Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Shareholder Value Management
2.1 Ursprung des Shareholder Value - Ansatzes
2.2 Beschreibung des Models
2.3 Kritische Würdigung des Shareholder Value
3 Stakeholder Management
3.1 Ursprung des Konzeptes
3.2 Beschreibung des Models
3.3 Kritik am Stakeholder Management - Ansatz
4 Vergleich der Ansätze und Bewertung der Diskussion
I Tabellen und Abbildungsverzeichnis
II Abkürzungsverzeichnis
III Literaturverzeichnis
IV Anhang
I Tabellen und Abbildungsverzeichnis
Tab. I: Vergleich Shareholder Value- und Stakeholder Management
Tab. II: Ermittlung des „Free Cash Flow“
II Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Unternehmen sehen sich heute in einem mehrdimensionalen Spannungsfeld aus unterschiedlichen Interessen. Die Diskussion, welche Ansprüche ein Unternehmen dabei primär befriedigen muss – die Ansprüche der Kapitaleigentümer (Shareholder) oder die Ansprüche aller am Unternehmen Beteiligten (Stakeholder) - wird in der Debatte „Shareholder Value Management“ (Shareholder Value) versus „Stakeholder Value Management“ (Stakeholder Management) mit zunehmender Intensität geführt. Die anhaltende Aktualität der Debatte ist auf mehrere Ursachen zurückzuführen. Auf der einen Seite sehen sich die Unternehmen einem zunehmenden Wettbewerbsdruck bei Kapitalbeschaffung ausgesetzt. Immer mehr Firmen können heute international auf Aktienmärkten gehandelt werden. Damit steigt der Druck sich hinsichtlich Eigenkapitalrentabilität mit den branchenbesten Unternehmen messen zu lassen, mit der Folge von ständigen Kostensenkungsprogrammen und Personalfreisetzungen und der Suche nach den weiteren Kostensenkungspotentialen. Auf der anderen Seite stehen die Unternehmen auf den Beschaffungsmärkten und Absatzmärkten unter stärker werdenden Wettbewerb. Um die ständige Innovations- und Leistungsfähigkeit sicherzustellen sind Investitionen und Netzwerkpflege zur Unternehmensumwelt unabdingbar. Ein weiterer wichtiger Aspekt besteht in einer zunehmenden Wahrnehmung der Unternehmen in der Öffentlichkeit, sowie die Forderung nach einer stärkeren gesamtgesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen in Zeiten steigender Unternehmensgewinne bei gleichzeitig steigender Ausgaben der öffentlichen Hand.1
Vor diesem Hintergrund sollen die beiden Ansätze dargestellt und vergleichend analysiert werden, um die Frage nach einem eventuellen Vorzug für einen der beiden Ansätze zu beantworten. Beginnend mit dem Shareholder Value Management – Ansatz sollen Inhalt, Ursprung, Aufbau und Kritik erläutert werden. Nach einem zusammenfassenden Vergleich der beiden Ansätze wird eine Bewertung des Eingangs beschriebenen Diskurses vorgenommen.
2 Shareholder Value Management
Das Shareholder Value Management - Konzept2 beschreibt eine Form der Unternehmensführung, die sich auf die Betrachtung bzw. Steigerung des Unternehmenswertes konzentriert. Nach diesem Konzept ist es die Kernaufgabe des Managements für die Aktionäre einen Wert zu erwirtschaften, der langfristig über dem Wert alternativer Geldanlagen liegt.3 Eine langfristig markt- unterdurchschnittliche Rendite, bzw. Wertsteigerung für zu einem Abstoßen der Verfügungsrechte (Aktien) an dem jeweiligen Unternehmen und in Folge zu einem Kursverlust und höherem Kapitalbeschaffungsaufwand für das Unternehmen. „Die Ausrichtung des Unternehmens am Unternehmenswert für die Anteilseigner soll auch zu einer langfristigen Sicherung des Unternehmens führen. Da die Anteilseigner jedoch oft nur die kurzfristige Gewinnerzielung im Sinn haben, müssen die Interessen an einer langfristigen Ausrichtung durch zusätzliche Anreize gestärkt werden.“4
Das Betrachtungsspektrum hat sich im Laufe der Zeit insoweit verbreitert, so dass mittlerweile Handlungsempfehlungen auch für Strategieplanung, strategische Überwachung und Leistungsmessung, sowie für Gestaltung von Anreiz- und Entgeltsystemen zum Leistungsspektrum des Shareholder Value als Steuerungsmodell hinzugerechnet werden.5
„Beschränkt man den Shareholder Value nicht nur auf Aktiengesellschaften, sondern wendet ihn in weiter gefasster Interpretation auch auf Unternehmen beliebiger Rechtsform an, so kann man den Shareholder Value auch allgemein als Unternehmenswert (abzüglich der Unternehmensschulden) verstehen.“6
Der Shareholder Value - Ansatz postuliert somit mit seiner wertorientierten Steuerung das Primat der Interessen der Eigentümer gegenüber allen anderen Anspruchsgruppen (Stakeholder) an der Unternehmung.7 Wenn dies sichergestellt ist, könnten in Folge auch die anderen Stakeholder mit einer Wahrnehmung ihrer Interessen rechnen. Als einer seiner Begründer und bekanntester Vertreter sieht Rappaport gar die gesamtgesellschaftliche Funktion des ökonomischen Bereiches in der Schaffung von Shareholder Value als probates Mittel zur Mehrung des allgemeinen Wohlstandes.8
2.1 Ursprung des Shareholder Value - Ansatzes
Ursprünglich entstanden ist das Konzept Anfang der 1980er Jahre im angloamerikanischen Sprachraum.9 Diese ersten Überlegungen beschrieben einen Ansatz indem die Zielsetzungen der Unternehmensführung um die Betrachtung des Wertes eines Unternehmens, oder einer Unternehmenseinheit ergänzt wurden. Darauf hin wurden Ansätze der Finanzierungs- und Kapitalmarkttheorie auf die Modelle der Unternehmensführung übertragen, woraus die ersten Modelle einer wertorientierten Steuerung von Unternehmen entstanden sind.
In der Folge übernahmen amerikanische Beratungsunternehmen, wie Stern Stewart, Holt Planning Associates, später auch Boston Consulting und McKinsey diese Ansätze in der Beratungspraxis und trugen somit zu einer massiven Verbreitung bei. In Deutschland führten besonders die Veröffentlichungen von Bühner Anfang der 1990er Jahre zu hohen Popularität dieses Ansatzes.10 Zu den ersten Unternehmen hierzulande die den Shareholder Value - Ansatz konsequent umsetzten gehörten die Daimler AG, Veba (heute EoN), Siemens und RWE.11
In der wissenschaftlichen Literatur werden zwei zentrale Ursachen für den Shareholder Value - Trend identifiziert. Zum einen die, bereits von Adam Smith12
beschriebenen Probleme die unter dem Begriff „Prinzipal-Agent-Theorie“ zusammen gefasst werden. Zum anderen die „Mergers & Acquisitions - Welle“ zu Beginn der 1980er Jahre.13
So können Interessensdivergenzen zwischen Eigenkapitalgebern in Gestalt der Aktionäre und angestellten Managern bestehen. Dieses Phänomen wird auch als Prinzipal-Agent-Theorie beschrieben. Dabei führen unterschiedliche Zielsetzungen beider Parteinen zu Zielkonflikten, wenn das Management (Agent) nicht im Interesse der Aktionäre (Prinzipal), sondern opportunistisch handelt und verstärkt eigene Ziele verfolgt. So sind Manager als Individuen primär an der Maximierung ihres Einkommens, oder an der Ausweitung ihres persönlichen Machtbereiches, bzw. Steigerung der persönlichen Reputation interessiert.14 Der bestehende Interessenskonflikt wird verstärkt durch Informationsasymmetrien zwischen den Parteien, da das Management für gewöhnlich einen Informationsvorsprung gegenüber den Anteilseignern im Unternehmen hat.15 Dem gegenüber verfügen Anteilseigner über eine höhere Risikobereitschaft als das Management aufgrund der eindeutigen Orientierung an Gewinnmaximierungszielen.16
Die zweite Ursache, die auch als Auslöser des Shareholder Value – Trends angesehen werden kann, wird in der Mergers & Acquisitions - Welle im Verlauf der 1980er Jahre in den USA gesehen. Finanzkräftige und international agierende Investoren favorisieren Unternehmen mit komparativ höheren Renditen, wodurch der Renditedruck auf das Management stark zunahm. Daneben wurden Übernahmen zunehmend mit erheblichen Aufschlägen auf die am Kapitalmarkt notierte Marktwerte durchgeführt. Begründet wurden diese mit dem Vorhandensein von Wertlücken (sog. „Value Gaps“) zwischen dem aktuellen Unternehmenswert und einem geschätzten potentiellen Unternehmenswert. Dadurch wurden Anreize geschaffen Unternehmungen mittels Erwerb von Aktienpaketen (sog. „Verfügungsrechte“) zu restrukturieren oder zu zerschlagen und damit einen „Arbitrage-Gewinn“ zu realisieren. Dies führte dazu, dass das Management von Unternehmen das Verhalten so agierender Investoren vorwegnahm, um die Übernahmegefahr und damit eine drohende Zerschlagung des Unternehmens zu verhindern. Diese Entwicklungen führten, abgesehen von einer beträchtlichen Scheiterungsrate bei Unternehmensübernahmen, zu einer Forderung nach verbesserten Bewertungsinstrumenten um die Transparenz und Vergleichbarkeit der Wirtschaftseinheiten zu steigern.17
[...]
1 Vgl. Zimmermann 1998, S. 2.
2 Der Shareholder Value-Ansatz geht auf das im Jahr 1986 veröffentlichte Buch „Creating Shareholder Value“ von Alfred Rappaport zurück.
3 Vgl. Rapparport 1999, S. 6; BpB 2011.
4 Wirtschaftslexikon 2011
5 Müller u.a. 2006, S. 298f..
6 Wirtschaftslexikon 2011.
7 Vgl. Peschke 1997, S. 40.
8 Vgl. Müller 2006, S. 299; Wirtschaftslexikon 2011; Branstetter 2009, S. 2ff..
9 Zu den Begründern dieser Denkrichtung zählen insbesondere die Arbeiten von Fruhan (1979), Rappaport (1995 und 1998), Copeland/Koller/Murrin (2000).
10 Vgl. Welge/Al-Laham 2008, S. 224f..
11 Vgl. Schmeisser/Krimphove 2010, S. 45f.; Welge/Al-Laham 2008 S. 224f..
12 „Da jedoch die Direktoren solcher Gesellschaften eher die Verwalter von anderer Leute Vermögen als von ihrem eigenen sind, kann man nicht wohl erwarten, dass sie es mit derselben ängstlichen Sorgfalt überwachen, wie die Teilhaber einer Privatgesellschaft das ihrige. (…)
Nachlässigkeit und Vergeudung müssen deshalb stets mehr oder minder in der Geschäftsleitung solcher Gesellschaften obwalten.“ Adam Smith 1879, zitiert in Schmeisser/Krimphove 2010, S. 48.
13 Vgl. Welge/Al-Laham 2008 S. 224f..
14 Vgl. Friedrichsen 2000, S. 23.
15 Vgl. Schmeisser/Krimphove 2010, S. 49.
16 Vgl. Schmeisser/Hahn/Schindler 2004, S. 42.
17 Vgl. Welge/Al-Laham 2008, S. 224f.; Zimmermann 1998, S. 1ff.