Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Theoretischer Bezugsrahmen
2.1. Tierversuche
2.1.1. Draize - Test (Schleimhautverträglichkeitstest)
2.1.2. LD 50 Test (Toxizitätstest)
2.1.3. Hautreiztest
2.1.4. Gesetzlich vorgeschriebene Tests
2.1.5. Neue Prüfmethoden/ Alternativmethoden zum Tierversuch
2.1.6. Übertragbarkeit
2.1.7. Umdenken statt verzichten
2.2. IHTK
2.2.1. Tierversuche an Endprodukten
2.2.2. Stichtag 01011979
2.2.3. Quälerei und Tötung
2.2.4. Wirtschaftliche Abhängigkeit
2.2.5. Offenlegung der Lieferanten
2.2.6. Vollständige Deklaration der Inhaltsstoffe
2.2.7. Sanktion
2.3. BDIH
2.3.1. Tierversuche und Endprodukte
2.3.2. Tierversuche und Rohstoffe
2.3.3. Tierische Rohstoffe
2.4. Kommunikationsmodell
3. Methodisches Vorgehen
3.1. Forschungsleitende Fragen
3.2. Hypothesendiskussion
3.3. Untersuchungsdesign
3.3.1 Inhaltsanalyse
3.3.2. Untersuchungsablauf
3.3.3 Messinstrument
3.3.4. Untersuchungsgegenstand
3.3.5. Pretest, Validität und Reliabilität
3.3.6. Untersuchungszeitraum und Auswertungsmethode
4. Präsentation und Interpretation der Ergebnisse
4.1. Formale Kriterien der Homepage
4.1.1. Existenz der Homepage
4.1.2. Anderssprachige Homepages
4.2. Produktangebot
4.3. Zertifizierung
4.3.1. IHTK und BDIH
4.3.2. Ökotest
4.4. Kundenservice
4.4.1. Onlinebestellmöglichkeit, eigene Filialen und der Vertrieb über Händler
4.4.2. Informationen über Tierversuche an Produkten
4.4.3. Nachhaltigkeitsprojekte - Engagement
4.4.4. Unternehmensphilosophie
4.4.5. Partner/ Supporter
5. Hypothesenprüfung
6. Fazit.
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
Im Zeitalter von erneuerbaren Energien, fair trade und slow food erlebt auch die Kosmetikindustrie einen Sinneswandel ihrer Kundschaft.
Neben dem Bedarf des gesundheitsbewussten Verbrauchers, sich mit sog. „Naturkosmetik“ zu verwöhnen, die den Verzicht des Herstellers auf Inhaltsstoffe wie Propylenglykol, Silikone, synthetische Duftstoffe, Paraffine etc. suggeriert, wächst der Wunsch des Kunden nachhaltig zu konsumieren und ein „ethisch korrektes“ Produkt zu erwerben. Die Antwort der Kosmetikbranche sind zertifizierte Marken, die diesem Anspruch gerecht werden. Die Fabrikate sind frei von synthetischen Substanzen, die Herstellung ist umweltfreundlich und ressourcenschonend und auf den Einsatz von Tierversuchen wird verzichtet.
Doch die Produkte als „tierversuchsfrei“ zu bezeichnen ist nicht ganz korrekt. Laut dem Deutschen Tierschutzbund existiert kaum ein Stoff, der noch nie an Tieren getestet wurde. Selbst mit Wasser und Salz wurden Versuche an Tieren durchgeführt. Aus diesem Grund gibt es auch keine Kosmetik, die „tierversuchsfrei“ ist. Die Aussage eines Unternehmens, seine Erzeugnisse seien „tierversuchsfrei“, bedeutet, dass entweder am Endprodukt keine Tierversuche vorgenommen werden - was bei Waschmitteln und Kosmetika in Deutschland sowieso verboten ist. Oder sie meint, dass ab einem beliebig festgelegten Zeitpunkt keine Tierversuche mit den Rohstoffen gemacht werden. Auch juristisch gilt die Verwendung dieser Bezeichnung als irreführend und wurde schon mehrfach per Gerichtsentscheid verboten.[1] Die vorliegende Studie soll die Verwendung des Begriffs „tierversuchsfrei“ anhand der Analyse unterschiedlichster Herstellerhomepages genauer untersuchen. Gemeinsamkeit aller untersuchten Hersteller[2] ist die Angabe, bei der Produktion ihrer Kosmetik auf Tierversuche zu verzichten. Der Einfachheit halber wird daher in dieser Arbeit - trotz aller juristischer Bedenken - der Begriff „tierversuchsfreie Kosmetik“ auf die Erzeugnisse der untersuchten Produzenten angewandt.
Dabei ist es das Ziel der vorliegenden Studie, bestehende Differenzierungsdetails hinsichtlich der Behauptung, die angebotenen Kosmetikprodukte seien nicht an Tieren getestet, herauszuarbeiten, die Anbieter anhand ihres Internetauftrittes vorzustellen und einen Einblick in das angebotene Sortiment zu geben.
2. Theoretischer Bezugsrahmen
Die für den Konsumenten wohl entscheidende Frage ist, woran er erkennen kann, welche Kosmetikartikel nicht an Tieren getestet sind. Hierzu besteht bisher keine einheitliche Kennzeichnungspflicht. Wie die Untersuchung unterschiedlicher Homepages aufzeigt, existieren jedoch Siegel, welche die Produzenten an Vorschriften binden und somit Klarheit für den Verbraucher schaffen.
Da die vorliegende Studie Kosmetikprodukte fokussiert, welche während des gesamten Wertschöpfungsprozesses nicht an Tieren getestet werden, verzichtet der Verfasser darauf näher auf weitere Kriterien einzugehen, welche vor Vergabe des Siegels überprüft werden - dies würde den Rahmen der Studie sprengen.
Nachfolgend werden zunächst die in der Kosmetikindustrie populärsten Tierversuche vorgestellt, daraufhin neue und alternative Testverfahren angerissen und schließlich die auf den untersuchten Hersteller-Homepages vorgefundenen Siegel kurz erläutert.
2.1. Tierversuche
Ist eine neue Chemikalie für ein Kosmetikprodukt entwickelt worden, so schreibt das Chemikaliengesetz Tierversuche vor. Gesetzlich sind nachstehende Methoden vorgeschrieben:
2.1.1. Draize - Test (Schleimhautverträglichkeitstest)3
Bei diesem Test wird einem Kaninchen eine Probe der zu testenden Chemikalie ins Auge geträufelt. Da Kaninchen keine Tränenflüssigkeit absondern, bleibt die Substanz bis zur Reinigung des Auges - das sind in der Regel mindestens 24 Stunden - in konzentrierter Form im Auge. Starke Reizungen, Verätzungen und die Zerstörung des Auges sind mögliche Folgen.
2.1.2. LD 50 Test (Toxizitätstest)
Im LD 50 Test zur Charakterisierung der akuten Giftigkeit einer Chemikalie geht es darum, die Dosis zu ermitteln. Statistisch stirbt die Hälfte der Versuchstiere.[4] Die Chemikalie wird entweder ins Futter gemischt oder per Schlundsonde verabreicht. Für dieses Testverfahren werden pro zu testender Substanz mehr mindestens 30, meist mehr Säugetiere „verbraucht“. Über Tage hinweg werden die auftretenden Krämpfe, Lähmungen und andere Schädigungen protokolliert.
2.1.3. Hautreiztest
Auf geschorene und vorsätzlich verletzte Haut von Meerschweinchen oder Kaninchen wird die zu prüfende Substanz aufgetragen. Starke Hautreizungen, Entzündungen und Ekzeme können auftreten. Damit die Tiere die verwundeten Stellen nicht mit Speichel reinigen und beruhigen können, sind die Versuchstiere in Gestellen festgeschnallt oder müssen Halskrausen tragen.[5]
2.1.4. Gesetzlich vorgeschriebene Tests
Für neu entwickelte Chemikalien schreibt das deutsche Chemikaliengesetz unter anderem die Durchführung der beschriebenen Tests vor. Obwohl bereits ein annährend unüberschaubares Angebot an beispielsweise Konservierungs-, Farboder Duftstoffen besteht, muss jede noch nicht da gewesene Substanz solch einem Test unterzogen werden. Das bedeutet, dass nahezu jedes neue in den Medien beworbene Produkt eine weitere Tierversuchsreihe bewirkt hat.[6]
2.1.5. Neue Prüfmethoden/ Alternativmethoden zum Tierversuch
Für die Prüfung der Schleimhautverträglichkeit wird eine synthetische Proteinmatrix ("Eyetex" oder Cornea Model) herangezogen. Die künstlichen Schleimhäute simulieren diese des Menschen und die entsprechenden Reaktionen auf Reize.[7] [8] Des Weiteren stehen der so genannte Hühnerei-Test und ergänzend Zellkulturtests zur Verfügung.
Anstelle des Hautreiztests können Zellkulturen als Indikatoren dazu dienen zu prüfen, ob eine Substanz giftig, erbgutverändernd oder krebserregend ist. Hierzu wird ein künstliches System namens „Episkin“ herangezogen. Episkin entspricht in Aufbau und Funktion dem menschlichen Gewebe und reagiert entsprechend auf Stimulation.[9]
2.1.6. Übertragbarkeit
Tierversuchen sind nicht immer auf den Menschen übertragbar. Deutlich wird dies an zahlreichen Chemikalien, die jährlich von den vorläufigen Zulassungslisten wegen nachgewiesener Unverträglichkeit bei Testpersonen gestrichen werden. Tierversuche bieten demzufolge keine absolute Gewährleistung für die Verbrauchersicherheit - darin sind sich auch Wissenschaftler und Tierärzte einig.[10] Aus wissenschaftlicher Sicht sind die neuen Methoden den üblichen Tierversuchen sogar überlegen.
Die Ausgangsbedingungen für die Prüfung sind wesentlich exakter, denn im Gegensatz zu Tieren sind Zellkulturen und künstliche Systeme nicht abhängig von beispielsweise Wohlbefindlichkeitsschwankungen, Krankheitserregern oder genetischen Besonderheiten, die ein Testergebnis beeinflussen oder verfälschen können.[11] Bisherige Probleme bei der Übertragbarkeit sind daher mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen.
2.1.7. Umdenken statt verzichten
Für den Konsumenten ist ein Verzicht auf Kosmetik, die an Tieren getestet wird, auf keinen Fall gleichbedeutend mit dem Verzicht auf Kosmetika per se. Es gibt Siegel, welche Produzenten markieren, die bewusst auf Tierversuche verzichten. Dabei verwenden die Anbieter altbewährte Rohstoffe und Substanzen, die erfahrungsgemäß nicht zu Schäden jeglicher Art am menschlichen Körper führen. Nachfolgend sind die wichtigsten Siegel beschrieben.
2.2. IHTK
Die Abkürzung IHTK steht für „Internationaler Herstellerverband gegen Tierversuche in der Kosmetik“ e.V. Der IHTK hat in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Tierschutzbund ein Siegel entwickelt, das einen „Hase mit schützender Hand“ zeigt. Das Siegel markiert Fabrikate, welche die strengen vom IHTK und Deutschen Tierschutzbund festgelegten Kriterien erfüllen. Hierzu müssen die Produzenten eine rechtsverbindliche Erklärung abgeben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Emblem des IHTK - Quelle: IHTK
2.2.1. Tierversuche an Endprodukten
Es dürfen keine Tierversuche für Entwicklung und Herstellung der Endprodukte durchgeführt werden.
2.2.2. Stichtag 01.01.1979
Rohstoffe, die nach dem 01.01.1979 erstmals im Tierversuch getestet wurden, dürfen nicht verarbeitet werden.
Hierbei ist ausschlaggebend, dass die Substanzen vor genanntem Stichtag auf dem Markt waren, unabhängig davon, ob sie vor diesem Zeitpunkt im Tierversuch getestet wurden.12 Sämtliche Stoffe, die nach diesem Zeitpunkt verarbeitet werden, dürfen nicht im Tierversuch getestet worden sein.
Es ist dabei nicht auszuschließen, dass eine Substanz, die vor dem Stichtag bereits auf dem Markt war, nach dem Stichtag von Dritten im Tierversuch getestet wird. Sofern die mit dem IHTK Logo ausgezeichneten Produzenten mit dem betreffenden Unternehmen in keiner Verbindung stehen oder standen, ist es den Herstellern gestattet, die betreffende Substanz weiterhin zu verwenden.[13]
2.2.3. Quälerei und Tötung
Rohstoffe, die durch Tierquälerei gewonnen oder für die Tiere eigens getötet werden, wie beispielsweise Nerzöl, Walrat, Zibet, Schildkrötenöl, Seide, etc. sind nicht gestattet.[14]
2.2.4. Wirtschaftliche Abhängigkeit
Eine wirtschaftliche Abhängigkeit von Firmen, die Tierversuche durchführen oder in Auftrag geben (z.B. Pharmaindustrie) ist untersagt.[15]
2.2.5. Offenlegung der Lieferanten
Die Produzenten sind verpflichtet eine detaillierte Rohstoffliste mit Lieferantenangabe einzureichen.[16]
2.2.6. Vollständige Deklaration der Inhaltsstoffe
Die Herstellerfirmen müssen sämtlich Inhaltsstoffe des Produkts auf den jeweiligen Verpackungen oder in den Katalogen offen legen.[17]
2.2.7. Sanktion
Macht ein Produzent bewusst falsche Angaben, so droht eine Vertragsstrafe bis zu 10.000 Euro.[18]
[...]
[1] vgl. OLG Frankfurt v. 22.12.1988; OLG Düsseldorf v. 17.5.1990; LG Köln v. 5.6.1990; OLG Stuttgart v. 30.4.1999.
[2] Dabei ist anzumerken, dass neben den zu dieser Studie herangezogenen Produzenten, noch viele weitere Firmen existieren, die bei der Erzeugung ihrer Artikel auf den Einsatz von Tierversuchen verzichten. Es handelt sich vorliegend lediglich um eine stichprobenartige Auswahl von Unternehmen.
[3] vgl. Deutscher Tierschutzbund (2009), k.A.
[4] vgl. BFR (2009), k.A.; IHTK (k.A), k.A.
[5] vgl. Heinemann/ Latusseck (2007), k.A.
[6] vgl. Gericke (k.A.), k.A.
[7] vgl. Weitere interessante Ansätze: Gericke (k.A.), k.A.
[8] vgl. Manzer (2008), k.A.
[9] vgl. Merali (2007), k.A.
[10] vgl. Baumgartl-Simons (2009), k.A.
[11] vgl. Gericke (k.A.), k.A.
[12] vgl. IHTK (k.A.), k.A.
[13] vgl. IHTK (k.A.), k.A.
[14] vgl. IHTK (k.A.), k.A.
[15] vgl. IHTK (k.A.), k.A.
[16] vgl. IHTK (k.A.), k.A.
[17] vgl. IHTK (k.A.), k.A.
[18] vgl. IHTK (k.A.), k.A.