen. Sowohl beim Sender als auch Empfänger sind subjektive Wahrnehmungsmuster und individuelle kognitive Verarbeitungsstrategien für das Gelingen des Übermittlungsprozesses verantwortlich. Verständnisschwierigkeiten können durch „aktives Zuhören“ oder Paraphrasieren reduziert werden, indem somit ein personenzentriertes Gespräch geführt wird (Rogers 1985).

WATZLAWICK betont, dass Menschen bereits unbewusst miteinander kommunizieren, wenn sie sich gegenseitig mittels nonverbaler Codes, wie durch die Körpersprache, wahrnehmen. Daraus ergibt sich ein metakommunikatives Axiom: „Man kann nicht nicht ko mmunizieren“ (Watzlawik 1969, S. 53). WATZLAWIK weist so darauf hin, dass Kommunikation verbal, mittels der Semantik, Syntax und Pragmatik von Sprache sowie nonverbal via Mimik (Blickkontakt, Lächeln) und Gestik (Körperhaltung, -bewegungen) bzw. den Tonfall erfolgen kann. Das Verhältnis von verbaler und nonverbaler Kommunikation lässt sich an der Metapher eines Eisbergs verdeutlichen: 20% der Kommunikation wird bewusst mittels Sprache getätigt (Sachinformationen wie Fakten, Wünsche oder Gefühle). Der Anteil unbewusster, nonverbaler Kommunikation beträgt hingegen 80% (vgl. Ruch & Zimbardo 1974, S. 366).

Nach SCHULZ VON THUN (1981) enthält die „Sach-Ebene“ einer Nachricht Informationen wie Fakten und Absichten, während über die „Beziehungsebene“ sog. „Ich-Botschaften“ gesendet werden. Diese geben über das emotionale Verhältnis der Gesprächspartner Auskunft. Die Ebene der „Selbstoffenbarung“ übermittelt gleichzeitig Anhaltspunkte über die Einstellungen, Werte und Normen einer Person. Der „Apell“ einer Botschaft teilt hingegen nicht direkt etwas über die eigene Person mit, sondern soll den Gesprächspartner dazu bewegen, ein bestimmtes Verhalten auszuführen (ebd.).

Im „Sender-Empfänger Modell“ zeigt sich, dass die Kommunikationspartner während ihrer Interaktion aufeinander Bezug nehmen. Kommunikation ist demnach ein Merkmal sozialen Handelns, bei dem „[...] die soziale Handlung des Egos zu einer sozialen Handlung des Alters (nun auf Ego bezogen) [führt] [...]“ (Beck 2006, S. 41; vgl. Weber 2002, S. 1). Bei gleichzeitiger Gegenwärtigkeit ist Kommunikation somit eine zielgerichtete Handlung, bei der die Gesprächspartner bewusst mittels Zeichen und Sprache kommunizieren und in ihren Folgehandlungen auf die oppositionelle Äußerung Bezug nehmen (vgl. Burkart 1998, S. 2329; Beck 2006, S. 40). Demzufolge ist interpersonelle Kommunikation ein Bestandteil sozialer Interaktion, bei der sich die Individuen während ihres reziproken Einflusses gegenseitig, hinsichtlich ihrer Intentionen, Denkvorstellungen und Verhaltensweisen, abstimmen. Bei der physischen und geistigen Anwesenheit der Akteure wird sie auch als „Face-to-Face-Kommunikation“ (F2FK) betitelt (Delhees 1994, S. 12). Weshalb die Realisierung einer Handlungsinteraktion durch interpersonelle Kommunikation gekennzeichnet ist (vgl. Burkart 1998, S. 32).

Wenn Kommunikation negativ konnotiert ist und Gerüchte über eine Person diskutiert und an andere weiter gegeben werden, dann wird so eine soziale Interaktion als Klatsch bezeichnet. Über jemanden klatschen oder tuscheln sind Teile der Alltagskommunikation, ob bei Jugendlichen oder Erwachsenen. Wie in den nächsten Kapiteln detailliert erläutert wird, stellt das Verbreiten von negativen Gerüchten auch eine Form von Mobbing dar, um dem sozialen Ansehen einer bestimmten Person zu schädigen. Klatsch unterscheidet sich allerdings von Mobbing, weil das Opfer nicht anwesend ist bzw. nichts über die Gerüchte erfahrt. Klatsch kann ebenso Inhalt wie auch kommunikativer Prozess sein, der durch interpersonale Kommunikation geprägt ist. Klatsch lässt sich durch die Akteure realisieren, wenn erstens das „Klatschobjekt“ abwesend ist und zweitens das betroffene Individuum sowohl bei „Klatschproduzenten“ als auch „Klatschrezipienten“, wie die Mitschüler, bekannt ist (Fawzi 2009, S. 6). Der Moment, in dem über jemanden Drittes gelästert oder getuschelt wird, ist einerseits durch Privatsphäre und andererseits durch den geheimnisvollen Vollzug gekennzeichnet (vgl. Bergmann 1987, S. 67-74).

Die sozialen Funktionen von Klatsch werden in der Literatur differenziert betrachtet. So kann er zum einen als Instrument der sozialen Kontrolle verwendet werden, um auf antisoziales Verhalten aufmerksam zu machen oder den Konformitätsdruck zu erhöhen (vgl. Bergmann 1987, S. 193f.) Andererseits kann Klatsch zum Fortbestehen und zur Festigung sozialer Gruppierungen dienen, wenn durch dessen Mitglieder gruppeninterne Werte- und Normvorstellungen eingehalten und somit die Gruppe als eine soziale Einheit bestätigt wird (vgl. Gluckman 1963, S. 312f.) Die Voraussetzung dafür ist jedoch ein vorab bestehendes Gemeinschaftsgefühl (ders. S. 314). SULS (1977) vertritt hingegen die These, dass sich Gruppenmitglieder nicht ausnahmslos über die Regeln einig sein und Klatsch somit auf Disharmonie unter den Mitgliedern hinweisen würde (S. 165-168). Diesbezüglich hat FESTINGER (1954) in seiner Theorie des sozialen Vergleichs den Aspekt betont, dass Individuen ihre eigenen Dispositionen und Kompetenzen mit denen potentiell unterlegener Menschen vergleichen und bewerten. Klatsch würde in diesem Fall dazu dienen, das Selbstwertgefühl des Produzenten zu erhöhen.

[...]


[1] Aus Gründen der Lesbarkeit wird im weiteren Verlauf bei Nennungen von Personen(-gruppen) zumeist auf die sprachliche Differenzierung weiblich/männlich verzichtet. Wenn nicht explizit darauf hingewiesen wird, werden grundsätzlich beide Geschlechter angesprochen.

[2] Der Begriff ist eine Sammelbezeichnung für jugendliche Gemeinschaftformen, die ein eigenes Werte und Normensystem in Abgrenzung zu den sie umgebenden gesellschaftlichen Vorstellungen der Elterngeneration entwickeln und einen kollektiven primär ästhetischen Lebensstil teilen, aus dem ein Wir-Gefühl entsteht, das nicht ortsgebunden ist. Jugendkulturen sind zwar oftmals altershomogene Gruppen, doch stammen ihre Anhänger heute meistens aus ganz unterschiedlichen Bildungs- und Sozialmilieus. Der thematische Rahmen ist entscheidend (vgl. Baacke 1999, S. 162ff.).

[3] Audiovisuelle Medien sprechen vordergründig zwei Sinnesmodalitäten an, die Augen und/oder Ohren. Sie übermitteln Informationen via Bild und Ton. D.h. in Form von Schallwellen und /oder Bildern werden die Informationen entweder gebündelt oder separat an den Rezipienten visuell oder auditiv gesendet, der sie je nach individuellen Wahrnehmungsmuster unterschiedlich deutet. Zu den meist genutzten analogen Formen zählen der Rundfunk (Radio), Tonträger sowie Kabelfernsehen oder Videokassetten. Audiovisuelle Medien in digitaler Form sind beispielsweise DVDs (Digital Versatile Disc).

[4] „Die Wahl eines kulturellen Systems, sowie die Wahl von Elementen, die dieses System anbietet (Stile, Ro l- len, Werte, Ideologien), mit dem Ziel, das Selbst zu repräsentieren (ein Bild davon zu geben), gegenüber den Mitgliedern desselben kulturellen Systems, und, als Mitglied dieses Systems, gegenüber den Mitgliedern anderer kultureller Systeme. Die Reaktion anderer auf die so konstruierte Identität wirkt zurück auf Erfahrung und Konstruktion des Selbst des betroffenen Individuums“ (Lüscher 1997).

[5] Die Jugend wird deswegen auch als biologische, entwicklungspsychologische und sozialkulturelle Lebens phase beschrieben, die aufgrund der partiellen Befreiung von Pflichten des Erwachsenseins Merkmale eines Moratoriums aufweist (Ferchhoff 1999, S. 67-68; vgl. Andresen 2005, S.10f.).

[6] Jugendszenen oder jugendkulturelle Szenen kennzeichnen, dass sie eher apolitisch und gesellschaftsbejahend sind sowie eine partikulare Lebensweise praktizieren. Ihre Anhänger organisieren sich in Netzwerken, die meistens auf ein Thema wie eine Musikrichtung fokussiert sind. Sie teilen materieller und / oder mentaler Formen der kollektiven Selbststilisierung und stabilisieren und entwickeln ihre Gemeinsamkeiten zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten weiter. Diese Orte können beispielsweise Discos oder Musikevents sein. Die Szenekonturen sind dynamisch und verändern sich stets weiter. Abhängig von den kulturellen Präferenzen der Jugendlichen gehören die Protagonisten heute oft mehreren jugendkulturellen Szenen an (vgl. Hitzler et al. 2005, S. 20).

[7] Die Grenzen von sozialen Milieus sind fließend. Die Merkmale, nach denen die Milieuzugehörigkeit klassifi ziert werden kann, ist die soziale Lage, Werteorientierung, Lebensstile, Lebenslagen, Alltagseinstellungen, Wunschvorstellungen, Ängste und Zukunftserwartungen . Dieser Begriff wird vorrangig verwendet, weil die Bezeichnung Subkultur, (sub- = lateinisch: unter), ein Herrschaftsverhältnis zwischen einer elitären Gesellschaftsführung und unterlegenen jugendkulturellen Strömungen suggeriert (vgl. Baacke 1999, S. 125162).

[8] Eine strikte Trennung zwischen realen und virtuellen sozialen Räumen dient nur der Analyse der einzelnen Kategorien. Aufgrund der Zunahme von sozialen Beziehungen und Handlungen, die direkten Einfluss auf die Realität von Jugendlichen nehmen, verschwinden die Grenzen.

[9] Vgl. Kapitel 2.2

[10] Juristisch liegt das Alter eines Jugendlichen zwischen dem 14. und 21., in Ausnahmefallen 25. Lebensjahr, in der er eingeschränkt strafmündig ist (vgl. JStG 2003).

[11] Entwicklungsaufgaben beschreiben lebenskontextabhängige Lernanforderungen wie die „Entwicklung inte l- lektueller und sozialer Kompetenz, [...] eines Werte- und Normensystems und eines ethischen und politischen Bewusstseins sowie der emotionalen Trennung von den Eltern und Hinwendung zur altershomogenen Gleichaltrigengruppe (vgl. Havighurst 1982; Ferchhoff 1999; Zimmermann 2003, S. 177).

[12] Die Jugendlichen, die 1993 zeitgleich mit der Einführung des ersten grafikbasierenden Webbrowsers Mosaic geboren wurden, werden auch als „Digital Natives“ bezeichnet (Rolke & Höhn 2008, S. 144). Sie sind die erste Generation, in deren Leben digitale Technologien wie MP3 und insbesondere das webbrowserbasierende Internet stets verfügbar waren. Allerdings gilt zu beachten, dass die damaligen Internetanschlüsse und die Anzahl an Websites nicht mit den derzeit geschätzten sechs bis acht Milliarden Websites vergleichbar sind (van Eimeren & Frees 2008, S. 362).

[13] Der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest befragte 2009 in einer nicht-repräsentativen Studie zum Thema Jugend, Information und (Multi-) Media 1200 Jugendliche im Alter von 12-19 Jahren zu ihrem Medienumgang. Die Ergebnisse der JIM-Studie 2010 erscheinen erst am 26.11.2010 und sind daher nicht in dieser Arbeit berücksichtigt.

[14] Bei digitalen Medien werden die Information digital kodiert und encodiert, d.h. in Programmcodes bzw. Bits und Bytes. Sie sind damit das Gegenteil von analogen Medien. Durch elektronische bzw. digitale Medien lassen sich mit Hilfe von Geräten wie PCs oder Mobiltelefonen schnell und massenhaft Nachrichten verschicken bzw. empfangen. Die Datenübermittlung findet durch Formate und Anwendungen wie Emails, SMS, Instant Messaging sowie auf HTML Webseiten mittels Social Software wie Blogs und Chats statt.

[15] Unter Alltag werden hier ritualisierte Handlungen verstanden, die alltägliche Lebensvollzüge eines Individu ums enthalten (vgl. Baacke 2007, S. 52).

[16] Vgl. Kapitel 5.1

[17] Merkmale computervermittelter Kommunikation siehe Kapitel 5.1

[18] Textkürzel, die einen bestimmten Emotionszustand ausdrücken (vgl. 4.2.1)

[19] Für Menschen oder eine Gruppe die konstituierte reale Umwelt von Erfahrungen und Handlungsmöglichkei ten (vgl. Baacke 2007, S. 52).

[20] Vgl. Kapitel 6

[21] Durch die Einverständniserklärung zur AGB willig jeder User allerdings ein, dass sein UGC zu wirtschaftli chen Zwecken verwendet wird. Die Erhebung, Speicherung und Weitergabe von personenbezogenen Daten muss auf einer Rechtsgrundlage wie § 4a BDSG nach Einwilligung des informierten Benutzers beruhen (Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit 2010).

[22] Rechte und der Arbeitsaufwand des Urhebers werden respektiert (vgl. Schmidt 2009, S. 17)

[23] Der nutzergenerierte Inhalt wird durch dritte weiter vermarktet, jedoch beteiligen sie sich nicht an der Wei terentwicklung (ebd.).

[24] Die Produzenten der Inhalte müssen bei der Medienpublikation ihre Rechte an den Betreiber abgeben, der daraufhin den Inhalt zu eigenen Zwecken nutzen darf, ohne den eigentlichen Urheber an möglichem Gewinn beteiligen zu müssen (ebd.).

[25] Siehe Kapitel 4.2

[26] Habermas fokussierte sich auf die politische Partizipation von Privatleuten Ende des 19. Jahrhundert, die sich in Kaffeehäusern und Clubs trafen, um mittels Zeitungen, Büchern und Briefen öffentlich zu räsonieren (vgl. Röll 2008, S. 86).

[27] Siehe Kapitel 3.4

[28] Siehe Kapitel 4

[29] Es wird von Akteuren gesprochen, weil diese aktiv und selbstständig Informationen über ihre Persönlichkeit online stellen und weil sie ebenfalls eigenverantwortlich entscheiden können, welche neuen sozialen Bekanntschaften bzw. -kreise sie autorisieren, mit ihnen in Kontakt treten zu dürfen.

[30] Vgl. Kapitel 5.5

[31] Soziale Verzeichnisse wie StudiVZ enthalten eine Verwaltungsebene mit den Kategorien „Account“, „All gemein“, „Kontakt“, „Persönliches“ und „Arbeit“. Innerhalb dieser Abschnitte kann jeder Profilinhaber nach Belieben Informationen wie das Alter, Hobbies, Vorbilder, die Art der Ausbildung und weitere kulturelle Vorlieben wie Lieblingsfilme oder -fotos einfügen und verwalten. Ebenfalls kann das Profil durch weitere Apps (Applikationen) wie Newsticker oder eine Onlinezeitung personalisieren werden.

[32] Unter diesem Link findet sich eine nicht repräsentative Auflistung von Social Network Plattformen: http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_social_networking_websites [Stand 10.10.2010].

[33] Seit dem Urheberrechtstreit zwischen YouTube und der GEMA um die Online-Verwertungsrechte von Video- und Musikstücken sind Medieninhalte, die gegen die Auflagen verstoßen nur noch in wenigen Ländern eingeschränkt verfügbar. Die GEMA versucht derzeit die Löschung von 75 Titeln gerichtlich zu erzwingen (Spiegel Online 2010).

[34] „Weblogs“ sind Tagebücher im Internet, die von einem festen Autorenkreis bearbeitet werden, zu dessen Inhalten Kommentare von externen Benutzern verfasst werden können und bei dessen chronologischer Auflistung der aktuellste Eintrag am Zeilenkopf steht (Kantel 2008, S. 26f.).

[35] Nicknames sind Spitznamen der Nutzer, die ihre wahre Identität verschleiern oder eine neue unter Verwen dung eines Pseudonyms konstruieren (vgl. Brockhaus 2006).

[36] „Avatare sind in virtuellen Welten die grafische Darstellung des Benutzers als animierte Person. In der G e- stalt eines Avatars kann der Benutzer z. B. an Spielen (Second Life) teilnehmen und in deren Verlauf seine Gestalt verändern oder weiterentwickeln“ (Brockhaus 2006).

[37] Allerdings sind in diesen Ergebnissen die Aktivitäten in Online Communities ausgenommen.

[38] Laut empirischen Untersuchungen wie der ARD/ZDF-Online-Studie 2007 würden 76% Weblogger nur Informationen abrufen, während 24% regelmäßig Kommentare und eigene Beiträge produzieren (Gescheidle & Fisch 2007, S. 401).

[39] Vgl. Kapitel 4.5.1

[40] Jugendliche Internetuser konstruieren meist mehrere Identitäten auf onlinebasierenden Netzwerkplattformen. So sind besonders der Kontext und die Intention des Konstrukteurs dafür entscheidend, wie er sich einem bestimmten Publikum präsentieren möchte. Zur Anonymisierung der Identitäten dienen Nicknames oder Avatare.

[41] (vgl. Schmidt 2009), siehe Kapitel 3.2.2 und 4.2

[42] Alle technischen Möglichkeiten, um soziale Beziehungen zu artikulieren, einschließlich der Funktionen Beziehungsnetzwerke zu visualisieren und somit navigierbar zu machen (Schmidt 2009, S. 89-93).

[43] Siehe auch Netiquette in Kapitel 3.2.2

[44] Bei vielen Jugendlichen sind beispielsweise Instant Messenger als Hintergrundprozess aktiv, selbst wenn diejenige Person nicht online aktiv oder bereit zur synchronen Kommunikation ist.

[45] (vgl. Schmidt 2009, S. 95-100)

Final del extracto de 108 páginas

Detalles

Título
Cybermobbing in Social Networks
Subtítulo
Juvenile Praktiken und die Effekte der computervermittelten Kommunikation auf die Öffentlichkeit und Privatheit im Social Web
Universidad
Bielefeld University
Calificación
1,7
Autor
Año
2010
Páginas
108
No. de catálogo
V173401
ISBN (Ebook)
9783640936397
ISBN (Libro)
9783640936915
Tamaño de fichero
1562 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Cyber-Mobbing, Mobbing, Social Network, Social Media, Jugend, Internet, computervermittelte Kommunikation, Online-Kommunikation, Facebook, studiVZ, Täter, Opfer, Gewalt, Aggression, Social Web, Schule, Globalisierung, Computer, PC;, Pädagogik, Medienpädagogik, Universität, Diplomarbeit, Öffentlichkeit, Privatsphäre, Sicherheit, Datenklau, Web 2.0, Netzwerk, Spionage, Zukunft, Soziale Medien, Whatsapp, Smartphone, Handy, Kinder, Gefahren, Like, Wissenschaft, LTE, Mobile Daten, Android, Wlan, Zuhause, TV, Fernsehen, Prävention, Intervention, Erziehungswissenschaft, Bielefeld, Hamburg, Eltern, Gespräch, Telefonat, Belästigung, Disinhibitions Effekt, Kompetenz, Entkontextualisierung, Flaming, Harrassment, Cyberstalking, Denigration, Impersonation, Outing and Trickery
Citar trabajo
Jan-Hendrik Höcker (Autor), 2010, Cybermobbing in Social Networks, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/173401

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