Nach dem Ende der DDR und den damit verbundenen tief greifenden Veränderungen im politischen System wandelte sich auch der kulturelle Umgang mit der Vergangenheit. Unterschiedliche politische Ziele, Geschichtserfahrungen und individuelle Einstellungen
trafen aufeinander. Bei der nach 1990 einsetzenden Neubetrachtung der Vergangenheit und ihrer musealen Umsetzung kam es auf Grund dieser verschiedenen Perspektiven und Erinnerungen zu lang andauernden Auseinandersetzungen über die Funktion, Ausrichtung
und Ziele von Gedenkstätten auf dem Gebiet der ehemaligen DDR. Besondere Beachtung fanden die Gedenkorte ehemaliger Konzentrationslager. Auch das ehemalige Konzentrationslager (nachfolgend „KZ“) Buchenwald, als einer der wichtigsten
erinnerungskulturellen Orte in der DDR, stand im Zentrum der Auseinandersetzungen. Nachdem Anfang 1990 Massengräber in unmittelbarer Nähe des ehemaligen KZs gefunden wurden, entwickelte sich die Frage nach der Neukonzeption der Gedenkstätte zu einer
emotionalen, teilweise polemisch geführten Kontroverse über das Verhältnis von Nationalsozialismus (nachfolgend „NS“) und Kommunismus.
Wolfram von Scheliha fragte in seinem Beitrag „Sackgasse Totalitarismus“ im „Deutschland Archiv“ aus dem Jahr 2006: „Welchen Platz nehmen die sowjetischen Speziallager und das SED-Unrecht insgesamt in der deutschen Erinnerungskultur ein und in
welchem Verhältnis steht es zur Erinnerung an die nationalsozialistischen Konzentrationslager?“2 Dass diese Frage auch heute noch im Forschungsfeld der Historiographie steht, zeigt welch zentrale Bedeutung die Problematik der Internierungslager in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) in der Erinnerungspolitik
und Zeitgeschichtsforschung einnimmt. Bereits in den Jahren 1989/1990 wurden die Speziallager als Teil der DDR-Geschichte aufgegriffen und ihre Aufarbeitung gefordert. Dabei kam es zeitweise zu unsachlichen Kontroversen über den Umgang mit den Orten ehemaliger Speziallager, der Anerkennung der dort internierten Häftlinge als Opfergruppe
und daraus folgend der Neukonzeption der Gedenkstätten mit „zweifacher Vergangenheit“.[...]
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Die Geschichte Buchenwalds im historischen Rückblick
- Das nationalsozialistische Konzentrationslager
- Das sowjetische Speziallager Nr. 2
- Entstehungskontext
- Die Wahrnehmung der „Speziallager“ - Internierten in DDR und BRD
- Das,,Speziallager Nr. 2“
- Der Umgang mit der NS-Vergangenheit in BRD und DDR von 1945 – 1990
- Der Umgang mit dem Nationalsozialismus in der BRD
- Der Umgang mit dem Nationalsozialismus in der DDR
- Die,,Nationale Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald“
- Die Kontroversen um die Neuorientierung der Gedenkstätte Buchenwald von 1990-1992
- Die mediale Berichterstattung
- Die Enttabuisierung der „Speziallager“
- Die Debatten über das „Speziallager Nr. 2\" 1990
- Das Jahr 1991. Der Einsatz der Historikerkommission
- Die Reaktionen auf die Empfehlungen der Historikerkommission
- Weitere Konflikte um die Gedenkstätte Buchenwald
- Die mediale Berichterstattung
- Der Umgang mit der DDR-Vergangenheit nach 1990
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit untersucht die Kontroversen um die Neukonzeption der Gedenkstätte Buchenwald nach dem Fall der Mauer. Dabei werden die unterschiedlichen Perspektiven auf die Vergangenheit von Nationalsozialismus und Kommunismus in der Bundesrepublik und der DDR betrachtet. Die Arbeit analysiert die mediale Berichterstattung, die Debatten über das „Speziallager Nr. 2“ und die Reaktion auf die Empfehlungen der Historikerkommission.
- Die Entstehung der Kontroverse um die Neukonzeption der Gedenkstätte Buchenwald
- Die verschiedenen Perspektiven auf die Geschichte Buchenwalds und des „Speziallager Nr. 2“
- Der Umgang mit der Erinnerungskultur in der Bundesrepublik und der DDR nach 1990
- Die Rolle der Medien und der Historikerkommission in der Debatte über die Gedenkstätte
- Die Auswirkungen der Kontroverse auf die Erinnerungskultur in Deutschland
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Einleitung stellt die Forschungsfrage und den Kontext der Arbeit vor. Sie geht auf die Bedeutung der Gedenkstätte Buchenwald für die Erinnerungskultur in Deutschland ein und erläutert die zentrale Fragestellung der Arbeit: wie wurden die Opferperspektiven im Zusammenhang mit der Neukonzeption der Gedenkstätte rezipiert?
- Die Geschichte Buchenwalds im historischen Rückblick: Dieses Kapitel beschreibt die Geschichte des Konzentrationslagers Buchenwald im Nationalsozialismus und des „Speziallager Nr. 2“ in der DDR. Es geht auf die unterschiedlichen Funktionen der beiden Lager und die Erfahrungen der Häftlinge ein.
- Der Umgang mit der NS-Vergangenheit in BRD und DDR von 1945 – 1990: Dieses Kapitel beschreibt die unterschiedlichen Formen der Aufarbeitung der NS-Vergangenheit in der Bundesrepublik und der DDR. Es geht auf die politischen und kulturellen Unterschiede in der Bewältigung des nationalsozialistischen Unrechts ein.
- Die,,Nationale Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald“: Dieses Kapitel beschreibt die Rolle der Gedenkstätte Buchenwald in der DDR als Ort der Erinnerung an die NS-Vergangenheit. Es beleuchtet die Funktion der Gedenkstätte im Rahmen der Erinnerungskultur der DDR.
- Die Kontroversen um die Neuorientierung der Gedenkstätte Buchenwald von 1990-1992: Dieses Kapitel stellt die Kontroversen um die Neukonzeption der Gedenkstätte Buchenwald nach dem Fall der Mauer vor. Es analysiert die mediale Berichterstattung, die Debatten über das „Speziallager Nr. 2“ und die Reaktion auf die Empfehlungen der Historikerkommission.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit dem Themenfeld der Erinnerungskultur, der Aufarbeitung von NS-Vergangenheit und DDR-Geschichte, der Gedenkstätte Buchenwald, dem „Speziallager Nr. 2“, den Kontroversen um die Neukonzeption der Gedenkstätte und der Rolle der Medien und der Historikerkommission in diesem Prozess.
- Citar trabajo
- Melanie Rennert (Autor), 2011, Gemeinsame Erinnerung oder geteilte Vergangenheit?, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/174321