Schon die ersten beiden Seiten der „Ägyptischen Finsternis“ im „Buch Franza“ erregen Aufmerksamkeit und Staunen. Zwei Geschwister treffen in der Wüste ein und eine metaphorische Dichte erschlägt den Leser fast. Wir bemerken nicht gleich, was uns fast atemlos macht. Aber der zweite und dritte Blick offenbaren immer neue Schichten des Textes und werfen Fragen auf: Was passiert, worum geht es? Und dieses Staunen und Sich-Fragen bleibt nicht nur auf den Anfang beschränkt. Wir haben mit den ersten beiden Kapiteln („Heimkehr nach Galicien“ und „Jordanische Zeit“) das Geschwisterpaar Martin und Franza kennengelernt und durften die Ursachen für die Krankheit und das Leiden Franzas erfahren. Wir reisen mit ihnen – den durch Blut Verbündeten – durch diese Krankheit und tauchen mit der Ankunft in Ägypten noch tiefer in die Geschichte ein.
Daß so viele fesselnde Fragen auftraten, ließ mich neugierig werden und eingehender mit dem Text beschäftigen. Eine übergeordnete Rolle spielte dabei das Motiv der Wüste, mit dem ich mich auch in dieser Arbeit auseinandersetzen möchte. Sie ist quasi der Handlungsort der Kapitel „Ägyptische Finsternis (Teil I, Hauptfassung)“ und „Ägyptische Finsternis (Teil III, Hauptfassung)“ im „Buch Franza“ und scheint Auslöser bestimmter geistiger Prozesse bei Franza zu sein und die Entwicklung ihres Leidens zu beeinflussen. Auf welche Art und Weise und aus welchen Gründen will ich untersuchen.
Zuvor aber ist ein kurzer Blick auf Ingeborg Bachmanns „Todesarten“-Projekt und den Begriff „Wüste“ unumgänglich. Es steht anstatt eines Überblicks über die Biographie. Genauso sind die „Vorabbetrachtungen zur ‚Wüste‘“ keine vollständige Auseinandersetzung mit dem Begriff, sondern es ist ein „Andenken“, ein Zusammentragen von Assoziationen.
Danach möchte ich Schritt für Schritt einige „Teile“ des Motivs untersuchen, die mir als die Wichtigsten erschienen und Verständnismöglichkeiten für den Text liefern. Das Kapitel 5 ordnet dann die gewonnenen Erkenntnisse in den Kontext des „Buchs Franza“ ein, um die Bedeutung Wüste noch einmal zu verdeutlichen und das Gesagte zu vertiefen.
Methodisch werde ich mich dem Text größtenteils durch semantische Wortfeldanalyse nähern, da sie mir zu Beantwortung meiner Fragen geeigneter scheint als etwa eine psychoanalytische oder hermeneutische Analyse. Ausgangspunkt meiner Fragen waren eben Wörter oder Wortgruppen und hier spielen besonders Assoziationen und biblische oder mythische Hintergründe eine Rolle.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- EINBLICK IN DAS „TODESARTEN\"-PROJEKT
- VORABBETRACHTUNGEN ZUR „WÜSTE“
- DIE WÜSTE IN DER „ÄGYPTISCHEN FINSTERNIS“ (TEIL I UND III)
- DIE WÜSTE ALS „HEILANSTALT“ FÜR FRANZA.
- ,,DAS GROBE, UNVERLAßBARE PURGATORIUM“ ([1]: 90).
- DIE WÜSTE ALS „GEGEN-ORT“ DES „WEIBEN“...
- DIE WÜSTE ALS ORT, AN DEM FRANZA ZU RECHT KOMMT
- EINGLIEDERUNG DER „ÄGYPTISCHEN FINSTERNIS“ IN „DAS BUCH FRANZA\".
- DAS FINDEN DER SPRACHE IN DER WÜSTE
- DIE WÜSTE ALS ORT DER BEWÄLTIGUNG BZW. ERKENNTNISGEWINNUNG.
- ZUSAMMENFASSUNG: DIE BEDEUTUNG DER WÜSTENREISE
- ABSCHLUẞBEMERKUNGEN
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Rolle der Wüste in Ingeborg Bachmanns „Buch Franza“, insbesondere in den Kapiteln „Ägyptische Finsternis (Teil I, Hauptfassung)“ und „Ägyptische Finsternis (Teil III, Hauptfassung)“. Die Analyse konzentriert sich darauf, wie die Wüste die geistigen Prozesse der Protagonistin Franza beeinflusst und ihre Entwicklung des Leidens prägt.
- Die Wüste als „Heilanstalt“ für Franza
- Biblische Bezüge in der Wüste
- Die Wüste als „Gegen-Ort“ des „Weibes“
- Die Wüste als Ort der Erkenntnisgewinnung
- Die Bedeutung der Wüstenreise im Kontext von „Das Buch Franza“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung, die das Motiv der Wüste in „Das Buch Franza“ einführt und den Leser in die Geschichte von Franza und ihrem Bruder Martin einführt.
Kapitel 2 bietet einen Einblick in Ingeborg Bachmanns „Todesarten“-Projekt, wobei die Verbindung zwischen ihrer Biographie und ihrem Werk betont wird. Das Kapitel beleuchtet das Leiden der Figuren im Kontext der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und die Rolle des „Todesarten“-Zyklus in der Bewältigung dieses Leidens.
Kapitel 3 befasst sich mit dem Begriff „Wüste“ und bietet Assoziationen, die als Einstieg in die Analyse der Wüste in „Das Buch Franza“ dienen.
Kapitel 4 untersucht die Bedeutung der Wüste als „Heilanstalt“ für Franza, die biblischen Bezüge, die Rolle der Wüste als „Gegen-Ort“ des „Weibes“ und die Wüste als Ort, an dem Franza zu Recht kommt.
Kapitel 5 ordnet die gewonnenen Erkenntnisse in den Kontext des „Buchs Franza“ ein, um die Bedeutung der Wüste zu verdeutlichen und das Gesagte zu vertiefen.
Schlüsselwörter
Die Arbeit konzentriert sich auf die Analyse der Wüste als Motiv in Ingeborg Bachmanns „Buch Franza“, unter Berücksichtigung der biblischen Bezüge, der Rolle der Wüste als „Heilanstalt“ und „Gegen-Ort“, und der Auswirkungen auf die Entwicklung des Leidens der Protagonistin Franza. Themen wie die „Ägyptische Finsternis“, die „Todesarten“-Thematik, die „Heilanstalt“, „Gegen-Ort“ und der „Weiblichkeit“ bilden zentrale Punkte der Analyse.
- Arbeit zitieren
- Anja Meisner (Autor:in), 2001, Ingeborg Bachmann: Das Buch Franza, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/173891