2004 begannen sich zwischen den „Antochonen“ und „Allochtonen“ in den Niederlanden starke Differenzen auszubilden, welche sich vor allem durch einige brutale Gewalttaten bemerkbar machten.
Die Akzeptanz zwischen der Mehrheitsgesellschaft und den ethnischen Minderheiten, oder zumindest einigen Gruppen davon, ist ein Manko in den Niederlanden, was auf eine misslungene Integration der Minderheiten schließen lässt. Um den Ursachen dieser widrigen Umstände in den Niederlanden auf den Grund zu gehen, ist es sinnvoll, einen Blick auf die ersten spezifischen Integrationsmaßnahmen zu richten, welche die Niederlande zu Beginn der 1980er Jahre gesetzlich verankerte.
Vorab lässt sich sagen, dass die sogenannte Minderheitenpolitik der Niederlande zu dieser Zeit unter dem politischen Leitsatz „Integration unter Wahrung der eigenen Identität“ statt fand. Das heißt, es wurden etliche integrationspolitische Maßnahmen vorgenommen, die den Migranten erlaubten, sich vorwiegend auf ihren eigenen Kulturkreis zu spezialisieren. Beispielsweise fanden in den Schulen Unterricht in der jeweiligen eigenen Sprache und Kultur der Einwanderer statt. Der Ansicht der niederländischen Regierung nach war es wichtig, den Migrantinnen und Migranten die Freiheit zu geben, ihre kulturellen Besonderheiten auszuleben und weiterzuentwickeln, weil man davon ausging, dass sich so ihre eigene Identität am besten entwickeln konnte. Dies sollte langfristig der Schlüssel zu einer gelungenen Eingliederung der Immigranten in die niederländische Gesellschaft sein.
Der kanadische Politikwissenschaftler Charles Taylor vertritt eben diese Auffassung, dass ein Staat sich durchaus für das Fortbestehen kultureller Minderheiten engagieren darf bzw. sogar soll, sofern die Grundrechte aller Bürger des Staates dadurch nicht beeinträchtigt werden. Zwischen dem Leitsatz „der Wahrung der eigenen Identität“ und Taylors Politikform, die er Politik der Differenz nennt, kann man also deutliche Parallelen erkennen. Die damals noch als vorbildlich gelobte Minderheitenpolitik der Niederlande hat sich jedoch spätestens seit dem 20ten Jahrhundert in eine heftig diskutierte Integrationsdebatte verwandelt, da das Zusammenleben der ethnischen Minderheiten und der Mehrheitsgesellschaft in den Niederlanden nicht so funktioniert, wie es die Regierung mit der Minderheitenpolitik beabsichtigt hatte. Dies führt zu der These, dass Taylors Politik der Differenz in der Praxis - wenigstens im Fall der Niederlande - nicht anwendbar ist.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Politik der Anerkennung
- Die demographische Landkarte der Niederlande
- Die Minderheitenpolitik der Niederlande
- Die Schaffung einer multikulturellen Gesellschaft
- Maßnahmen im Bereich Bildung und Erziehung
- Selbstorganisation der ethnischen Minderheiten
- Religionsfreiheit plus – das Rundumsorglospaket für ethnische Minderheiten, geschnürt von der Regierung
- Die Integrationsdebatte
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit befasst sich mit dem Thema der Integration ethnischer Minderheiten in den Niederlanden. Sie analysiert, wie die Niederländische Politik auf die Herausforderungen der kulturellen Vielfalt reagiert hat und welche Auswirkungen dies auf das Zusammenleben von Mehrheits- und Minderheitsgesellschaft hat.
- Die Politik der Anerkennung und die Bedeutung von Identität
- Die demographischen Veränderungen in den Niederlanden seit dem Zweiten Weltkrieg
- Die Umsetzung der Integrationspolitik in den Niederlanden
- Die Auswirkungen der Integrationspolitik auf das Zusammenleben von Autochthonen und Allochthonen
- Die Kritik an der Politik der Differenz im Kontext der niederländischen Integrationspolitik
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Das Kapitel erläutert den Kontext der Arbeit, indem es den Mord an Theo van Gogh als Auslöser für die Debatte über die Integration in den Niederlanden darstellt.
- Politik der Anerkennung: Das Kapitel untersucht die Theorie der Politik der Anerkennung von Charles Taylor und deren Relevanz für die Integration von Minderheiten.
- Die demographische Landkarte der Niederlande: Das Kapitel beleuchtet die demographischen Veränderungen in den Niederlanden seit dem Zweiten Weltkrieg und skizziert die Herausforderungen, die mit der Einwanderung verbunden sind.
- Die Minderheitenpolitik der Niederlande: Das Kapitel analysiert die Integrationspolitik der Niederlande, die darauf ausgerichtet ist, den Migranten und Migrantinnen die Wahrung ihrer eigenen Identität zu ermöglichen.
Schlüsselwörter
Integration, Minderheitenpolitik, kulturelle Vielfalt, Politik der Anerkennung, Identität, ethnische Minderheiten, demographische Veränderungen, Niederlande, Autochthone, Allochthone.
- Quote paper
- Kristina Eberle (Author), 2010, Charles Taylors Verantwortung für das Scheitern der niederländischen Integrationspolitik, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/177094