Das Phänomen der Verschwörungstheorien, besonders gegen Juden gerichtet, tritt im Verlauf der Geschichte in bestimmten Epochen häufiger auf. Zum ersten Mal wird jedoch eine jüdische Weltverschwörung von Johann Andreas Eisenmenger, einem deutschen Orientalisten, entwickelt. Sein Werk "Entdecktes Judenthum" ist dennoch bisher nicht unter dem Gesichtspunkt der Verschwörungstheorien untersucht worden. Da es von Nationalisten und Nationalsozialisten, die bekanntlich zahlreiche jüdische Verschwörungen propagierten, intensiv rezipiert wurde, stellt sich die nicht unerhebliche Frage nach der Wirkung Eisenmengers Thesen sowie der Tradierung von antijudischen Verschwörungstheorien im Allgemeinen. Um weitere interessante Aspekte einzubringen, soll ein Vergleich von Eisenmengers Werk mit den Schriften englischer Verschwörungstheoretiker gewagt werden. Zwar sind Vergleiche nicht immer einfach zu bewerkstelligen oder werden mitunter mit dem Vorwurf der Belanglosigkeit bedacht. Die teils erstaunlichen Gemeinsamkeiten und Differenzen zwischen den englischen Autoren und Eisenmenger, sowohl in sprachlicher als auch inhaltlicher Hinsicht, lassen jedoch sehr viel weitreichendere Schlüsse auf das Judenbild des 18. Jahrhunderts sowie das Nationalbewusstsein zu, als es in einer Betrachtung nur einer einzelnen Schrift hätte möglich sein können. Die Beschränkung auf Eisenmenger (1700/1711) und die vier englischen Flugschriftenautoren Tutchin (1705), B.B. (1720), Britannia sowie Archaicus (beide 1753) rührt daher, dass alle fünf Autoren noch zum traditionell religiös motivierten Antijudaismus tendieren und kaum modernere judenfeindliche Elemente beinhalten. Diese grundsätzliche Gemeinsamkeit bildet eine gute Basis für weitere Vergleiche. Da allerdings nicht nur die erste Hälfte des Jahrhunderts beleuchtet werden soll, werden auch die Judenfeindlichkeiten und eventuelle Verschwörungstheorien aufgeklärter Philosophen wie Kant und Fichte im Resumee angesprochen. Bei der Recherche englischer Quellen ließ sich nur auf die Eighteenth Century Collections Online, einer Datenbank englischer Schriften des 18. Jahrhunderts zurückgreifen. Hierbei konnten die genannten vier Autoren als Verschwörungstheoretiker ausfindig gemacht werden.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Frühantisemitismus versus Toleranz: Das Reich zur Zeit der Aufklärung
- Der Alltag der Juden.
- Edikte und Politik bezüglich der Juden am Beispiel Preußens
- Hofjuden
- Verschwörungstheorien und Judenfeindlichkeiten
- Der Alltag der Juden.
- England und die Juden
- Die ersten jüdischen Gemeinden Englands in der Neuzeit.
- Das Verhältnis zur christlichen Bevölkerung
- Die Wiederaufnahme von Juden unter Cromwell
- Verschwörungstheorien im jüdisch-christlichen Zusammenleben
- Das Gesetz zur Einbürgerung der Juden 1753
- Die ersten jüdischen Gemeinden Englands in der Neuzeit.
- Extreme Polemik in englischen und deutschen Schriften der Aufklärung
- Die Autoren und ihre Werke.
- Eisenmenger und das „Entdeckte Judenthum“
- John Tutchin, Archaicus, B.B. und Britannia
- Sprache und Paradigmen der Judenfeindlichkeit . .
- Verschwörungstheorien: Inhalt, Ursache und Wirkung
- Die Autoren und ihre Werke.
- Resümee
- Quellen- und Literaturverzeichnis
- Quellen zu deutschen Verschwörungstheorien und Antijudaismus
- Englische Quellen zum Judenhass . .
- Allgemeine Literatur zu Verschwörungstheorien und Hass gegen Minderheiten
- Literatur zu Eisenmenger und den Juden im Reich
- Literatur zur Situation der Juden in England
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Entstehung und Verbreitung von antijüdischen Verschwörungstheorien im 18. Jahrhundert, indem sie das Werk „Entdecktes Judenthum“ von Johann Andreas Eisenmenger mit englischen Flugschriften aus derselben Epoche vergleicht. Ziel ist es, die Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Argumentation und der Verwendung von antijüdischen Stereotypen aufzudecken, um so die Entstehung und Tradierung von judenfeindlichen Verschwörungstheorien in einem deutsch-englischen Kontext zu analysieren.
- Antijüdische Verschwörungstheorien im 18. Jahrhundert
- Vergleich von Eisenmengers „Entdecktes Judenthum“ mit englischen Flugschriften
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede in der Argumentation und der Verwendung von Stereotypen
- Tradierung und Wirkung von judenfeindlichen Verschwörungstheorien
- Zusammenhang zwischen antijüdischer Polemik und gesellschaftlichem Wandel
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet die Situation der Juden in Preußen im 18. Jahrhundert, wobei die Judenedikte, die Rolle der Hofjuden und das christlich-jüdische Verhältnis im Mittelpunkt stehen. Das zweite Kapitel betrachtet die Verschwörungstheorien und Judenfeindlichkeiten, die in dieser Zeit verbreitet waren, und untersucht deren Zusammenhang mit der Lebenslage der Juden.
Im dritten Kapitel wird die Geschichte der jüdischen Gemeinden in England im 17. und 18. Jahrhundert beleuchtet, wobei die Wiederaufnahme von Juden unter Cromwell, das Verhältnis zur christlichen Bevölkerung und die Debatte um das Einbürgerungsgesetz von 1753 im Vordergrund stehen.
Das vierte Kapitel analysiert die extreme Polemik in den Schriften von Eisenmenger und den englischen Flugschriftenautoren. Es werden die Verfasser und ihre Werke vorgestellt, die sprachlichen Besonderheiten der antijüdischen Polemik untersucht und die Inhalte, Ursachen und Wirkungen der in den Schriften kolportierten Verschwörungstheorien verglichen.
Schlüsselwörter
Antijüdische Verschwörungstheorien, Johann Andreas Eisenmenger, „Entdecktes Judenthum“, England, Preußen, Judenfeindlichkeit, Stereotype, Tradierung, 18. Jahrhundert, Aufklärung, Judenedikte, Einbürgerungsgesetz, Flugschriften, Polemik.
- Citation du texte
- Sabine Kühn (Auteur), 2009, "Von der Juden Haß gegen alle Völcker", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/176520