Juni 2007 in Deutschland. Die VertreterInnen der G8 treffen sich in Heiligendamm, einem kleinen Badeort an der Ostsee, zu ihren alljährlichen Gesprächen. Hier können sie in aller Ruhe über die wichtigsten weltpolitischen Fragen diskutieren. Doch sie sind nicht alleine. Abgeschirmt durch einen kilometerlangen Zaun protestieren an die 100000 DemonstrantInnen gegen die aus ihrer Sicht unlegitimierte „selbsternannte Weltregierung“. Die AktivistInnen kommen nicht nur aus Deutschland, sie sind aus der ganzen Welt nach Heiligendamm gekommen.
Seit einem knappen Jahrzehnt kann man organisierten Widerstand gegen die neoliberale Form der Globalisierung beobachten. Die Proteste gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm sind die jüngsten Nachweise dafür. Wie ich in meiner Arbeit noch klarstellen werde, gibt es diesen Widerstand schon länger. Doch weltweite mediale Beachtung erfuhr die „Anti-Globalisierungsbewegung“ erst seit den Protesten gegen den WTO-Gipfel in Seattle 1999. Mein persönliches Interesse an diesem Thema wurde durch eine Dokumentation von Indymedia über den G8 Gipfel in Genau 2001 geweckt.
Im weiteren Verlauf der vorliegenden Arbeit werde ich die Bezeichnung „Anti-Globalisierungsbewegung“ bewusst vermeiden, da sie erstens ein verfälschtes Bild von den ProtagonistInnen verbreitet und zweitens eine „Eigenkreation“ der Medien ist.
Warum ich mich für den Ausdruck „globalisierungskritische Bewegung“ entschieden habe und welche alternativen Bezeichnungen noch verwendet werden, wird weiter unten noch erläutert.
Die Bilder von den demonstrierenden Massen und den Auseinandersetzungen mit der Polizei in Genua haben in mir einige Fragen aufgeworfen. Was bewegt eine derartige Menschenmenge auf die Straße? Wogegen richtet sich ihr Zorn? Was schweißt sie zusammen und wie kann die Gruppe koordiniert werden? Diese Neugier hat mich dazu bewegt, meine Magisterarbeit diesem Thema zu widmen.
Mittlerweile sind mehr als 3 Jahre vergangen, doch die Auseinandersetzung mit sozialen Protestbewegungen ist hinsichtlich der jüngsten Ereignisse in Großbritannien, Griechenland und Spanien meiner Meinung nach wichtiger denn je.
Inhaltsverzeichnis (Table of Contents)
- EINLEITUNG
- 1. NEUE SOZIALE BEWEGUNGEN
- 1.1 Was versteht man unter sozialen Bewegungen?
- 1.1.1 Inklusive Definitionen
- 1.1.2 Exklusive Definitionen
- 1.2 Die gesellschaftliche Bedeutung sozialer Bewegungen
- 1.3 Entstehungstheorien für Soziale Bewegungen
- 1.3.1 Stand der Forschung
- 1.4 Persönliche Einteilung
- 1.4.1 New Social Movement Theory
- 1.4.2 Ressourcenmobilisierungs-Theorie
- 1.4.3 Die beiden Paradigmen
- 1.4.4 Entwicklungsdynamik sozialer Bewegungen
- 1.5 Zusammenführung der beiden Ansätze
- 1.5.1 Zusammenführung durch Crossley
- 1.5.1.1 Smelsers Value Added Ansatz
- 1.5.1.2 Bourdieus Theorie der Praxis
- 1.5.1.3 Die Synthese der Ansätze
- 1.5.2 Selbstorganisation sozialer Bewegungen
- 1.6 Was ist NEU an den Neuen Sozialen Bewegungen?
- 1.7 Zusammenfassung
- 2. GLOBALISIERUNG UND NEOLIBERALISMUS
- 2.1 Was ist Globalisierung?
- 2.1.1 Allgemeine Überlegungen zur Globalisierung
- 2.1.2 Reduktionistische Perspektive
- 2.1.3 Dualistische Perspektive
- 2.1.4 Dialektische Perspektive
- 2.1.4.1 Globale Antagonismen
- 2.2 Das System des Neoliberalismus
- 2.2.1 Vom Keynesianismus zum Neoliberalismus
- 2.2.2 Die Rolle von IWF und Weltbank
- 2.3 Zusammenfassung
- 3. DIE GLOBALISIERUNGSKRITISCHE BEWEGUNG
- 3.1 Meilensteine in der Entwicklung der globalisierungskritischen Bewegung
- 3.1.1 Die EZLN
- 3.1.2 Widerstand gegen das MAI Abkommen
- 3.1.3 "The Battle of Seattle"
- 3.1.4 G8-Gipfel in Genua
- 3.1.5 Das Weltsozialforum
- 3.2 Handelt es sich eigentlich um eine soziale Bewegung?
- 3.2.1 Meinungsverschiedenheiten in der Literatur
- 3.2.2 Eigene Einschätzung
- 3.3 Wie bzw. Warum ist die Bewegung entstanden?
- 3.3.1 Traditionelle Entstehungstheorien
- 3.3.2 Kolonialisierung der Lebenswelt
- 3.3.3 Double Movement
- 3.3.4 Struktur vs. AkteurIn
- 3.4 Die Struktur der globalisierungskritischen Bewegung
- 3.5 Formen der Globalisierungskritik
- 3.5.1 Literaturmeinungen
- 3.5.2 Eigene Einteilung
- 3.5.3 Nationalistische Globalisierungskritik
- 3.5.4 Reformistische Globalisierungskritik
- 3.5.5 Revolutionäre Globalisierungskritik
- 3.6 Die Frage der Gewalt
- 3.7 Zusammenfassung
- 4. DIE ROLLE DES INTERNET
- 4.1 Die Beziehung zwischen Internet und sozialen Bewegungen
- 4.1.1 Strukturelle Gemeinsamkeiten
- 4.1.2 Alternativen zu traditionellen Massenmedien
- 4.2 Mobilisierung durch IKT
- 4.3 Kollektive Identität durch IKT
- 4.4 Netzwerk durch IKT
- 4.5 Protest durch IKT
- 4.5.1 Formen des Cyberprotest
- 4.5.2 Alternative Onlinemedien
- 4.5.3 Elektronischer Ziviler Ungehorsam
- 4.6 IKT und soziale Bewegungen – eine kritische Betrachtung
- 4.7 Zusammenfassung
- 5. RESÜMEE
- 5.1 Beantwortung der Forschungsfragen
- 5.2 Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte (Objectives and Key Themes)
Die Arbeit untersucht die Rolle des Internets in neuen sozialen Bewegungen, anhand des Beispiels der globalisierungskritischen Bewegung. Ziel ist es, die Bedeutung des Internets für die Mobilisierung, Organisation und Kommunikation innerhalb dieser Bewegung zu analysieren. Die Arbeit fokussiert dabei auf die Entstehung, Entwicklung, Struktur und Formen der globalisierungskritischen Bewegung, sowie die Auswirkungen des Internets auf diese Bewegung.
- Die Entwicklung und Bedeutung neuer sozialer Bewegungen
- Die Rolle des Internets in sozialen Bewegungen
- Die Entstehung, Struktur und Formen der globalisierungskritischen Bewegung
- Die Auswirkungen des Internets auf die globalisierungskritische Bewegung
- Die Beziehung zwischen Globalisierung, Neoliberalismus und neuen sozialen Bewegungen
Zusammenfassung der Kapitel (Chapter Summaries)
- Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und die Zielsetzung der Arbeit vor.
- Kapitel 1 definiert den Begriff der „neuen sozialen Bewegung“ und beleuchtet verschiedene Theorien zur Entstehung und Entwicklung dieser Bewegungen. Es werden dabei die „New Social Movement Theory“ und die „Ressourcenmobilisierungs-Theorie“ vorgestellt, sowie die Zusammenführung dieser beiden Ansätze durch Crossley und Bourdieu diskutiert.
- Kapitel 2 untersucht die Phänomene der Globalisierung und des Neoliberalismus, und beleuchtet die Auswirkungen dieser Prozesse auf die Entstehung und Entwicklung neuer sozialer Bewegungen.
- Kapitel 3 analysiert die globalisierungskritische Bewegung und ihre Entwicklung. Dabei werden die wichtigsten Meilensteine in der Entwicklung dieser Bewegung, die Struktur und die verschiedenen Formen der Kritik beleuchtet.
- Kapitel 4 untersucht die Rolle des Internets in der globalisierungskritischen Bewegung, wobei die Auswirkungen des Internets auf die Mobilisierung, Organisation, Kommunikation und den Protest innerhalb dieser Bewegung im Fokus stehen.
- Kapitel 5 fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und beantwortet die Forschungsfrage.
Schlüsselwörter (Keywords)
Die Arbeit befasst sich mit den Themenfeldern neue soziale Bewegungen, Globalisierung, Neoliberalismus, Internet, IKT, globalisierungskritische Bewegung, Mobilisierung, Organisation, Kommunikation, Protest, Cyberprotest, Onlinemedien.
- Citar trabajo
- Peter Klingenbrunner (Autor), 2007, Die Rolle des Internet in Neuen Sozialen Bewegungen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/174320