Faktoren zur Funktionsuntüchtigkeit und Ausgliederung von Zahnersatz unter Berücksichtigung sozialpolitischer und ökonomischer Aspekte


Thèse de Doctorat, 2011

103 Pages


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Wissenschaftliche Aufgabenstellung

3. Literaturüberblick
3.1. Funktionswert prothetischer Therapien
3.1.1. Darstellung der Begriffe Funktionstüchtigkeit - Funktionsuntüchtigkeit
3.2. Morbidität des Zahnverlustes prothetisch versorgter Patienten
3.2.1. Wechselwirkung zwischen Zahnersatz und oralen Strukturen
3.2.2. Wechselwirkung zwischen Zahnersatz und Karies
3.2.3. Wechselwirkung zwischen Zahnersatz und parodontalen Erkrankungen
3.3. Ökonomische Aspekte zum Funktionsverlust von Zahnersatz
3.4. Resümee
3.5. Eigene Definition des Begriffes Funktionsuntüchtigkeit

4. Eigene Untersuchungen
4.1. Demographie der Stadt Wismar
4.1.1. Bevölkerungsstruktur der Stadt Wismar
4.2. Patientenkollektiv
4.3. Untersuchungsmethodik, Indices und Auswertungsverfahren
4.4. Untersuchungsfaktoren zur Ausgliederung von Zahnersatz

5. Ergebnisse
5.1. Gesamtübersicht der Ergebnisse
5.1.1. Auswertung: Alter des Patientenkollektivs
5.1.2. Auswertung: Geschlechtverteilung im Patientenkollektiv
5.1.3. Auswertung: Berufliche Bildung der Patienten
5.1.4. Auswertung: Allgemeine Anamnese der Patienten
5.1.5. Auswertung: Inkorporationszeiten - Übersicht
5.1.6. Auswertung: Inkorporationszeiten - Übersicht
5.1.7. Auswertung: Art der prothetischen Versorgung
5.1.8. Auswertung: Zustand des Restgebisses
5.1.9. Auswertung: SBI - Index
5.1.10. Auswertung: Zahnlockerung - Parafunktionen
5.1.11. Auswertung: Zahnpflege und Pflege des Zahnersatzes
5.1.12. Auswertung: Art des Zahnersatzes - Oberkiefer
5.1.13. Auswertung: Art des Zahnersatzes - Unterkiefer
5.1.14. Auswertung: Werkstoffkundlicher Befund
5.1.15. Auswertung: Tragemodus der Prothese
5.1.16. Auswertung: Einschätzung des Patienten
5.1.17. Auswertung: Zahnarztbesuch - Häufigkeit
5.1.18. Auswertung: Hauptursache der Ausgliederung
5.1.19. Auswertung: Ausgliederung nach Pfeilerverlust
5.1.20. Auswertung: Ausgliederung nach Veränderung des Prothesenlagers
5.1.21. Auswertung: Ausgliederung bei einer Allergie
5.1.22. Auswertung: Ausgliederung aus subjektiven Aspekten oder Symptomen
5.1.23. Auswertung: Ausgliederung aus technischen Gründen
5.1.24. Auswertung: Ausgliederung nach fehlerhafter Handhabung
5.1.25. Auswertung: Informationen zur Zahn- und Prothesenpflege
5.1.26. Auswertung: Abschlussbeurteilung
5.1.27. Auswertung: Indikationsgerechte prothetische Versorgung
5.1.28. Auswertung: Neuversorgung

6. Demographie und Kostenentwicklung

7. Diskussion und Zusammenfassung der Ergebnisse

8. Bilddokumentation

9. Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Im Rahmen der gesellschaftlichen und ökonomischen Veränderungen in OstDeutschland nach 1989 sind auch die Leistungen und Probleme in der Stomatologie einer Analyse zu unterziehen.

Zielstellung der Stomatologie ist die Erhaltung, Förderung und Wiederherstellung der oralen Gesundheit in der Einheit von primärer, sekundärer und tertiärer Prävention. In der Vergangenheit bis zur Gegenwart wurden umfangreiche epidemiologische Erhebungen und morbiditätsstatistische Untersuchungen durchgeführt. Sie geben in der prothetischen Stomatologie Aufschluss über die altersabhängige Verteilung des Zahnverlustes und der Lückengebisssituation, sowie über den Grad der prothetischen Betreuung. Stellvertretend viele Autoren solcher Untersuchungen sind zu nennen, GÖTSCH/ NEUBERT (38), KNAK (67), DORSCH/ LAETZSCH (21), KADEN (53) und KERSCHBAUM (58).

In diesen Arbeiten kommt zum Ausdruck, dass eine prothetische

Defizitversorgung der Bevölkerung besonders im mittleren Lebensalter vorliegt. KNAK (68) konnte in Berlin feststellen, dass nur 50% der behandlungs- bedürftigen Bürger in prothetisch ausreichender Qualität versorgt waren. Neben einer prothetischen Unterversorgung wurde auch von SCHNEIDER et al. (105) ein beachtlicher Prozentsatz an mangelhaften Zahnersatz vorgefunden. Zahnverlust ist das Resultat einer Vielzahl pathologischer Faktoren und führt immer zu funktionellen Störungen im orofacialen System.

Zur Erhaltung der Gesundheit und Arbeitskraft unserer Patienten ist die Kompensation von Zahnverlusten, durch geeignete und ökonomisch vertretbare prothetische Mittel, Aufgabe jedes Stomatologen.

Der zur Therapie notwendige Zahnersatz muss aus unterschiedlichsten Gründen in verschiedenen Zeitintervallen kontrolliert und erneuert werden.

Erkenntnisse aus Nachuntersuchungen zeigen, dass abnehmbarer partieller Zahnersatz zu einem großen Prozentsatz nach 5 - 6 Jahren neu angefertigt werden muss REICHENBACH (97). Festsitzender Zahnersatz hat eine wesentlich längere Funktionsperiode KERSCHBAUM et al. (57).

Von stomatologischer Seite erhebt sich die Frage, welche Schäden am Restgebiss, bzw. an den prothesentragenden Geweben oder am Zahnersatz selbst, führen zur Funktionsuntüchtigkeit. Die sozialpolitische und ökonomische Seite des Verlustes der Funktionstüchtigkeit von Zahnersatz beinhaltet einen wesentlichen Teil der Gesamtproblematik. Funktionsuntüchtigkeit, d.h. letztlich Ausgliederung des Zahnersatzes und Neuversorgung, stellt immer ein ökonomisch relevantes Problem für die Sozialversicherungen/ Krankenkassen und den Patienten dar. Aus diesem Grund ist auch zu untersuchen, inwieweit eine Ausgliederung durch die Sanierung bzw. Reaktivierung des Zahnersatzes hinausgezögert werden kann. Aufgrund sich verändernder sozialpolitischer und finanzieller Bedingungen in der Gesellschaft ist die prothetische Versorgung unserer Patienten stärker auf die Aufwand-Nutzen-Beziehung zu orientieren.

2. Wissenschaftliche Aufgabenstellung

Das Ziel dieser Arbeit ist eine Ermittlung von Ursachen und Häufigkeit der Ausgliederung von Zahnersatz aus klinischer Sicht.

Um eine Einschätzung zu dieser Fragestellung geben zu können, wurde eine morbiditätsstatistische Untersuchung an 1000 Patienten in Wismar durchgeführt.

Dadurch war es möglich, die Häufigkeitsverteilung und Ursachen der Ausgliederungen innerhalb eines Zeitraumes zu ermitteln. Speziell handelt es sich einerseits um die Beurteilung der Morbiditätssituation des Restgebisses und die Bewertung der Art der prothetischen Konstruktion. Andererseits um die funktionelle Beurteilung der Wechselbeziehungen zwischen prothetischem Behandlungsmittel und Restgebiss, die letztlich eine Ausgliederung notwendig machen.

Die aus den Analysen der Untersuchungsergebnisse gewonnen Resultate helfen bei der Ursachenforschung der positiven und negativen Einflüsse auf die funktionellen Wechselbeziehungen zwischen dem Behandlungsmittel und dem orofacialem System.

Die daraus entnommenen Schlussfolgerungen ermöglichen präzisierte Hinweise und können durch entsprechende Beachtung bei künftigen prothetischen Therapiemaßnahmen die hohe Ausgliederungsrate in positiver Hinsicht verändern.

Gegenwärtig zeichnen sich zwei Veränderungen im stomatologischen Betreuungsbedarf in der Bevölkerung ab:

1. Rückgang des Kariesbefalls jugendlicher Patienten
2. Zunahme des stomatologischen Behandlungsbedarfs älterer Menschen.

Aufgrund der Altersstruktur der Bevölkerung Mecklenburg Vorpommerns ist in den nächsten Jahren ein steigender Bedarf an Zahnersatz zu erwarten.

Da entsprechend der WHO- Zielstellung ein höherer Restzahnbestand bei älteren Patienten zu erwarten ist, wird die Indikation für kombinierten Zahnersatz mehr in den Vordergrund treten.

Das bedeutet auch, dass mit dem steigenden Altersdurchschnitt unserer Patienten eine wiederholte Neuversorgung mit technisch aufwendigem Zahnersatz erforderlich wird.

Um optimalere prothetische Behandlungsmittel mit langjähriger Funktionsperiode zu erhalten, sind Analysen der gegenwärtigen prothetischen Versorgung der Bevölkerung notwendig.

Im einzelnen sind vor allem Art und Konstruktionsform des Zahnersatzes, sowie der Zustand des Restgebisses und der prothesentragenden Gewebe, zu dem Zeitpunkt von Interesse, wenn der Zahnersatz funktionstüchtig wird. Die direkte und indirekte Wechselbeziehung zwischen Prothese und orofacialem System muss sorgfältig analysiert werden.

Ungeeignete Konstruktionen rufen funktionelle Schäden im gesamten System hervor, die später nur mit noch größerem prothetischem Aufwand zu kompensieren sind. Zur Beurteilung der Restgebisssituation werden die Kriterien Lückengebisstopographie, Kariesaktivität und Parodontalerkrankungen analysiert, da sich gerade diese Parameter unter dem Einfluss eines prothetischen Behandlungsmittels verschlechtern können.

Andererseits kann aber auch die prothetische Konstruktion ihre Funktionstüchtigkeit aufgrund mangelhafter Oralhygiene, d.h. starker Kariesaktivität oder ausgedehnter Parodontalerkrankungen verlieren.

Die Oralhygiene hat entscheidenden Einfluss auf den Therapieerfolg bzw.

Misserfolg. Für ältere und bewegungseingeschränkte Patienten sind geeignete Therapieformen und leicht ausführbare Oralhygienemethoden zu suchen.

Der Stellenwert der Oralhygiene wird in letzter Zeit vielseitig diskutiert, da besonders nach der Eingliederung von Zahnersatz veränderte Bedingungen in der Mundhöhle entstehen.

In diesem Zusammenhang ist der Einfluss der Oralhygiene auf die Funktionsdauer des Zahnersatzes zu untersuchen.

Zusammenfassend soll die Aufgabe dieser Arbeit in einer Analyse der verschiedenen Faktoren zur Ausgliederung von Zahnersatz unter Berücksichtigung der territorialen Gegebenheiten bestehen.

Die Ergebnisse sollen rationelle Wege zur Verbesserung der prothetischen Versorgung unter den Bedingungen der täglichen ambulanten Praxis nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten aufzeigen.

3. Literaturüberblick

3.1. Funktionswert prothetischer Therapien

Im gesunden vollbezahnten Gebiss besteht für jeden Zahn und für die gesamte Zahnreihe ein funktionelles Gleichgewicht.

Seinem Aufbau und seiner Wirkungsweise nach, wird das orofaciale System als biologischer Funktionskreis aufgefasst. Alle Systemteile beeinflussen sich gegenseitig. ESCHLER (28) fasste erstmals alle anatomischen und funktionellen Glieder des Kausystems zu einem Funktionskreis zusammen und zeigte, dass Funktionen auch rückläufig durch Schwächung einzelner peripherer Kettenglieder verändert werden können.

Der Verlust von Kaueinheiten - Zähne, Parodontien und Knochengewebe beeinflusst die Wirkungsweise des Funktionskreises ebenso wie lokale Störungen, hervorgerufen durch einen mangelhaften Zahnersatz.

Zahnersatz ist nach SCHÖN (107) ein ärztlich-biologisches Problem, in ein dynamisches System wird ein mechanisches Gerät eingegliedert, das nicht nur ein funktioneller Teil des gesamten Systems werden, sondern auch verlorengegangene Funktionen ersetzen soll.

REICHBORN- KJENNERUD (98) sieht für jedes einzelne Teilelement des stomatognathen Systems die Funktion als das Formgebende, das Aufbauende oder das Zerstörende.

Die Reaktion des Gewebes auf funktionelle Reize erfolgt durch Anpassung. Funktionelle Reize haben die Fähigkeit Gewebe zu bilden und zu formen.

Unphysiologische Belastung führt nach SPONHOLZ (120) über die Zirkulationsstörung zur Ernährungseinschränkung und somit zur Schädigung des Parodontiums.

Die Gewebereaktion kann herabgesetzt sein ( Hypofunktionstherapie ) oder sie kann bei gesteigerter Funktionsintensität erhöht sein ( Aktivitätshypertrophie ). Die Funktion des Zahnersatzes kann nach Art und Wertigkeit also gewebeerhaltend oder gewebezerstörend sein.

Sind die Artikulationsbewegungen durch irgendwelche Faktoren behindert, so können nach SCHÖN (108) pathologische Um- und Abbauprozesse entstehen, die sich innerhalb des gesamten Kausystems an allen einzelnen Teilelementen auswirken. Der Beweis für diese Zusammenhänge ist dadurch gegeben, dass nach Beseitigung der Störung des Artikulationsgleichgewichtes, durch unterschiedliche Therapiemaßnahmen, eine normaler Funktionsablauf wiederhergestellt werden kann.

Zahnersatz kann an den Geweben pathologische Prozesse hervorrufen, obwohl sie nicht unmittelbaren Kontakt mit der Prothese haben FRÖHLICH/ KÖRBER (32).

Kiefergelenkerkrankungen können prothetisch behandelt werden, mangelhafte prothetische Mittel sind aber auch Ursache der Entstehung von Gelenkerkrankungen. KROGH-POULSON (75), SCHULTE (109) die Eingliederung gingival gelagerter Prothesen führt zu erheblichen Umbau- vorgängen des Prothesenlagers THIEL (124) , SPRENG (121), LANGER (80). Der Funktionswert des Zahnersatzes und der Funktionswert des Prothesenlagers unterliegen also einer ständigen Änderung. Knochenabbauprozesse spielen sich vorwiegend an den Kieferkämmen und auch an deren bukkalen Anteilen ab FRÖHLICH (30), JUNG (52), SETZ (114), BREUSTEDT (12). BROSE (14) sieht den Funktionswert als das Ergebnis einer individuell angepassten und funktionell zweckmäßigen Gestaltung des Therapiemittels auf den jeweiligen Zustand des Restgebisses.

Seiner Meinung nach wird der Funktionswert wesentlich durch die Restgebisssituation, die Konstruktionsprinzipien der Teilprothese und durch die Wirkung des Zahnersatzes auf die oralen Gewebe beeinflusst.

Der Funktionswert festsitzender prothetischer Mittel wird von allen Autoren hoch eingeschätzt PARREIDT (93) , BRUHN (15), KIRSTEN (66), HÄUPL (42), KRAFT (72), KÖRBER (70), SCHILLINGBURG/ HOBO/ WHITSETT (102). Während bei PARREIDT (93) und BRUHN (15) noch vorrangig mechanisch- technische Kriterien im Vordergrund stehen, wird der hohe Funktionswert des festsitzenden Zahnersatzes nach VEST (127), FUHR (33) und MOLOFF/ STEIN (85) zunehmend von biologischen Gesichtspunkten bestimmt.

Kaufunktionelle, ästhetische und psychosoziale Gründe führen viele Patienten bei Befunderhebungen und Befragungen als den Funktionswert steigernde Aspekte des festsitzenden Zahnersatzes an BALTERS (4), RUEGER (100) und MEEUWISSEN (84).

Misserfolge in der Kronen- und Brückenprothetik sind nach SCHWARTZ (112), FUHR et al. (34) und KERSCHBAUM (59) vorrangig auf mangelhafte Kronenrandgestaltung und Karies zurückzuführen.

Für viele Patienten im höheren Lebensalter mit entsprechendem Restzahnbestand, ist die prothetische Versorgung mit kombiniertem Zahnersatz angezeigt. Der hohe Funktionswert festsitzender und abnehmbarer Kombinationen im Lückengebiss ist nach v. SCHWANEWEDE (111) dadurch gegeben, dass neben der stabilisierenden Wirkung der Therapiemittel auch deren biologischer Effekt eine langfristige Strukturerhaltung des Restgebisses und der prothesentragenden Gewebe ermöglicht. Stegkonstruktionen WIRZT (133) werden vor allem im stark reduzierten Lückengebiss günstig eingeschätzt.

Unter Nutzung der letzten Zähne schaffen sie hinsichtlich der Abstützung und der horizontalen Abblockung gute Voraussetzungen, gleichzeitig wird ein relativ hoher Kaukomfort gesichert. Implantatversorgungen haben einen hohen Funktionswert LINKOW (82), CARR und LANEY (18) für die Wiederherstellung der oralen Funktionen.

3.1.1. Darstellung der Begriffe:

Funktionstüchtigkeit - Funktionsuntüchtigkeit

Eine eindeutige Definition der Begriffe

Funktionstüchtigkeit - Funktionsuntüchtigkeit, die, die reproduzierbaren Untersuchungsergebnisse verschiedener Autoren darstellt, ist bis heute aufgrund der Komplexität dieser Fragestellung nicht erarbeitet worden.

SPIEKERMANN (119) schreibt dazu: “ Die Frage nach der Funktionstüchtigkeit bereitet naturgemäß Schwierigkeiten, da die Beurteilung von Erfolg, Misserfolg bzw. Erneuerungsbedürftigkeit einer Prothese immer subjektiver gefärbt ist und objektive Maßstäbe nur schwer aufzustellen sind.”

Die Beurteilung der Funktionsuntüchtigkeit ist offensichtlich ein komplexes Problem, das sich jedem Stomatologen täglich stellt, nämlich zu beurteilen, ob der vorhandene Zahnersatz nach abwägen klinischer, prophylaktischer und ökonomischer Gesichtspunkte weiterverwendbar ist - oder ausgegliedert werden muss.

Von einer klaren Definition der Begriffe Funktionstüchtigkeit - Funktionsuntüchtigkeit in der prothetischen Literatur kann heute noch nicht gesprochen werden.

Der Begriff Funktionstüchtigkeit findet zwar häufig Anwendung, bleibt jedoch unscharf KERSCHBAUM (55), weil er teilweise noch undefiniert ist EISMANN (26), HOFFMANN/ LUDWIG (49).

So sprach KRAUSE (73) auch von Gebrauchsfähigkeit, synonym für Funktionstüchtigkeit. Er stellte “funktionstüchtig” und “abgesunken” als Gegensatzpaar gegenüber. EBERSBACH (22) nannte als Hauptgründe für die Funktionsuntüchtigkeit der von ihm nachuntersuchten Prothesen die Oberbegriffe “schlechter Sitz” und “abgesunken”, eine gutsitzende und nicht abgesunkene Prothese ist funktionstüchtig.

EISMANN (26) verwendet die Begriffe “funktionstüchtig”, “ funktionelle und ästhetische Tüchtigkeit” ohne nähere Definition, jedoch als Beurteilungskriterium aus Patientensicht.

Ebenfalls steht bei BAUER/ LANGER (5) und HOFFMANN/ LUDWIG (49) “funktionstüchtig” für die subjektive Beurteilung des Zahnersatzes durch den Patienten, d.h. für die “Zufriedenheit des Patienten” mit dem eingegliederten Zahnersatz.

Da die Erhaltung des Restgebisses heute ein wichtiges prothetisches Therapieziel darstellt, war für KERSCHBAUM (55) erneuter Zahnverlust das wesentliche Kriterium für das Eintreten der “Funktionsuntüchtigkeit” von Zahnersatz.

Schließlich wählte KIRCHHOF (64) zur Differenzierung zwischen Untersucher und Patientenurteil die Begriffe objektive und subjektive Funktionstüchtigkeit. Hiernach ist die Prothese noch subjektiv funktionstüchtig, wenn der Patient mit ihr “gut” zurechtkommt, auch wenn offensichtliche Mängel am eingegliederten Ersatz nachzuweisen sind.

Für die objektive Funktionstüchtigkeit gab KIRCHHOF (65) Kriterien an, die weitgehend den von KÖRBER und SPRANGER (71) angeführten entsprachen.

Diese beiden Autoren gaben detaillierte Gründe an, die zur

Funktionsuntüchtigkeit führen:

1. Verlust und Lockerung von Pfeilerzähnen
2. Absinken der Prothese
3. eine Stomatopathie oder Unverträglichkeit
4. die Insuffizienz des Prothesenlagers
5. Zerstörung der Prothese
6. Aversion gegen den Zahnersatz

In einer Untersuchung von KERSCHBAUM/ THIE (62) wurden die Gründe des Funktionsverlustes von 1758 Kronen und Brücken analysiert. 71% aller überkronten Zähne waren erkrankt (24,7% Karies, 7,3% Folge- Erkrankungen der Pulpa, 19,6% Parodontopathien, 19,4% mehrere Erkrankungen); alle Kronen wiesen zusätzlich einen oder mehrere technische Mängel auf.

Nach durchschnittlich 10jähriger Inkorporationszeit waren ca. 10%, nach 20 Jahren etwa 35% der ursprünglich eingegliederten Kronen verlorengegangen.

In einer weiteren Arbeit konnten KERSCHBAUM und GAA (60) feststellen, dass zum Fünf-Jahres-Zeitpunkt noch rund 95% der festsitzenden Restaurationen in situ waren, nach 8 Jahren unterschritten nur die Einzelkronen die 90% Überlebensgrenze.

Als “Halbwertszeit” für Kronen und Brückenersatz wird eine Zeitspanne von 15-25 Jahren angegeben KERSCHBAUM et al. (57).

Ein wesentlicher Faktor der zur Funktionseinschränkung führt, ist nach GALL (35) die Prothesenstomatopathie.

Ursache können exogene und endogene Faktoren sein.

BUDTZ-JORGENSEN (16) berichtet, dass jeder zweite Prothesenträger über verschiedene Beschwerden und Erscheinungen im Mundbereich klagt. Bei einer Prothesenintoleranz wird häufig eine Funktionsuntüchtigkeit des Zahnersatzes durch den Patienten in den Vordergrund gestellt. Eine psychische Ursache findet sich nach MÜLLER-FAHLBUSCH (86) relativ häufig, vor allem bei Frauen.

Auch WEIGEL (131) konnte in einer Untersuchung feststellen, viele Patienten verstecken psychische Adaptionsprobleme hinter subjektiv technischen Mängeln, die die Funktionstüchtigkeit angeblich beeinträchtigen.

3.2. Morbidität des Zahnverlustes prothetisch versorgter Patienten

Karies und Erkrankungen des Parodontiums sind die häufigsten Ursachen des Zahnverlustes. Eine deutliche Zunahme dieser Erkrankungen ist nach PARMA (91) und GLUCKMANN (37) mit fortschreitender Zivilisation zu beobachten. In der Vergangenheit wurde in Übereinstimmung mit GOTTLIEB (39), FRÖHLICH (31) und PARMA (92), von ADLER (3) die These vertreten: “Der Altersverfall des Gebisses ist ein gesetzmäßiger Lebensprozess, bei welchem es sich um einen mit zunehmendem Alter und zunehmender Geschwindigkeit manifest werdenden physiologischen Altersprozess handelt”. Neuere Resultate über Chancen der Gebissentwicklung , über die HEDEGARD (43) berichtete, sowie die Erkenntnisse von BERGMANN (9) zur präventiven prothetischen Betreuung, fordern eine Überprüfung der Sachlichkeit dieser Anschauung heraus.

Bei einer Untersuchung von 3853 Berlinern stellte KNAK (68) den Gesamtdurchschnitt der fehlenden Zähne bei männlichen und weiblichen Probanden aller Altersgruppen von 11,2 Zähnen pro Proband, wovon 8,2 (rund 74%) in Form von künstlichen Zähnen ersetzt worden sind, fest. Bei 31 - 40 jährigen Männern fehlten pro Proband 3,6 Zähne und 0,8 waren prothetisch ersetzt. Das Verhältnis von ersetzten zu fehlenden Zähnen ist bei jüngeren Probanden ungünstiger als bei Älteren.98% aller ersetzten Zähne waren durch abnehmbaren Zahnersatz kompensiert.

Ein Viertel der Untersuchten trug defekten Zahnersatz.

Ähnliche Ergebnisse fanden PATZ und NAUJORKS (94) bei einer Auswertung von 14491 zahnärztlich betreuten Patienten. Bei den 35 - 44 jährigen Patienten fanden sie nur noch 20% vollbezahnter Gebisse.

In dieser Altersgruppe waren im Durchschnitt 4,8 Zähne extrahiert, ein Dezennium später lag der Mittelwert bei 9,5. Der Anteil der prothetisch ersetzten Zähne betrug bei den Patienten zwischen 35 und 44 Jahren 43%. Als Therapeutikum stand die abnehmbare Teilprothese im Vordergrund. Die gestiegene mittlere Lebenserwartung erhält unter diesem Gesichtspunkt eine besondere Bedeutung. Wenn es nicht gelingt mit fortschreitendem Alter der Gebissdestruktion Einhalt zu gebieten, ist in Zukunft mit einem absoluten Anstieg von Bürgern mit reduzierten Restgebissen sowie zahnlosen Patienten zu rechnen HÖCKER (48).

Daraus ergeben sich Konsequenzen für die prothetische Versorgung und wiederholte Versorgung der Patienten. Primär gesunde Gebisse Jugendlicher, sowie auch weitgehend vollständig erhaltene Zahnreihen bei älteren Menschen, sind gegenwärtig noch eine absolute Seltenheit.

3.2.1. Wechselwirkungen zwischen Zahnersatz und oralen Strukturen

Realistische Aussagen über Destruktion und Schadenswirkung prothetischer Mittel auf die umgebenden oralen Strukturen sind nur aus klinischen Untersuchungen abzuleiten.

Nutzen und Schaden einer Therapie abschätzbar zu machen und eine realistische klinische Einschätzung der Wertigkeit der Behandlungsmaßnahmen zu ermitteln, schreiben VOSS und KERSCHBAUM (129), ist das Ziel von Ergebniskontrollen in Form von Nachuntersuchungen. KERSCHBAUM (56) engte diese Aussage wie folgt ein: “Die Nachuntersuchung scheint ein bestehend aussagekräftiges Mittel zu sein, den Erfolg zu verifizieren, vorausgesetzt dieser lässt sich objektiv, zuverlässig und gültig beschreiben”.

Jeder Zahnarzt hat direkten Kontakt zu den oralen Geweben und übt unterschiedliche funktionelle Reize aus. Abhängig von der Art und Gestaltung der prothetischen Mittel wird das Parodont entsprechend stark tangiert. Nach LENTZ (81) handelt es sich um Kontaktwirkungen, die in Verbindung mit Plaque, Zähne, marginales Parodont und die Mukosa beeinflussen, es werden aber auch funktionelle Kräfte durch den Zahnersatz übertragen.

Funktionelle Störungen der Okklusion, hervorgerufen durch mangelhaften Zahnersatz, führten nach BÖTTGER (11) zu negativen Veränderungen der umgebenden Gewebe und zu pathologischen Veränderungen am Kiefergelenk (Arthritis deformans).

Kronenersatz zeigt bei subgingivaler Randgestaltung auf das marginale Parodont häufig Reizerscheinungen GROPP (41).

Zahnverlust und Zahnersatz können also die Entstehung und den Verlauf pathologischer Veränderungen an den oralen Geweben wesentlich beeinflussen.

3.2.2. Wechselwirkung zwischen Zahnersatz und Karies

Karies wird durch die bei der Vergärung von niedermolekularen Zuckern - durch zur Säurebildung befähigte Mikroorganismen - entstehende Milchsäure ausgelöst und die Demineralisation des Schmelzes und weiterer Hartsubstanzen ist ein Ausdruck des gestörten Ionenaustausches zwischen Plaque, Schmelz und Speichel GÄNGLER (36).

Mit der Eingliederung von Zahnersatz wird das orale Milieu insgesamt verändert. Klinische Untersuchungen zeigen, dass der Protheseninkorporation eine kariesdisponierende Bedeutung zukommt.

Anhand zweier Studien konnte BRILL et al. (13) nachweisen, dass die Eingliederung einer partiellen Prothese in der Mundhöhle ungünstig auf die vorliegende biologische Situation hinsichtlich der Plaquebildungsbedingungen wirkt.

Die Untersuchungen von BAUER und LANGER (5) sowie die von ADDY und BEATES (1) führen zu den Schlussfolgerungen, dass die Restzähne von Patienten mit abnehmbaren partiellen Zahnersatz kariesgefährdeter sind. Diese Erkenntnisse werden durch die Untersuchungen von HUPFAUF, L. und HUPFAUF, T. (51), CARLSSON et al. (17), DERRY und BERTRAM (20), EISMANN (26), BAUER und LANGER (5), SPIEKERMANN (118), EBERSBACH und LESCHE (23), sowie von HENRICH und KERSCHBAUM (45) im wesentlichen untermauert.

Sie zeigen auch, dass Zähne, die Kontakt mit Halte- und Stützelementen haben, häufiger durch kariöse Läsionen geschädigt werden.

In den angeführten Arbeiten verschiedener Autoren wird deutlich, dass die Grunddisposition der Patienten gegenüber kariösen Läsionen von der Mundhygiene, von den approximalen Kontaktverhältnissen und räumlichen Proportionen zwischen Zahn und Prothesenelement abhängig ist.

Die Kontaktzone im Bereich der Klammerauflage, der Klammerarme und vor allem auch die prothesennahe Kontaktzone des lückenbegrenzenden Zahnes ist nach MUSIL und TAEGE (89) besonders plaque- und somit kariesgefährdet. Nach KÖRBER (69) sind komplizierte Halte- und Stützelemente kariesfördernder als einfache Halteklammern.

Untersuchungen von VOSS (128) und von HENRICH (44) zeigten, dass an oralen und vestibularen Zahnflächen der Klammerzähne seltener Karies zu finden ist. Ursache dafür sind nach Meinung der Autoren die funktionsbedingten Scheuerbewegungen der Klammerarme, die diesen Bereich dann relativ plaquefrei halten. CARLSSON et al. (17) konnte im Ergebnis seiner Untersuchungen feststellen, dass nach 4 jähriger Inkorporationszeit 71% aller Stütz- und Haltezähne kariös waren.

Als Alternative wird von vielen Autoren die Überkronung von Halte- und Stützzähnen angesehen. HICKLIN/ BRUNNER (47) und SCHWALM et al. (110) fanden bei überkronten Zähnen eine wesentlich geringere Karieshäufigkeit. Andererseits sehen viele Autoren z.B. SCHWARTZ et al. (113), KIELHORN (63), THIE (123) und KERSCHBAUM et al. (57) Karies bzw. Sekundärkaries als Hauptursache für den Verlust von überkronten Zähnen an.

Nach Ansicht von BECKERT und STEGEMANN (7) sind entsprechende Mundhygienemaßnahmen und Hygieneintensivprogramme für den langfristigen Erfolg der prothetischen Versorgung notwendig.

3.2.3. Wechselwirkung zwischen Zahnersatz und parodontalen Erkrankungen

Heute noch praxisübliche Formen von abnehmbaren Teilprothesen und Kronenersatz begünstigen den Marginalinfekt und bedingen funktionsbedingte Überbeanspruchungen des Parodontiums. Zusätzliche Probleme entstehen bei einer mangelhaften Oralhygiene SONDERMANN (116).

Die Untersuchungen von BRILL et al. (13), von STIPHO/ MURPHY (122) und von ADDY/ BEATES (2) zeigten, dass mit einer Eingliederung von Prothesen die Plaquebesiedlung zunimmt und das Mundmilieu sich ändert. Plaque führt aufgrund ihrer hohen Pathogenität zu entzündlichen Veränderungen des marginalen Parodonts.

Nach NOSSEK (90) ist die Entzündungsbereitschaft der Gingiva wiederum von der Epithelbeschaffenheit, insbesondere von der Ausprägung der Superficialschicht abhängig, die ihrerseits sowohl von exogenen Faktoren als auch von endogenen Faktoren beeinflussbar ist.

Nach KÖRBER (69) haben neben der Mund- und Prothesenhygiene besonders die Basisgestaltung und die dentale Abstützung der Prothese eine große Bedeutung. Große parodontale Schäden entstehen durch Kragen- und Lingualplatten PFÜTZ (95), EMBER (27) und KERSCHBAUM/ RAUCH (61).

Schleimhautentzündungen am Gaumen, vergesellschaftet mit einer schlechten Prothesenstabilität (Reiz) fanden DERRY/ BERTRAM (20) bei 27% ihrer nachuntersuchten Patienten.

Dabei wurden auch Entzündungen unter den kleinen Verbindern beobachtet.

Die Halte- und Stützzähne mir ihrem Parodont sind besonders bei abnehmbaren Teilprothesen gefährdet.

BAUER und LANGER (5) beobachteten, dass die marginale Gingiva an 13% der Pfeilerzähne zum Zeitpunkt der Eingliederung entzündet war.

Ein Jahr nach Eingliederung der Prothesen zeigte 65% der Gingiva der Pfeilerzähne Entzündungserscheinungen, nach 4 jähriger Tragedauer war ein weiterer Anstieg auf 68% erfolgt.

Die allgemeine Mundhygiene dieser Patienten war unbefriedigend.

MARXKORS et al. (83) konnten anhand von Nachuntersuchungen zeigen, dass durch eine großzügige Öffnung des Raumes zwischen Pfeiler und Prothesensattel (4-5mm) an den Grenzflächen eine Plaquereduktion von etwa 50% zu erzielen war. Während bei etwa 2mm breitem Raum nur eine Plaquereduktion von 30% möglich war.

Epidemiologische Studien von PATZ/ NAUJOKS (94) und von RENGGLI/ ALLET/ SPANAUF (99) belegen, dass mit fortschreitendem Alter Parodontopathien und Destruktionserscheinungen des Kieferknochens verstärkt auftreten.

So weisen nach RATEITSCHAK/ RENGGLI/ MÜHLEMANN (96) die Altersstufen von 45-60 Jahren bereits einen Verlust von 25% des alveolaren Knochens auf und bei den 60 jährigen betrug der Abbau durchschnittlich ein Drittel. Wesentlich günstigere Wechselbeziehungen sind zwischen festsitzendem Zahnersatz und dem Parodontium zu finden. Schwerpunkte bei der Entstehung parodontaler Erkrankungen sind hier mangelhafte Kronenrandgestaltung EICHNER (24), Interdentalraum- und Kauflächengestaltung LANGE (78). Das der marginale Rand des prothetischen Mittels abhängig von seiner Gestaltung und Oberflächenbeschaffenheit Reize auf das Parodontium ausübt, wurde schon von WESKI (132) erkannt und als lokaler Reiz in die ätiologische Trias entzündlicher parodontaler Erkrankungen eingeordnet.

Hauptsächliche Ursache für die entzündlichen Veränderungen sind nach Meinung von KRÖNCKE (74), SCHLUGER et al. (103) und LANG, N.P. et al. (76) die am Kronenrand retirierten bakteriellen Plaques.

Deren Qualität ist u.a. für die entzündliche Reaktion der angrenzenden parodontalen Gewebe maßgebend.

Daraus ergibt sich die praktische Konsequenz, Kronenränder so glatt wie möglich in die Zahnoberfläche übergehen zu lassen VALDERHAUG/ BIRKELAND (126).

LANGE (78) sieht eine besondere Problematik in der Rekonstruktion und Gestaltung der Interdentalräume und Approximalflächen.

In diesen Bereichen beginnt in der Regel der marginale Entzündungsprozess.

Aus den angeführten Fakten ergibt sich insgesamt die prothetische Notwendigkeit der Abstimmung des Behandlungsmittels auf die Gewebereaktion, also eine Reduzierung von Schäden auf das geringste unvermeidbare Maß HOFMANN (50).

3.3. Ökonomische Aspekte zum Funktionsverlust von Zahnersatz

Ökonomie im Gesundheitswesen ist immer gleichzeitig ein medizinisches Problem. Der eigentliche Nutzeffekt wird durch die Prophylaxe, Therapie und Metaphylaxe bestimmt. Es ist eine Tatsache, dass entsprechende prothetische Maßnahmen erhebliche Kosten verursachen.

Die Verschmelzung der ökonomischen und medizinischen Aspekte macht es schwer, eine Beurteilung über den effektiven Einsatz und Verbrauch der Mittel im Gesundheitswesen vorzunehmen BORCHMANN (10).

Die von der Gesellschaft für das Gesundheitswesen zur Verfügung gestellten Mittel sind seit Jahren kontinuierlich gestiegen.

Die Leistungen im Gesundheitswesen lassen sich nicht in jedem Fall mit einem Preis als Geldausdruck des Wertes der Ware Gesundheit ausdrücken KECK (54). Dennoch wird der Begriff Kosten in der Fachliteratur verwendet. BERGK (8) bezeichnete die von der Gesellschaft aufgewandten finanziellen Mittel zur Wiederherstellung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit unfallbetroffener Patienten als gesellschaftliche Kosten.

Nach BORCHMANN (10) ist eine korrekte Auflistung der Einzelleistungen und Kosten, wie sie in Anlehnung an Prinzipien der wirtschaftlichen Rechnungsführung üblich sind, nicht oder nur teilweise möglich.

SCHÖFFEL, CH. Und J. SCHÖFFEL (106) haben Kosten für medizinische Betreuungsleistungen nach folgendem Berechnungsschema ermittelt.

1. Unmittelbare gesellschaftliche Kosten,
- Kosten der medizinischen Betreuung,
- finanzielle Aufwendung der Sozialversicherung,

2. Ausfallverluste im Arbeitsprozess / Wirtschaft

Ein echter Aufwand-Nutzen-Vergleich, wie er in produzierenden materiell-technischen Bereichen möglich ist, kann in der medizinischen Betreuung aufgrund sehr unterschiedlicher Einflüsse aber nur bedingt entwickelt werden, weil immer der Gesunderhaltungs- bzw. Gesundungseffekt im Vordergrund steht MÜLLER/ STÄHR und KLAPPER (87).

Im Bereich der stomatologisch prothetischen Literatur gibt es keine Arbeit, die Angaben über Kosten, die durch unterschiedliche Ausgliederungen von Zahnersatz entstehen, aufzeigt.

Aufgrund der allgemeinen Kostenentwicklung im deutschen Gesundheitswesen werden heute besonders im Bereich der Zahnersatzversorgung häufiger Gutachter eingeschaltet MÜNSTERMANN(88).

Die ZE- Gutachter achten darauf, dass der Zahnersatz nach den gesetzlichen Richtlinien “wirtschaftlich, ausreichend und zweckmäßig” ist. Demographische Veränderungen in der Gesellschaft haben Auswirkung auf die medizinische und zahnmedizinische Versorgung. Die Menschen werden älter, die Anzahl chronischer Krankheiten und multimorbider Patienten steigt. Aufgrund der sich stark verändernden Altersstruktur der Bevölkerung (135), ist ab 2015 mit einer steigenden Ausgabenlast ( Kosten) für Zahnersatz zu rechnen.

Die Folgen einer stark alternden Bevölkerung in Deutschland wird in den sich ändernden Sozialsystemen erkennbar.

Der Versuch, durch Zuwanderung junge Menschen / Beitragszahler ins Land zu holen, muss gegenwärtig als gescheitert angesehen werden.

Denn: Die Relation Jung zu Alt wird sich trotzdem weiter verschieben, weil das Schneeballprinzip der Sozialsysteme wegen der Begrenztheit von Raum und Ressourcen nicht mehr funktioniert ( 139).

3.4. Resümee

Am Ende der Literaturübersicht ist festzustellen, dass es keine konkrete Arbeit gibt, die Untersuchungen oder Ergebnisse zur Fragestellung Ausgliederung prothetischer Mittel aufzeigt.

Viele Arbeiten beschäftigen sich mit der Funktionstüchtigkeit von Zahnersatz und mit einzelnen Aspekten, die zur Funktionsuntüchtigkeit führen. Dabei stehen Karies und Parodontopathien im Vordergrund, werkstoffliche Aspekte sind bis 1990 nicht so stark herausgearbeitet.

Ab Anfang der 90er Jahre treten werkstoffkundliche Untersuchungen und biologische Verträglichkeitsprüfungen mehr in den Vordergrund.

Unterschiedliche Analysen zeigen, dass besonders im mittleren und höheren Lebensalter eine Verbesserung der prothetischen Versorgung notwendig ist. Die Versorgung der Lückengebisse war überwiegend als unbefriedigend bzw. unterbetreut anzusehen. Probleme der Funktionsuntüchtigkeit und sich daraus ergebende Fragen der Ausgliederung und Neuversorgung sind nicht weiter diskutiert worden.

Es liegen keine Untersuchungsergebnisse über Versorgungsnotwendigkeit und Kostenentwicklung bei Patientengruppen mit höherem Lebensalter vor. In den vergangenen Jahren wurde deutlich, das durch die größere Anzahl von erhaltenen Zähnen mit einer Zunahme der Parodontalerkrankungen zu rechnen ist. Bedingt durch die zunehmende Zahl älterer Menschen und aufgrund steigender Ansprüche in der medizinischen Versorgung ist davon auszugehen, das für eine zeitgemäße moderne Therapie mehr finanzielle Mittel erforderlich sind.

3.5. Eigene Definition des Begriffes Funktionsuntüchtigkeit

Im Rahmen der Literaturstudien und eigenen Nachuntersuchungen wurde folgende Definition herausgearbeitet:

Funktionsuntüchtigkeit

Die Funktionsuntüchtigkeit eines prothetischen Mittels ergibt sich aus der Summe der einzelnen mangelhaften biologischen, technischen und werkstoffkundlichen Parameter. Funktionsuntüchtigkeit heißt, dass die Forderungen nach Rehabilitation des orofacialen Systems, Erhalt und Schutz vor neuem Schaden, durch das prothetische Mittel nicht mehr gewährleistet sind.

Dysfunction

Dysfunction of dental prosthesis is summarized by unsatisfactory biological, technical and material parameter. Dysfunction means, that the demand for rehabilitation of the orofacial system, conservation and prevention from new damage, is not guaranteed by the dental prosthesis.

[...]

Fin de l'extrait de 103 pages

Résumé des informations

Titre
Faktoren zur Funktionsuntüchtigkeit und Ausgliederung von Zahnersatz unter Berücksichtigung sozialpolitischer und ökonomischer Aspekte
Auteur
Année
2011
Pages
103
N° de catalogue
V177395
ISBN (ebook)
9783640990092
ISBN (Livre)
9783640990337
Taille d'un fichier
3927 KB
Langue
allemand
Annotations
Kurzfassung einer PhD Dissertation
Mots clés
Zahnersatz, Funktionsverlust von Zahnprothesen, Funktionsuntüchtigkeit, Ausgliederung von Zahnersatz, Kosten, demographische Veränderungen, Bevölkerungsstruktur
Citation du texte
Dr. med. Hanno Sondermann (Auteur), 2011, Faktoren zur Funktionsuntüchtigkeit und Ausgliederung von Zahnersatz unter Berücksichtigung sozialpolitischer und ökonomischer Aspekte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/177395

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