Humanvermögensrechnung - Input- und Outputorientierte Modelle [Hausarbeit plus Präsentation]


Hausarbeit, 2002

103 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Grundlagen des Humanvermögens
2.1 Begriff des Humanvermögens
2.2 Entwicklung des Humanvermögengedankens
2.3 Bedeutung des Humanvermögens

3. Ziele und Aufgaben der Humanvermögensrechnung
3.1 Einzel- und gesamtwirtschaftliche Aspekte.
3.2 Bedeutung des Faktors Arbeit
3.3 Stellenwert der Humanvermögensrechnung im Unternehmen

4. Konzept des Human Resource Accounting
4.1 Inputorientierte Modelle (Human Resource Cost Accounting)
4.1.1 Bewertung des Humanvermögens auf der Basis von Anschaffungskosten
4.1.2 Bewertung des Humanvermögens auf der Basis von Wiederbeschaffungskosten
4.1.3 Bewertung des Humanvermögens auf der Basis von Opportunitätskosten
4.1.4 Bewertung des Humanvermögens auf der Basis von Fluktuationskosten.
4.1.5 Bewertung des Humanvermögens auf der Basis von effizienzgewichteten Personalkosten.
4.2 Outputorientierte Modelle (Human Resource Value Accounting).
4.2.1 Firmenwertmethode.
4.2.2 Bewertung des Humanvermögens mit zukünftigen Leistungsbeiträgen.
4.2.3 Bewertung des Humanvermögens über Verhaltensvariablen .

5. Stärken und Schwächen des Human Resource Accounting
5.1 Stärken und Schwächen der inputorientierten Modelle
5.2 Stärken und Schwächen der outputorientierten Modelle

6. Humanvermögensrechnung in der Praxis
6.1 Anwendungsmöglichkeiten in der betrieblichen Praxis
6.2 Grenzen der praktischen Anwendung
6.3 Berechnungsbeispiel.

7. Schlussfolgerung und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Bestandteile der betrieblichen Ressourcen

Abbildung 2: Methoden der Humanvermögensrechnung

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Einkommen und Ausgaben der "Service States"

Tabelle 2: Berechnung des "Controlled Income".

Tabelle 3: Berechnung des tatsächlichen erwarteten Wertes für den Prokuristen

Tabelle 4: Summe des personengebundenen Einkommens.

Tabelle 5: Berechnung der stellenbezogenen Wiederbeschaffungskosten für die "Service States"

1. Einleitung

Im koalitionstheoretischen Ansatz der Unternehmenstheorie wird ein Unternehmen als Koalition verschiedener Unternehmensbeteiligter dargestellt. Diese Koalitionäre erwarten aus ihrer Beteiligung am Unternehmen Anreize (Nutzenzugänge) und sind im Gegenzug bereit, dafür entsprechende Beiträge (Nutzenabgänge) zu leisten. Die Koalitionsteilnehmer verstehen somit ein Unternehmen als Instrument zur Erreichung ihrer individuellen Nutzenoptima, welche durch das Zusammenwirken sämtlicher in einem Unternehmen organisierten Ressourcen erzielt werden sollen. Sowohl die Unternehmensführung als auch die übrigen Unternehmensbeteiligten benötigen daher Informationen, aus denen hervorgeht, in welchem Maße die jeweiligen Ressourcen wie zu Nutzenerzielungen in der Vergangenheit beigetragen haben bzw. in der Zukunft beitragen werden.

Zu diesen an der Nutzenerzielung beteiligten Ressourcen eines Unternehmens gehören auch die menschlichen Ressourcen. Als menschliche Ressourcen können z.B. menschliche Kenntnisse, Fähigkeiten, Einstellungen, Bedürfnisse oder Erwartungen bezeichnet werden.1 Diese menschlichen Ressourcen unterliegen ebenso wie die anderen (sachlichen) Ressourcen dem Informationsinteresse aller Unternehmensbeteiligter. Nach einer häufig vertretenen Ansicht enthält das Rechnungswesen der Unternehmen jedoch weniger Informationen über die menschlichen als über die sachlichen Unternehmensressourcen.2 Diese ungleiche Berücksichtigung der Informationen führte zu einer bislang etwas einseitigen Forschungsrichtung der Betriebswirtschaftslehre. Als praktisch normative Wissenschaft beschäftigte sie sich in ihrem Bemühen um die Entwicklung von Methoden und Modellen zur Stützung von Entscheidungssituationen der Entscheidungspraxis in Unternehmen mehr mit der modellhaften Erfassung der sachlichen Ressourcen als mit den menschlichen Ressourcen eines Unternehmens.3 Diese beiden Sachverhalte sind seit etwa Anfang der sechziger Jahre als Lücke im Rechnungswesen der Unternehmen von amerikanischen Soziologen und Rechnungswesenfachleuten erkannt worden. Seit jenem Zeitpunkt werden die Bestrebungen zur Schließung dieser Lücken unter dem Stichwort Human Resource Accounting (bzw. Human Asset Accounting oder Human Resource Measurement ) diskutiert, unter welchem die Erfassung der menschlichen Ressourcen bzw. des Humanvermögens der Unternehmen im Rechnungswesen verstanden wird.4

Im Rahmen dieser Arbeit soll dem Leser die Humanvermögensrechnung näher gebracht werden. Hierbei wollen wir zuerst auf den Begriff, die Entwicklung und Bedeutung des Humanvermögens eingehen. Anschließend sollen die Ziele und Aufgaben der Humanvermögensrechnung genauer untersucht werden. Dabei wird auf die Unterschiede zwischen einzel- und gesamtwirtschaftlichen Aspekten eingegangen und die Bedeutung des Faktors Arbeit erörtert, bevor noch kurz auf den Stellenwert der Humanvermögensrechnung im Unternehmen eingegangen wird. Als Schwerpunkt dieser Ausarbeitung werden sowohl einige inputorientierte als auch outputorientierte Modelle der Humanvermögensrechnung dargestellt werden. Bei den inputorientierten Modellen des Human Resource Cost Accounting werden Modelle zur Bewertung des Humanvermögens auf Basis unterschiedlicher Kostenarten betrachtet. Bei den outputorientierten Modellen des Human Resource Value Accounting sind dies die Firmenwertmethode und die Bewertung des Humanvermögens mit zukünftigen Leistungsbeiträgen und über Verhaltensvariablen. Im Anschluss daran wird den jeweiligen Stärken und Schwächen der einzelnen Modelle besondere Beachtung geschenkt und danach wird im Teil Human-vermögensrechnung in der Praxis auf die Anwendungsmöglichkeiten in der betrieblichen Praxis und deren Grenzen eingegangen. Den Praxisteil schließt ein Berechnungsbeispiel ab, das dem Leser die Humanvermögensrechnung nach dem Modell von Flamholtz/Coff anschaulich nahe bringen soll. Zuletzt wird ein Ausblick der Humanvermögensrechnung gegeben.

2. Grundlagen des Humanvermögens

2.1 Begriff des Humanvermögens

Jedes Unternehmen verfügt über personelle Ressourcen, welche ein unverzichtbares Element der betrieblichen Faktorkombination darstellen.5 Es gilt nun zu untersuchen, inwieweit der „Produktionsfaktor Mensch“ bzw. das von ihm verkörperte Leistungs-potential als „Vermögen“ einer Unternehmung angesehen werden kann. Für den Begriff des „Vermögens“ gibt es in der betriebswirtschaftlichen Literatur keine einheit-liche Definition.6 Der Versuch einer Einteilung der in der Betriebswirtschaft diskutierten Vermögensbegriffe führt zu einem wirtschaftsgutorientierten und einem einkommensorientierten Vermögensbegriff. Nach dem wirtschaftsgutorientierten Vermögensbegriff umfasst das Vermögen eines Unternehmens alle Wirtschaftsgüter, über die es verfügen kann.7 Der einkommensorientierte Vermögensbegriff zählt zum Vermögen eines Unternehmens alle Ressourcen, welche durch ihre Verwendung zu einer Einkommenserzielung der Unternehmung beitragen.8 Die folgende Abbildung gibt einen Überblick über die Bestandteile der betrieblichen Ressourcen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Bestandteile der betrieblichen Ressourcen9

Gemäß dem einkommensorientierten Vermögensbegriff umfasst das Human-vermögen einer Unternehmung alle Organisationsteilnehmer, d.h. alle Personen , die durch Tätigwerden, oder auch durch stillschweigendes Dulden auf direkte oder indirekte Weise zur Erwirtschaftung eines Überschusses oder zur Leistung ent-sprechender Beträge in der Lage sind.10 Dieser Vermögensbegriff entspricht auch der Auffassung von Likert, der sich als einer der Ersten mit dem Begriff des Humanvermögens auseinandergesetzt hat.11 Er versteht unter dem Humanvermögen „ sowohl den Wert der Produktionskapazit ä t der menschlichen Komponente eines Unternehmens als auch den Wert seines Goodwills bei den Kunden “ .12

2.2 Entwicklung des Humanvermögengedankens

Die Beurteilung des „Wertes“ eines einzelnen Menschen als Mitglied eines sozialen Systems hat seit jeher die Ethik, vor allem die Rechtsprechung beschäftigt. Auffallend ist jedoch, dass es bei sämtlichen Wertansätzen nie darum ging, den Wert eines Menschen an sich zu ermitteln, sondern die Bedeutung der Rolle bzw. die Funktion des Betreffenden für sein soziales Umfeld, z.B. seiner Familie oder einer bestimmten gesellschaftlichen Gruppe, etc. im Vordergrund stand.13

Bei der Entstehung der Wirtschaftswissenschaften wurde dieser grundökonomische Gedanke wieder aufgegriffen. Mit Blick auf die geschichtliche Erfahrung steht außer Zweifel, dass Entwicklung und Wohlstand einer Nation nicht nur durch natürliche Ressourcen sondern ebenso - und vielleicht vor allem - durch die Erfahrungen, dem Können, der Leistungsbereitschaft und Besonnenheit einzelner Mitglieder der Gemeinschaft ermöglicht wird.14

In Deutschland machten besonders die Nachkriegsjahre den Wert qualifizierter Mit-arbeiter und deren Bedeutung für wirtschaftliche Entwicklungsprozesse deutlich.15 Innerhalb der betriebswirtschaftlichen Forschung der Nachkriegszeit fand aufgrund des technizistisch orientierten Produktionsfaktorenkonzepts Gutenbergs16, welches die Betriebswirtschaft jener Zeit dominierte und sich zur Erfassung des im „Produktionsfaktors Arbeit“ liegenden Potentials kaum eignete, das Phänomen der „Mitarbeiterbewertung“ kaum Berücksichtigung. Die ersten Ansätze für eine wissen-schaftliche Diskussion kamen daher vor allem aus den USA besonders durch die Forschungsarbeiten von Rensis Likert.17 In seinen Überlegungen tauchte erstmals im Zusammenhang mit dem in den Mitarbeitern verkörperten Potential der Vermögens-begriff auf. Grundlegend hierfür war die Forderung nach einer Erweiterung des Vermögensbegriffes in bezug auf alle Ressourcen, welche für die betriebliche Leistungserstellung einen zukünftigen wirtschaftlichen Nutzen darstellen. Ein solcher-maßen erweiterter Vermögensbegriff würde eine sinnvollere Basis sowohl für die Ent-scheidungsaufgaben des Managements wie auch für Anlageentscheidungen externer Kapitalgeber abbilden, als die traditionelle auf einen in der Vergangenheit erfolgten, beweisbaren Erwerb abstellende Betrachtungsweise.18 Die Idee der Humanvermögensrechnung wurde in Deutschland besonders durch Herbert Schmidt und Meinolf Dierkes nachhaltig gefördert. Sie haben es verstanden, die Human-vermögensrechnung in einen engeren Zusammenhang zum Personalmanagement und zur gesellschaftsbezogenen Rechnungslegung zu bringen. Hierin liegt nämlich der große Unterschied zwischen deutscher und amerikanischer Betrachtungsweise der Humanvermögensrechnung. In Deutschland ist man nicht an der Entwicklung einer speziellen Rechnungslegung für das Human Capital interessiert, sondern betrachtet die Humanvermögensrechnung nur im Zusammenhang mit der gesellschaftsbezogenen Rechnungslegung.19

2.3 Bedeutung des Humanvermögens

In der neueren Betriebswirtschaftslehre ist die Diskussion über das betriebliche Humanvermögen auch innerhalb des deutschsprachigen Raumes zunehmend in den Mittelpunkt interdisziplinärer Ansätze gerückt.20 Seine Bedeutung im Planungs-, Verwaltungs- und Kontrollprozess wird allerdings schon seit längerer Zeit erkannt. Es besteht weitestgehend Einigkeit darüber, dass es unzulässig ist, die Mitarbeiter nur als „Produktionsfaktor Arbeit“ zu betrachten. „The human factor“ muss als Faktor und zugleich als Persönlichkeit aufgrund seiner speziellen und unterschiedlichen sozialen, psychischen und physischen Eigenschaften sowie seiner individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse besondere Berücksichtigung finden.21 Generell sind heute folgende Aussagen unbestritten:22

- Das betriebliche Humanvermögen gehört zu den wichtigsten Ressourcen, welche die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens mitbestimmen. Dem traditionellen Anlage- und Umlaufvermögen ist es in seiner Wichtigkeit zumindest gleichzusetzen.
- Im Interesse einer vermehrten Humanität im Arbeitsleben ist eine gezielte Berücksichtigung des Humanvermögens neben den rein betriebswirtschaftlichen Aspekten unerlässlich.
- Es besteht ein Mangel an systematisch gewonnenen und ausgewerteten Informationen über das Humanvermögen.
- Die Entwicklung von Systemen und Instrumenten, mit deren Hilfe Informationen über das betriebliche Humanvermögen gespeichert und zur Verfügung gestellt werden können, ist für eine effiziente Human- vermögensrechnung notwendig.

3. Ziele und Aufgaben der Humanvermögensrechnung

Einem relativ weit ausgedehnten Informationssystem über das im Unternehmen befindliche Sachvermögen stehen vergleichsweise wenige Informationen über das Humanvermögen gegenüber.23 Durch das Rechnungswesen, welches als Teilbereich des betrieblichen Informationssystems, Informationen monetärer Art liefert, wird das Humanvermögen einer Unternehmung bislang nicht ausreichend abgedeckt, es vermag seinen Aufgaben oft nur im Bereich der „Non Human Resources“ gerecht zu werden.24 Unter dem Begriff des Human Resource Accounting (HRA) wird in den USA seit Mitte der sechziger Jahre versucht, das betriebliche Humanvermögen, ähnlich wie Sachgüter, monetär zu erfassen.25 Die Ansicht darüber, was unter dem Begriff HRA - zu deutsch „Humanvermögensrechnung“ - zu verstehen ist, wird in der Literatur nicht einheitlich dargestellt.26 Flamholtz nimmt eine Eingrenzung des Verständnisses der Humanvermögensrechnung vor, indem er das Ziel der Humanvermögensrechnung in der Ermittlung monetärer Größen sieht. HRA bedeutet bei ihm “... the measurement cost and value of people to organisations”.27

Den ersten Ansätzen des HRA liegt die Absicht zugrunde, das Humanvermögen im Sinne einer Unternehmensbewertung auszuweisen. Likert definiert “Human Asset Accounting“ bekanntlich als jene Aktivität, “die darauf gerichtet ist, den Wert der menschlichen Komponente eines Unternehmens und seines Goodwills bei den Kunden in realistisch gesch ä tzten Betr ä gen auszudr ü cken.“ (vgl. 2.1 Begriff des Humanvermögens). Die sich im folgenden anschließenden zahlreicheren Be-mühungen des HRA, beabsichtigen, dass Humanvermögen entsprechend dem Sach-vermögen einer Unternehmung bilanziell zu erfassen und auszuweisen. HRA stellt in diesem Sinne eine Jahresabschlussrechnung über das betriebliche Humanvermögen dar.28 Andere Autoren sehen die Aufgabe einer Humanvermögensrechnung in einer Investitionsrechnung. Sie stützen sich auf den Gedanken, dass die für Beschaffung und Ausbildung eines Mitarbeiters entstehenden Kosten als Investitionen in die individuelle Leistungsfähigkeit zu werten sind. Der Versuch der Gewinnung von Informationen zur Absicherung von Entscheidungen über alternative Investitions-möglichkeiten in das Humanvermögen steht bei dieser Betrachtungsweise im Vorder-grund.29 Andere Ansätze beschränken die Humanvermögensrechnung auf die Allokation vorhandener personeller Ressourcen. Die Zielsetzung liegt hierbei in der Erarbeitung von Verfahren, mit deren Hilfe Arbeitnehmer optimal (d.h. meist gewinn-maximal) einzelnen Tätigkeiten zugeordnet werden können.30 In diesem Zusammen-hang wird die Humanvermögensrechnung als eine mit Lenkungspreisen arbeitenden Kostenrechnung durchgeführt.

3.1 Einzel- und gesamtwirtschaftliche Aspekte

Der eigentliche „Wert“ der Belegschaft im betriebswirtschaftlichen Sinne konnte durch eine unvollkommene Erfassung des Humankapitals im Rechnungswesen bislang nicht monetär quantifiziert werden. Zudem fehlt es häufig noch an einer systematischen und standardisierten Erfassung aller Aufwendungen der Unter-nehmen, welche unmittelbar oder mittelbar einen Einfluss auf die Erhaltung, die Wertsteigerung oder die Verminderung des Humankapitalwertes haben, den der Mitarbeiterstamm eines Unternehmen charakterisiert.31 Einen unmittelbaren Einfluss stellen z.B. alle Investitionen in das Humankapital in Form berufsqualifizierender Maßnahmen dar. Mittelbaren Einfluss haben alle unternehmerischen Aufwendungen, die einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen dienen und die einen humankapital-schonenden Effekt in bezug auf die Erhaltung der physischen Arbeitskraft zur Folge haben. Im besonderen gilt dies für die Minderung und Vermeidung von Stress-belastungen, Berufskrankheiten, Arbeitsunfällen oder Frühinvalidität.32 Ein staatliches Interesse an der Humanvermögensrechnung kommt im wesentlichen unter zwei Gesichtspunkten zum Tragen.33 Zum Einen würde die Einbindung des Human-kapitals in das betriebliche Rechnungswesen die Grundlage für ein leistungsfähiges betriebliches Sozial- und Entscheidungssystem darstellen. Auf diese Weise könnte die Unternehmenspolitik dahingehend gestaltet werden, dass der Stellenwert betrieb-licher Personal-, Arbeits- und Sozialpolitik für das Unternehmen stärker betont werden würde. Dies könnte zu einer sozialpolitischen Verbesserung der Arbeits-bedingungen und der Beschäftigungssituation in den Betrieben führen. Durch eine Steigerung der Leistungsbereitschaft der Arbeitnehmer würde eine erwünschte Produktivitäts- und Leistungssteigerung der Wirtschaft bewirkt. Auf der anderen Seite haben viele Maßnahmen des Staates humankapitalrelevanten Charakter, die in der betriebswirtschaftlichen Kostenrechnung Beachtung finden sollten. Zu nennen wären an dieser Stelle arbeitsmarkt-, bildungs- oder arbeits(schutz)politische Aktivitäten, deren Einflüsse sich in den Unternehmen zeigen.

3.2 Bedeutung des Faktors Arbeit

Über den Wert eines Menschen als Arbeitskraft und Produktionsfaktor ist viel diskutiert worden. Versuche zur Schätzung seines Wertes, zur Qualitätsmessung und zur Ausfüllung des Begriffs Humankapital haben bereits Tradition.34 Es besteht ein unbestrittener Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum, Lohnzuwächsen und Bildungsinvestitionen. Mit steigendem Bildungsniveau eines Menschen ist im Arbeits-leben auch meistens ein steigendes Einkommen verbunden. Im wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Leben gewinnt der Faktor Mensch so auch an „Wert als Konsument“.35 Eine Differenzierung des homogenen Humankapitalansatzes führte schließlich zur Charakterisierung des Wertes des Faktors Arbeit zum einen nach

- quantitativen (Beschäftigtenzahl, Alter, geleistete Arbeitszeit, Mengenleistung etc.) und
- qualitativen (Investitionen in das Humankapital, Bildungsmaßnahmen, Qualität der Belegschaft) Merkmalen.36

Eine exakte Quantifizierung des volkswirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Wertes des Humankapitals fällt heute immer noch schwer. Aus diesem Grund setzt sich zunehmend der Wunsch nach mehr Klarheit über den Stellenwert des Human-kapitals durch.37 Leistungsbereitschaft, Kreativität, Erfindungsgeist, Wissen, usw. charakterisieren den volkswirtschaftlichen Wert des Humankapitals. Sowohl die wirtschaftliche Leistungskraft als auch die internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft hängen unmittelbar von ihm ab. Die menschliche Arbeitskraft ist infolge von Bildungsanstrengungen und dem Leistungswillen der Arbeitnehmer zu einem besonderen Wert geworden. Dieses Humankapital ermöglicht besondere Leistungen bei der Herstellung von hochqualifizierten Produkten, beim Betreiben komplizierter Produktionsverfahren und zur kreativen Weiterentwicklung komplexer Produktionsstrukturen. Die Erhaltung dieses Humankapitals stellt in unserer Gesell-schaft ein Garant für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft dar, dessen Produktionskraft pflegerisch genutzt und dessen Effizienz weiter gesteigert werden muss.38

3.3 Stellenwert der Humanvermögensrechnung im Unternehmen

Obgleich sich auf die Frage nach der Wichtigkeit des Humankapitals für ein Unter-nehmen nur schwierig eine Antwort finden lässt, ist nach der Meinung von R.Likert vom Institute for Social Research an der University of Michigan der Wert des Human-kapitals etwa in einer Höhe anzusetzen, der das zwanzigfache der Jahreseinnahmen eines Unternehmens beträgt.39 Auf der Grundlage dieser Schätzung ist dann davon auszugehen, dass in einer Periode, in der das Humankapital z. B. um 5 v. H. im Wert abnimmt, überhaupt kein Gewinn entstanden ist, obwohl man davon ausging, dass er in normaler Höhe angefallen sei. Die Unternehmung schloss mit plus/minus 0 ab. In einer Periode, in welcher der Humankapitalwert um 10 v. H. absank, wäre der für normal angenommene Gewinn in Wirklichkeit ein Verlust in dieser Höhe gewesen.

Umgekehrt gilt dann auch für Perioden, in denen sich das Humankapital schnell ent-wickelte, die Gewinne zu gering ausgewiesen werden. So hält Brummet seine An-nahme nicht für übertrieben, dass in manchen Unternehmen eine Erhöhung, in anderen eine Verringerung des Humankapitalwertes in einer Größenordnung von jährlich 5 oder 10 v.H. festzustellen ist.40 Zurückzuführen sind einige dieser Ver-änderungen auf Kündigungen oder Neueinstellungen von Mitarbeitern in Schlüssel-positionen, der größte Teil der Veränderungen ist jedoch unbekannt und lässt sich erst durch psychologische oder sozio-psychologische Untersuchungen feststellen. Diese Untersuchungen haben die Aufgabe diejenigen Faktoren zu ermitteln, welche wirklich verändernden Einfluss auf das Humankapital haben, einschließlich des Ver-haltens und der Einstellung von im Unternehmen beschäftigten Personen.

4. Konzept des Human Resource Accounting

Das klassische betriebliche Rechnungswesen eignet sich nicht als Informations- und Entscheidungsgrundlage zur Bewertung des Einsatzes menschlicher Ressource in einer Unternehmung. Dies gab den Anstoß zur Entwicklung einer selbstständigen Humanvermögensrechnung.41 Diese Rechnungslegung soll dem Management eines Unternehmens zeigen, dass die Mitarbeiter wertvolle Ressourcen darstellen und die Berichterstattung über ein Unternehmen unvollständig ist, wenn sie nicht den Stand des Mitarbeiterpotentials wiedergeben.42 Mit dem Ansatz des Human Resource Accounting versucht man den Wert der Investitionen in das sog. Humanvermögen zu einem bestimmten Zeitpunkt zu ermitteln, wobei alle das menschliche Leistungspotential schaffenden, erhaltenden und vergrößernden zahlungswirksamen Aufwendungen erfasst werden.43 Das Human Resource Accounting lässt sich in die Modelle des Human Resource Cost Accounting (HRCA) und Human Resource Value Accounting (HRVA) differenzieren.

Bei einer Bewertung nach dem Kostenprinzip (Human Resource Cost Accounting) werden die Personalkosten in periodenbezogene (Lohn- und Gehaltszahlungen, Zu-lagen und vermögenswirksame Leistungen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld etc)44 und investive (Kosten für Anwerbung, Auswahl, Einstellung, Einarbeitung, Aus- und Weiterbildung)45 Aufwendungen untergliedert.46 Dieses Verfahren weist eine tendenzielle Vergangenheitsorientierung (Feed-back-Orientierung) auf, da das Leistungspotential der Mitarbeiter über die Kosten bzw. Aufwandseite erfasst wird (Input-Orientierung).47 Zur Bewertung des Humanvermögens bedient man sich hierbei der sog. inputorientierten Modelle, die als Bewertungsgrundlage die tatsächlichen oder geschätzten Aufwendungen ansetzen (Anschaffungs-, Wiederbeschaffungs-, Opportunitäts-, Fluktuationskosten)48. Außerdem existiert noch das Modell der „effizienzgewichteten Personalkostenmethode“.

Die Anwendung des Wertprinzips (Human Resource Value Accounting) beinhaltet die Erfassung und Messung des ökonomischen Wertes der Mitarbeiter für die sie beschäftigende Organisation, wobei neben individuellen Bewertungen auch Gruppenbewertungen durchgeführt werden.49 Die Merkmale dieses Ansatzes sind die Output- und feed-forward-Orientierung (vgl. Abb. 2). Das Humanvermögen wird auf der Basis der Leistungsbeiträge der Mitarbeiter berechnet oder es werden Saldogrößen zwischen Aufwand und Ertrag als Surrogat benutzt.50

Im Rahmen des Human Value Accounting können weiterhin die sog. outputorientierte Modelle wie die Firmenwertmethode, die Bewertung mit zukünftigen Leistungsbeiträgen und die Methode der Verhaltensvariablen unterschieden werden.51

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Methoden der Humanvermögensrechnung52

4.1 Inputorientierte Modelle (Human Resource Cost Accounting)

4.1.1 Bewertung des Humanvermögens auf der Basis von Anschaffungskosten

Werden Aufwendungen für menschliche Ressourcen als Investitionen betrachtet, wird ihr entscheidender Einfluss auf den zukünftigen Ertrag der Unternehmung deutlich. Dieser Gedanke wird der Bewertung des Humanvermögens auf der Basis von Anschaffungskosten zugrundegelegt.53

Als Investitionen in das Humanvermögen werden die Kosten betrachtet, die für den Erwerb, Erhaltung und Nutzung des Humanvermögens angefallen sind, sofern diese zukünftige Erträge erbringen.54 Rekrutierungs-, Einstellungskosten, Kosten der organisierten Ausbildung, Kosten für „on the job“-Ausbildungen und Kosten für Erfahrungsinvestitionen (job rotation) werden auf individuellen Konten gesammelt und über die mögliche Nutzungsdauer abgeschrieben.55

Um die Abschreibungsdauer zu ermitteln, stehen vier verschiedene Zeiträume zur Wahl:56

1) die maximale Betriebzugehörigkeitsdauer,
2) die erwartete Zugehörigkeitsdauer,
3) die maximal wirtschaftliche Nutzungsdauer und
4) die erwartete wirtschaftliche Nutzungsdauer.

Neben den individuellen Kosten werden auch die vom gesamten sozialen System einer Organisation verursachten Beträge auf einem gruppen- oder organisationalen Konto erfasst, dessen Summe ebenfalls im Zeitablauf abgeschrieben wird.57 Die Voraussetzung der Feststellung des individuellen Anschaffungspreises ist die exakte Ermittlung der Kosten, die durch die Personalbeschaffung entstanden sind, für jeden einzelnen Mitarbeiter bzw. Arbeitsplatz.58

Die sog. Systemkosten bestehen aus Systemanlaufkosten, d.h. Kosten für den Auf-bau eines sozialen psychologischen Beziehungssystems (z. B. Weiterentwicklung der Organisation, Beseitigung von Kommunikationsstörungen) und Systement-wicklungskosten, d.h. Kosten für gezielte Systemänderungen.59 Die Bewertungs-verfahren zur Ermittlung der Anschaffungskosten gewonnen an Bedeutung, wenn die Anzahl der zu bewertenden Personen hoch ist und die möglichen Beschaffungs-kosten in etwa auf gleichem Niveau liegen. Dabei können folgende Kosten betrachtet werden:60

- die individuellen Anschaffungskosten,
- die Durchschnittsanschaffungskosten aller Mitarbeiter,
- der niedrigste oder höchste Anschaffungspreis innerhalb eines Zeitabschnitts und · die Anschaffungskosten der zuerst oder zuletzt in einer Periode beschafften Organisationsmitglieder.

4.1.2 Bewertung des Humanvermögens auf der Basis von Wiederbeschaffungskosten

Die Wiederbeschaffungskosten des Humankapitals sind die Kosten, die entstünden, wenn die gegenwärtig beschäftigten Mitarbeiter durch gleichwertige ersetzt werden müssten.61 Das Human Resource Accounting auf der Basis von Wiederbeschaffungskosten erfüllt eine zweifache Funktion:62

(1) die Höhe der Wiederbeschaffungskosten zeigt dem Führungssystem die Bedeu- tung der Erhaltung des Humanvermögens auf und
(2) ermöglicht zusätzlich eine Entscheidungsfindung z. B. bei Personalersatzent- scheidungen nach Kostenkriterien.

Die Methode der Wiederbeschaffungskosten kann auf zwei unterschiedlichen Bewertungsansätzen basieren. Zum einen entspricht die Höhe der Wiederbeschaffungskosten den Kosten für die Beschaffung eines gleichwertigen Organisationsmitglieds, zum anderen werden die Kosten für die Wiederbesetzung einer Position durch einen neuen Mitarbeiter erfasst.63 Die Voraussetzung einer Messung der Wiederbeschaffungskosten ist die Identifikation der relevanten Kostenarten für die Personalbeschaffung. Man verwendet sowohl die tatsächlich entstandenen Kosten der Beschaffung als auch die Opportunitätskosten, die durch den Verlust an Leistungen in der Vakanz- und Anlernperiode entstehen würden.64

Nach Flamholtz sind für die Methode der Wiederbeschaffungskosten die Kostenarten des Personalwechsels relevant, die aus Akquisitions-, Bildungs- und Trennungskosten bestehen:65

- zu den Akquisitionskosten gehören Werbe-, Auswahl-, Einstellungs- und Einsatz- kosten sowie nach Art der Beschaffung, Personalbewegungskosten durch Beför- derung oder Versetzung,
- die Bildungskosten bestehen aus den Kosten für formelle Ausbildung und Einarbeitung sowie den Kosten für die Zeiten der auszubildenden Personen,
- unter den Trennungskosten werden die durch das ausscheidende Organisations- mitglied entstehenden Kosten durch mögliche Abfindungen, Produktivitätseinbus- sen usw. verstanden.

Der Verlauf der Wiederbeschaffungskosten beim Ersatz menschlicher Ressourcen ist ganz anders als beim Ersatz sachlicher Ressourcen, wo die Wiederbeschaffungskos-ten abnehmend wirken. In dem Fall müssen die Wiederbeschaffungskosten der Fak-toren Anwerbung, Ausbildung usw. als konstant angesehen werden, da die Aus-gaben dafür unteilbar sind, d.h. eine »Teil-Anwerbung« oder »Teil-Ausbildung« nicht möglich ist.66

4.1.3 Bewertung des Humanvermögens auf der Basis von Opportunitätskosten

Der Grundgedanke der Opportunitätskosten basiert auf der Feststellung des Nutzen-entgangs durch den Verzicht einer anderweitigen Verwendung eines Vermögensob-jektes.67

Hekimian und Jones68 haben diesen Gedanken auf die Wertermittlung des Humanvermögens einer Organisation übertragen. Die Ressourcen werden mit einem QuasiMarktmechanismus bewertet und es gilt, dass:69

- kein Wertansatz für Mitarbeiter erfolgen darf, die ohne besondere Mühe von Außen ersetzt werden können und
- der Wertansatz für knappe Ressourcen durch betriebsinterne Angebotsabgaben bestimmt wird.

Bei der Schaffung eines künstlichen Arbeitsmarktes können die Organisationsmitglie-der nach dem Kriterium einer möglichst wertmaximalen Nutzung eingesetzt werden. Dabei wird das Wertsurrogat durch das höchste interne Angebot eines Transferpreises bestimmt.70 Der Transferpreis bzw. seine Höhe stellt eine abhängige Variable des Leistungszuwachses dar, der durch den Mitarbeiterzugang für eine bestimmte Subeinheit der Organisation erwartet wird.71 Dabei geht man von verschiedenen Profit-Centers aus, die über Preisangebote um Mitarbeiter konkurrieren. Der Transferpreis richtet sich nach den geschätzten zukünftigen Abteilungsgewinnen und den Sollgewinnraten, die von der Unternehmensleitung vorgegeben sind und die auf die Anschaffungskosten aller eingesetzten Ressourcen bezogen werden (Return-on-Investment (ROI) - Konzept)72

Wenn die entsprechende Qualität ohne Probleme auf dem externen Arbeitsmarkt beschafft werden kann, sinkt der interne Transferpreis eines Organisationsmitgliedes auf Null. Die Aktivierung des erzielten Transferpreises zwingt das Führungssystem zu einer Abwägung des Preisangebotes unter Berücksichtigung des zu erzielenden Leistungsbeitrages, der den gleichen ROI aufweisen muss, um das relative Gesamtergebnis der Subeinheit nicht zu verschlechtern.73

Das Model nach Hekimian und Jones setzt folgendes voraus:74

- die Unternehmung muss mindestens in zwei Investment-Center gegliedert sein,
- zumindest diese beiden Investment-Center konkurrieren sich um den selben Mitarbeiter bzw. die selbe Gruppe von Mitarbeitern,
- die Investment-Center gehen davon aus, dass ihr Erfolg über die realisierte Kapi- talverzinsung (ROI) bewertet wird,
- die Unternehmensleistung gibt eine Soll-Kapitalverzinsung vor und · alle Sachvermögenswerte werden zu Marktpreisen bewertet.

4.1.4 Bewertung des Humanvermögens auf der Basis von Fluktuationskosten

Jedem Unternehmen muss daran gelegen sein, die Verweildauer der Mitarbeiter zu verlängern. Wenn sie nach der Einarbeitungsphase wieder ausscheiden, nehmen sie die im Betrieb gewonnenen Erfahrungen und Kenntnisse mit und lösen nach der Neubesetzung der Position eine erneute Personalsuche und Einarbeitungsverluste bei Nachfolgern aus.75 Aus der Sicht des Human Resource Accounting ist die Erfassung der durch Fluktuation, d.h. durch Personalabgänge anfallenden Kosten nützlich, wenn Aussagen über mögliche Kosten getroffen werden sollen.76 Die inhaltliche Erstreckung der Fluktuationskosten kann nur dann geklärt werden, wenn eine Entscheidung zwischen der Verwendung der pagatorischen Kosten, die sich allein auf die Menge der betrieblichen Ausgaben beziehen, oder wertmäßigen Kosten, die sich am leistungsbedingten Güterverzehr orientieren, getroffen ist.77 Bei einem Vergleich der Vor- und Nachteile beider Kostenbegriffe erscheint der wert-mäßige vorteilhafter zu sein.

Als ein der Versuche, die relevanten Fluktuationskosten zu identifizieren, kann die Fluktuations- oder Arbeitskräfteverlustkostenanalyse (AVKA)78, im Englischen Force-Loss-Cost-Analysis (FLCA) bezeichnet werden.79 Der Grundgedanke der AVKA ist, dass die bei der Einstellung und Ausbildung von Mitarbeitern entstandenen Kosten kapitalisiert anstatt als laufende Ausgaben abgezogen werden sollten. In der AVKA werden die Kapitalkonten nach Arbeitsplatzbewertungsgruppen und auch nach Orga-nisationseinheiten aufgeteilt.80 Falls Fluktuation durch Selbstkündigung, Entlassung, Invalidität oder Tod eintritt, wird der nichtamortisierte Rest der damit verbundenen In-vestition als Betriebsverlust behandelt. In dem Fall, dass Fluktuation innerhalb einer Arbeitsplatzbewertungsgruppe durch laterale Versetzung, Beförderung oder Rückstu-fung entsteht, wird die verbleibende Investition dem der neuen Position und Orga-nisationseinheit zugehörigen Konto zugeschrieben.81 Es wird offensichtlich, dass die Anschaffungskosten nicht in vollem Umfang beim Verlust eines Mitarbeiters als Fluktuationskosten zu betrachten sind. Schon bei einer kurzfristigen Verweildauer werden sie darunter liegen, da entweder die vollen Kosten noch nicht angefallen sind oder ein Teil bereits wieder amortisiert wurde.82

4.1.5 Bewertung des Humanvermögens auf der Basis von effizienzgewichteten Personalkosten

Bei diesem Ansatz wird der Wert des Humanvermögens durch den Vergleich von ge-wichteten und ungewichteten Gegenwartswerten der zukünftigen Arbeitskosten be stimmt.83 Dazu werden die zukünftigen Personal- bzw. Arbeitskosten, unter Berück-sichtigung der zu erwartenden Lohnsteigerungsraten, für einen Zeitraum von fünf Jahren prognostiziert84 und mit einem Durchschnittszinssatz auf den Gegenwartswert diskontiert.85

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Barwert der Lohn- und Gehaltszahlungen der nächsten fünf Jahre Der Gegenwartswert wird mir einer Effizienzrate gewichtet, die aus einem Vergleich der jährlichen Betriebsrentabilitäten der nächsten fünf Jahre mit den entsprechenden Durchschnittsrentabilitäten der Branche gewonnen wird.86 Die Differenz zwischen dem Barwert zukünftiger Lohn- und Gehaltszahlungen und dem Wert des Humanver-mögens bezeichnet Hermanson87 als Überschusswert. Nach seiner Meinung lässt sich hier eine Unterdeckung auf ungenutzte menschliche Ressourcen schließen.88

4.2 Outputorientierte Modelle (Human Resource Value Accounting)

4.2.1 Firmenwertmethode

Bei der Firmenwertmethode wird angenommen, dass überdurchschnittliche Gewinne ein Beweis für zusätzliche menschliche Ressourcen sind, die nicht in der Bilanz aus-gewiesen sind.89 Das bilanzierte Vermögen wird in Beziehung zum Gewinn gesetzt und ein Rentabilitätswert ermittelt, der mit dem branchentypischen, durchschnittlichen Rentabilitätssatz verglichen wird. Aus der entstandenen Ab-weichung lässt sich ein Minder- oder Mehrgewinn feststellen, der in ein Verhältnis zum Vermögen gesetzt wird und als eine Art originärer Firmenwert angesehen werden kann.90

Um den branchentypischen Rentabilitätssatz zu berechnen, geht Hermanson91 von den Gewinnen des laufenden Jahres aus. Die Berücksichtigung mehrerer vergangener Jahre lehnt er mit der Begründung ab, es könnten hiermit Vermögenswerte erfasst werden, die unter Umständen nicht mehr vorliegen und somit keine Bedeutung mehr für die Zukunft des Unternehmens haben.92

Aus der Kapitalisierung der Minder- oder Mehrgewinns93 ergibt sich der Beitrag des Humanvermögens zur Leistung der Organisation:94

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Die weiterentwickelte Form dieses Modells ist die »effizienzgewichtete Personalkostenmethode«.

4.2.2 Bewertung des Humanvermögens mit zukünftigen Leistungsbeiträgen

Bei der Bewertung des Humanvermögens nach der Methode der zukünftigen Lei-stungsbeiträge nach Flamholtz wird von der Modellvorstellung ausgegangen, dass der Wert eines jeden einzelnen Mitarbeiters durch die Aufgabe bestimmt wird, die er während seiner Tätigkeit in einer Organisation erledigt.95 In diesem Modell unter-scheidet Flamholtz zwischen einem erwarteten Konditionalwert des Einzelnen („expected conditional value“96 ) und einem erwarteten tatsächlichen Wert des Einzelnen („expected realizable value“97 ). Während der erste den potentiellen Wert eines Mitarbeiters, falls der Mitarbeiter sein ganzes Arbeitsleben in der

Unternehmung verbleibt, repräsentiert, berücksichtigt der zweite die Tatsache, dass ein Mitarbeiter die Unternehmung vorzeitig verlassen kann.98

Der Mitarbeiter durchläuft im Laufe der in einer Organisation verbrachten Zeit eine Anzahl aufeinanderfolgenden Hierarchieebenen, die z.B. durch Beförderung erreicht werden, und erbringt nach Klassen bewertete Leistungen, deren Summe die höchstmögliche erwartete Leistung darstellt.99 Die zu erwartenden Leistungsbeiträge eines Mitarbeiters werden mit Hilfe von zwei Methoden bestimmt:100

1) the price-quantity method,

2) the income method

Die erste Methode setzt die Möglichkeit der Ermittlung von Leistungseinheiten je Ar-beitsplatz und von entsprechenden Preisen (z.B. Marktpreise) voraus. Die zweite Me-thode wurde von Flamholtz für den Fall gedacht, wenn die Bestimmung von der-artigen Mengeneinheiten nicht möglich ist, aber ein feststellbares Unternehmens-bzw. Abteilungseinkommen nach bestimmten Schlüsseln auf einzelne Mitarbeiter aufgeteilt werden kann.101 Da eine sichere Prognose über die von einem Mitarbeiter künftig einzunehmende Position kaum denkbar ist, bleibt man hierbei auf Wahr-scheinlichkeitsangaben angewiesen.102 Für die einzelnen Faktoren werden Eintritts-wahrscheinlichkeiten (P) geschätzt. Es liegt ein stochastisches, dreidimensionales Humanvermögensmodell vor. Formal lässt sich der Erwartungswert des individuellen Humanvermögens (E(V)) wie folgt ausdrücken:103

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Neben der Schätzung von Eintrittswahrscheinlichkeiten sind die Beiträge (E) des ein-zelnen Mitarbeiters zu prognostizieren, was zuvor einer Verteilung von Betriebsleis-tungen auf die am Kombinationsprozess beteiligten Produktionsfaktoren bedarf.104

4.2.3 Bewertung des Humanvermögensü ber Verhaltensvariablen

Die Methode der Verhaltensvariablen nach Likert und Bowers105 erklärt die Ef-fektivität eines Humansystems und auf diese Weise auch Effektivität einer Orga-nisation insgesamt.106 Sie schlugen die Messung bestimmter Dimensionen einer Humanorganisation (wie z.B. Betriebsklima, Unternehmensführung und Gruppenprozess) durch Befragungstechniken vor, aus denen auf künftige Produktivitätspotentialsänderungen geschlossen werden kann.107 Es wird davon ausgegangen, dass bestimmte Verhaltens- bzw. Sozialaspekte das Unter-nehmensergebnis verbessern, indem sie Kostenersparnisse erbringen, die über Renditeannahmen kapitalisiert werden. Diese Vorgehenswiese ist den Wirt-schaftlichkeitsanalysen ähnlich. Das Ergebnis kann als eine Veränderung des Humanvermögens interpretiert werden.108

Nach Likert109 gelten als ökonomischer Wert des Humanvermögens die Differenzen zwischen zwei Unternehmen bei gegenwärtigen und zukünftigen Verdiensten, zuweisbar auf unterschiedliche Personalorganisationen.110 Variablen, die solchen Differenzen verursachen können, sind z.B.:111

1. das Niveau von Intelligenz und Befähigung,
2. das Ausbildungsniveau,
3. der Grad der Zielerreichung und die Motivation, Erfolg zu erreichen,
4. die Führungsqualität,
5. die Fähigkeit, eventuelle Differenzen für Innovationen und Verbesserungen zu be- nutzen, statt ihnen zu erlauben, sich in schwer auflösbare und zwischenpersön- liche Konflikte zu entwickeln,
6. die Qualität der vertikalen und horizontalen Kommunikation sowie der Entschei- dungsfindung,
7. die Fähigkeit zu kooperativen Zusammenarbeit, statt Konkurrenzstreben auf Kos- ten der Unternehmung,
8. die Fähigkeit, Erfahrungen zu nutzen und Entscheidungen zu lenken, Arbeitsab- läufe zu verbessern und Innovationen einzuführen und
9. die effektive Koordinationsfähigkeit.

Diese Variablen werden in kausale (Organisationsstruktur, Führungsstil, Leistungsniveau, Kompetenzen) und intervenierende Variablen (Motivation, Einstellungen, Interaktionsbeziehungen, Kommunikation) unterschieden.112 Likert neigt in seinem Model dazu, die Veränderungen des „Human Organizational Value“ mit Gewinnveränderungen zu vergleichen, was voraussetzt, dass er diesen „Organisationswert“ als kardinale Größe angeben kann.113

5. Stärken und Schwächen des Human Resource Accounting

In Algemeinen besteht die Stärke des Human Resource Accounting darin, dass des-sen Ergebnisse Informationen für die Einstellungspolitik (erforderliche Investitionsauf-wendungen alternativer Kandidaten werden vergleichbar gemacht), die Entlassungs-politik (Bewertung von Fluktuationskosten) und die Personalentwicklungspolitik lie-fern.114 Außerdem werden die von Mitarbeitern während ihrer bisherigen Betriebs-zugehörigkeit verursachten Kosten ermittelt und es wird ersichtlich, für welche Personalgruppen die Unternehmung wegen bereits verursachter Kosten das größte „Verbleibinteresse“ haben sollte.115

Als allgemeine Schwäche der Konzepte des Human Resource Accounting wird eine nicht hinreichende Lösung von folgenden Problemen angegeben:116 ·

[...]


1 vgl. Wächter (1974), S. 38

2 vgl. Pyle (1970), S. 19

3 vgl. Weiermair (1974), S. 107 ff.

4 vgl. Likert (1961), S. 61 ff.

5 vgl. Aschoff (1978), S. 38

6 vgl. Aschoff (1978), S. 39

7 vgl. Chmielewicz (1969), S. 93

8 vgl. Baetge (1975), Sp. 2094 f.

9 vgl. Aschoff (1978), S. 40

10 vgl. ebenda, S. 41 f.

11 vgl. Likert (1961), S. 70 ff.

12 Likert (1975), S. 174

13 vgl. Marr (1982a), S. 45

14 vgl. ebenda

15 vgl. ebenda, S. 47

16 vgl. Reichwald (1977)

17 vgl. Likert (1967)

18 vgl. Schoenfeld (1974), S. 6

19 vgl. Harather (1987),S. 7 f.

20 vgl. Aschoff (1978) und Conrads (1976)

21 vgl. Marr und Stitzel (1979), S. 57 ff.

22 vgl. Domsch (1982), S. 508

23 vgl. Aschoff (1978), S. 60

24 vgl. Brummet und Flamholtz (1969), S. 37

25 vgl. Aschoff (1978), S. 61

26 vgl. Conrads (1976), S. 25

27 vgl. Flamholtz (1974c), S. 44

28 vgl. Conrads (1976), S. 26 f.

29 vgl. Stark (1972), S. 99

30 vgl. Hekimian und Jones (1967), S. 108 ff.

31 vgl. Schmidt (1982), S. 3

32 vgl. Schmidt (1982), S. 3

33 vgl. ebenda, S. 3 f.

34 vgl. Hegelheimer (1982), S. 303 ff.

35 vgl. Schmidt (1982), S. 7

36 vgl. Schultz (1961), S. 1 ff.

37 vgl. Schmidt (1982), S. 7

38 vgl. ebenda, S. 7 f.

39 vgl. Brummet (1982), S. 62

40 vgl. Brummet (1982), S. 62

41 vgl. Scholz (1989), S. 75

42 vgl. Potthoff und Trescher (1986), S. 88

43 vgl. Wunderer und Sailer (1987), S. 323 ff.

44 vgl. Marr (1982a), S. 48

45 vgl. ebenda

46 vgl. Pharao (1996), S. 118

47 vgl. Wunderer und Schlagenhaufer (1994), S. 78f.

48 in Anlehnung an Flamholtz (1972), Marr (1982a) und Hekimian und Jones (1967)

49 vgl. Schmidt (1982), S. 12

50 vgl. Wunderer und Schlagenhaufer (1994), S. 79

51 vgl. ebenda, S. 79 f.

52 vgl. Wunderer und Schlagenhaufer (1994), S. 81

53 vgl. Brummet, (1982), S. 67 f.

54 vgl. Schönfeld (1974), S. 18

55 vgl. Hoss (1989), S. 291

56 vgl. Aschoff (1978), S. 174

57 vgl. Kontner (1980), S. 83

58 vgl. ebenda

59 vgl. Hoss (1989), S. 291

60 vgl. Heinen (1970), S. 77

61 vgl. Pharao, (1996), S. 119

62 vgl. Flamholtz (1974b), S. 8 f. und Kontner (1980), S. 85

63 vgl. Aschoff (1978), S. 178

64 vgl. Conrads (1976), S. 128 und Kontner (1980), S. 86

65 vgl. Flamholtz (1974a), S. 42, Flamholtz (1982), S. 81 und Schoenfeld (1974), S. 19

66 vgl. Aschoff (1978), S. 179

67 vgl. Heinen (1970), S. 319

68 vgl. Hekimian und Jones (1967)

69 vgl. Hoss (1989), S. 292

70 vgl. Coenenberg (1973), S. 373 ff.

71 vgl. Kontner (1980), S. 88

72 vgl. Hoss (1989), S. 292

73 vgl. Kontner (1980), S. 89

74 vgl. Aschoff (1978), S. 147 f.

75 vgl. Frey (1997), S. 241

76 vgl. Kontner (1980), S. 91

77 vgl. Heinen (1975), S. 221 ff.

78 vgl. Gustafson (1982), S. 128

79 vgl. Kontner (1980), S. 92

80 vgl. Gustafson (1982), S. 131

81 vgl. ebenda

82 vgl. Kontner (1980), S. 92

83 vgl. Schönfeld (1974), S. 12

84 vgl. Hoss (1989), S. 293

85 vgl. Bisani (1995), S. 348

86 vgl. Aschoff (1978), S. 185

87 vgl. Hermanson (1964)

88 vgl. Bisani (1995), S. 348

89 vgl. Hoss (1989), S. 294

90 vgl. Kontner (1980), S. 98

91 vgl. Hermanson (1964)

92 vgl. Aschoff (1978), S. 181

93 vgl. Hoss (1989), S. 294

94 vgl. Hermanson (1964), S. 9 ff.

95 vgl. Bisani (1995), S. 348

96 vgl. Flamholtz (1974b), S. 116

97 vgl. ebenda

98 vgl. Gut-Villa (1997), S. 174

99 vgl. Kontner (1980), S. 63

100 vgl. Flamholtz (1974b), S. 172

101 vgl. Aschoff (1978), S. 138

102 vgl. ebenda

103 vgl. Schönfeld (1974), S. 17

104 vgl. Hoss (1989), S. 294

105 vgl. Likert (1967)

106 vgl. Flamholtz (1982), S. 82

107 vgl. ebenda, S. 295

108 vgl. Hoss (1989), S. 294

109 vgl. Likert (1967)

110 vgl. Marr (1982b), S. 552

111 vgl. Likert (1967), S. 148

112 vgl. Likert (1967), S. 148

113 vgl. Marr (1982b), S. 552

114 vgl. Wunderer und Schlagehaufer (1994), S. 82

115 vgl. ebenda

116 vgl. Wunderer und Schlagehaufer (1994), S. 82 und Scholz (1989), S.77

Ende der Leseprobe aus 103 Seiten

Details

Titel
Humanvermögensrechnung - Input- und Outputorientierte Modelle [Hausarbeit plus Präsentation]
Hochschule
Universität Stuttgart  (Betriebswirtschaftlichen Institut, Lehrstuhl ABWL/Personalmanagement)
Veranstaltung
Personalmanagement-Übung - Human Capital -
Note
1,3
Autoren
Jahr
2002
Seiten
103
Katalognummer
V17762
ISBN (eBook)
9783638222532
Dateigröße
1000 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Stichworte: Human Capital, Intellctual Capital, Humankapital, Humanvermögensrechnung, Human Resource Accounting. Zusätzlich enthalten: Eine Präsentation mit 59 Folien.
Schlagworte
Human Capital, Intellctual Capital, Humankapital, Humanvermögen, Humanvermögensrechnung, Human Resource Accounting, Arbeit, Personalkosten
Arbeit zitieren
Philipp Nestele (Autor:in)Benedikt Motzkus (Autor:in)Tatjana Smyrnova (Autor:in), 2002, Humanvermögensrechnung - Input- und Outputorientierte Modelle [Hausarbeit plus Präsentation], München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17762

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