Analyse der Kurzgeschichte "Ein netter Kerl" (Gabriele Wohmann)


Exposé / Rédaction (Scolaire), 2011

3 Pages, Note: 1,5


Extrait


Analyse der Kurzgeschichte „Ein netter Kerl“

In der Kurzgeschichte „Ein netter Kerl“ von Gabriele Wohmann aus dem Jahre 1978 geht es um eine Familienkrise, die durch Kommunikationsprobleme, Rücksichtslosigkeit und mangelndem Vertrauen zustande kommt. Eine der drei Töchter bringt ihren Verlobten mit in ihr Elternhaus zum Abendessen ohne ihrer Familie zu sagen, dass er ihr Freund ist. Nachdem dieser das Haus verlassen hat, beginnt die Familie über sein Äußeres zu lästern, bis die Tochter ihnen erzählt, dass er ihr Verlobter ist. Erst jetzt werden die inneren (anscheinend positiven) Werte des Mannes berücksichtigt. Anhand von Watzlawicks Axiomen lässt sich das Kommunikationsproblem zwischen der Tochter Rita und ihrer Familie leichter erklären.

Der Text lässt sich meiner Meinung nach in zwei Teile gliedern. Im ersten Teil welcher sich über die Zeilen 1-60 erstreckt, geht es darum wie sich die Familie über Ritas „Besuch“ lustig macht. Der zweite Teil geht von der Zeile 61-85. In ihm stellt die Tochter klar, dass dieser „[für sein Alter furchtbar fette]“ (Z.4) Mann ihr Freund ist und sie ihn bald heiraten wird. Daraufhin schämt sich die Familie und versucht sich mit, an den Freund ihrer Tochter gerichteten Komplimenten, aus der Schlinge zu ziehen.

Der Leser wird, wie für eine KG üblich, direkt in das Geschehen hineinversetzt. „Ich habe ja so wahnsinnig gelacht“ (Z.1). Erst im Laufe der Geschichte erfährt der Leser etwas über die Firgurenkonstellation. Nanni, die wahrscheinlich Ritas Schwester ist bezeichnet den Besucher als „weich wie ein Molch“ (Z.10). Auch die Mutter nimmt kein Blatt vor den Mund. „ […] wie ein alter Mann“ (Z.20). Für Rita selbst sind die Äußerungen sehr verletzend und sie reagiert wütend. Dies zeigt sie mit ihrer Körperhaltung und dadurch, dass sich mit den Händen am Sitz festhält (Vgl. Z. 7). Einzig und alleine Milene unterstützt ihre Schwester, indem sie sagt, dass der Freund auch was Liebes an sich hat (Z. 12 ff.). Doch als dann der Vater ihn als Angsthasen bezeichnet (Vgl. Z. 38-39) da kann auch Milene sich nicht mehr zurückhalten. Rita sorgt unfreiwillig für weitere Belustigung, als sie seine Angst damit rechtfertigen will, dass er bei seiner kranken Mutter lebt. Obwohl dies eigentlich als ein Zeichen für Herzensgüte und Fürsorglichkeit gesehen werden könnte, lacht nun die ganze Familie laut los, wahrscheinlich, weil sie ihn nun auch noch für ein „Mamasöhnchen“ halten.

Wie ich schon am Anfang erwähnt habe, handelt es sich hierbei um ein Kommunikationsproblem. Erst nach genauer Auseinandersetzung mit dem Text wird deutlich, worin dieses Kommunikationsproblem eigentlich besteht. So bin ich zu dem Schluss gekommen, dass das eigentliche Problem darin besteht, dass die Tochter „nicht mit der Sprache rausgerückt hat“. Das heißt, dass sie nicht von Anfang an ihre Familie aufgeklärt hat, wer dieser Besucher eigentlich ist. Hier fehlt es eindeutig an Vertrauen, die Tochter hat wahrscheinlich Angst, dass ihre Eltern einen gut aussehenden, schlanken Mann erwarten und dann herbe enttäuscht werden, wenn sie den dicken Mann sehen. Sie beschreibt ihn zwar und erzählt ihrer Familie von ihm, doch genau das, wird hinterher zur Problematik. „Genau wie du es erzählt hast, weich wie […]“ (Z. 9-10). Rita hat ihrer Familie schon vorher, zu einem dem Leser unbekannten Zeitpunkt, erzählt, wie weich dieser Junge ist. Doch im Gegensatz zu ihrer Familie meint sie es nicht abwertend, sondern sie sagt es aus Liebe zu ihm. Sie fühlt sich bei ihm geborgen und sie kuschelt sich gerne an ihn. Darauf lässt sich sehr gut das 3. Axiom Watzlawicks anwenden. Während die Familie dies als Inhaltsaspekt betrachtet, meint Rita es als Beziehungsaspekt. Dies wird noch öfters deutlich, zum Beispiel in den Zeilen 21 und 39.

Der ganze erste Teil handelt davon, wie die Familie alles was Rita über ihren Freund erzählt hat unbewusst ins Negative zieht. Doch dabei denken sie nicht daran, wie sich ihre Tochter fühlen könnte. Es muss ja einen Grund haben, warum Rita einen jungen Mann nach Hause einlädt. Aber daran denkt die Familie gar nicht, sie sind Rücksichtslos und aus diesem Grunde, so glaube ich, hat Rita ihnen noch nichts von ihrem Freund erzählt. Hier wird meiner Meinung nach auch die Ungleichheit von Rita im Gegensatz zu ihrer Familie deutlich. Während sich die Familie nur auf das Augenscheinliche verlässt, sieht Rita die inneren Werte ihres Bräutigams. Aus diesem Grunde würde ich sagen, dass die Kommunikationsabläufe komplementär sind, wodurch das 5. Axiom Watzlawicks zum Einsatz kommt.

In der KG ist ein leichter Spannungsaufbau, der durch das ungesittete Verhalten der gesamten Familie verstärkt wird und dadurch, dass Nanni und die Mutter immer alberner werden. Dadurch dass sich der Leser die Figurenkonstellation erschließen muss, wird ihm die genaue Handlung nicht sofort klar. Alleine dadurch schon wird die Spannung mit jedem Satz angehoben, weil der Leser bei jedem Satz hofft, dass jetzt langsam alles aufgedeckt würde…

In den Zeilen 61-73 ist eine sehr interessante Textstelle. Zum einem, weil dies für den Leser eine überaschende Wendung ist und zum anderen, weil hier die Gefühle der Tochter sehr gut zum Ausdruck gebracht werden. Es ist, meiner Meinung nach der Wichtigste Abschnitt und ich denke, dass eine Erklärung mit Hilfe des Modells von Schulz von Thun auch ein leichteres Verständnis für den gesamten Text bringt. Nach Schulz von Thun gibt es vier Ebenen aus denen eine Kommunikation aufgebaut ist. Besagte werde ich auf den gesamten Abschnitt anwenden. Rita erzählt ihrer Familie, dass sie sich mit dem Mann verlobt habe und dass er öfters kommen wird. Dies ist meiner Meinung nach hauptsächlich eine Sachinformation. Darin ist auch direkt eine Selbstkundgabe enthalten. „Ich habe mich mit ihm verlobt“ (Z.63).Damit bringt sie zum Ausdruck, dass sie ihn lienbt. Auch eine Beziehungsseite ist erkennbar. In den Zeilen 67 und 68 äfft sie das Verhalten ihrer Familie nach um ihnen zu zeigen, was sie von ihnen hält. Der Appell ist schwieriger zu finden, da er nicht direkt klar ist. Er lautet: „Ihr müsst meinen Freund akzeptieren und ihr müsst aufhören über ihn zu lästern“ (Z. 61-73).

Den Eltern ist die Sache höchstwahrscheinlich sehr unangenehm, denn sie versuchen entschuldigende Worte zu finden indem sie darauf andeuten, dass der zukünftige Mann ihrer Tochter wahrscheinlich ein sehr netter Kerl ist. „[…]menschlich angenehm, höflich, kein übler Eindruck[…]“ (Z. 74-81).

Ich glaube, dass die Erzählperspektive extra so gewählt worden ist, damit der Leser die Handlung als Außenstehender betrachtet und somit eine allgemeine Aussage des Textes gegeben ist: Man sollte Menschen niemals nur nach ihrem Äußeren beurteilen, sondern auch nach ihren inneren Werten. Würde die Geschichte aber aus Ritas Sicht geschildert werden, so würden ihre Gefühle dem Leser sofort auffallen und die eigentliche Handlung sowie die Aussage des Textes wären sofort klar und es ließe sich keine, wie oben erwähnte, allgemeine Aussage erstellen.

[...]

Fin de l'extrait de 3 pages

Résumé des informations

Titre
Analyse der Kurzgeschichte "Ein netter Kerl" (Gabriele Wohmann)
Note
1,5
Auteur
Année
2011
Pages
3
N° de catalogue
V176357
ISBN (ebook)
9783640976485
Taille d'un fichier
397 KB
Langue
allemand
Mots clés
analyse, kurzgeschichte, kerl, wohmann)
Citation du texte
Tom Schnee (Auteur), 2011, Analyse der Kurzgeschichte "Ein netter Kerl" (Gabriele Wohmann), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/176357

Commentaires

  • invité le 22/3/2015

    Ist das nur Analyse oder auch Interpretation und kommunikationmodell auch dabei

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Titre: Analyse der Kurzgeschichte "Ein netter Kerl" (Gabriele Wohmann)



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