Durch die Jahrhunderte des Mittelalters und der frühen Neuzeit hatte das Kind seinen festen Platz in der Gesellschaft; es war einfach da. In der Familie, im Haus, auf Straßen und Plätzen, überall waren Kinder gegenwärtig. Sie wurden geliebt und von ihrer Umwelt zuweilen als lästig empfunden wie in allen Zeiten; Licht und Schatten begleitete ihre Existenz wie heute noch.
Kinder waren damals wie heute wichtiger Bestandteil der Gesellschaft. Sie sind unsere Zukunft. Gerade in modernen westlichen Gesellschaften, in der die Geburtenrate stetig sinkt, wird dem einzelnen Kind ein immer höherer Stellenwert zugesprochen bzw. immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Dem Kind wird damit nicht nur mehr Verantwortung übertragen, es steht auch zunehmend im Mittelpunkt von Familie und Gesellschaft, die versuchen das Kind gemäß ihrer Ansprüche zu formen. Freiraum wird folglich zur Mangelware. Das war nicht immer so.
Wie Kinder im Mittelalter die erste Phase ihres Lebens erlebten und welchen Stellenwert sie in Familie und Gesellschaft einnahmen wird zum Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Im ersten Schritt beschreibt der Text in einem Exkurs die Bedeutung des adeligen Kindes Ortlieb im Nibelungenlied. Insbesondere der zeitlich eher unbedeutende Auftritt des Knaben Ortlieb wirft die Frage auf, welche Rolle Kinder im Mittelalter einnahmen und speziell, welche Merkmale diese Rolle kennzeichnete. Eine Analyse zur Stellung bzw. zu den Lebensumständen von Kindern im Hoch-und Spätmittelalter wird Ausgangspunkt des zweiten und weitaus umfassenderen Teils dieser Arbeit. Im Fokus der Betrachtung stehen dabei Kinder bis zum siebten Lebensjahr, der s.g. Infantia . Angesichts des ursprünglichen Entstehungstorts des Nibelungenliedes im Westen Süddeutschlands, stammt das verwendete Quellenmaterial vorwiegend aus dem deutschsprachigen Raum und bezieht sich nur teilweise auf das gesamte mitteleuropäische Gebiet.
Inhaltsverzeichnis
- 1.0 Einleitung
- 2.0 Die Stellung Ortliebs im Nibelungenlied
- 2.1 Zur Vorgeschichte
- 2.2 Die gesellschaftliche Stellung eines Kindes im Mittelalter am Beispiel Ortliebs aus den Perspektiven Kriemhilds, Etzels und Hagens
- 2.2.1 Kriemhild
- 2.2.2 Etzel
- 2.2.3 Hagen
- 3.0 Die „Infantia“: Kindheit im Mittelalter – ausgehend von der Schwangerschaft bis zum siebten Lebensjahr
- 3.1 Schwangerschaft/Geburt
- 3.2 Erstes und zweites Lebensjahr
- 3.2.1 Die Taufe
- 3.2.1.1. Zeitpunkt der Taufe
- 3.2.1.2 Vorbereitungen/Investitionen
- 3.2.1.3 Die eigentliche Taufzeremonie
- 3.2.2 Eltern-Kind Beziehung und allgemeine Pflegegewohnheiten
- 3.2.3 Das Ammenwesen
- 3.2.3.1 Ursachen
- 3.2.3.2 Die Wahl einer „geeigneten“ Amme
- 3.2.3.3 Die Wohnstätte
- 3.2.3.4 Berührungsängste und Erziehungsmaßnahmen der Eltern
- 3.3 Kinder zwischen Spiel und Ernst – ein Einblick in das Leben eines Kindes bis zum siebten Lebensjahr
- 3.3.1 Heimkehr in die Familie
- 3.3.2 Kindliches Spielen – Spielzeug im sozialen Vergleich
- 4.0 Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit widmet sich der Frage, wie Kinder im Mittelalter ihre ersten Lebensjahre erlebten und welchen Stellenwert sie in Familie und Gesellschaft einnahmen. Im Fokus der Betrachtung stehen Kinder bis zum siebten Lebensjahr, der sogenannten „Infantia“. Der Text analysiert die Rolle des adeligen Kindes Ortlieb im Nibelungenlied, um einen Einblick in die allgemeine Einstellung gegenüber Kindern im Mittelalter zu gewinnen. Anschließend werden die Lebensumstände von Kindern im Hoch- und Spätmittelalter anhand von Quellenmaterial aus dem deutschsprachigen Raum untersucht.
- Die Rolle des Kindes im Mittelalter
- Die gesellschaftliche Stellung von Kindern im Nibelungenlied
- Die „Infantia“ als Lebensphase im Mittelalter
- Eltern-Kind-Beziehung und Pflegegewohnheiten
- Die Bedeutung des Ammenwesens
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik „Kindheit im Mittelalter“ ein und stellt die Relevanz des Themas in den Kontext der heutigen Zeit. Kapitel 2 analysiert die Rolle des Kindes Ortlieb im Nibelungenlied, um die gesellschaftliche Stellung von Kindern im Mittelalter zu beleuchten. Die Betrachtung erfolgt aus den Perspektiven von Kriemhild, Etzel und Hagen. Kapitel 3 konzentriert sich auf die „Infantia“ als Lebensphase im Mittelalter und beleuchtet Themen wie Schwangerschaft, Geburt, die Taufe, die Eltern-Kind-Beziehung, allgemeine Pflegegewohnheiten und das Ammenwesen.
Schlüsselwörter
Kindheit, Mittelalter, Infantia, Nibelungenlied, Ortlieb, Kriemhild, Etzel, Hagen, gesellschaftliche Stellung, Eltern-Kind-Beziehung, Pflegegewohnheiten, Ammenwesen, Taufe, Spielzeug, sozialer Vergleich.
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2010, Kindheit im Mittelalter - Die "Infantia", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/176042