Ich möchte verstehen, wie dieser Eindruck der Konsistenz des Selbst, den nicht nur wir, sondern auch Andere von uns haben, mit dem unbestreitbaren Einfluss, den andere Subjekte auf unsere Selbstdefinition ausüben, zu vereinbaren ist. In der vorliegenden Abhandlung sollen zu diesem Zweck unsere Handlungen, die wir in der menschlichen Gemeinschaft ausführen, untersucht werden. Dabei lasse ich mich von zwei Hypothesen leiten:
Handlungen dienen, so die erste Hypothese, als Indikatoren der Persönlichkeit, für sich und andere Subjekte.
Bedingen nun aber meine Entscheidungen, Handlungen und somit all das, was so verstanden meine Existenz ausmacht eine Form von Ethik? Im Umgang miteinander, haben die Menschen zumindest schon immer Regeln aufstellen müssen, um einen möglichst reibungslose Koexistenz zu sichern und die Überlebenschancen zu steigern. Eine Ethik der Existenz, im hier vorgestellten, traditionellen Sinne muss sich also zumindest die Frage stellen, welche Rolle die Handlungen des Einzelnen für das gute Leben in der Gesellschaft spielen. Die zweite Hypothese lautet demnach: Die Handlungen des Subjekts und damit auch seine Identität, sind nie unabhängig von der Gesellschaft in der sich das Subjekt befindet.
Die vorliegende Abhandlung möchte diese Hypothesen untersuchend herausarbeiten, inwieweit es plausibel ist davon zu sprechen, dass die Gemeinschaft die Existenz des Einzelnen durch dessen wechselseitige Handlungen im moralischen Raum, den die Gemein-schaft darstellt, formt. Ausgangspunkt sei hierzu das Ethikkonzept Søren Aabye Kierkegaards, da es die Rolle der Handlungen für die Konstitution des Selbst hervorhebt. Die zweite Komponente, dass diese Handlungen in einem gemeinschaftlichen Raum stattfinden, wird dagegen vom tiefgläubigen Kierkegaard weitgehend ignoriert, der den ethischen Aspekt seiner Theorie nur als Zwischenstation zu der subjektiven Auseinandersetzung mit Gott versteht. Seine Theorie geriet darum im Zuge der Säkularisierung in der modernen Welt größtenteils in Vergessenheit.
Deswegen wird zunächst versucht werden die erste Komponente bei Kierkegaard stark zu machen, während im zweiten Teil der Arbeit ein Kompromiss diskutiert wird, ob, bildlich gesprochen, an die Stelle Gottes nicht menschliche Gemeinschaftsstrukturen gesetzt werden könnten. Diese werden am Beispiel der Theorie des Philosophen und Psychologen George Herbert Mead eingeführt werden, der die Sozialität des Menschen betont.
Inhaltsverzeichnis
- Zur Themenstellung
- Zur Notwendigkeit in den Spiegel der Gesellschaft zu blicken
- Kierkegaards Existenz-Theorie - Der blinde Spiegel
- Gott ist tot
- Die ganze Welt ist Bühne - Einladung zum Maskenball
- Meads Entwurf eines Spiegels der Gesellschaft
- Meads Existenz-Theorie.
- Das,,I\" im,,me\" - Meads schwacher Externalismus........
- Kierkegaard in Meads Spiegel der Gesellschaft.
- Verhalten ist nicht gleich Verhalten...........
- Ein fragwürdiger ethischer Imperativ.
- Die Rache Gottes.....
- Schluss -,,Nur im Tun, kann man das Leben gewinnen“.
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Abhandlung untersucht, inwieweit die menschliche Gemeinschaft die Existenz des Einzelnen durch dessen Handlungen im moralischen Raum formt. Sie konzentriert sich auf die Ethik-Theorie von Søren Aabye Kierkegaard und untersucht die Rolle der Handlungen für die Konstitution des Selbst. Dabei wird der Einfluss der Gesellschaft auf diese Handlungen, welcher bei Kierkegaard vernachlässigt wird, durch die Theorie von George Herbert Mead beleuchtet. Die Arbeit versucht, ein mögliches Verständnis der Natur des Selbst zu illustrieren, ohne dieses Phänomen abschließend zu klären.
- Die Rolle der Handlungen für die Konstitution des Selbst
- Der Einfluss der Gesellschaft auf das Selbst
- Die Bedeutung von Ethik für die Existenz in der Gesellschaft
- Die Modernisierung von Kierkegaards "Ethik der Existenz" zu einer "Ethik der Gesellschaft"
- Die Frage nach dem Selbst und seiner Definition
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Zur Themenstellung: Die Einleitung stellt die Frage nach der Natur des Selbst und dem Einfluss der Gesellschaft auf die Selbstdefinition. Es wird argumentiert, dass unsere Handlungen als Indikatoren unserer Persönlichkeit dienen und dass unsere Identität nie unabhängig von der Gesellschaft ist.
- Kapitel 2: Zur Notwendigkeit in den Spiegel der Gesellschaft zu blicken: Dieses Kapitel untersucht Kierkegaards Existenz-Theorie und seine Sichtweise auf die Rolle der Handlungen. Es werden die Konzepte von „Gott ist tot“ und „Die ganze Welt ist Bühne“ im Kontext der Selbstfindung beleuchtet.
- Kapitel 3: Meads Entwurf eines Spiegels der Gesellschaft: Dieses Kapitel führt die Theorie des Philosophen und Psychologen George Herbert Mead ein, der die Sozialität des Menschen betont. Meads Theorie des „I“ im „me“ und sein schwacher Externalismus werden im Hinblick auf die Selbstdefinition in der Gesellschaft vorgestellt.
- Kapitel 4: Kierkegaard in Meads Spiegel der Gesellschaft: Dieses Kapitel analysiert die Theorie von Kierkegaard im Lichte von Meads Gedanken zur Gesellschaft. Es wird argumentiert, dass Kierkegaards Theorie der „Ethik der Existenz“ modernisierbar ist und dass die Gesellschaft eine wichtige Rolle in der Konstitution des Selbst spielt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit befasst sich mit den Begriffen „Selbst“, „Identität“, „Existenz“, „Ethik“, „Gesellschaft“, „Handlung“, „Kierkegaard“, „Mead“, „Externalismus“, „Socialität“ und der Frage nach der Selbstdefinition im Kontext sozialer Interaktion. Die zentralen Themen sind die Rolle der Handlungen für die Konstitution des Selbst, der Einfluss der Gesellschaft auf die Selbstdefinition und die Modernisierung von Kierkegaards Ethik-Theorie.
- Arbeit zitieren
- Marcel Nakoinz (Autor:in), 2010, Kierkegaard im Spiegel der Gesellschaft, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/174015