Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
0 Einleitung
1 Personalentwicklung
1.1 Ziele der Personalentwicklung
1.2 Phasenmodell nach Becker (2005)
2 Anforderungsanalyse zur Erhebung des PE-Bedarfs
2.1 Notwendigkeit exakter Anforderungsmessung
2.2 Unterscheidung Arbeits- und Anforderungsanalyse
2.3 Qualitätsansprüche an Anforderungsanalyseverfahren
2.4 Methoden zur Anforderungsanalyse
2.4.1 Expertenbefragung
2.4.2 Die Critical Incidents Technique (CIT) nach Flanagan
2.4.3 Die Repertory-Grid-Technik (REP) nach Kelly
2.4.4 Standardisierte Fragebogen-Verfahren
2.4.5 Unternehmensspezifischer Fragebogen
2.4.6 Situative Anforderungsanalyse
2.4.7 Top-down Anforderungsanalyse
2.4.8 Die Szenariotechnik
2.5 Verwendung von Arbeits- und Anforderungsanalysen
2.5.1 Anforderungsprofile zur Personalauswahl
2.5.2 Anforderungsprofile zur Leistungsbeurteilung
2.5.3 Anforderungsprofile in der Personalentwicklung
3 Fazit
Literaturnachweis
0 Einleitung
Die Ressource Mensch gewinnt, aufgrund kürzerer Produktlebenszyklen, zunehmender Globalisierung, neuer Produktionsverfahren und veränderten Formen der Arbeit, immer mehr an Bedeutung. Dazu kommt eine sich stetig stark verändernde Demografie, wodurch sich Zusammensetzung der Gesellschaft erheblich wandeln wird. Die Komplexität und Dynamik dieses Wandels fordern die Menschen und Unternehmen zu mehr Personalentwicklung heraus. Immer mehr Entscheidungen müssen in Organisationen getroffen werden und eine wachsende Zahl von Informationen muss verarbeitet werden. Daraus ergibt sich ein nicht mehr funktionierendes Prinzip von geregelten Handlungsabläufen, dass durch der Situation angepasste und zeitlich flexible Handlungsweisen ersetzt werden muss.
Die Personalentwicklung (PE) steht damit vor der Herausforderung die Menschen durch Lernen in die Lage zu versetzen, sich in der zunehmend indeterminierten Welt der Arbeit zurechtzufinden (vgl. Becker, 2002). Veränderte Anforderungen müssen dabei berücksichtig werden und in systematische, rechtzeitige und anforderungsgerechte Personalentwicklungsmaßnahmen umgesetzt werden. Es ist dabei jedoch häufig die Praxis Mitarbeiter nach dem „Gießkannenprinzip“ mit Personalentwicklung zu versorgen, ohne dass dafür ein Bedarf vorliegen würde. Damit diese Aktivitäten jedoch erfolgreich in der organisationalen Praxis umgesetzt werden können, müssen sie den Personen zugänglich gemacht werden, die das Know-How auch tatsächlich für ihre Stelle benötigen sowie auf die Mitarbeiter ausgerichtet sein, die Potenzial haben die neuen Tätigkeiten mit deren spezifischen Anforderungen überhaupt erfüllen zu können. Um dies zu gewährleisten Bedarf es einer zielgerichteten Ausrichtung der PE- Maßnahmen.
In der vorliegenden Arbeit soll deshalb darauf eingegangen werden, wie mit dem eignungsdiagnostischen Instrument der Anforderungsanalyse eine zielgerichtete Personalentwicklung sichergestellt werden kann.
Im ersten Teil gehe ich auf den Begriff der Personalentwicklung ein, stelle die Ziele dieser Maßnahmen heraus und zeige ein Phasenmodell der PE nach Becker (2005) auf. Ausgehend von der ersten Phase, der Bedarfsanalyse, wird in einem weiteren Schritt die Arbeits- und Anforderungsanalyse dargestellt, deren Qualitätskriterien erläutert und auf verschiedene Methoden dieses Tools eingegangen. Daran anschließend erläutere ich den Zusammenhang zwischen Personalentwicklung und der Anforderungsanalyse. Den Abschluss bildet ein Fazit, in dem die Ergebnisse der Arbeit integriert und die im vorangegangenen gestellte Frage beantwortet werden soll.
1 Personalentwicklung
Der Begriff Personalentwicklung wird in der Fachliteratur nicht eindeutig definiert. Man kann Personalentwicklung als Maßnahme verstehen, die sach- und personenorientiert Einfluss auf das Mitarbeiterverhalten nimmt. Sie dient dabei nicht allein der Vermittlung von Fertigkeiten und Wissen, sondern bezieht sich auch auf deren Umsetzung auf der Verhaltensebene (vgl. Nicolai, 1990). Schuler (2006) wird dabei konkreter und setzt die Personalentwicklung mit tätigkeits-, berufs-, und organisationsbezogenem Lernen gleich bzw. mit Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Qualifikation. Er zählt darunter die Aus-, Fort- und Weiterbildung in Bezug auf Fachwissen sowie die Förderung anforderungsentsprechenden Verhaltenslernens. Weiter gehört auch die Sozialisation in Organisationen zur PE. Zusammenfassend und für die folgenden Ausführungen von Bedeutung soll auf die Definition von Becker (2002) zurückgegriffen werden: „Personalentwicklung umfaßt alle Maßnahmen der Bildung, Förderung und der Organisationsentwicklung, die zielgerichtet, systematisch und methodisch geplant, realisiert und evaluiert werden. “ (Becker, 2002).
1.1 Ziele der Personalentwicklung
Für die Personalentwicklung sind drei spezifische Zielgruppen von Bedeutung: individuelle, betriebliche und gesellschaftliche Ziele.
Auf mitarbeiterorientierte Ziele bezogen, soll die PE dazu beitragen Erwartungen und Wünsche hinsichtlich der Möglichkeiten auf persönliche Entfaltung und berufliches Weiterkommen zu befriedigen (vgl. Nicolai, 1990). Konkret bedeutet dies für Mitarbeiter:
- eignungs- und neigungsgerechter Einsatz,
- gründliche Einweisung und Einarbeitung in das Tätigkeitsfeld,
- Feststellung und Beachtung seiner Fähigkeiten bei Beförderungen und Versetzungen,
- Entwicklung der Potenziale zu einem breiten Spektrum berufsbezogener und extrafunktioneller Qualifikationen,
- nachvollziehbare Förderentscheidungen und durchschaubare Förderpolitik (vgl. Becker, 2002).
Unternehmensbezogene Ziele richten sich auf die Sicherung des Fach- und Führungsnachwuchses, auf die Nutzung im Unternehmen latenter Ressourcen und auf eine einheitliche, ste- tige Entwicklung des Personals. Becker (2002) differenziert hierbei in unmittelbare und mittelbare Untemehmensziele. Unmittelbare Ziele umfassen:
- die Senkung der Personalkosten durch verbesserte Nutzung der Mitarbeiterpotenziale
- die Sicherung kompetenter Wahrnehmung aller Aufgaben und
- die Vorsorge für Vertretung, Nachfolge und neue Positionen.
Als mittelbare Förderziele sieht Becker (2002):
- die Senkung der Fluktuationsrate und des Krankenstandes,
- die Bindung der Mitarbeiter an die Organisation,
- die Erhaltung und Steigerung einer hohen Produkt- und Arbeitsqualität und
- die Imageförderung bzw. Nachwuchssicherung.
„Staat und Gesellschaft sind im Zusammenhang mit der Personalentwicklung als dritte Interessengruppe anzusehen. “ (vgl. Nicolai, 1990). Das Interesse dieser Gruppen bezieht sich auf die Vermeidung von Arbeitslosigkeit durch Erhaltung gesellschaftlicher Leistungsfähigkeit und dadurch internationaler Konkurrenzfähigkeit. Durch zufriedenes und leistungswilliges Personal werden die Einnahmen des Staates für Gemeinschaftsaufgaben gesichert (vgl. Becker, 2002). Des Weiteren sollen auch humane und soziale Ziele angestrebt werden, wie Nicolai (1990) beschreibt:
- freie Entfaltung der Persönlichkeit,
- Humanisierung des Arbeitslebens,
- Ausgleich von Defiziten im öffentlichen Sektor,
- Förderung der Mündigkeit des Staatsbürgers durch betriebliche Sozialisation.
Die verschiedenen Erwartungen der drei Interessengruppen an die Personalentwicklung stehen dabei in einem Spannungsfeld zueinander. Die einzelnen Ziele sind teils voneinander abhängig, wobei besonders Mitarbeiter- und Unternehmensziele oft komplementär zueinander stehen. Es können daraus auch Konflikte über die einzelnen Ziele entstehen, wenn bspw. PE- Maßnahmen nur der Organisation dienen sollen und nicht mit Zielen der Mitarbeiter in Einklang zu bringen sind. Es sollte also eine der Aufgaben der Personalentwicklung sein diese Ziele miteinander zu vereinen. Den verschiedenen Interessen sollte je nach Situation unterschiedlich starke Bedeutung zukommen, auf lange Sicht sollte jedoch ein möglichst weitgehender Ausgleich erreicht werden.
1.2 Phasenmodell nach Becker (2005)
Eine systematische Personalentwicklung kann als Aktionsfolge zur Beschaffung, Analyse, Aufbereitung, Nutzung, Verwendung und Aussonderung von Informationen verstanden werden, die in dem hier konkret behandelten Falle die Gestaltung der Personalentwicklung zum Gegenstand hat.
Der Funktionszyklus ist ein abgestimmtes Verfahren zur Planung, Steuerung und Kontrolle konkreter Personalentwicklungsmaßnahmen und stellt, bezogen auf vorhandene oder zu setzende Unternehmensziele, die Arbeitsschritte Planung, Entscheidung, Gestaltung und Bewertung der Personalentwicklung sicher. Die Personalentwicklung lässt sich hierbei in Teilsysteme zerlegen:
1. Bedarfsanalyse
2. Zielsetzung
3. Kreatives Gestalten
4. Durchführung
5. Erfolgskontrolle
6. Transfersicherung
Diese Phasen systematischer Personalentwicklung im Funktionszyklus stellen ein in den einzelnen Phasen aufeinander abgestimmtes Verfahren zur Planung, Realisierung, Steuerung und Kontrolle konkreter Personalentwicklungsmaßnahmen dar (vgl. dazu die Abbildung: Funktionszyklus systematischer Personalentwicklung). Subsysteme sind z. B. die Bildung, die Förderung und die Organisationsentwicklung. Die Teilsysteme oder Handlungsfelder der Personalentwicklung erhalten ihre Aufträge, Ressourcen und Legitimation aus dem übergeordneten System Organisation und aus dem Auftrag der Personalentwicklung. So kann auch der Funktionszyklus als ganzheitliches System aufgefasst werden. Die Elemente des Funktionszyklus wirken in einer ganzheitlichen Systematik zusammen und hängen voneinander ab im Interesse der Zielerreichung systematischer Personalentwicklung.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
(Quelle: Becker, 2005)
Im Folgenden soll auf die einzelnen Phasen der PE nach Becker (2005) eingegangen werden.
Phase 1: Bedarfsanalyse
Als erstes wird in einer Tätigkeitsanalyse festgestellt, welche Aufgaben derzeit in einer Stelle oder einem Stellenbündel zu erledigen sind. Mit der anschließenden Anforderungsanalyse wird geklärt, welche fachlichen, führungsbezogenen, methodischen und sozialen Anforderungen erforderlich sind, um die Tätigkeiten einer Stelle bzw. eines Stellenbündels professionell zu erledigen. In Stellenbündeln werden gleiche und gleichartige Tätigkeiten und Anforderungen zusammengefasst. Es werden nur "kritische" wertschöpfungsrelevante, relativ dauerhafte Tätigkeits- und Anforderungselemente gleicher oder vergleichbarer Funktionen aufgenommen. Die Potenzialanalyse untersucht danach die Ist-Befähigungen (Qualifikation und Motivation) und das Mitarbeiterpotenzial. Durch eine Gegenüberstellung der Ergebnisse von Anforderungs- und Adressatenanalyse lässt sich zeigen, ob der Mitarbeiter anforderungsgerecht, über- oder unterqualifiziert und motiviert ist. Die Potenzialanalyse prognostiziert, inwieweit ein Mitarbeiter aus gegenwärtiger Sicht wahrscheinlich in der Lage wäre, eine andersartige oder höherwertige Tätigkeit wahrzunehmen. Die Ursachenanalyse soll zeigen, ob die Mängel im Wollen (Motivation), im Können (Qualifikation) oder im Dürfen (Ordination) begründet sind.
Dabei kann zwischen individueller, operativer und strategischer Bedarfsanalyse unterschieden werden. Die Ursachenanalyse untersucht die Gründe der Abweichungen zwischen SollAnforderungen und vorhandener Befähigung. Die Abweichungsursache kann in einem Mangel an Dürfen (Ordination), einem Mangel an Wollen (Motivation) oder einem Mangel an Können (Qualifikation) begründet sein und entsprechende Personalentwicklungsbedarfe nach sich ziehen.
Phase 2: Ziele setzen
Die Zielplanung bezeichnet das konkrete Entwicklungsergebnis, das mit den zu wählenden Inhalten und den anzuwendenden Methoden der Personalentwicklung erreicht werden soll und hat damit einen transitorischen Charakter (vgl. ebd.). Diese Ziele sollten im Dialog erarbeitet werden, verbindlich und akzeptiert sein. Man kann Akzeptanz jedoch nur dann erwarten, wenn der errechnete Nutzen der Akteure jeweils zufriedenstellend ausfällt. Insofern schätzen die Beteiligten ab, ob die Ziele für sie bedeutsam, wertvoll, erreichbar, steuerbar und beeinflussbar sind. Bei der Zielformulierung sind der Zielbereich und die Zielebene zu bestimmen. Diese werden in kognitive, affektive und psychomotorische Lernziele differenziert. Kognitive Lernziele streben eine Veränderung intelligibler Befähigung an. Diese Fähigkeit äußert sich darin, die materielle und kulturelle Welt rational zu begreifen, Dinge und Ideen gedanklich fassen zu können und für sich und andere nutzbar zu machen. Motivation und Begabung sind bei jedem Menschen anders ausgeprägt. Weil dies so ist, unterscheiden sich auch die subjektiven Lern- und Entwicklungsbemühungen der Menschen (vgl. ebd.).
Phase 3: Kreatives Gestalten
Das Kreative Gestalten der Personalentwicklungsmaßnahmen legt die zeitliche, sachliche und personelle Ausgestaltung der Personalentwicklungsmaßnahmen fest. Konkret ist zu klären, wann und wo Personalentwicklung durchgeführt werden soll. Die personelle Planung bestimmt die Anzahl der Teilnehmer und der Trainer, legt fest, wer die Administration der Personalentwicklung leistet und klärt z. B. auch mit Vergleichsstudien, welche Maßnahmen bei gegebenem Ziel kostengünstig zum gewünschten Erfolg führen. Kreatives Gestalten bestimmt die Lernorganisation, die Lernzeiten und die Abfolge der Maßnahmen. Ebenfalls zum Kreativen Gestalten gehören die Kostenplanung, die Kalkulation der Maßnahmen und die Verrechnung der Kosten.
Phase 4: Durchführung
Personalentwicklungsmaßnahmen werden entweder intern, extern, on-the-job, off-the-job oder in Mischformen durchgeführt. Die Verantwortlichen stellen fest, ob die Durchführung planmäßig verläuft oder Korrekturen notwendig sind (Ziel-, Inhalts- und pädagogische Korrekturen).
Teamorientiertes Arbeiten und gegenseitige Unterstützung im Lern- und Arbeitsprozess verändern die Personalentwicklung vor Ort. Besonders die Führungskräfte unterstützen in Team- und Gruppenkonzepten als Trainer, Berater, Coaches und Mentoren die Durchführung der Personalentwicklung. Die hauptamtlichen Personalentwickler unterstützen als Beobachter/Moderatoren die Lern- und Arbeitsprozesse mit Medien, Moderation und Train-the- Trainer-Aktivitäten.
Phase 5: Erfolgskontrolle
Durch eine Erfolgskontrolle lässt sich die Effektivität und Effizienz erfolgter Personalentwicklungsmaßnahmen messen und bewerten. Die Phasen der Erfolgskontrolle sind Kontextkontrolle, Zielkontrolle, Inputkontrolle, Lernfortschrittskontrolle, Lernerfolgskontrolle, Transferkontrolle.
Als Kontextkontrolle werden im Allgemeinen die Kontrollaktivitäten bezeichnet, die während der Planungsphase einer Personalentwicklungsveranstaltung vorgenommen werden. Lernfortschrittskontrollen überprüfen als Verlaufskontrollen den Lernzuwachs, die Lernmotivation, die Methoden und die Medien. Sie beinhaltet sowohl die pädagogische als auch die betriebswirtschaftliche Kontrolle und dient als Entscheidungshilfe für die Planung künftiger Personalentwicklungsmaßnahmen. Eine Erfolgsfeststellung im Lernfeld kann die Teilnehmer zu mehr Lernbereitschaft motivieren und verbessert deren Lernintensität und -ausdauer. Andererseits kann bei den Teilnehmern aufgrund der geplanten Erfolgskontrollen die Angst des Versagens verstärkt werden, was dazu führen kann, dass einzelne Teilnehmer bestimmten Personalentwicklungsmaßnahmen fernbleiben könnten (vgl. ebd.).
Die Transferkontrolle versucht zu ermitteln, in welchem A]usmaß sich die Personalentwicklungsmaßnahme in der Realsituation im Unternehmen tatsächlich positiv ausgewirkt hat und überprüft sowohl den Umfang (inhaltliche Transferkontrolle) als auch die Methoden der Transfersicherung (methodische Transferkontrolle). Die inhaltliche Transferkontrolle fragt, wie viel an Wissen und Können nach Abschluss der Maßnahme am Arbeitsplatz Anwendung findet. Die methodische Transferkontrolle fragt, ob die Transferberatung, die Rückkehrgespräche und die Transferunterstützung am Arbeitsplatz systematisch und zeitnah vorgenommen werden.
[...]
- Arbeit zitieren
- Torsten Kreissl (Autor), 2007, Die Anforderungsanalyse als Voraussetzung einer zielgerichteten Personalentwicklung, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/174278
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