Sozialingenieure und Sozialtechniker

Die Theorie der Sozialarbeit nach Lutz Rössner gestern und heute


Referat (Ausarbeitung), 2001

24 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhalt

1. Vorwort

2. Historischer Kontext der Theorie Rössners

3. Die Person Lutz Rössner

4. Die Wissenschaftsauffassung Rössners
4.1 Forschungsgegenstand und –interesse
4.2 Sozialarbeitswissenschaft als Teil der Erziehungswissenschaft
4.3 Kritischer Rationalismus
4.4 Technologische Aussagensysteme

5. Grundzüge der Theorie Rössners
5.1 Werte, Normen und Rollen
5.2 Toleranz, Sozialisation und Asymmetrie
5.3 Prophylaktisches und korrigierendes Erziehen
5.4 Primäres, sekundäres und tertiäres Erziehen

6. Kritische Auseinandersetzung
6.1 Lukas (1979) und Engelke (1999)
6.2 Rössners Theorie der Sozialarbeit und heutiges Handeln

7. Literaturverzeichnis

1. Vorwort

An dieser Stelle beginnt eine Art Zeitreise zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Im weiteren Verlauf geht es zunächst zurück in die 60er- und 70er Jahre.

Hier liegen die Wurzeln der Theorie der Sozialarbeit von Lutz Rössner.

Ausgehend von einem kurzen, keinesfalls vollständigen, Einblick in den historischen Hintergrund nähert sich die hier vorliegende Arbeit der Person Lutz Rössners an, stellt die wesentlichen Faktoren seiner Theorie der Sozialarbeit vor und setzt sich mit dieser kritisch auseinander. Dabei werden Antworten auf folgende Fragen gesucht:

Inwieweit ist die Theorie Lutz Rössners für die heutige Soziale Arbeit und sozialarbeits-wissenschaftliche Forschung von Bedeutung?

Was ist mittlerweile überholt, was ist geblieben?

Wo liegt der Unterschied zwischen Sozialingenieuren und Sozialtechnikern?

Welche Verbindung ist zwischen Theorie und Praxis der Sozialen Arbeit denkbar?

Welche Chancen und Gefahren stecken in der Theorie Rössners?

Ist sie eher eine Idee oder vielmehr eine Ideologie?

Zwei Hinweise zum Aufbau der Ausarbeitung:

Um eine flüssigere Lesbarkeit zu gewährleisten, ist der nachfolgende Text ausschließlich in maskuliner Form verfasst.

Das Literaturverzeichnis befindet sich am Ende der schriftlichen Ausführungen im siebten Kapitel.

2. Historischer Kontext der Theorie Rössners

Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs wird Deutschland in zwei voneinander unabhängige Staaten aufgeteilt. Diese Teilung festigt sich 1961 mit der Errichtung einer Mauer zwischen der Bundesrepublik Deutschland (BRD) und der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Etwa zur selben Zeit marschieren Truppen des Warschauer Paktes in der damaligen CSSR ein und beenden den dort begonnenen Reformkurs.

Die BRD gerät 1966 in eine Wirtschaftskrise, deren Ursache maßgeblich in einem durch den Vietnamkrieg instabilen und geschwächten Dollar zu finden ist. Die Vereinigten Staaten von Amerika dehnen seit Mitte 1965 die militärischen Handlungen in Nordvietnam aus. In der BRD nehmen die anti-amerikanischen Friedensdemonstrationen zu. Besonders die Studentenschaft politisiert sich zunehmend.

Um Prozesse gegen Nazi-Verbrecher führen bzw. fortsetzen zu können und somit die Entnazifizierung des Landes weiter voran zu bringen, beschließt das Parlament der BRD Mitte der 60er-Jahre, dass die im Strafgesetzbuch verankerte 20-jährige Verjährungsfrist für Mord zwischen dem 08.05.1945 und dem 31.12.1949 „geruht“ habe.

Die 1966 begonnene Kulturrevolution in der Volksrepublik China weitet sich immer mehr aus und fordert viele Menschenleben.

In Europa bildet sich 1967 die Europäische Gemeinschaft (EG). Im selben Jahr kommt es in der BRD aufgrund eines mehrtägigen Staatsbesuchs des autoritär regierenden Schahs von Persien zu Demonstrationen und gewalttätigen Zusammenstößen, die in blutige Unruhen übergehen.

Die Außerparlamentarische Opposition, APO, formiert sich als Reaktion auf die politische Situation im Land (Große Koalition, Notstandsgesetzgebung, Hochschulreform). Bereits 1968 zerfällt diese Gruppierung in konstruktive und destruktive Lager. Eine Gruppe um Andreas Baader, die spätere „Baader-Meinhof-Bande“, „Rote Armee Fraktion – RAF“, fällt besonders durch diverse Terroraktionen und Brandstiftungen in Frankfurter Kaufhäusern auf.

Die 1968 von der regierenden Großen Koalition aus CDU und SPD verabschiedeten und fortan im Grundgesetz verankerten, so genannten „vereinfachten Notstandsgesetze“ lösen in der Studentenbewegung und auch im Deutschen Gewerkschaftsbund heftige Proteste aus.

Die beiden Weltmächte USA und UdSSR schließen zwischen 1965 und 1975 immer wieder Verträge miteinander bzw. untereinander ab, so z. B. den Atomwaffensperrvertrag und das SALT-Abkommen.

Im Jahr 1969 endet der Vietnamkrieg – die Amerikaner ziehen sich zurück.

Der deutsch-polnische Grundlagenvertrag, der die so genannte „Oder-Neiße-Linie“ als verbindliche Grenze festlegt, wird 1970 unterzeichnet.

Im Jahr 1971 erreichen die Anschläge der RAF ihren Höhepunkt.

1972 schließen die BRD und die DDR einen Grundlagenvertrag zur Normalisierung der Beziehungen. Ein Jahr später nimmt die UNO beide deutschen Staaten in ihre Reihen auf.

Ende der 60er- bis weit in die 70er-Jahre hinein, werden in der Technik und in den Naturwissenschaften enorme Fortschritte gemacht:

1969 betritt der erste Mensch den Mond. Noch im selben Jahr wird das erste künstliche Herz verpflanzt. 1973 findet die Gentechnologie ihren Anfang - zwei Amerikanern gelingt die Entwicklung einer universell anwendbaren Methode zur Zusammensetzung von DANN-Molekülen. Im Jahr 1977 wird der erste komplett gefertigte Personalcomputer erfolgreich auf den Markt gebracht.

In den 60er- und zu Beginn der 70er-Jahre streiten sich die Sozialwissenschaftler um eine Antwort auf die Frage nach der richtigen Wissenschaftsauffassung (Positivismusstreit). Hier stehen auf der einen Seite die Vertreter des Kritischen Rationalismus und auf der anderen Seite die Vertreter der Kritischen Theorie (Frankfurter Schule). Eine Einigung wird in all den Jahren nicht erzielt.

„Der Streit um die richtige Wissenschaftsauffassung geht einher mit einer Positivierung der Gesellschaftswissenschaften und die sozialempirische Forschung erhält eine zentrale Bedeutung für die Sozialwissenschaften.“ (Engelke 1992, S. 241)

Der in Deutschland geführte Positivismusstreit wird auch in der Pädagogik ausgetragen. In dieser Zeit und vor dem hier kurz skizzierten historischen Hintergrund entstand Lutz Rössners Theorie der Sozialarbeit.

3. Die Person Lutz Rössner

Lutz Rössner wird am 20.12.1932 in Neundorf / Anhalt geboren. Er studiert Philosophie, Psychologie, katholische Theologie, Pädagogik und Soziologie an der Universität Frankfurt am Main und am Pädagogischen Institut Darmstadt.

1957 promoviert er in Philosophie und diplomiert in Psychologie. Die Staatsprüfung für das Lehramt an Volks- und Realschulen absolviert er 1959 erfolgreich.

1965 wird Lutz Rössner Dozent für Sozialpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Oldenburg und 1966 geht er als Professor für Erziehungswissenschaften an die Pädagogische Hochschule Niedersachsen (Abteilung Braunschweig). Er wählt für seinen erziehungs-wissenschaftlichen Studiengang den Begriff „Sozialarbeitswissenschaft“.

Dieser Terminus ist bis dahin nicht gebräuchlich, da an allen Universitäten der BRD für denselben Bereich von „Sozialpädagogik“ gesprochen wird.

Im so genannten „Freitags-Kreis“ erarbeitet Lutz Rössner bis 1975 mit Mitarbeitern und Studenten die wissenschaftstheoretischen Grundlagen und Grundgedanken seiner Theorie der Sozialarbeit. In diesem Kreis arbeitet u. a. auch Lutz Michael Alisch mit, der mit Lutz Rössner zusammen und über diesen selbst und seine Theorie eine Vielzahl an Arbeiten veröffentlicht.

„Nach einer Phase intensiver Hinwendung zum Kritischen Rationalismus orientiert Rössner sich in seinen späteren Arbeiten an einem technologischen Interesse; er trennt erkenntnisorientierte von praxisrelevanter, effektivitäts-orientierter, technologischer Forschung.“ (Engelke 1992, S. 241)

Lutz Rössner zeigt ein vielfältiges sozialpädagogisches Interesse. Seine zahlreichen Arbeiten, u. a. zu Fragen der Schulreform, der Tanz- und Musikpädagogik und zur Sexualpädagogik, belegen dies.

Lutz Michael Alisch sieht in Lutz Rössner jemanden, der als engagierter Vertreter spezifischer Wissenschaftskonzeptionen den Widerspruch Andersdenkender hervorruft. Zudem betrachtet er ihn als eine Person, die „durch den Aufbau jeweils alternativer Entwürfe zu etablierten Lehrmeinungen, ein nicht zu übergehendes eigenes Gedanken- und Theoriekonzept anzubieten hat“. (Alisch, in: Engelke 1992, S. 242)

Im Januar 1995 stirbt Lutz Rössner, wissend darum, dass Kernbereiche seiner Theorie keine Akzeptanz erfahren haben. Zudem muss er selbst, wenige Monate vor seinem Tod, seinen in 25 Jahren aufgebauten Studiengang der Sozialarbeitswissenschaft aufgrund von Sparmaß-nahmen des niedersächsischen Wirtschaftsministeriums bis Mitte 1999 einstellen. (vgl. Engelke, S. 301)

[...]

Ende der Leseprobe aus 24 Seiten

Details

Titel
Sozialingenieure und Sozialtechniker
Untertitel
Die Theorie der Sozialarbeit nach Lutz Rössner gestern und heute
Hochschule
Evangelische Hochschule Darmstadt, ehem. Evangelische Fachhochschule Darmstadt
Note
1,3
Autor
Jahr
2001
Seiten
24
Katalognummer
V176899
ISBN (eBook)
9783640984275
ISBN (Buch)
9783640984374
Dateigröße
530 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
sozialingenieure, sozialtechniker, theorie, lutz rössner, sozialarbeit, popper, kritischer rationalismus, sozialarbeitswissenschaft, sozialwissenschaft, korrigierendes erziehen, erziehung, lukas, engelke, werte, normen, rollen, asymmetrie, erziehungswissenschaft
Arbeit zitieren
Oliver Hülsermann (Autor:in), 2001, Sozialingenieure und Sozialtechniker, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/176899

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