Leseprobe
Inhaltverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Historische Perspektive – die irische Wirtschaft bis 1973
3 Die irische Wirtschaft nach der europäischen Integration
3.1 Der Beitritt 1973 und die krisengeprägten 80er Jahre
3.2 Die irische Erfolgsgeschichte ab den 90er Jahren
4 Ursprung des rasanten Aufstiegs - mögliche Wachstumsdeterminanten und deren Bedeutung
4.1 Wirtschafts- und Industriepolitik – the Industrial Development Authority
4.2 Ausländische Direktinvestitionen – transnationale Unternehmen als Motor der Entwicklung
4.3 Beschäftigungsbezogene Ursachen - der Sozialpakt und die Arbeitsmarktstruktur
4.4 Die Bedeutung der EU – Subventionen
5 Ein kritisches Fazit der Entwicklungen - Nachhaltigkeit versus Abhängigkeit
6 Zusammenfassung
Literatur- und Quellenverzeichnis
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildung 1: Arbeitslosenrate in Irland der 60er, 70er und 80er Jahre
Abbildung 2: Entwicklung des irischen Bruttoinlandsproduktes
Abbildung 3: Die Wachstumsraten des irischen BIPs seit 1971
Abbildung 4: Dynamik des BIP pro Kopf von ausgewählten Ländern der EU und den USA seit 1995 bis 2007
Abbildung 5: Anzahl der Beschäftigten und die Arbeitslosenquote bis 2007
Abbildung 6: Entwicklung des Pro-Kopf-Einkommens im EU-Vergleich bis 2007 (EU-Durchschnitt als Index 100)
Abbildung 7:Veränderung der Staatsverschuldung in Prozent des BIP bis 2007
Abbildung 8: Anzahl der ausländischen Unternehmen in Irland seit 1992 bis 2007
Abbildung 9: Ausländische Direktinvestitionen in Irland seit den 1970er bis 2003
Abbildung 10: Durchschnittliche FDI pro Kopf der letzten vier Jahrzehnte
Abbildung 11: Verteilung der durch den EFRE finanzierten Investitionen in Irland zwischen 1975 und 1987
Abbildung 12: Finanzmittel aus dem EFRE und dem Kohäsionsfonds in den drei abgelaufenen Förderperioden
Tabelle 1: Handelsverflechtungen Irlands
Tabelle 2: Veränderung der ökonomischen Hauptkenngrößen Irlands nach 2007
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Irland, einst das Armenhaus Europas, vollzog binnen drei Jahrzehnten einen unvergleichlichen wirtschaftlichen Wandel, in Folge dessen es zu einem der prosperierendsten Länder der europäischen Familie aufstieg. Mit unvorstellbaren Wachstumsraten in den 90er Jahren erinnerte das irische Wirtschaftswachstum an die Entwicklung der asiatischen Tigerstaaten, was dazu führte, dass Irland unter dem Synonym „Keltischer Tiger“ in aller Munde war (Fink, 2008; Glebe, 2000; Kroenig, 1996; Müller, 1999). Doch was brachte dieses kleine, an der äußersten europäischen Peripherie gelegene Land auf diese Erfolgsspur? Bis vor wenigen Jahren wurde Irland, ging es um Europa, gern vergessen. Zum einen schien es irgendwie zu Großbritannien zu gehören, zum anderen galt es auf Grund seiner Traditionalität, seiner strukturellen und räumlichen Benachteiligungen und mangelnder Dynamik in der Entwicklung als „Outpost of Europe“ (Kossdorf, 2000, S. 167). Grundsätzlich wird angenommen, dass der Beitritt zur Europäischen Gemeinschaft (EG) 1973 einen großen Teil zum wirtschaftlichen Aufschwung des Landes beigetrug. Inwieweit dies zutrifft und welche weiteren Faktoren diesbezüglich zur Diskussion gebracht werden, ist Inhalt dieser Arbeit. Um dies zu thematisieren, wird zunächst die wirtschaftliche Entwicklungsgeschichte Irlands dargestellt. Hierbei wird Bezug auf die historische ökonomische Ausgangssituation und die wirtschaftliche Entwicklung in den Nachkriegsjahren bis zum EG-Beitritt genommen, um anschließend den Wandel der Wirtschaft seit der Integration in die europäische Gemeinschaft im Detail zu beleuchten. Schlussendlich wird ein kritisches Fazit über die zurückliegende Entwicklung gezogen, u.a. unter Berücksichtigung der aktuellen Situation.
2 Historische Perspektive – die irische Wirtschaft bis 1973
Betrachtet man die frühe ökonomische Entwicklung Irlands hat die Zugehörigkeit zum Vereinigten Königreich Großbritannien (engl. United Kingdom, kurz UK) eine essenzielle Bedeutung, da lange Zeit eine sehr starke Abhängigkeit zu dem Nachbarland bestand. Von britischer Seite wurde Irland als ländliches Randgebiet angesehen, welches Rohstoffe und Vorprodukte für die industrielle Entwicklung des Kernlandes bereitstellte. Andere irische Produktionen unterdrückten die Briten mittels der Erhebung von Schutzzöllen auf Importe oder gar Einführverboten anderer Produkte, die nicht von britischer Seite „gewollt“ waren. Zudem bestand bis in das 19. Jahrhundert ein Exportverbot in andere Länder. In Folge dessen erhöhte sich die wirtschaftliche, aber auch politische Abhängigkeit des Landes zum UK im zunehmenden Maße. Verschiedenste Maßnahmen seitens der britischen Regierung führten zu einer mehrfachen Neuorientierung der Exportproduktion in Irland, meist innerhalb nur weniger Jahre, wodurch sich nie feste und etablierte Strukturen entwickeln konnten. Ab dem 17. Jahrhundert wurde gemäß der britischen Vorgabe eine Spezialisierung insbesondere im Agrarbereich und der Textilindustrie vorangetrieben. Diese Strukturen wurden bis ins 19. Jahrhundert beibehalten, wodurch es nie zu einer Industriealisierung kam (Kohler, 2009).
Die jahrhundertelange Zugehörigkeit Irlands zum UK endete mit dem Bürgerkrieg und der anschließenden Teilung Irlands 1921. Im Folgejahr kam es zur Gründung des Freistaats Irlands, aus dem im Jahr 1948 die Republik Irland, mit der erstmals die formale Unabhängigkeit hergestellt wurde, hervorging. Der junge Staat stand anschließend vor einer ganzen Reihe von großen Herausforderungen, u.a. der Bildung einer eigenen Regierung und der Entwicklung einer eigenständigen Wirtschafts- und Industriepolitik. Als problematisch, insbesondere bezüglich des letztgenannten Punktes, stellte sich die weiterhin bestehende Fokussierung auf den Primären Sektor dar. Die von England festgelegte Konzentration auf diesen Sektor wurde gar von Seiten der irischen Regierung weiter verstärkt[1], in deren Folgen es zu einer weiterhin bestehenden Hemmung der Industrialisierung kam. Durch das Einsetzen der Weltwirtschaftskrise 1929 sanken die irischen Exporte drastisch, insbesondere weil die britische Regierung im Zuge dieser Krise durch eine Schutzpolitik ihren Markt vor irischen Agrarimporten abriegelte. Dadurch geriet die irische Wirtschaft immer mehr in eine Krise. In Folge dessen wurde ab den 30er Jahren eine auf Protektionismus[2] ausgerichtete Wirtschaftspolitik betrieben. Dadurch erhöhte sich zunächst das Wachstum der Produktion auf rund 4 Prozent in den 30er und 40er Jahren (Barry, 2003; Gottheil, 2003; Kossdorf, 2000). Im Zuge des Zweiten Weltkrieges kam es zu gravierenden wirtschaftlichen Einbrüchen, die industrielle Produktion sank um mehr als ein Viertel und die Exporte verringerten sich um die Hälfte. Durch verschiedene Maßnahmen seitens der Regierung sowie eine allgemein kriegsbedingte hohe Auswanderungsrate in das UK ergab sich entgegen der allgemeinen Wirtschaftsentwicklungen eine Verringerung der Arbeitslosigkeit von 15 Prozent zu Kriegsbeginn auf 10 Prozent im Jahre 1945 (Kohler, 2009).
Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern hielt Irland nach dem Zweiten Weltkrieg an seiner protektionistischen Ausrichtung fest und verpasste so den Nachkriegsboom. Als fast alle Länder nach 1945 eine Art „goldene Ära“ durchliefen rutschte Irland immer weiter in die Krise. Während in den 50er Jahren die jährlichen Wachstumsraten der Wirtschaft bei durchschnittlich 2 Prozent lagen, wies das restliche Europa Wachstumsraten um die 6 Prozent auf (Powell, 2003). Zwar nahmen die Exporte, die sich weiterhin vor allem auf landwirtschaftliche Produkte beschränkten, im Zuge dieses Booms zu und erreichten bereits 1946 das Vorkriegsniveau. Ebenso sank die Arbeitslosigkeit bis 1950 weiter auf 7,5 Prozent (Kohler, 2009). Diese Verringerung ist, wie bereits in den Kriegsjahren, insbesondere durch die hohe Auswanderung zu erklären, denn im Verlauf der 50er verließen rund 400.000 Menschen der rund 3 Millionen Einwohner das Land. Aber im selbigen Zeitraum erfolgte eine drastische Erhöhung der Importe, insbesondere von Konsumgütern und führte im Ergebnis zu einer Zahlungsbilanzkrise. In Folge dieser Krise und der Tatsache, dass Irland innerhalb 30 Jahre Protektionismus keine nennenswerte wirtschaftliche Entwicklung aufwies, wurde sich in den späten 50er Jahren von dieser Art der Wirtschaftspolitik losgesagt. Mit dem daraus folgenden Öffnungsprozess waren umfangreiche Reformen verbunden, u.a. die Einführung einer Steuerbefreiung auf Profite von exportorientierten Produktionen und die Liberalisierung des unternehmerischen Eigentumsrechtes. Aber vor allem konzentrierte sich das neue wirtschaftspolitische Denken auf das Anwerben ausländischer Investoren, mit deren Hilfe die irische Industrie modernisiert werden sollte (Barry, 2003; Driever, 1996; Gottheil, 2003; Powell, 2003).
Im Zuge dieser Reformen begann sich die irische Wirtschaft zu wandeln. Die Investitionstätigkeiten nahmen, wenn auch langsam, zu. Ebenso setzte ein langsamer Strukturwandel in der Industrie ein, was sich wiederum in einer sich veränderten Exportstruktur wiederspiegelte. Seit Ende des Protektionismus war vor allem die Chemiebranche sehr stark gewachsen, von einst 0,5 Prozent auf einen Exportanteil von 6 Prozent, wohingegen der traditionelle Nahrungsmittelsektor deutlich an Exportanteilen verlor. Zusätzlich verringerte sich ab diesem Zeitpunkt die ökonomische Abhängigkeit zum UK[3]. Gingen 1959-60 noch rund 74 Prozent der Exporte in das Nachbarland, verringerte sich dieser Anteil bis 1972-73 um rund 15 Prozent (vgl. Tabelle 1). Ein Großteil dieser Differenz findet sich dabei bei den EG-Staaten wieder, ein klares Indiz für die allmähliche Annährung Irlands an das europäische Festland (Barry, 2003; Kossdorf, 2000).
Tabelle 1: Handelsverflechtungen Irlands in den 60er und 70er Jahren (Quelle: eigene Darstellung nach Kossdorf (2000), S. 109 Tabelle 11)
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3 Die irische Wirtschaft nach der europäischen Integration
3.1 Der Beitritt 1973 und die krisengeprägten 80er Jahre
Der angesprochene europäische Integrationstrend verlief jedoch sehr schleppend. Bereits 1961 stellte die irische Regierung ihren ersten Antrag auf eine Mitgliedschaft in der damaligen Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG). In den Jahrzehnten zuvor, dies drücken auch die geringen Exportanteile 1959-1960 (vgl. Tabelle 1) aus, waren die wirtschaftlichen und auch politischen Beziehungen zum kontinentalen Europa sehr limitiert. Das erste Beitrittsgesuch begründet sich jedoch ausschließlich auf wirtschaftliche Motive und zwar aus folgendem Aspekt: Die EWG war nach ihrer Gründung sehr schnell zu einer europäischen Wachstumsinsel geworden und zog selbst Länder, die Mitglieder der 1960 als „Gegenorganisation“ gegründeten Europäischen Freihandelszone (EFTA) waren, an. Sogar Großbritannien als der Initiator der EFTA konnte sich der Anziehungskraft der Gemeinschaft nicht entziehen. Die mögliche Mitgliedschaft Großbritanniens setzte die irische Politik stark unter Druck, da dies den Verlust des zu diesem Zeitpunkt wichtigsten Marktes der irischen Wirtschaft bedeutet hätte. Jedoch wurde der erste Antrag auf eine Mitgliedschaft 1963 zunächst auf Grund der ablehnenden Haltung Frankreichs gegenüber einer Erweiterung der Gemeinschaft zurückgezogen, was jedoch nichts an der neuen wirtschaftspolitischen Haltung änderte[4]. Nach dem Ende der französischen Veto-Politik bewarb sich Irland 1967 erneut, womit der lange Prozess der Integration schlussendlich am 1.1.1973 mit der offiziellen EG-Mitgliedschaft endete (Driever, 1996; Kossdorf, 2000).
Zum Zeitpunkt des Beitritts zählte Irland als eines der strukturschwächsten Länder der Gemeinschaft. Und auch lange nach dem Beitritt hatte sich an der wirtschaftlichen Lage des Landes kaum etwas verändert, denn noch 1987 stellte die Europäische Kommission fest, dass es sich bei Irland um ein „[…] unterentwickeltes, von der Landwirtschaft abhängiges und peripher gelegenes […]“ Land handelt (Wood, 2000, S. 35). In den 70er Jahren waren zunächst leichte wirtschaftliche Verbesserungen zu beobachten. Auf sektoraler Ebene setzte sich ein langfristiger Trend fort, in dem die Zahl der Beschäftigung in der Landwirtschaft weiter zurückging. Die Beschäftigung im Dienstleistungsbereich, sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich, stieg leicht an, wenn auch viel langsamer als es im EU-Ausland der Fall war. Hierbei handelt es sich vor allem um den Anstieg der Beschäftigten in ausländischen Unternehmen. Zwischen 1973 und 1980 stieg deren Zahl als eine Konsequenz der europäischen Integration und als ein Erfolg der Ansiedlungsstrategie der irischen Regierung um 40 Prozent (Barry, 2003). Allerdings waren es vor allem krisenhafte Erscheinungen in den 80er Jahren, die das wirtschaftliche Bild Irlands prägten. Eine Begründung dafür war eine generell rückläufige Weltwirtschaftsentwicklung. Durch die Ölkrisen und einer sich daraus ergebenden globalen Rezession rutschte Irland tief in eine Schuldenkrise. Noch bis zum Jahr 1977 hatten hohe Steuern und die leichte wirtschaftliche Erholung das Haushaltsdefizit halbiert. Durch die Erhöhung der öffentlichen Ausgaben wurde von Seiten der Regierung versucht der krisenhaften Entwicklung entgegen zu steuern, was zunächst auch durch einen starken Beschäftigungseffekt gelang. Dies erfolgte allerdings auf Kosten eines weiteren Anstiegs der Staatsverschuldung auf Grund steigender Zinszahlungen und Sozialausgaben, durch einen sprunghaften Anstieg der Zinssätze in den 80er Jahren und einer wachsenden Arbeitslosigkeit. Die Neuverschuldung bezifferte sich teilweise auf einen Zuwachs von rund 10 Prozent im Jahr, wodurch die Staatsverschuldung bis 1987 auf 116 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) anstieg. Ebenso schossen die Arbeitslosenzahlen weiter nach oben und erreichten 1986 den zweithöchsten Wert der europäischen Mitgliedsstaaten mit rund 17 Prozent (Kossdorf, 2000; Powell, 2003). Insbesondere die hohe Erwerbslosenquote unterstreicht die schlechte ökonomische Position Irlands zu dieser Zeit. Wenn man sich die Arbeitslosenquote vor dem Beitritt in die EG im Vergleich zu den 80er Jahren vor Augen führt, ist ein deutlicher negativer Trend zu erkennen (vgl. Abbildung 1). Jedes Jahr gingen rund 25.000 Arbeitsplätze verloren. Ebenso konnte die Wirtschaftsleistung des Landes nicht nennenswert erhöht werden. Am Ende der 80er Jahre lag Irland bei nur 62,4 Prozent des BIP-Durchschnitts der EG und damit nur höher als Griechenland und Portugal. Innerhalb der ersten 15 Jahre EG-Mitgliedschaft hatte Irland damit lediglich 5 Prozent der bestehenden Divergenz bezüglich des BIP-Niveaus bei Eintritt in die Gemeinschaft aufgeholt (Kossdorf, 2000; Wood, 2000).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Arbeitslosenrate in Irland der 60er, 70er und 80er Jahre (Quelle: (Nickell, Nunziata & Ochel, 2005)
3.2 Die irische Erfolgsgeschichte ab den 90er Jahren
In Folge der negativen Erfahrungen in der Vergangenheit reagierte die Industrial Development Agency (IDA)[5] seit Mitte der 80er Jahre mittels einer selektiven Auswahl der investitionswilligen Unternehmen. Es wurde verstärkt auf wachstumsorientierte Branchen aus dem Hightech-Bereich gesetzt, verbunden mit der Einführung bestimmter Anforderungen bezüglich der Schaffung von qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen und der Ansiedlung wichtiger unternehmerischer Funktionen, wie Forschung und Entwicklungsbereichen (F&E). Ob dies als Hauptursache anzusehen ist, wird im folgenden Kapitel diskutiert. Ungeachtet der tatsächlichen Wirkung begann ab Ende der 80er Jahre eine Erfolgsgeschichte, die in Europa einmalig war. Irland entwickelt sich innerhalb nur weniger Jahre vom „Sick Man“ Europas zum „Celtic Tiger“ (Glebe, 2000; Werner, 1999). Welche Ausmaße diese Entwicklung annahm, unterstreichen die folgenden ökonomischen Kennzahlen und deren Entwicklungen.
Vor allem die Steigerung des BIP verdeutlicht die Intensität des Wachstumsprozesses der irischen Wirtschaft. Bereits in den 70er und 80er Jahren ist ein deutlicher Aufwärtstrend ersichtlich, ausgehend von einem niedrigen Niveau (1970 eine BIP von rund 28 Milliarden Euro), lagen in dieser Zeit die Wachstumsraten bis auf wenige Ausnahmen meist unter 5 Prozent (vgl. Abbildung 2 und Abbildung 3). Gleichermaßen gab es in der beschriebenen rezessiven Phase in den 80er Jahren zum Teil negative Wachstumsraten (1983 und 1986). Ab dem Jahr 1987 weist Irland allerdings bis zur jüngsten Weltwirtschaftskrise ein durchweg positives Wachstum des Bruttoinlandsproduktes auf.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Entwicklung des irischen Bruttoinlandsproduktes (Quelle: eigene Darstellung nach Daten der OECD)
Für den Zeitraum von 1987 bis 1990 betrug das jährliche Wachstum bereits 6 Prozent. Vor allem das Jahr 1990 mit einem Wachstum von 8,5 Prozent wies bereits ein Niveau auf, das andere europäische Länder nicht erreichen konnten. In dem Folgezeitraum schwächte das Wachstum leicht ab, erreicht aber immer noch ein durchschnittliches Wachstum von 4,7 Prozent im Zeitraum von 1991 bis 1995, was vor allem auf eine globale konjunkturelle Schwächephase von 1991 bis 1993 zurückzuführen ist (vgl. Abbildung 3). Ab Mitte der 90er Jahre ist endgültig ein klarer Trendwechsel in der Wachstumsdynamik des BIP ersichtlich. Nach Ansicht verschiedener Beobachter zeigten sich in dieser Zeit Parallelen zu den Entwicklungen der ostasiatischen Schwellenländer (Fink, 2008; Glebe, 2000; Kroenig, 1996). Mit jährlichen Wachstumsraten von teilweise über 10 Prozent (Höchstwert 1997 mit 11,5 Prozent) wuchs die irische Wirtschaft so stark wie nie zuvor in ihrer Geschichte. Insgesamt lag in dem Zeitraum von 1996 bis 2000 eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 9,6 Prozent vor. Ab der Jahrtausendwende schwächte das Wachstum wiederum ab. Als eine Begründung dafür kann unter anderen die Krise der New Economic (u.a. durch das Platzen der IT-Blase) angesehen werden. Dennoch wuchs die irische Wirtschaft mit durchschnittlich 5,5 Prozent pro Jahr bis zum Einsetzen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise 2008. Somit ergibt sich für den Gesamtzeitraum von 1987 bis 2007 ein BIP-Wachstum von rund 250 Prozent (Kohler, 2009).
[...]
[1] Durch eine Unterstützung der größten agrarischen Betriebe und der daran direkt angeschlossenen weiterverarbeitenden Industrie.
[2] Unter Protektionismus versteht man die wirtschaftspolitische Abschottung der eigenen Volkswirtschaft. Durch entsprechende Maßnahmen, wie Importzölle, Einfuhrverbote, spezifische Normen und Standards, mengenmäßige Einführeinschränkungen oder Subventionen werden inländische Produzenten vor der ausländischen Konkurrenz geschützt (Leser, 2005). Die Abschottung der eigenen Märkte war zu diesem Zeitpunkt allerdings kein irisches Phänomen, da nahezu jedes Land im Rahmen der Weltwirtschaftskrise einen protektionistischen Kurs einschlug.
[3] Lange Zeit waren viele irische Wirtschaftsbranchen (Industrie, Handel, Banken- und Versicherungswesen) an den britischen Markt angepasst, da das Vereinigte Königreich als Hauptversorger und Hauptabsatzmarkt Irlands zählte.
[4] In den Folgejahren konzentrierte sich Irland weiter auf eine Liberalisierung ihrer Wirtschaft, u.a. wurde 1965 das Anglo-Irische Freihandelsabkommen (AIFTA) unterzeichnet und 1967 die GATT-Mitgliedschaft erreicht (Kossdorf, 2000; Powell, 2003).
[5] Die IDA ist jene Behörde, die für die Anwerbung und Ansiedlung ausländischer Unternehmen verantwortlich war und somit als einer der Hauptakteure in der industriellen Entwicklungsstrategie galt.