Johann Heinrich Pestalozzi - Ein entscheidender Bildungs- und Erziehungsstratege der Neuzeit. Auch noch entscheidender Theoretiker für Moderne und Postmoderne?


Hausarbeit, 2011

20 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Wende zur Moderne (Das 18. Jahrhundert)
1.1 Historischer Kontext
1.2 Soziale Arbeit als Erziehung der Armen

2. Lebensgeschichte (Kurzbiographie) Pestalozzis
2.1 Vom Schüler zum Schulmeister
2.2 Scheitern als Teil der Lebensgeschichte

3. Theorien des Johann Heinrich Pestalozzi
3.1 Grundeinstellungen von Johann Heinrich Pestalozzi
3.2 Die 3 Lebenskreise
3.3 Erziehung als Aufgabe der Entwicklung des sittlichen Lebens
3.4 Elementarmethode und Erziehungsmethode

4. Relevanz für Moderne und Postmoderne
4.1 Berufsentwicklung durch Pestalozzi
4.2 Relevanz für die heutige Arbeit

5. Mein Fazit

Literaturverzeichnis

Anhang

Einleitung

Seit die Menschheit vor einigen Jahrhunderten den Wandel in eine zivilisierte Gesellschaft vollzogen hat, finden wir in jeder Epoche „Soziale Arbeit“. Als Soziale Arbeit bezeichnen wir die Problemlösung bei zwischenmenschlichen Beziehungen und die Unterstützung, andere Menschen zu befähigen, eigene Entscheidungen treffen zu können (vgl. International Federation of Social Work, 13.04.2011, MEZ 18.58Uhr, www.dbsh.de). Grundstein für diese Soziale Arbeit legte der religiöse Glaube, der Hilfsbereitschaft, Zurückhaltung und Opferbereitschaft forderte (vgl. Kuhlmann, 2003, S.3).

Zu Zeiten des Mittelalters wurde diese Arbeit noch nicht professionalisiert durchgeführt und bestand aus Helfertätigen. In späteren Epochen entwickelten sich diese gemeinnützigen Aktivitäten zu einem professionellen und weit gefächerten Berufsfeld. Helfen ist heute eine Dienstleistung geworden, die große Institutionen und Organisationen beherbergt. Freie Träger wie das deutsche Rote Kreuz, die Arbeiterwohlfahrt, öffentliche Träger und viele weitere Wohlfahrtsverbände, arbeiten nach verschiedensten Schwerpunkten um Menschen Hilfestellung und Unterstützung geben zu können (vgl. Schilling 2005, S. 263 f).

Die Soziale Arbeit ist hierbei in zwei Aufgabenbereiche gegliedert: Die Sozialarbeit und die Sozialpädagogik. Sozialarbeit ist im Tätigkeitsbereich der Beratung, Prävention und Intervention zu finden. Sozialpädagogik ist im Bereich der Jugendfürsorge, Erziehung und Prävention angesiedelt. National und international fanden sich zu jeder Zeit Persönlichkeiten, die tiefgehend, über grundlegende soziale Geschehnisse in der Welt nachdachten und diese in Theorien und Ideen festhielten. Von Thomas von Aquin (1224- 1274) bis zu Lothar Böhmisch (1944) kann die Theorieentwicklung auf eine lange Geschichte zurückzublicken, die es den sozialen Berufen möglich macht, aufgrund fundierter wissenschaftlicher Erkenntnisse zu arbeiten und zu handeln. Einen Platz in dieser Reihe der Theorieentwickler hat ein Schweizer mit Namen Johann Heinrich Pestalozzi erhalten. Eine bekannte und zugleich diskursive Person, die „den neuzeitlichen Erziehungsgedanken und Bildungsgedanken mit der traditionellen Auffassung der Armenfürsorge nicht nur praktisch, sondern auch theoretisch kommunizierte…“ (Thole, Galuske, Gängler, 1998, S. 40). Der im 18. Jahrhundert geborene Schulmeister und Erzieher Pestalozzi galt in der Historie als Querdenker und wird aufgrund seiner unsystematischen Texte häufig als rückständig bezeichnet (vgl. Kuhlemann, 15.04.2011, MEZ 14.20 Uhr, www.heinrich-pestalozzi.de ). Auf der anderen Seite entsteht um Heinrich Pestalozzi auch der Mythos des „ großherzigen Almosenspenders, eines sentimentalen Kinderfreundes….eines ungeschickten Träumers, der es ökonomisch zu nichts gebracht hat“ (Kuhlemann, 15.04.2011, MEZ 14.25Uhr, www.heinrich-pestalozzi.de). Ohne gezielt das Wort „Sozialpädagogik“ zu verwenden, und trotz häufigen Widersprüchen und umstrittenen Themen, gilt Johann Heinrich Pestalozzi als einer der wichtigsten Begründer der Sozialpädagogik und hat einen festen Platz in den Theorien der „Sozialen Arbeit“ eingenommen. In Pestalozzis Theorien lassen sich auch ganz aktuelle Missstände und Themen erkennen, die noch bis in unsere moderne Zeit zu beobachten sind (vgl. Engelke, 2009, S. 99 f). Meine Hausarbeit möchte sich hier mit Pestalozzi beschäftigen, dessen Ansätze durch die eigene Geschichte und Umwelt geprägt wurden. Es ist also zu erkennen, dass professionelle Ideen nicht losgelöst vom biographischen Kontext entstehen, sondern eng miteinander verbunden sind (vgl. Block, 2007, S. 20). Neben der Historie des 18. Jahrhunderts, werde ich Soziale Arbeit in der Vergangenheit näher beleuchten und Pestalozzis Biographie näher betrachten. Es folgen die Theorien von Johann Heinrich Pestalozzi und der Bezug zur Postmoderne um die Frage beantworten zu können: ist Pestalozzi auch in Moderne und Postmoderne noch ein entscheidender Theoretiker?

1 Wende zur Moderne (Das 18. Jahrhundert)

Um näher auf Pestalozzi und seine Theorien eingehen zu können, ist es von großer Notwendigkeit den historischen Kontext des 18. Jahrhunderts zumindest in Ansätzen zu beschreiben und wichtigste Informationen an den Leser weiterzugeben. Pestalozzi empfand eine starke Zuneigung zu seiner Heimatstadt Zürich (vgl. Liedtke, 2002, S. 7). „…Man kann mein Leben nicht anschaulich darstellen ohne Zürich nahe zu kenen“ (J.H. Pestalozzi, „sämtliche Briefe“, 1946, S. 111) (Liedtke, 2002, S. 7). Neben den Geschehnissen in Zürich, hatten weitere nationale und internationale Veränderungen, Einfluss auf das Handeln und Denken von Pestalozzi. Zunächst werde ich einen Historischen Kontext darstellen um danach auf die Stellung der Armen und auf die Stellung der Sozialen Arbeit im 18. Jahrhundert eingehen zu können.

1.1 Historischer Kontext

Pestalozzi wird 1746 in der Wende von der Neuzeit in die Moderne geboren. Die Gesellschaft teilt sich in Schichten des Adels und der Bourgeoisie (Kaufleute, Ärzte usw.) auf. Neben der adligen Oberschicht erobern sich, z. B. Bankdirektoren oder Fabrikanten, durch zunehmende Besitztümer und Kapital einen Teil der Macht. Es wird nach Gleichberechtigung und Mitbestimmung verlangt. Am anderen Ende der Gesellschaft steht die Arbeiterklasse, die den größten Anteil der Bevölkerung darstellt, jedoch über die geringste Mitbestimmung und die wenigsten Rechte verfügt (vgl. Engelke, 2009, S. 95 f). Vorherige Versorgungskrisen, die zu Seuchen und Hungersnöten geführt haben, veranlassen einen gesellschaftlichen Wandel (vgl. Kuhlmann, 2011, S. 5). Fabriken und neue Dienstleistungsmöglichkeiten bieten Arbeitsplätze, weg vom ländlichen Raum. Es folgt eine Flucht vom Land in die Stadt. Alte Traditionen der Dorfgemeinschaft und der gegenseitigen Hilfe zerbrechen und die Menschen des 18. Jahrhunderts müssen sich neue Lebensräume suchen und beginnen sich neu zu organisieren.

Im Jahre 1783 wird die Unabhängigkeit Amerikas anerkannt. Bereits 7 Jahre später, 1789 beginnt die französische Revolution. Die französische Bevölkerung beobachtet das „…zum Teil sogar gewaltätige „Lotterleben“ an den fürstlichen Höfen und des Hoffadels kritisch“ (Thole, Galuske und Gängler, 1998, S. 37). Nach einigen geringen Widerständen beginnt mit dem Sturm auf die Bastille der französische Bürgerkrieg gegen Adel und Hofadel. Im Jahr 1790 werden die Menschenrechte verfasst. Rechtsgleichheit und Recht auf Privateigentum werden gestärkt (vgl. Engelke, 2009, S. 96). Es beginnt die Zeit des Rationalismus: Bürger beginnen sich selbst aufzuklären. Mut, Kritik und freies Denken sind neuer „Trend“. Das christliche Weltbild kommt ins wanken. Naturwissenschaftliche Erkenntnisse finden Aufmerksamkeit und stellen die bisherige Weltanschauung in Frage (vgl. Kuhlmann, 2011, S. 5). Zu beobachten ist auch, dass in dieser Zeit Musiker, Literaten und Dramatiker ihre Blüte erleben. Von Johann Wolfgang Goethe (1749-1832) bis Ludwig Van Beethoven (1770-1827) bringt das 18. Jahrhundert viele geschichtliche Persönlichkeiten hervor (vgl. Thole, Galuske und Gängler, 2002, S. 37). Pestalozzi ließ sich von all diesen Ereignissen und Geschehnissen beeinflussen. Er veränderte seine Auffassungen, aufgrund seiner Erlebnisse, mehrmals im Leben (vgl. Engelke, 2009, S. 100). Die Interessen des Herrn Pestalozzi reichten von Politik über Wirtschaft und Rechtssprechung bis hin zur Bildung und Erziehung (vgl. Brühlmeier, 18.04.2011, MEZ 17.31 Uhr, www.heinrich-pestalozzi.de ).

Zürich, als Geburtsort Pestalozzis, lebt nach der Zunftverfassung aus dem Jahr 1336. Alle Macht geht von den Bürgern der Stadt Zürichs aus. Die ländlichen Gebiete und damit die Dorfbewohner unterliegen dieser Verfassung und haben geringes Mitspracherecht (vgl. Engelke, 2009, S 96). Zürich ist im Besitz einiger Elementarschulen und bringt den Schülern grundlegende Dinge wie Lesen, Schreiben und Rechnen bei. All dies geschieht allerdings durch auswendig lernen und ohne Hilfestellung des Lehrers (vgl. Engelke, 2009, S 96).

1.2 Soziale Arbeit als Erziehung der Armen

Johann Heinrich Pestalozzi lebte in Zürich in einer Familie mit Bürgerrechten der Stadt. Die Macht der städtischen Bürger ging auch von der Familie Pestalozzi aus. Doch besonders durch die Besuche in der Dorfpfarrei des Großvaters, Andreas Pestalozzi (1692-1769), bekam Heinrich Pestalozzi schon sehr früh einen Einblick in die ärmlichen Verhältnisse der Dorfbevölkerung (vgl. Block, 2007, S. 4). Er beobachtete mit Entsetzen die hart arbeitenden und wenig gebildeten Kinder. In verschiedenen Phasen seines Lebens war das Thema Armut für Pestalozzi stets präsent. Wo er sich an manchen Stellen entschied Themen nicht weiter zu verfolgen, ließ ihn die Armut bis zum Tode nicht los: „Und meine Armen, die gedrückten, verachteten, verstossenen Armen“ (Guyer, Pestalozzi, 1926, S. 173), (Brühlmeier, 18.04.2011, MEZ 17.38 Uhr, www.heinrich-pestalozzi.de ). Armut war zu damaligen Zeiten weit verbreitet. Neben mangelndem Fleiß oder Schicksalsschlägen (z. B. Tod eines Familienangehörigen) entstand Armut häufig aus gesellschaftlichen Gründen. Bauern in ländlichen Gebieten mussten hohe Steuern zahlen. Landwirtschaftlicher Boden wurde knapp (vgl. Brühlemeier, 18.04.2011, MEZ 17.46 Uhr, www.heinrich-pestalozzi.de )Wie bereits erwähnt, stellten Arbeiter und Menschen in ärmlichen Verhältnissen Dreiviertel der Bevölkerung dar. In Zürich lebten z. B. 10000 Einwohner, die über 200000 Menschen der Landbevölkerung herrschten (vgl. Engelke, 2009, S. 96). Ausgehend von mangelndem Boden, Missernten und hohen Abgaben, zogen immer mehr Menschen in die Stadt, in der Hoffnung Arbeit zu finden und im Elend Almosen zu erbetteln. Um Bettlern und Armen das Arbeiten aufzuerlegen, entstanden Arbeitshäuser. Erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts (gegen 1789) konnte durch die Französische Revolution und andere politische Strömungen die Einstellung der Menschen verändert werden. Freie Lohnarbeit wurde möglich und aus den Armen wurde die „Arbeiterklasse“ (vgl. Kuhlmann, 2011, S. 8). Soziale Arbeit rückte durch strukturelle Veränderungen und verschiedene Umbrüche in den Vordergrund. Nach Carola Kuhlmann entstand in dieser Zeit die Frage nach Hilfen für Kranke, Kinder und alte Menschen (vgl. Kuhlmann, 2011, S. 8). War Soziale Arbeit bisher nur eine Helfertätigkeit gewesen (von Klöstern und Spitälern ausgeführt), entwickelte sich nun zumindest der Gedanke von gezielter Sozialer Arbeit. Geistliche, Vorsteher und andere Personen des öffentlichen Lebens wurden als „Armenpfleger“ eingesetzt (vgl. Puch, 1997, S. 4).

[...]

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Johann Heinrich Pestalozzi - Ein entscheidender Bildungs- und Erziehungsstratege der Neuzeit. Auch noch entscheidender Theoretiker für Moderne und Postmoderne?
Hochschule
Hochschule Koblenz (ehem. FH Koblenz)
Veranstaltung
Geschichte und Struktur Sozialer Arbeit
Note
1,3
Autor
Jahr
2011
Seiten
20
Katalognummer
V175999
ISBN (eBook)
9783640971596
ISBN (Buch)
9783640972654
Dateigröße
580 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
„Also bin ich ein Werk der Natur. Ein Werk meines Geschlechts Und ein Werk meiner selbst“ (Pestalozzi, Nachforschungen,1797)
Schlagworte
Johann Heinrich Pestalozzi, Hausarbeit, Geschichte und Struktur Sozialer Arbeit, Soziale Arbeit, Bildung- und Erziehung, Bildung, Erziehung, Julia Thorn, Thorn
Arbeit zitieren
Julia Thorn (Autor:in), 2011, Johann Heinrich Pestalozzi - Ein entscheidender Bildungs- und Erziehungsstratege der Neuzeit. Auch noch entscheidender Theoretiker für Moderne und Postmoderne?, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/175999

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