[...] Dieser umfangreiche, rund 140 Seiten füllende Schriftwechsel zwischen den Beteiligten in Seligenstadt, Aschaffenburg und Mainz aus der Schlussphase des Dreißigjährigen Krieges, einer Zeit also, in der Land und Leute bereits großenteils in den oft beschworenen „Totalruin“ getrieben und an den Bettelstab gebracht waren, vermittelt uns vorab eine fundamentale Erkenntnis: Dass es zu dem endgültigen moralischen Verfall, den viele Zeitgenossen als unausweichliches Erbe dieses Krieges erwarteten, nicht kam, ist das unschätzbare Verdienst jener Männer, die in diesen Jahren des Grauens den lokalen Verwaltungen vorstanden und mit ungebrochener Energie Gesetz und Ordnung auch in auswegloser Lage am Überleben hielten. Mehr als die Starrköpfigkeit zweier Dickschädel sollte man die Ernsthaftigkeit und Geduld, die Fürsorge und das rechtliche Denken der Beamten bewundern, die in all dem Elend mit diesem Fall betraut waren. So, als wäre tiefster Friede, als gingen die Dinge ihren gewohnt harmlosen Gang und gäbe es keine dringlicheren Aufgaben zu meistern, so nahmen sie sich der Klagen Mennis und der Einwendungen Colchons an. Diese nimmermüden und tüchtigen Beamten waren es, die mit ihrer Bürokratie den Absturz einer ganzen Generation in blanke Gewalt, Faustrecht und Ganoventum verhinderten, - eine Möglichkeit, die sich am Ende des Dreißigjährigen Kriegs als apokalyptische Vision drohend am Horizont abzeichnete. Überhaupt wirkte die deutsche Beamtenschaft niemals verantwortungsvoller und pflichtbewusster als nach großen Katastrophen, wo oft Übermenschliches zu leisten war. Das gilt für den Dreißigjährigen Krieg ebenso wie für die beiden verlorenen Weltkriege des letzten Jahrhunderts. Wenden wir uns nun nach diesen allgemeinen Erwägungen unserem Streitfall zu. Dabei verfolgen wir eine doppelte Spur: Zu einem zeichnen wir anhand der 38 erhaltenen Dokumente den Verlauf der Auseinandersetzung zwischen Colchon und Menni im Detail nach, zum anderen widmen wir uns anschließend dem medizinischen Aspekt der Sache, indem wir die vier „Specificationes“ Dr. Mennis auswerten. So ergibt sich eine klare Zweiteilung unseres Themas.
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort
- Einleitung
- I. Teil: Der Streitfall
- Anmerkungen zum I. Teil
- II. Teil: Die ärztliche Kunst
- 1. Dr. Menni und seine Patienten
- 2. Die Krankheiten
- 3. Die Arzneien
- Anmerkungen zum II. Teil
- Anhang
- 1. Lateinisches Verzeichnis der Heilpflanzen
- 2. Bekannte Ärzte
- 3. Vertrag des Klosters mit Dr. Menni
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Abhandlung untersucht den Streitfall zwischen dem Abt des Klosters Seligenstadt, Leonhard Colchon, und dem Stadtmedicus Johann Heinrich Menni aus Aschaffenburg. Im Mittelpunkt steht die ärztliche Praxis des 17. Jahrhunderts, insbesondere die Behandlung der Mönche des Klosters Seligenstadt während des Dreißigjährigen Krieges. Die Quelle dieser Analyse ist ein umfangreicher Schriftwechsel zwischen den Kontrahenten und den Behörden aus dem Mainzer Regierungsarchiv.
- Der Streitfall zwischen Abt Colchon und Dr. Menni
- Die ärztliche Praxis des 17. Jahrhunderts
- Die Krankheiten der Mönche des Klosters Seligenstadt
- Der Einfluss des Dreißigjährigen Krieges auf die ärztliche Versorgung
- Die Rolle der Behörden im Streitfall
Zusammenfassung der Kapitel
Der erste Teil der Abhandlung beleuchtet den Streitfall zwischen Abt Colchon und Dr. Menni anhand der erhaltenen Dokumente. Er zeichnet den Verlauf der Auseinandersetzung nach und stellt die jeweiligen Positionen der Kontrahenten dar. Der zweite Teil widmet sich der ärztlichen Kunst des 17. Jahrhunderts. Ausgehend von den vier "Specificationes" Dr. Mennis werden die Behandlungsmethoden, die Krankheiten und die verwendeten Arzneien im Detail untersucht.
Schlüsselwörter
Die vorliegende Abhandlung befasst sich mit den Themen Heilkunst, ärztliche Praxis, Dreißigjähriger Krieg, Kloster Seligenstadt, Streitfall, Abt Colchon, Dr. Menni, medizinische Versorgung, Krankheiten, Arzneien, Behörden, Schriftwechsel, Mainzer Regierungsarchiv. Der Fokus liegt auf der Analyse des Streitfalls und der Rekonstruktion der ärztlichen Praxis im 17. Jahrhundert.
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- Manfred Schopp (Autor), 2001, Heilkunst im 17. Jahrhundert, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/176177