Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Original und Abschrift - Das Prümer Urbar und die Parallelen zur Stadtrechtsurkunde von Meisenheim
2.1 Summarischer Abriss des Kurses Alteuropäische Schriftkultur und Einführung in die Parallelen und Unterschiede zwischen Urbar und Urkunde
2.2 Die Parallelen zwischen Urbar und Urkunde
2.3 Die Unterschiede zwischen Urbar und Urkunde
3. Historischer Kontext der Originalurkunde und der Abschrift
3.1 Gestalt, Inhalt und Verortung der Originalurkunde
3.2 Zeithorizont der Abschrift
4. Gründe für den Verlust der Urkunde
5. Rezeption der Dokumente bis in die jüngere Vergangenheit
6. Zusammenfassung und Ausblick
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Im Kurs "Alteuropäische Schriftkultur" zeichnet Prof. Dr. Ludolf Kuchen-buch die Überlieferungsgeschichte und die Wirkmächtigkeit des Prümer Urbars von 893 bis 2004 in einzelnen Stationen nach. Hier ist das Original verschollen, jedoch wurde 1222 eine Abschrift des Buches durch den Exabt Caesarius von Mylendonk angefertigt als Handhabe und Rechtfertigung der dem Kloster Prüm zustehenden Rechte.
Die Stadt Meisenheim feiert im Jahr 2015 den 700. Jahrestag der Verleihung der Stadtrechte. Sie bezieht sich dabei auf eine Urkunde aus der Kanzlei Kaiser Ludwigs IV., genannt der Bayer, die am 22. März 1315 ausgestellt sein soll. In dieser Urkunde verleiht König Ludwig dem Grafen Georg von Veldenz für die ihm geleisteten treuen Dienste das Privileg zur Errichtung der Stadtmauer. Allerdings ist das Original der Urkunde verschollen und existiert nur als Abschrift im Kopialbuch der Stadt Meisenheim, welches der Rat der Stadt in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts hat anlegen lassen, um sich gegenüber dem Landesherr darauf berufen zu können. 1444 fiel die Stadt Meisenheim an die Herzöge von Pfalz-Zweibrücken, einer Seitenlinie der Wittelsbacher, die die Nachfolge der Grafen von Veldenz antraten.
Die Parallelen hinsichtlich des Verbleibes der Originalurkunden und der Anfertigung der Kopien als Einforderungsmöglichkeit von Rechten haben den Autor veranlasst, sich näher mit der Urkunde der Stadtrechtsverleihung und ihrer Abschrift zu beschäftigen. Dabei wird der Verfasser allerdings auch auf Unterschiede, die sich beispielsweise aus den unterschiedlichen Anlässen der Verfertigung der Urkunden ergeben, eingehen.
In seiner Arbeit wird der Verfasser zunächst die Auseinandersetzung und der Vergleich mit dem Prümer Urbar aufgrund des begrenzten Platzes der Arbeit in knapp zusammengefasster Weise angelehnt an die Diktion von Prof. Dr. Ludolf Kuchenbuch durchgeführen. Gleichzeitig werden die Urkunde die Verleihung der Stadtrechte sowie ihre Abschrift in den Zusammenhang mit dem Kurs gestellt und erste Parallelen sowie Unterschiede aufgezeigt. In den folgenden Kapiteln werden Urkunde und Abschrift der Stadtrechtsverleihung in verkürzter Form in ihren historischen Kontext verbracht, zeitlich eingeordnet und, soweit möglich, auch hinsichtlich Gestalt und Inhalt untersucht. In einem kurzen Abriss wird der Autor anschließend auf Gründe, die für das Verschwinden der Urkunde verantwortlich sein könnten, eingehen, da auffälligerweise andere Urkunden des gleichen Zeit-raumes noch heute existieren. Weiterhin zeigt der Verfasser in einem weiteren Punkt die Rezeption der Dokumente, so weit diese sich erschließen lässt, bis in die Neuzeit. Zum Abschluss seiner Arbeit fasst der Autor die gewonnenen Erkenntnisse kurz zusammen und gibt einen Ausblick über weitere mögliche Forschungsansätze hinsichtlich der Urkunden.
2. Original und Abschrift - Das Prümer Urbar und die Parallelen zur Stadtrechtsurkunde von Meisenheim
2.1 Summarischer Abriss des Kurses Alteuropäische Schriftkultur und Einführung in die Parallelen und Unterschiede zwischen Urbar und Urkunde
In Kurseinheit 4 des Kurses Alteuropäische Schriftkultur, Kursnummer 03505, zeigt Ludolf Kuchenbuch dezidiert die Überlieferung und Rezeption des Prümer Urbars von seiner Entstehung "[i]rgendwann im Jahr 893 nach Christi Geburt"[1]bis zur Darstellung im Internet 2004 auf. Nach einer kurzen Einführung in den Inhalt des Urbars arbeitet Ludolf Kuchenbuch die Bedeutung desselben nicht nur für das Kloster, sondern auch die Änderungen hinsichtlich der Rezeption in den folgenden Jahrhunderten heraus. So verfolgt er in seiner Erörterung einmal in einem kurzen Abriss den Weg des Urbars "[v]on der regionalgeschichtlichen Wirtschaftsquelle zum verlorenen 'alten Buch'"[2]rückwärts schreitend in der Zeit beginnend mit Ingo Schwabs Arbeit über das Urbar bis zum verlorengegangenen ursprünglichen Kodex. Weiterhin beschäftigt sich Ludolf Kuchenbuch eingehend in neun Kapiteln mit dem Diskurs über die Herstellung, Intention und Veränderung in der Rezeption im Laufe der Jahrhunderte.
893 vermutlich "durch die Plünderungen der Normannen in den Jahren 882 und 892 veranlaßt"[3]und vermutlich "unter dem Abt Regino"[4]aufgestellt, wird 1222 von dem Abt Caesarius von Mylendonk eine Abschrift des Kodex angefertigt. Bereits diese Abschrift weist Unterschiede zum zu dieser Zeit noch vorhandenen Original auf. Neben den, durch Analogie mit anderen tradierten Werken ermittelbaren, Änderungen im Schriftbild sind es hier vor allem die Einfügung von Glossen und Erklärungen, aber auch die Hinzufügung einer Nummerierung durch Caesarius zur besseren Auffindbarkeit der Stellen. In einem weiteren Kapitel wird die ohne Namen versehene Abschrift des Urbars aus dem 14. Jahrhundert vorgestellt und hinsichtlich "Schriftbild und Codex"[5]und dem "Abschreiben als Askese und Erwerb"[6]dargestellt. Die darauffolgenden Kapitel widmen sich der Veränderung in der Rezeption des Urbars weg von mönchischer Handhabe und kirchlicher Rechtesicherung hin zur Entwicklung des Urbars zur wissenschaftlichen Quelle und dem Beginn der universitären Forschung mit dem und über das Urbar bis zu deren heutigem Stand. Aber auch die Veränderung in den Personen selbst, die das Urbar zum Beispiel rezipieren und edieren, bringt Ludolf Kuchenbuch zur Sprache. So nehmen sich im Laufe der Jahrhunderte neben den Mönchen ab dem 18. Jahrhundert zunächst Hofgelehrte, ab dem 19. Jahrhundert dann immer, besonders im 20. Jahrhundert, weiter spezialisierte und arbeitsteilig organisierte Forscher unter verschiedensten Gesichtspunkten des Urbars an. Zum Abschluss seiner Untersuchung verweist Ludolf Kuchenbuch noch auf die aktuelle Nutzung des Urbars, welches als digitalisierte Datei über das Internet abrufbar ist. Hier zeigt sich eine weitere Änderung in der Rezeption, da durch die Digitalisierung eine weitere Stufe in der Verbreitungsintensität erreicht worden ist. Nach der einzelnen Kopie des Mittelalters, die es quasi nur einem Rezipienten zu einer bestimmten Zeit erlaubte, sich mit einem Werk auseinanderzusetzen, erleichterte der Buchdruck die Verbreitung und gleichzeitige Auseinandersetzung mehrerer Personen mit einem Buch der Auflage. Durch die Digitalisierung ist es nunmehr möglich, sichgleichzeitigmitmehrerenPersonen miteinemText anverschiedenenOrten auseinanderzusetzen und diesen unter den internetimmanenten Bedingungen (Serververfügbarkeit, Internetzugang, etc.)jederzeitzu rezipieren.
Aus dem zuvor Gesagten lassen sich bereits die ersten Parallelen, aber natürlich auch Unterschiede, zwischen Urbar und Stadtrechtsurkunde feststellen. Diese werden in den beiden folgenden Abschnitten näher beleuchtet.
2.2 Die Parallelen zwischen Urbar und Urkunde
Zwischen Urbar und Urkunde scheinen einige Parallelen auf, welche der Verfasser im nun folgenden Abschnitt näher untersuchen wird. Beide Originale gelten heute als verloren beziehungsweise verschollen, beide liegen jedoch als Abschrift vor. Die Gründe für den Verlust können mannigfaltig sein. In Kapitel 4 wird der Verfasser exemplarisch anhand der Meisenheimer Urkunde genauer auf die möglichen Gründe für den Verlust eingehen.
Die Abschriften von Urbar und Urkunde selbst sind zeitlich different vom Original entstanden und liegen bis auf den heutigen Tag in körperlicher Weise vor. Dass sich beide Abschriften im Lndeshauptarchiv zu Koblenz befinden, ist eher dem Zufall geschuldet, dass die Orte Prüm und Meisenheim beide in Rheinland-Pfalz liegen.
Liegen den Abschriften auch unterschiedliche personelle Hintergründe seitens der Autorschaftschaft zugrunde, so bleibt doch festzuhalten, dass beide Abschriften zu ihrer Zeit zur Sicherung und zum Nachweis eigener Rechte, we-niger der Pflichten, die sich aus den Originalen ergaben, hergestellt wurden. Für die Meisenheimer Abschrift gilt darüberhinaus:
"Im 14. und 15. Jahrhundert wurden auch Abschriften des Urkunden- bestandes angefertigt, die meist das goldene Buch (liber aureus), eine erste abschriftliche Zusammenstellung der wichtigsten Urkunden über Landschenkungen und Privilegien (8.-11. Jh.), zur Grundlage haben."[7]
[...]
[1] Kuchenbuch, Ludolf, Alteuropäische Schriftlichkeit, Kursnummer 03505, Hagen 2010; hier Kurseinheit 4, Seite 6
[2] Kuchenbuch, 2010, Seite 20
[3] Kuchenbuch, 2010, Seite 42
[4] Kuchenbuch, 2010, Seite 25
[5] Kuchenbuch, 2010, Seite 59
[6] Kuchenbuch, 2010, Seite 60
[7] Kuchenbuch, 2010, Seite 63, Fußnote 9 (Kursivierung im Original)