Einige Anmerkungen zum kontemplativen Ensemble
Dass die Kunstform der Oper schon aufgrund ihres primären Ausdrucksmittels, des Gesangs,
und bestimmten Formelementen, wie etwa der Da- Capo- Arie, von vornherein nicht für
konsequent "realistische" Dramatik prädestiniert ist, ist ein Gemeinplatz. Besonders "opernhaft" scheint deshalb auch das Formelement des so genannten kontemplativen
Ensembles zu sein. Hier geschieht etwas, das im Sprechtheater undenkbar wäre und von
einem "realistischen" Standpunkt aus betrachtet geradezu grotesk undramatisch erscheint.
Genau genommen vollzieht sich nämlich vor den Augen des Zuschauers nichts anderes als
ein stummes Innehalten über mehrere Minuten hinweg.
Denn die Handlung steht still. Was
in Wirklichkeit nur ein flüchtiger Augenblick wäre, wird von der sich ausbreitenden Musik auf
einen irreal langen Zeitraum gedehnt, in dem die Figuren singend ihre Gedanken und
Gefühle zum Ausdruck bringen. Die gleichzeitige Artikulation innerer Seelenvorgänge aller
am Ensemble beteiligten Figuren, im Sprechtheater unmöglich, wird durch die Musik
gewissermaßen als "tönendes Innehalten" ermöglicht.
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