Einleitung
Die Weimarer Reichsverfassung war geprägt „vom idealistischen Demokratiemodell der reinen Toleranz“(1). Im freien Spiel der Kräfte sollte jede politische Strömung die Möglichkeit haben, sich mit der entsprechenden parlamentarischen Mehrheit durchsetzen zu können.
Man ging davon aus, dass sich die Demokratie als die beste denkbare Staatsform von selbst etablieren würde und verzichtete auf effektive Instrumentarien gegen Verfassungsfeinde.(2) Doch diese Toleranz wurde der jungen deutschen Demokratie schon bald zum Verhängnis, denn sie „wurde von Beginn an von Links- und Rechtsextremisten missbraucht.“(3) Die nationalsozialistische Bewegung verfolgte „die Strategie, die Verfassung legal unter Umgehen des direkten Gesetzesbruchs aus den Angeln zu heben.“(4) So äußerte
sich Joseph Goebbels als Reichspropagandaleiter der NSDAP 1928 folgendermaßen:
„Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal der Demokratie mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete, um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahmzulegen. Wenn die Demokratie so dumm ist, uns für diesen Bärendienst Freifahrkarten und Diäten zu geben, so ist das ihre eigene Sache.“(5)
Dieses Zitat zeigt besonders deutlich, wie die „Legalitätstaktik der Hitler-Bewegung“(6) versuchte die Schwächen der Weimarer Republik auszunutzen. Die schrecklichen „Erfahrungen mit dem Ende der Weimarer Republik haben dazu geführt, dass im Grundgesetz das
Prinzip der wehrhaften Demokratie verankert ist.“(7) Doch was versteht man unter diesem Prinzip? Wie manifestiert sich dieses im Grundgesetz und wie funktioniert der administrative Schutz der Verfassungsordnung?
[...]
_____
1 Verfassungsschutz Mecklenburg-Vorpommern: Erfahrungen mit der Weimarer Republik, http://www.verfassungsschutz-mv.de/cms2/Verfassungsschutz_prod/Verfassungsschutz/content/de/Verfassungsschutz_allgemein/Entstehungsgeschichte/Erfahrungen_mit_der_Weimarer_Republik/index.jsp
(zuletzt geprüft am 20.08.2010)
2 Vgl. ebenda
3 Vgl. ebenda
4 Andreas Klump: Freiheit den Feinden der Freiheit? Die Konzeption der streitbaren Demokratie als demokratietheoretisches Fundament zur Auseinandersetzung mit politischem Extremismus, 2001, http://www.extremismus.com/texte/streitbar.htm (zuletzt geprüft am 20.08.2010)
5 Christoph Weckenbrock: Die streitbare Demokratie auf dem Prüfstand. Die neue NPD als Herausforderung,
Bonn 2009, S. 7
6 Ebenda, S. 29
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- Einleitung
- Themenbereich
- Literaturbericht
- Grundlagen
- Die wehrhafte Demokratie
- Die freiheitlich demokratische Grundordnung
- Eigenschaften der wehrhaften Demokratie
- Verfassungsrechtliche Ausformung der wehrhaften Demokratie
- Vereinsverbot aus Art. 9 Abs. 2 GG
- Verwirkung von Grundrechten aus Art. 18 GG
- Parteiverbot aus Art. 21 Abs. 2 GG
- Das Dilemma der wehrhaften Demokratie
- Administrative Ausformung der wehrhaften Demokratie
- Grundlagen
- Arbeitsweise
- Kontrolle des Verfassungsschutzes
- Der diskursive Verfassungsschutz
- Schlussbemerkung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Diese Arbeit befasst sich mit dem Konzept der wehrhaften Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland. Sie untersucht die historische Entstehung und die verfassungsrechtliche Ausformung dieses Prinzips im Grundgesetz, analysiert die wichtigsten Eigenschaften der wehrhaften Demokratie und beleuchtet das Dilemma, das mit ihrer Anwendung einhergeht. Darüber hinaus werden die Funktionsweise des administrativen Verfassungsschutzes und die Notwendigkeit eines diskursiven Verfassungsschutzes beleuchtet.
- Die Entstehung und Entwicklung des Konzepts der wehrhaften Demokratie
- Die verfassungsrechtliche Ausformung der wehrhaften Demokratie im Grundgesetz
- Die Eigenschaften und Funktionsweise der wehrhaften Demokratie
- Das Dilemma der wehrhaften Demokratie
- Der administrative und der diskursive Verfassungsschutz
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
Die Einleitung führt in das Thema ein und erläutert die Notwendigkeit der wehrhaften Demokratie vor dem Hintergrund der gescheiterten Weimarer Republik. Im zweiten Kapitel werden die Grundlagen der wehrhaften Demokratie behandelt, wobei die Entstehung und die wichtigsten Konzepte dieses Prinzips beleuchtet werden.
Das dritte Kapitel befasst sich mit der verfassungsrechtlichen Ausformung der wehrhaften Demokratie im Grundgesetz und analysiert die entsprechenden Bestimmungen wie das Vereinsverbot, die Verwirkung von Grundrechten und das Parteiverbot. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit dem Dilemma der wehrhaften Demokratie, das sich aus dem Spannungsfeld zwischen dem Schutz der Grundordnung und der Wahrung individueller Freiheitsrechte ergibt.
Im fünften Kapitel wird die administrative Ausformung der wehrhaften Demokratie durch den Verfassungsschutz untersucht, wobei die Grundlagen, die Arbeitsweise und die Kontrolle dieser Institution im Fokus stehen. Abschließend wird im sechsten Kapitel die Bedeutung des diskursiven Verfassungsschutzes in einer demokratischen Gesellschaft hervorgehoben.
Schlüsselwörter (Keywords)
Wehrhafte Demokratie, freiheitlich demokratische Grundordnung, Weimarer Republik, Grundgesetz, Verfassungsschutz, Vereinsverbot, Verwirkung von Grundrechten, Parteiverbot, Dilemma, diskursive Verfassungsschutz
- Quote paper
- Maximilian Haberecht (Author), 2010, Verfassungsrechtliche und administrative Ausformung der wehrhaften Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/174198