Interessen und Leistungen: Schulleistungen im Fach Mathematik und Geschlecht


Hausarbeit (Hauptseminar), 2011

24 Seiten


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Interesse und Geschlecht
2.1 Freizeitinteressen
2.2 Schulische Interessen

3. Mathematikunterricht und Geschlecht
3.1 Leistungen von Mädchen und Jungen im Mathematikunterricht
3.1.1 Leistungen in der Grundschule
3.1.2 Leistungen in der Sekundarstufe I
3.1.3 Leistungen in der Sekundarstufe II
3.2 Perspektive der Schüler und Schülerinnen
3.3 Perspektive der Lehrer und Lehrerinnen

4. Fazit

5. Anhang

6. Literaturverzeichnis

1) Einleitung:

Schon seit mehreren Jahrzehnten wird in dem Fach Mathematik geforscht, wie die verschiedenen Unterrichtsarten auf die Schüler und Schülerinnen wirken. Es gibt auch einige Studien zum Thema "Mathematik und Geschlecht", worauf ich in meiner Hausarbeit für das Seminar Mädchen und Jungen in der Schule genauer eingehen möchte. Doch erst ein paar Worte dazu, warum ich genau dieses Thema für meine Hausarbeit gewählt habe.

Zum einen finde ich das Thema Mädchen und Jungen im Mathematikunterricht sehr spannend, zum anderen hängt es auch mit meiner Studienrichtung zusammen. Ich studiere Mathematik und Physik auf Lehramt an Gymnasien und beschäftige mich daher auch schon länger mit dem Thema und werde mir vor allem auch in Zukunft, wenn ich dann an der Schule unterrichten werde, noch viele Gedanken zu dem Thema machen.

Mädchen und Jungen im Mathematikunterricht ist ein sehr weites Feld und es können viele verschiedene Gesichtspunkte betrachtet werden. Ich möchte mich in meiner Hausarbeit aber hauptsächlich auf folgende zwei Punkte beschränken, nämlich wie Interesse und Leistung sowie Mathematik und Geschlecht zusammenhängt. Auf den ersten Blick scheinen Interesse und Leistung vermutlich deutlich korreliert zu sein, aber in welchem Maß genau und ist dies auch wieder geschlechterabhängig? Auch ist in Deutschland weit verbreitet, dass Mädchen eher sprachenbegabt und Jungen eher ihre Stärke in den Naturwissenschaften haben. In wie weit stimmt dieses Bild heute noch oder hat sich in den letzten Jahrzehnten hier einiges ge- ändert? Wie wird hier die Zukunft aussehen? Eines ist jetzt schon klar und mit einigen Studi- en belegt, dass mehr Mädchen als Jungen das Abitur machen und auch an den Universitä- ten etwas mehr junge Frauen (53%)1 als junge Männer sind. Dennoch werden die meisten Top-Positionen in den Firmen und auch in der Politik von Männern besetzt. Ein Großteil macht hier sicherlich die traditionelle Rolle der Frau in der Familienplanung aus, sie steckt eher für die Familie zurück und verzichtet auf die Karriere. Man darf aber sicher auch nicht außer Acht lassen, dass schon in relativ frühen Jahren, die Jungen deutlich mehr Selbstver- trauen in ihre Stärken haben als die Mädchen2.

Ein weiterer nicht zu vernachlässigender Einfluss ist, dass von den Jungen in Mathematik von zu Hause aus schon mehr erwartet wird als von den Mädchen. Schon im Kindesalter wird ihnen im Elternhaus, fast immer unbeabsichtigt, vermittelt, dass den Jungen die Natur- wissenschaften, wie Mathematik oder auch Physik, liegen und den Mädchen, dass sie bes- ser in den Sprachen sind. Das kann auch die Motivation beeinflussen. Außerdem glauben die Jungen oftmals schon früher, dass sie im späteren Berufsleben von ihren mathematischen Fähigkeiten profitieren können und sind somit im Unterricht auch motivierter.3

Eine relativ aktuelle Arbeit zu dem Thema "Mathematikunterricht und Geschlecht" gibt es vom Bundesministerium für Bildung und Forschung aus dem Jahre 2009. Der Autor ist Dr. Jürgen Budde, Zentrum für Schul- und Bildungsforschung der Universität Halle. Für meine Hausarbeit stellt diese Veröffentlichung ein wichtiger Teil dar, da diese Studie von Herrn Dr. Budde genau von meinem Thema handelt und auch empirische Ergebnisse und pädagogi- sche Ansätze liefert. Er beleuchtet das Thema erst von der Seite der Schüler und Schülerin- nen, also von der Seite der Lernenden und anschließend im nächsten Kapitel die Seite der Lehrenden, sprich von den Lehrkräften. Zum Schluss führt er noch einige pädagogische An- sätze an, ob sich zum Beispiel ein getrennter Mathematik- und Physikunterricht lohnen wür- de.

2) Interesse und Geschlecht

Für die Interessensforschung gibt es heutzutage drei wichtige Fragen. Die erste lautet, was ist Interesse überhaupt und wie kann man den Begriff griffig definieren. Anschließend stellt man sich die Frage, wie Interesse empirisch am besten untersucht werden kann. Die entscheidende Frage am Ende lautet aber, wie können die Ergebnisse der Interessensforschung anschließend für pädagogische Zwecke genutzt werden, denn das wird am Schluss das Ziel sein, um damit eventuell den Unterricht in der Schule besser oder ansprechender für die Schüler und Schülerinnen zu gestalten.4

Als Erstes möchte ich die Definition von Interesse klären. Hierzu brachte Eberhard Todt schon im Jahre 1978 eine sehr treffende Definition:

"Interessen werden danach verstanden als Verhaltens- oder Handlungstendenzen, die relativ verallgemeinert sind, die in ihrer Entwicklung in enger Beziehung zur Entwicklung des Selbstbildes stehen, die gerichtet sind auf verschiedene Gegenstands-, Tätigkeits- oder Erlebnisbereiche und die im Ausprägungsgrad stark von der jeweils akzeptierten Geschlechterrolle abhängig sind"5

Interesse ist nach E. Todt damit nichts "Kurzes", zum Beispiel von Umwelteinflüssen ge- schuldetes sondern etwas Nachhaltiges oder Langandauerndes. Was in dieser Definition auch schon zum Ausdruck kommt ist, dass Interesse auch vom Geschlecht abhängig ist. An dieser Stelle sollte noch erwähnt werden, dass Interesse in drei verschiedenen Bereichen erlebt werden kann. Dies sind zum einen in der Freizeit und im Beruf, sowie auch in der Schule. Da es in dieser Hausarbeit um Schüler und Schülerinnen geht, werde ich das Inte- resse am Beruf hier außen vor lassen und mich hauptsächlich mit dem Gebiet Schule be- sind,schäftigen aber auch mit der Freizeit, da diese beiden Bereiche eng miteinander verknüpft denn für die Schüler und Schülerinnen ist in Ihrer Entwicklung nicht nur die Schule sondern, ebenfalls Ihre Freizeitaktivitäten von entscheidender Bedeutung.

2.1 Freizeitintressen

Schon bei Kleinkinderen fällt ein signifikanter Unterschied der Interessen von Jungen und Mädchen auf. Im Jahr 1950 wurden Kinder im Altern von drei Jahren nach ihren Interessen befragt und dabei kam folgendes Ergebnis heraus6:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Auch wenn diese Studie schon sehr alt ist, sieht man deutlich dass Mädchen und Jungen von klein auf unterschiedliche Interessen haben, auch wenn es heutzutage sicherlich leicht andere Themenschwerpunkte sind. Doch woher kommt dieser signifikante Unterschied. Wenn man jetzt die Gene außen vor lässt7, so kommt diese Differenzierung der Interessen hauptsächlich von der Rollenvermittlung der Eltern, da sie in diesem Alter die Kinder am meisten beeinflussen. Wenn eine Familie einen Jungen bekommt, so kauft sie ihm zu sei- nem ersten Geburtstag vermutlich keine Puppe sondern eher ein kleines Rennauto. Es sieht andersherum genau gleich aus, wenn die Familie ein Mädchen bekommt, denn sie wird von der Familie und Verwandtschaft "mädchenhafte" Gegenstände als Geschenke erhalten.

Die Kinder identifizieren sich damit schon sehr früh in ihrer (traditionellen) Geschlechterrolle und dieses zieht sich in vielen Fällen durch ihr ganzes Leben hindurch. Später bekommen die Kinder von ihren Eltern oftmals vermittelt, dass Mädchen gut in Sprachen sind und Jun- gen gut in Mathematik und den Naturwissenschaften. Hierzu noch ein kleines Beispiel: Es wird von den Elternteile nicht so schlimm angesehen, wenn ein Mädchen eine schlechte Ma- thematiknote nach Hause bringt als ein Junge. Die Mutter gibt ihrer Tochter weiter, dass die schlechte Note nicht so schlimm sei, denn sie sei früher in Mathematik auch nicht besonders gut gewesen. Die Erwartungshaltung ist damit an Mädchen und Jungen in dem Fach Ma- thematik oder auch Physik schon vom Elternhaus unterschiedlich. Oftmals erwarten auch die Lehrer von den Jungen bessere Leistungen in den Naturwissenschaften als von den Mäd- chen, doch dazu später mehr aus der Sicht der Lehrenden.

Bevor ich zu den schulischen Interessen von Schülern und Schülerinnen (speziell in den Naturwissenschaften) übergehen möchte, noch eine kleine Studie. Die folgenden Tabellen zeigen, wie sich das Interesse von Jungen und Mädchen vom Grundschulalter bis hin zu jungen Erwachsenen entwickelt.8

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Anhand dieser beiden Tabellen sieht man sehr deutlich, dass sich Mädchen und Jungen in ihrer Freizeit mit unterschiedlichen Tätigkeiten beschäftigen. Oftmals sagen die Jungen in einer bestimmten Altersphase, was Mädchen tun sei doof und Mädchen behaupten, was die Jungen machen sei doof. Die einzige Freizeitaktivität, die bei beiden Geschlechtern unter den Top fünf auftaucht, ist nur "Schwimmen, Tauchen". Hier ist es erstaunlich, dass bei beiden Geschlechtern das Interesse für Schwimmen und Tauchen mit dem Alter fast gleich stark abnimmt. Die Topaktivitäten jeweils bei den Mädchen und Jungen (Reiten, Pferde und Fußball) bleibt dagegen über die kompletten zehn Jahre nahezu konstant.

2.2 Schulische Interessen

Doch nun möchte ich zum schulischen Interessen, beziehungsweise zum unterrichtsspezifi- schen Interesse von Mädchen und Jungen kommen. Das Ziel was erreicht werden sollte ist, dass die Schüler und Schülerinnen gleichermaßen am Unterricht interessiert sind und dass vor allem ein möglichst großes Grundinteresse vorhanden ist. Doch hier hat es das Fach Mathematik sehr schwer, da das Fach unter den Schülerinnen und Schülerin ein relativ schlechtes Image hat. Der Schulstoff gilt als viel zu trocken und kompliziert und die Schüler und Schülerinnen erkennen in ihren jungen Jahren noch nicht, dass Mathematik später für viele Berufe von großer Bedeutung ist. Der erste Grundstein für künftiges Interesse, aber auch der Leistung in Mathematik wird bereits in der Grundschule gelegt. Hier wird, wie oben schon erwähnt, von Lehrkräften und Eltern den Kindern, zum Teil auch unbewusst, vermit- telt, dass Jungen in dem Fach Mathematik begabter seien als Mädchen. Das fördert die Mo- tivation und auch das Selbstvertrauen von den Jungen und damit auch deren Interesse an diesem Fach. Sie erzielen in den Unterrichtsfach Mathematik damit dann bessere Leistun- gen, obwohl sie beim Schuleintritt noch fast die gleichen Leistungen erzielen. Diese "Schere" öffnet sich aber bereits in der zweiten und dritten Klasse, da hier schon die Versagens- Ängste und das fehlende Selbstvertrauen der Mädchen gegenüber den Jungen eine Rolle spielt. Sobald die Schülerinnen und Schüler an eine weiterführende Schule wechseln, wird der Unterschied noch größer, auch wenn die Schülerinnen in der Mittelstufe kurzfristig ein wenig aufholen können. Doch spätestens in der Kursstufe wird die Leistungsdifferenz zwi- schen den beiden Geschlechtern wieder größer.9

Abschließend möchte ich mich noch mit dem allgemeinen schulischen Interesse von Mäd- chen und Jungen beschäftigen. Hierzu machte Eberhard Todt im Jahre 1967 eine Studie, was Mädchen und Jungen interessiert. Es wurden Mädchen und Jungen im Alter zwischen 15 und 20 Jahren befragt, welche die Realschule oder ein Gymnasium besucht haben. Die Befragten konnten ihr Interesse in den folgenden elf verschiedenen Gebieten angeben: Ma- thematik, Literatur/Sprache, Technik/Naturwissenschaften, Sozialpflege/Erziehung, Biologie, Unterhaltung, Politik und Wirtschaft, Verwaltung, Sport, Musik und Kunst.10 Was bei der Stu- die sofort aufgefallen ist, dass es auch hier deutliche Differenzen zwischen den Geschlechtern gibt.

[...]


1 HIS: Studienanfänger im Wintersemester 2005/2006

2 Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) auf Grundlage der erweiterten PISA Daten des Jahres 2003 für Deutschland

3 Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) auf Grundlage der erweiterten PISA Daten des Jahres 2003 für Deutschland

4 aus Henrike Roisch: 5.2 Definition von Interesse und Interessensforschung

5 E. Todt 1978

6 Aus Eberhard Todt's Skript "10. Entwicklung des Interesses" (Justus-Liebig-Universität Giessen)

7 ist sowieso nicht belegt, denn die Ergebnisse der PISA Studie geben keinen Schluss dazu, dass die Jungen per se ein höheres Verständnis für Mathematik haben

8 Eine Studie des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken aus dem Jahr 1986, publiziert in E. Todt's Skript "Entwicklung des Interesses"

9 Dr. J. Budde: "Mathematikunterricht und Geschlecht"

10 Roisch, H. (2003): Geschlechterspezifische Interessengebiete und Interessenpräferenzen.

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Interessen und Leistungen: Schulleistungen im Fach Mathematik und Geschlecht
Hochschule
Eberhard-Karls-Universität Tübingen
Veranstaltung
Seminar: Mädchen und Jungen in der Schule
Autor
Jahr
2011
Seiten
24
Katalognummer
V174595
ISBN (eBook)
9783640950959
ISBN (Buch)
9783640950416
Dateigröße
1638 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Mathematik, Geschlecht, Mädchen, Jungen, Leistung, PISA
Arbeit zitieren
Simon Pfeffer (Autor:in), 2011, Interessen und Leistungen: Schulleistungen im Fach Mathematik und Geschlecht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/174595

Kommentare

  • Noch keine Kommentare.
Im eBook lesen
Titel: Interessen und Leistungen: Schulleistungen im Fach Mathematik und Geschlecht



Ihre Arbeit hochladen

Ihre Hausarbeit / Abschlussarbeit:

- Publikation als eBook und Buch
- Hohes Honorar auf die Verkäufe
- Für Sie komplett kostenlos – mit ISBN
- Es dauert nur 5 Minuten
- Jede Arbeit findet Leser

Kostenlos Autor werden