Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
2 Aktuelle Zahlen zur Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen
2.1 Anteil weiblicher Führungskräfte
2.2 Frauen in Studium und Ausbildung
3 Soziologische und kulturelle Erklärungsansätze für die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen
3.1 Geschlechtsspezifische Sozialisation, traditionalistische Rollenmuster und das Problem der stereotypischen Berufswahl
3.2 Frauen in einer Männer-dominierten Wirtschaft: Männer als Hüter der „gläsernen Decke“
3.3 Geschlechtsspezifische Theorien zum „weiblichen Führungsstil“
3.4 Anforderungen an Führungskräfte und Legitimationsgründe für Führung
4 Fazit und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Tabellenverzeichnis
Tab. I: Geschlechterdifferenzierter Anteil in Führungspositionen (gerundet)
Tab. II: Verteilung von Frauen und Männern in Führungspositionen in Europa
Abbildungsverzeichnis
Abb. I: Führungskräfte in der Privatwirtschaft nach Geschlecht 2001 bis 2007
Abb. II: Studienanfänger (1. Hochschulsemester) nach Fächergruppen und Geschlecht 2004
Abb. III: Die von weiblichen Auszubildenden am stärksten besetzten 15 Ausbildungsberufe 2009
Abb. IV: Die von männlichen Auszubildenden am stärksten besetzten 15 Ausbildungsberufe 2009
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1 Einleitung
Trotz etlichen Vereinbarungen der Bundesregierung mit Vertretern der deutschen Privatwirtschaft und dem Ende 2001 ausgefertigten Bundesgleichstellungsgesetz, welches bestehende und auftretende Diskriminierungen aufgrund des Geschlechtes beseitigen und verhindern soll, ist der Anteil deutscher Frauen in Führungspositionen unverändert niedrig[1].
Die Forderung: „Mehr Frauen in Führungspositionen! “
Dabei werden vor allem heutzutage, in Zeiten der Finanzkrise, mehr starke, motivierte und qualifizierte Führungskräfte benötigt, um die herrschende Krise zu überwinden und um für mehr Stabilität und Wachstum zu sorgen. Wirtschaftsforscher sind dabei seit langem der Meinung, dass vor allem ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern in Führungspositionen ein solches Wachstum positiv beeinflussen könnte, da besonders Frauen heute qualifizierter denn je zu vor und zudem höchst motiviert seien[2]. Derselben Meinung ist auch Viviane Reding, Zuständige der EU-Kommission für das Ressort Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft und Vizepräsidentin der Europäischen Kommission:
„ Wenn Europa es ernst meint und die Krise wirklich überwinden und eine wettbewerbsfähige Wirtschaft dank eines intelligenten Wachstums ohne Ausgrenzung schaffen will, dann müssen wir die Talente und Fähigkeiten der Frauen besser nutzen. [...] Mehrere Studien haben gezeigt, dass Unternehmen, in denen Frauen angemessen vertreten sind, auch die besten finanziellen Ergebnisse vorweisen können. Ich appelliere an die Unternehmen und Regierungen, große Anstrengungen zu unternehmen, um sicherzustellen, dass ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in den Führungspositionen Realität wird. Ich appelliere auch an alle talentierten Frauen, sich der Herausforderung zu stellen und sich um Führungspositionen und einen Sitz in den Aufsichtsräten von Unternehmen zu bewerben.[3] "
Der Trend- und Zukunftsforscher und Inhaber der Zukunftsinstitut GmbH Kelkheim Matthias Horx ist darüber hinaus der Meinung, dass ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern in Führungspositionen einen enormen Vorteil bei der Gewinnung von Wissen und bei der Fällung von Entscheidungen biete. Seiner Meinung nach neigten Männer in den noch sehr eingefahrenen Firmenhierarchien bei der Beurteilung von Märkten, Kunden, Strategien usw. zu einer bestimmten „Brille“ und seien zudem sehr auf den Effekt Geld/Macht/Status fixiert. Frauen hingegen, sehen die Welt vielmehr „von den Zusammenhängen her“ und denken und fühlen „weniger funktionalistisch“. Horx ist der Auffassung, dass eine „Diversity“ im Management weniger fehleranfällig sei und gemischte Teams kreativer und produktiver arbeiteten und weniger anfällig für Krisen seinen[4].
Studien belegen: Frauen in Führungspositionen beeinflussen Unternehmen und Wirtschaft in positiver Weise Aussagen, wie die von Viviane Reding und Matthias Horx, begründen sich dabei auf Studien, aus welchen deutlich hervorgeht, dass sich ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in der Wirtschaft durchaus auszahlt. So zeigte eine Studie aus Finnland eine positive Korrelation zwischen einem höheren Anteil von Frauen in Führungspositionen und der Unternehmensleistung (10% mehr Gewinn)[5] und auch laut einer Studie der UNO aus dem Jahr 2009 führte der Einsatz von Frauen in der Wirtschaft zu größeren Erfolgen: „sogenannte Fortune-500-Firmen mit weiblichen Vorständen erzielten in OECD-Ländern rund 42% höhere Verkaufsgewinne und auch die Rendite aus Investitionen konnte um etwa 67% verbessert werden“[6].
Eine weitere Studie der OECD aus dem Jahre 2008 stellte fest, dass weibliche Manager bei Entscheidungen durchaus mehr Konsequenzen beachten und in der Lage seien, „weiter zu blicken“. Darüber hinaus überzeugten sie mit Verhandlungsgeschick und interkollegialer Zusammenarbeit[7].
Der „Zwischenbericht der Länderarbeitsgruppe zur Prüfung einer Minderbeteiligungsquote beider Geschlechter in wirtschaftlichen Führungspositionen“ kam desweiteren zu dem Ergebnis, dass Unternehmen mit einem höheren Anteil an Frauen in Führungspositionen in allen Beurteilungskriterien besser abschnitten. So erwirtschafteten sie regelmäßig mehr Gewinne, genossen ein durchaus höheres Vertrauen nach außen und auch aus volkswirtschaftlicher Sicht, sei eine höhere Repräsentanz von Frauen erstrebenswert, da die vorhandenen Humanressourcen besser genutzt werden würden[8].
Die Frage: Wieso gibt es trotzdessen so wenige „Führungsfrauen“?
Doch wie kommt es dann, dass es trotz dieser Forderungen immer noch kaum Frauen an der Spitze deutscher Unternehmen gibt? Und wie kann es sein, dass die aktuelle politische Diskussion um eine gesetzliche Frauenquote in der deutschen Wirtschaft eine derartig große Kluft zwischen Befürwortern und Gegnern reißt? Welche Barrieren oder Vorurteile begegnen Frauen auf dem Weg „nach oben“? Und sind Frauen für Führungspositionen gar ungeeignet?
Hierzu soll zunächst eine kurze Situationsanalyse anhand verschiedener Statistiken der letzten Jahre dargestellt werden, bevor im anschließenden, erörternden Kapitel auf die Wirkung stereotyper Rollenmuster und geschlechtsspezifischer Sozialisation im Zusammenhang mit der Führung von Frauen eingegangen werden soll. Die Arbeit versucht dabei die Rolle der Frau und Einflüsse auf die Legitimation von Frauen in Führungspositionen aus neutraler Sicht zu ergründen. Schlüsse sind ausschließlich auf empirischen Studien oder wirtschaftlichen sowie soziologischen Theorien begründet.
„In Deutschland werden die drei K’s - Kinder, Küche, Kirche -ja bekanntlich
hochgehalten. Dabei ist Karriere auch ein schönes K-Wort.“
(Vladimir Spidla, EU-Sozialkommissar)[9]
2 Aktuelle Zahlen zur Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen
2.1 Anteil weiblicher Führungskräfte
Kürzlich durchgeführte und veröffentlichte Studien zur geschlechtlichen Gleichstellung in Führungspositionen, wie jene des Bundesministeriums für Familien, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), zeigen, dass die Anzahl an weiblichen Führungskräften in Deutschland seit dem Jahr 1995 im Vergleich zu den Vorjahren zwar stark angestiegen ist, seit 2001 jedoch vielmehr stagniert (s. Abb. I). Darüber hinaus hinken die Zahlen weiblicher Führungs- und Leitungskräfte jenen der männlichen Kollegen immer noch stark hinterher, was sich vor allen Dingen in den Riegen der Topmanager überdeutlich zeigt.
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Abb. I: Führungskräfte in der Privatwirtschaft nach Geschlecht 2001 bis 20071
Im Schnitt waren im März 2010 etwa ein Drittel aller Führungskräfte in Deutschland weiblich. Dabei ist der Begriff „Führungskraft“ sowohl in Deutschland, als auch in der EU relativ weit gefasst. So gelten nach dem Führungskräfte-Monitor des BMFSFJ alle über 18 jährigen Personen als Führungskräfte, welche im SOEP angaben, „als Angestellte in der Privatwirtschaft in: [1] Funktionen mit umfassenden Führungsaufgaben (z.B. Direktorinnen und Direktoren, Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer oder auch Vorstände größerer Betriebe und Verbände) [oder] [2] sonstigen Leitungsfunktionen oder hoch qualifizierten Tätigkeiten (z.B. Abteilungsleiterinnen und Abteilungsleiter, wissenschaftliche Angestellte, Ingenieurinnen und[10]
Ingenieure) tätig zu sein. Damit werden unter den Begriff „Führungskräfte“ sowohl Personen in Leitungsfunktionen, als auch hoch qualifizierte Fachkräfte gefasst.“[11] [12].
Betrachtet man Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), welche sich ausschließlich auf die Frauenquote in den 200 - 250 größten Unternehmen Deutschlands (ohne Finanzsektor) beziehen, so wird die Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen umso deutlicher: im Bereich des Mittleren Managements beträgt die Anzahl weiblicher Leitungskräfte derzeit 15 %, in den Aufsichtsräten sind sie mit gerade einmal 10 % vertreten und vor allem auf der Ebene des Vorstandes fällt die Bilanz übermäßig schlecht aus: lediglich 2,5 % der Vorstandspositionen der 200 größten deutschen Unternehmen (oFS) sind von Frauen besetzt. Dies entspricht einem Verhältnis von 812 Männern zu 21 Frauen (s. Tab. I).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. I: Geschlechterdifferenzierter Anteil in Führungspositionen (gerundet)12
Verringert man den Blickwinkel auf die 100 größten deutschen Unternehmen (oFS), so besetzen Frauen mit verschwindend geringen 0,9 % lediglich 4 der 441 Vorstandssitze und in etwa einem Viertel aller Aufsichtsgremien der Top-200- Unternehmen (oFS) sitzt nicht eine einzige Frau[13].
Diese Unterrepräsentanz bildet sich auch im europäischen Vergleich ab: gegenüber dem EU-Durchschnitt mit 32,5 % Frauen in allgemeinen Führungspositionen in der Privatwirtschaft, landete Deutschland im Jahr 2008 nur auf Rang 11 und somit lediglich im Mittelfeld[14] (s. Tab. II).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. II: Verteilung von Frauen und Männern in Führungspositionen in Europa[15] (
2.2 Frauen in Studium und Ausbildung
Dabei bringen Frauen heutzutage theoretisch gute Voraussetzungen für den Einsatz in Führungspositionen mit sich. Denn im Vergleich zu Männern weisen sie schon in der Schule bessere Leistungen auf und absolvieren höhere Abschlüsse. Laut StBA waren im Jahre 2008 rund 53 % der Schüler der Gymnasialen Oberstufe (Klasse 11 - 13) Mädchen; unter den bundesweit 34,6 % an Abiturienten oder Absolventen der Fachhochschulreife waren junge Frauen mit 38 % deutlich öfter vertreten, als ihre männlichen Mitschüler (mit 31 %), ferner waren ca. 52 % der Studierenden an Universitäten zwischen 18 und 26 Jahren weiblich.[16]
Jedoch variiert die Fächerwahl an Universitäten und Fachhochschulen stark nach Geschlecht. So lag der Frauenanteil bei Studienfächern wie Sprach- und Kulturwissenschaften und in der Humanmedizin (einschließlich Gesundheitswissenschaften) im Jahre 2004 bei etwa 73% und 66 %, in den Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften waren die Geschlechterverhältnisse mit einem weiblichen Studierendenanteil von rund 51 % nahezu ausgeglichen. Dagegen zeigte sich bei Studienfächern wie Mathematik, Naturwissenschaften oder Ingenieurwissenschaften eine deutliche Unterrepräsentanz mit nur knapp 40 % und 21 % (s. Abb. II).[17] (
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. II: Studienanfänger (1. Hochschulsemester) nach Fächergruppen und Geschlecht 2004 [18]
Zu den „ Übrigen Fächern “ zählen Sport; Veterinärmedizin; Agrar-, Forst- und Ernährungswissenschaften; Kunst/Kunstwissenschaft; sonstige Fächer und ungeklärt.
Auch bei der Wahl der Ausbildung bewegen sich heute noch viele Frauen auf recht eingefahrenen Gleisen. Der alljährlich herausgegebene Berufsbildungsbericht (BBB) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) listet jedes Jahr die bei jungen Frauen und Männern beliebtesten Ausbildungsberufe auf. Die Abbildungen III und IV verdeutlichen die geschlechterspezifische Differenzierung bei der Wahl des Ausbildungsberufes anhand der 15 meistvertretenen Ausbildungsberufe bei jungen Frauen und Männern aus dem Jahr 2009.
[...]
[1] BMFSFJ (2010), S. 7
[2] EUROPA press releases (2010)
[3] Ebd.
[4] Horx (2010), S. 11
[5] EUROPA press releases (2010)
[6] Schlaf (2010), S. 12
OECD (2008), S. 31
[8] WM BaWü (2011), S. 2
[9] zit. nach Henn (2009), S. 11
[10] in Anlehnung an: Daten zur Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen: Führungskräfte in der Privatwirtschaft nach Geschlecht 2001 - 2007, aus: BMFSFJ (2010), S. 77
[11] BMFSFJ (2010), S. 77
[12] in Anlehnung an: StBA (2010), S. 7
[13] DIW (2010), S. 3
[14] BMFSFJ (2010), S. 7
[15] in Anlehnung an: Die von weiblichen Auszubildenden am stärksten besetzten 25 Berufe (Neuabschlüsse 2009), aus: BIBB (2010), S. 2 und BMBF (2010), S. 22 f. in Anlehnung an: Die von männlichen Auszubildenden am stärksten besetzten 25 Berufe (Neuabschlüsse 2009), aus: BIBB (2010), S. 2 und BMBF (2010), S. 22 f.
[16] StBA (2010), S. 6 ff.
[17] StBA (2005), S. 51
[18] in Anlehnung an: Studienanfänger (1. Hochschulsemester) im Studienjahr 2004 nach Fächergruppen und Geschlecht, aus: StBA (2005), S. 52.