Geldpolitik der Zentralbanken im Vorfeld, während und nach der Finanzmarktkrise


Bachelorarbeit, 2011

55 Seiten, Note: 1,8


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung

2. Phase I: Geldpolitik vor der Finanzmarktkrise
2.1. Nutzung der geldpolitischen Instrumente
2.2 Geldpolitische Ausgangsbasis

3. Phase II: Die Subprimekrise
3.1 Gründe der Subprimekrise
3.1.1 Makroökonomische Ursachen
3.1.2 Mikroökonomische Ursachen
3.2 Transmission an den Geldmarkt
3.3 Offenmarktgeschäfte zur Liquiditätsversorgung
3.4 Leitzinsveränderungen
3.5 Ständige Fazilitäten
3.6 Erweiterung des geldpolitischen Handlungsrahmens

4. Phase III: Die Vertrauenskrise
4.1 Reaktionen des Federal Reserve Systems
4.2 Reaktionen der Europäischen Zentralbank

5. Auswirkung der Zentralbankmaßnahmen
5.1 Analyse der Bilanzen von Fed und EZB
5.2 Auswirkungen auf die Geldmengen- und Preisentwicklung
5.3 Begonnene Exit-Strategie

6. Fazit und Ausblick

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1. Inflations-, Leitzins- und Geldmengenentwicklung im Euroraum und den USA vom Januar 2006 bis Juli 2007,

Abb.2.: „Originate-to-distribute“-Modell

Abb.3.: Neue US-Immobilienkredite nach Segment

Abb 4: Volumen ABCP, ABCP-Libor-Spread, ABCP-CP-Spread

Abb. 5: Differenz zwischen 3-Monats-Libor-Satz und Overnight-Index-Swapsätzen

Abb. 6: Leit- und Geldmarktzinsen im Euroraum und den USA vom 01.06.2007 bis 31.08.2007

Abb. 7: Leitzinsentwicklung der wichtigsten Notenbanken zwischen 01.06.2007 bis 31.08.2008

Abb. 8: Fed Funds Target Rate der Fed zwischen 01.07.2007 bis 30.06.2011

Abb. 9: Instrumente der Federal Reserve

Abb. 10: Leitzinsentwicklung im Euroraum vom 01.07.2007 bis 30.06.2011

Abb. 11: Leitzins- und Geldmarktzinsentwicklung im Euroraum vom 01.09.2008 bis 31.12.2008

Abb. 12: Entwicklung der Volumen des Securities Markets Program der EZB

Abb. 13: Entwicklung der Bilanzen der Fed und des Eurosystem

Abb. 14: Inflation- und Geldmengenentwicklung im Euroraum vom 01.07.2007 bis 31.05.2011

Abb. 15: Entwicklung des Bund-Future-Kontraktes an der Eurex vom 01.08.2007 bis 15.08.2011

Abb. 16: Inflation und Geldmengenentwicklung den USA vom 01.07.2007 bis 30.04.2011

Abb. 17: Geldmultiplikator M1 USA

Abb. 18: Umlaufgeschwindigkeit Reserveguthaben

Abb. 19: Geldmultiplikator M3 und monetäre Aggregate

Abb. 20: Sondermaßnahmen der Europäischen Zentralbank

Abb. 21: Zentralbankmaßnahmen während der Finanzmarktkrise

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Aufbau einer Zentralbankbilanz, eigene Darstellung nach Ruckriegel

Tab.2: Ereignisse vom 16. bis 21. September 2008, eigene Darstellung

1. Einleitung

Bedeutende Liquiditätsmaßnahmen, neue Refinanzierungsmöglichkeiten, Erweiterung der Liste der Sicherheiten, Ankauf von Hypothekenanleihen und Inhaberschuldverschreibungen, uneingeschränkte Liquidität im Tenderverfahren, neue Kreditprogramme – seit dem 09. August 2007 sind die geldpolitischen Instrumente der Zentralbanken in das öffentliche Blickfeld gerückt. Während die Veränderung des Leitzinses stets mit großem Interesse beobachtet wurde, fanden die spezifischen geldpolitischen Maßnahmen der Zentralbank wenig Beachtung. Bis zum Frühsommer 2007 schien die Geldpolitik eine ziemlich nebensächliche Sache geworden zu sein.

Seit dem 09. August 2007 hat sich das geruhsame Dasein der Geldpolitiker weltweit jedoch schlagartig gewandelt.[1] Der zweite ökonomische Einbruch im letzten Jahrzehnt, die mit ihren Folgen auch heute noch immer aktuelle Finanzmarktkrise, lässt den Wirtschaftsabschwung im Nachgang des Platzens der Aktienmarktblase und den Anschlägen auf das World Trade Center zu Beginn des Jahrzehnts als harmlose geldpolitische Aufgabe erscheinen. Die Krise hat inzwischen viele Namen: Subprimekrise, Finanzkrise, Finanzmarktkrise, Immobilienkrise, Wirtschaftskrise oder Weltwirtschaftskrise, auf jeden Fall stellte sie die Zentralbanker vor bisher unbekannte Herausforderungen. Ihre Bedeutung zeigten die Notenbanken dabei zuletzt als sogenannter Lender of Last Resort (LOR).[2]

Seit dem Beginn der Finanzmarktkrise kommt es zur Diskussion darüber, wie die Operationen der Zentralbanken interpretiert werden sollen. Führen z.B. die großen liquiditätszuführenden Maßnahmen und das „quantitative and qualitative Easing“ zu einer Lockerung des geldpolitischen Kurses und in Folge zu Inflation? Ziel dieser Arbeit ist es, aufbauend auf einer grundsätzlichen Darstellung der geldpolitischen Maßnahmen der Noten­banken, ein besseres Verständnis der Entscheidungen der Zentralbanken in den letzten vier Jahren zu erhalten. Dabei sollen ihre Wirksamkeit und Intention kritisch gewürdigt und die unterschiedlichen Herangehensweisen beschrieben werden. Das Hauptaugenmerk dieser Thesis liegt dabei auf den Zentralbanken der USA und des Euroraumes, sowie auf den geldpolitischen Instrumenten, welche in ihrer Ausgestaltung während der Finanzmarktkrise verändert, adjustiert oder neu eingeführt wurden. Auf eine Betrachtung anderer Notenbanken, sowie von monetären Maßnahmen, die zwar im Konsens der Turbulenzen getroffen wurden, aber keine signifikanten Neuerungen aufwiesen, wird in dieser Arbeit nur sporadisch eingegangen.

Der Ablauf der Krise und die daraus folgenden unterschiedlichen Interventionen der Zentralban­ken wurden in dieser Ausarbeitung in drei Phasen unterteilt. In der ersten Phase, welche im folgenden Kapitel behandelt wird, wird auf die monetären Rahmenbedingungen und die Ausgangssituation der Zentralbanken sowie auf einige wesentliche Unterschiede zwischen Europäischer Zentralbank (EZB) und dem Federal Reserve System (Fed) eingegangen. Die zweite Phase, die sogenannte Subprimekrise, die einher ging mit dem Zusammenbruch des US-Immobilienmarktes und den Ausfällen bonitätsschwacher Kreditnehmer, den Liquiditätsschwierigkeiten von Finanzierungszweckgesellschaften und den Reaktionen der Notenbanken auf die Verspannungen am Geldmarkt wird im dritten Abschnitt behandelt. Im vierten Kapitel wird dann die Vertrauenskrise im Finanzsektor, beginnend mit der Insolvenz von Lehman Brothers, bis hin zur Rolle der Zentralbanken als LOR betrachtet. Dabei rückten auch die Staats­finanzen auch als Folge von nationalen Bankenstabilisierungen in den Vordergrund. Auch wenn es sich hierbei eher um ein fiskalpolitisches Problem handelt, hatte es doch Auswirkungen auf die Zentralbanken, insbesondere auf die EZB. Die Folgen der Maßnahmen auf die Geldmenge, Preisentwicklung und die jeweiligen Bilanzen der Zentralbanken sowie die bisher schon vorgenommenen Rücknahmen der Maßnahmen, wird dann im fünften Kapital behandelt.

Im Fazit werden die Reaktionen der Zentralbanken kritisch gewürdigt und die Frage beantwortet, ob die Aufweichung der Geldpolitik und die ergriffenen Maßnahmen dem Hauptziel der Notenbanken, nämlich der Preiswertstabilität, entgegenstehen. Zusätzlich wird ein Ausblick gegeben, ob, wann und wie wieder zu einer konventionellen Geldpolitik zurückgekehrt werden kann.

2. Phase I: Geldpolitik vor der Finanzmarktkrise

Dieses Kapitel analysiert die monetäre und wirtschaftliche Ausgangsbasis vor dem Ausbruch der Krise im August 2007 und die Geldpolitik der Zentralbanken zu dieser Zeit. Des Weiteren wird auf einige wesentliche Unterschiede zwischen der Fed und der EZB eingegangen, welche im Verlauf der Krise relevant für die unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten der beiden Zentralbanken sind.

Ein wesentliches Ziel fast aller Notenbanken weltweit liegt in der Preisstabilität. Ein wichtiges Augenmerk liegt dabei nach der monetären Lehre auf der Geldmengenentwicklung, welche eine positive Korrelation zur Inflation hat, wobei die Veränderung der Geldmenge allerdings zeitlich vor der Veränderung der Preisentwicklung liegt.[3] In wissenschaftlichen Lehrbüchern findet man auch heute noch die unzutreffende Aussage, dass die Zentralbank entweder die Geldmenge oder den Zinssatz steuert. Dahinter steckt die Überlegung, dass ein Monopolist wie die Notenbank die Wahl zwischen der Festlegung der Menge (Geldmenge) oder des Preises (Zinssatz) hat. Allerdings liegt der Tagesgeldzins auf der operativen Ebene der Geldpolitik, die Geldmenge aber auf der Indikatorebene.[4] Wichtig für die kommenden Kapitel bleibt deshalb festzuhalten, dass die Zentralbank über die Steuerung des Tagesgeldsatzes versucht, das Wachstum der Geldmenge innerhalb einer bestimmten Bandbreite zu halten. Daher liegen Zinssatz und Geldmenge auch nicht auf der gleichen Entscheidungsebene und sind somit auch keine gegenseitigen geldpolitischen Steuerungsalternativen der Notenbank.[5] Das sieht auch die EZB so, die deutlich zwischen Zinsbeschlüssen zur Gewährleistung von Preisstabilität und Festlegung des geldpolitischen Kurses und Liquiditätsentscheidungen zur Umsetzung dieses Kurses unterscheidet.[6]

Die Bilanz einer Notenbank gibt Hinweise darauf, wie die Zentralbank ihre geldpolitischen Instrumente einsetzt. Daher gibt diese auch Aufschluss darüber, wie die Geldpolitik umgesetzt wird. Zur Steuerung stehen den Zentralbanken grundsätzlich drei Kategorien von geldpolitischen Instrumenten zur Verfügung. Als erstes Instrument ist die Mindestreserve zu nennen, die grundsätzlich die Nachfrage nach Guthaben bei der Zentralbank und die Anbindung der Kreditinstitute sicherstellt.[7] Die in den letzten Jahren wichtigste Maßnahme, die Offenmarktgeschäfte, dienen der primären Liquiditätsversorgung des Finanzsystems und der Steuerung des Tagesgeldzinssatzes.[8] Als drittes Instrument bestimmen die ständigen Fazilitäten schließlich den Korridor, in dem sich der Tagesgeldsatz bewegen soll.[9]

2.1. Nutzung der geldpolitischen Instrumente

Sowohl die EZB wie auch die Fed stellten vor der Krise einen Großteil des Zentralbankgelds durch Offenmarktgeschäfte bereit. Dabei handelte die amerikanische Notenbank vorwiegend durch den direkten An- und Verkauf von Wertpapieren und verwendete Repos hauptsächlich für die Feinsteuerung, etwa für saisonalen Spitzenbedarf. Im Euroraum wurden Offenmarktgeschäfte sowohl für die strukturelle Liquiditätsbereitstellung als auch für Schwankungen im Bargeldumlauf durchgeführt.[10] Während die Fed tägliche Operationen durchführte, genügten der EZB durch die hohe Mindestreserve wöchentliche Operationen und Feinsteuerungsoperationen (FSO) am Ende der Mindestreserveperiode. Ein Teil des strukturellen Liquiditätsbedarfs wurde durch längerfristige Pensionsgeschäfte mit einer Laufzeit von drei Monaten gedeckt.[11] Die ständigen Fazilitäten dienten bei beiden Notenbanken eher der Abfederung von Schocks, etwa zum Tagesende, wenn einzelne Kreditinstitute über Liquiditätsüberhänge verfügten.[12] Da für die Kreditinstitute jederzeit ein unlimitierter Zugang zu den ständigen Fazilitäten zur Verfügung stand, sollten so ausschweifende Schwankungen des Marktzinssatzes verhindert werden. Im Euroraum bildete dabei der Zinssatz für Spitzenrefinanzierungsfazilität die obere Grenze, während die Verzinsung der Einlagenfazilität ein Absinken nach unten limitiert. Entsprechend ihrer Rolle in der Liquiditätszufuhr, ist die Laufzeit von Operationen bei den ständigen Fazilitäten meist mit einem Tag beschränkt.[13]

Die wichtigsten Komponenten der Bilanz der Fed und des Eurosystems sind folgend dargestellt:

- Zentralbankguthaben
- Autonome Faktoren
- Geldpolitische Operationen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tabelle 1: Aufbau einer Zentralbankbilanz, eigene Darstellung nach Ruckriegel[14]

Auf der Aktivseite der Bilanz der US-Notenbank dominierten von der Fed angekaufte Staatspapiere, da Refinanzierungskredite an Banken im Vergleich zu einem definitiven Ankauf von Wertpapieren unbedeutend waren. Die Primary Credit Facility (Kreditfazilität) wurde kaum verwendet und die Guthaben der Kreditinstitute waren vor dem Hintergrund der nicht verzinsten Mindestreserve relativ klein.[15] Dagegen führte die EZB ihre geldpolitischen Operationen hauptsächlich mittels Hauptrefinanzierungsgeschäften (HRGs) durch[16]. Daher waren volumenmäßig sowohl die Kredit- wie auch die Einlagenfazilität zu vernachlässigen. Durch den höheren Mindestreservesatz hatten die Guthaben der Banken einen höheren Anteil in der EZB-Bilanz als bei der Fed.[17]

Sowohl die europäische als auch die amerikanische Notenbank steuerten nur die gesamte zur Verfügung stehende Liquiditätsmenge. Die Verteilung der Mittel zwischen Banken mit Liquiditätsüberhang bzw. –bedarf erfolgte über den Geldmarkt. Größere Unterschiede zwischen dem Euroraum und den USA bestanden bezüglich der Partner, die zu den Offenmarktgeschäften zugelassen wurden. Während bei der EZB grundsätzlich alle mindestreservepflichtigen Kreditinstitute an den Offenmarktgeschäften teilnehmen konnten, fanden im Geltungsbereich der Fed die regulären Refinanzierungsgeschäfte jedoch ausschließlich mit 18 Investmentbanken (Primary Dealers) statt, von denen die meisten im Gegenzug über keinen Zugang zum Diskontfenster verfügten.[18] Ein weiterer Unterschied fand sich auch bei den akzeptierten Wertpapieren. Zentralbanken verlangen bei allen Kreditgeschäften üblicherweise die Hinterlegung von werthaltigen Sicherheiten.[19] Die Fed war bei den regulären Pensionsgeschäften sehr restriktiv und erlaubte nur vom Staat oder einer Bundesbehörde ausgegebene Wertpapiere. Für das Diskontfenster waren dagegen zusätzlich noch Kredite und Unternehmensanleihen zugelassen.[20] Die EZB differenzierte hingegen bei den Sicherheiten ebenso wie beim Teilnehmerkreis nicht zwischen den regulären Operationen und den ständigen Fazilitäten.[21]

2.2 Geldpolitische Ausgangsbasis

Im Sommer 2007 waren die Notenbanken weltweit noch im Begriff, von dem Kurs einer expansiven Geldpolitik abzurücken, den sie nach dem Platzen der Aktienmarktblase und den Anschlägen vom 11. September 2001 eingeschlagen hatten. In Abhängigkeit von der Konjunkturlage der jeweiligen Staaten war der Termin der geldpolitischen Maßnahmen jedoch unterschiedlich. Das Produktionswachstum lag, getragen durch die dynamische Konjunktur in den Schwellenländern, in den meisten Staaten über dem langfristigen Potenzialwachstum, wenngleich in einigen Fällen eine Abschwächung erwartet wurde.[22] Die Inflationsraten waren gegenüber dem Beginn des Jahres 2007 verzeichneten Höchstwerten zwar überwiegend zurück­gegangen, doch wurde für das zweite Halbjahr 2007, insbesondere auf­grund von Basiseffekten bei den Rohstoffpreisen, mit einem erneuten Preisanstieg gerechnet.[23] Auch das starke Geldmengen- und Kredit­wachstum in vielen Ländern deutete auf mögliche Preisrisiken hin. Im Euro-Raum hatte sich das weit gefasste Geldmengenaggregat M3[24] im Juli 2007 auf das Jahr hochgerechnet um 11,7% ausgedehnt und das Wachstum nahm nach wie vor zu.[25] Die steigenden kurzfristigen Zinssätze hatten jedoch die Expansion von M1[26] gedämpft und dürften zur Stabili­sierung des Wachstums der Kreditvergabe an den privaten Sektor beige­tragen haben, welches sich allerdings immer noch im zweistelligen Bereich bewegte.[27] Aus Sicht der EZB signalisierte der kräftige Geld­mengenanstieg mittelfristig Risiken für eine höhere Preissteigerung, da sich die monetäre Ausweitung nur teilweise durch Portfolio­umschichtungen und andere Sonderfaktoren erklären ließ. Um diesen Risiken entgegenzuwirken, erhöhte die EZB im März und Juni 2007 den Mindestbietungssatz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte um jeweils 0,25% auf insgesamt 4,00%.[28]

In den USA hatte die Fed ihren Tagesgeldzielsatz schon von 1,00% im Juni 2004 bis 5,25% im Juni 2006 angehoben und ihn anschließend trotz sich eintrübender Konjunktur­aussichten stabil gehalten.[29] Die Kerninflation war Anfang 2007 gestiegen und lag gegen Mitte 2007 über dem Toleranzbereich der Fed.[30] Die US-Notenbank rechnete allerdings in den kommenden Quartalen mit einem Nachlassen der Kerninflation, da sich die konjunk­turelle Abkühlung und die vollen Effekte der vergangenen Zinserhöhungen nun bemerkbar machen würden.[31]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1. Inflations-, Leitzins- und Geldmengenentwicklung im Euroraum und den USA vom Januar 2006 bis Juli 2007,

Quelle: Genossenschaftlicher Informationsservice GIS 5.0

3. Phase II: Die Subprimekrise

Die in den USA praktizierte Kreditvergabepraxis an bonitätsschwache Kunden (sog. Subprime-Kredite), verbunden mit einem Immobilienpreisverfall, wird als Auslöser der Finanzmarktkrise gesehen. Dazu werden in diesem Kapitel die Ursachen analysiert und aufgezeigt, wie es möglich ist, dass eine regional begrenzte Krise die Funktion des weltweiten Geld- und Kapitalmarkt so beeinträchtigt, dass die Zentralbanken diesen ersetzen müssen. Dazu wird erläutert, welche ihrer Maßnahmen die Notenbanken in dieser Phase verändert oder neu implementiert haben, um eine stetige und fast unbegrenzte Liquiditätsversorgung der Banken und in Folge damit auch der Realwirtschaft sicherzustellen.

3.1 Gründe der Subprimekrise

Die Auslöser der Krise lassen sich retrospektiv im Wesentlichen in eine makro- und eine mikroökonomische Ebene unterteilen. Als makroökonomische Ursachen erwiesen sich insbesondere der Aufbau von außenwirtschaftlichen Divergenzen sowie Schwierigkeiten aufgrund der langen Phase niedriger Realzinsen in Folge einer expansiven Geld­politik als problematisch. Gründe auf mikroökonomischer Ebene waren vornehmlich das Versagen bei der Risikomessung und -steuerung der Finanzmarktakteure wegen schwer zu bewertender Verbriefungsmodelle sowie Schwachstellen in der Regulierung, der Aufsicht und den Ratingagenturen. Obwohl die makroöko­nomischen und mikroökonomischen Gründe der Krise im Folgenden getrennt betrachtet werden, ist die gegenseitige Wechselwirkung, z.B. beim Zusammenhang zwischen Finanzinnovationen und dem Auf­treten eines internationalen Kreditbooms zu beachten.[32]

3.1.1 Makroökonomische Ursachen

Durch eine expansive Geldpolitik, insbesondere der Fed und der Bank of Japan (BoJ), stand den Geschäftsbanken Zentralbankgeld zu sehr günstigen Bedingungen zur Verfügung. Der reale US-Tagesgeldsatz lag von Mitte 2001 bis zum Jahresende 2005 dauerhaft unter 1%, teilweise war er sogar negativ. Dies führte dann ausstrahlend zu niedrigen lang­fristigen Realzinsen und damit zu einem sprunghaften Anstieg der Kredit­vergabe an private Haushalte in den USA, der zu einem eindeutig unhalt­baren Boom bei Wohnimmobilienpreisen beitrug.[33] Zusätzlich führten anhaltend hohe Leistungsbilanzüberschüsse der aufstrebenden Volkswirtschaften vor der Krise fast zehn Jahre lang zu einem Nettokapitalabfluss in selbigen Ländern zugunsten der kapitalreichen Industrienationen. So erhöhte sich das Leistungsbilanzdefizit der USA von 1999 bis 2007 um 4,6 Bio. USD und die gesamten Auslandsschulden ver­vierfachten sich nach Schätzungen des US-Finanzministeriums auf 13,4 Bio. USD.[34] Dieses Szenario hätte zu einer Abwertung des US-Dollars führen müssen. Dies wurde allerdings unterbunden, da die aufstrebenden Volkswirtschaften Dollarreserven aufbauten, um die Aufwertung der eigenen Währung zu verhindern. So steigerte z.B. China seine Währungs­reserven in USD von Ende 1999 bis Ende 2006 um 910 Mrd. USD. Damit sorgten die Schwellenländer zugleich für eine unproblematische Refinanzie­rung des Leistungsbilanzdefizites der USA.[35]

3.1.2 Mikroökonomische Ursachen

Weitere Ursachen für die weltweite Ausstrahlung und das Ausmaß der Krise waren die verschiedensten Möglichkeiten der Kreditverbriefung. Dabei wurden die Immobilienkredite durch die ausgebenden Finanzinstitute verbrieft und zusammengefasst als Mortgage Backed Securities (MBS) weiterverkauft. Diese wurden im Wesentlichen von den Government Sponsored Enterprises (GSE) oder sogenannten Monolinern, in den USA von Fannie Mae und Freddie Mac, gekauft. Eine hohe Anzahl der ausgegebenen Kredite im Subprime-Segment wurde jedoch aufgrund von Risiko- und Volumensbegrenzung nicht durch die GSE angekauft, sondern zusammen mit anderen Krediten von Investmentbanken erneut gebündelt und als Collateralized Debt Obligations (CDO) weiterverkauft.

Durch die Verbriefung von herkömmlichen Bankkrediten in handelbare Wertpapiere konnte das Bankensystem das Kreditschöpfungspotenzial erheblich erhöhen. So wurden ausländische Finanzakteure wie Banken, Versicherungen, Kapitalanlagegesellschaften bis hin zu den Zentralban­ken durch das „originate to distribute“-Modell[36] (Abb.2) indirekte Kreditgeber für die amerikanischen Privathaushalte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.2.: „Originate-to-distribute“-Modell[37]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.3.: Neue US-Immobilienkredite nach Segment[38]

Bei unterdessen weiter steigenden Preisen für Immobilien, wurden die Kreditvergabestandards erheblich her­abgesetzt. Letztendlich befanden sich in diesen nicht mehr überschaubaren Portfolios viele Kreditverträge, die bei einer konjunkturellen Abkühlung, steigenden Zinsen oder bei einer Verlangsamung des Häuserpreisanstiegs in den USA eine hohe Ausfallwahrscheinlichkeit (Abb.3) implizierten.[39]

3.2 Transmission an den Geldmarkt

Selbst aus Krediten mit einer relativ schlechten Bonität wurde durch das praktizierte Tranchieren ein hoher Anteil an Forderungen geschaffen, den die Rating-Agenturen als erstklassig einstuften. Die grundsätzlich niedrige Qualität vieler zugrunde liegender Kredite konnte die Verbriefung jedoch nicht beheben. Sie machte diese zwar handelbar und verlieh ihnen damit eine höhere subjektive Liquidität, aber die Grundlage bildete weiterhin eine klassische Immobilienkredit­forderung mit einer Laufzeit von bis zu 30 Jahren. Da Anleger in Niedrigzinsphasen aber vor­wiegend kurzfristige Anlagen präferieren, wurde über Refinanzierungs­zweckgesellschaften wie Conduits oder Structured Investment Vehicles (SIVs) eine Fristentransformation durch die Ausgabe von kurzfristigen Asset Backed Commercial Papers (ABCP) vorgenommen.[40] Die zuneh­mend schlechtere Bonität der Immobilienforderungen führte dazu, dass einige Zweckgesellschaften nicht mehr in der Lage waren, für die aus­laufenden Papiere eine Refinanzierung zu finden. Abb.4 zeigt den zu dieser Zeit deutlichen Rückgang des Volumens der ABCP bzw. den stark steigenden Credit Spread für ABCP gegenüber dem Libor respektive anderen Commercial Papers (CP).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb 4: Volumen ABCP, ABCP-Libor-Spread, ABCP-CP-Spread[41]

Da die Liquidität allerdings durch Kreditzusagen von Banken abgesichert war, geriet in der Folge deren Bonität erheblich in Gefahr. Somit waren die Kreditinstitute, anders als publiziert und erwartet, durch diese Liquiditätszusagen auch im US-amerikanischen Immobilienkreditgeschäft stark investiert.[42] Als in den ersten Kreditportfolios Verluste entstanden, die von den jeweiligen Besitzern der Zweckgesellschaften getragen werden mussten, kam es zu einer Vertrauenskrise zwischen den Kreditinstituten und die Zinssätze auf dem Geldmarkt schnellten im Vergleich zu den Leitzinssätzen der Zentralbanken in die Höhe. Dies spiegelte sich insbesondere an der drastische Ausweitung der Differenz zwischen dem Zinssatz für Termingeld und den Sätzen für Overnight-Index-Swaps (OIS) mit entsprechender Laufzeit wider. Während bei Termingeldern die gesamte Summe sofort liquiditätsmäßig zu unterlegen ist, findet die hingegen bei OIS-Kontrakten die Zahlung erst bei Fälligkeit und auf Nettobasis statt. Dadurch gibt es zwischen den beiden Instrumenten einen hinsichtlich der Liquidität und des Kontrahentenrisikos erheblichen Unterschied.[43] Vor dem Auftreten der Verspannungen lagen die Terminsätze nur um wenige Basispunkte über den OIS-Sätzen. Ab Anfang August 2007 dehnten sich die Spreads stark aus und lagen teilweise bei über 80 Basispunkten (Abb.5).[44] Diese Turbulenzen störten damit den Transmissionsmechanismus der Zentralbank vom Leitzins über die Geldmarktzinsen bis zu den für die Realwirtschaft relevanten Zinssätzen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Differenz zwischen 3-Monats-Libor-Satz und Overnight-Index-Swapsätzen[45]

Diese Spannungen waren in erster Linie auf mangelndes Vertrauen unter den Marktteilnehmern zurückzuführen, da nicht verifiziert werden konnte, welche Risiken sich beim Geschäftspartner, insbesondere aus den Liquiditätsgarantien für Zweckgesellschaften, ergeben könnten. Dies drohte den Geldmarkt und in seiner Folge den Zahlungsverkehr so zu beeinträchtigen, dass er zum Erliegen gekommen wäre. Die Notenbanken passten als Reaktion ihre geldpolitischen Maßnahmen teilweise mittels einer Reihe außergewöhnlicher, neuartiger Geschäfte an.[46]

3.3 Offenmarktgeschäfte zur Liquiditätsversorgung

Durch die Illiquidität an den Geldmärkten wurde die Liquiditätssteuerung der Banken vorsichtiger, wodurch der Bedarf nach Zentralbankguthaben volatiler wurde und schwieriger vorherzusagen war. Zur Umsetzung ihrer Geldpolitik führten die meisten Notenbanken wiederkehrende kurzfristige Offenmarktgeschäfte durch. Dabei wurde der Referenzsatz durch ein nahezu ausgeglichenes Angebot an Zentralbankguthaben zur jeweiligen Nachfrage der Banken in der Nähe des Leitzinses gehalten. Als es aber aufgrund der schwankenden Nachfrage schwieriger wurde, den Bedarf nach Zentralbankguthaben einzuschätzen, passten weltweit fast alle Zentralbanken ihre liquiditätszuführenden Geschäfte entsprechend an und entschlossen sich zu Interventionen, die außerhalb ihres regulären Kalenders waren oder aber umfassender ausfielen als herkömmlich.[47]

Dem starken Aufwärtsdruck des Tagesgeldsatz begegneten die Notenbanken mit einer Veränderung ihrer Offenmarktgeschäfte. Im Regelfall liegt der Tagesgeldzins sehr nahe an der Verzinsung des HRGs der jeweiligen Notenbank. Dieser Zinssatz lag im Euroraum Anfang August des Jahres 2007 bei 4% pro Jahr.[48] In Abb. 6 wird dargestellt, dass am 09. August 2007 die Risikoaufschläge für Interbankengeld sehr stark anstiegen, da selbst kurzfristig keine Bereitschaft zur Kreditvergabe bestand.[49]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Leit- und Geldmarktzinsen im Euroraum und den USA vom 01.06.2007 bis 31.08.2007

Quelle: Genossenschaftlicher Informationsservice GIS 5.0

Vor diesem Hintergrund reagierte die EZB und führte ihre eintägigen FSO, die vorher in der Regel nur etwa einmal pro Monat erfolgten, vom 9. bis zum 14. August täglich durch. Am 9. August wurden dem Interbankmarkt 94,8 Mrd. EUR Liquidität zur Verfügung gestellt.[50] Einen Tag später führte die Fed gleich drei Tenderverfahren für eintägige Repos im Gesamtwert von 38 Mrd. USD durch.[51] Weitere Zentralbankeingriffe folgten in den nächsten Tagen. Es wurde von den Notenbanken allerdings nur so viel Liquidität zugeführt, wie nötig war um die Referenzsätze nahe am Leitzins zu stabilisieren.[52]

Im Euroraum wurden nach den Sofortmaßnahmen hauptsächlich die Volumen der regulären HRGs erhöht, sodass den Banken jeweils zu Beginn der Mindestreserve-Erfüllungsperioden großzügig zusätzliche Liquidität zugeführt wurde. Durch die Unsicherheit über den künftigen Zugang zu Liquidität, bestand für die Banken ein hohe Intention darin, ihre Mindestreserve-Anforderungen möglichst früh innerhalb der Periode zu erfüllen. Insgesamt änderte sich durch dieses „Frontloading“ das bereitgestellte Liquiditätsvolumen innerhalb der einzelnen Mindestreserve-Erfüllungsperioden allerdings nicht, da im weiteren Verlauf der Periode die Liquiditätszufuhr schrittweise wieder nach unten angepasst wurde. Der Liquiditätsüberschuss der Kreditinstitute lag dadurch am Ende der Erfüllungsperiode wieder, analog der Vor-Krisenzeit, im Durchschnitt auf nahezu Null.[53]

3.4 Leitzinsveränderungen

In der Zinspolitik führte die EZB bis in den August 2007 die im Jahr 2005 begonnene geldpolitische Straffung fort. Im März und im Juni 2007 hob sie ihren Leitzins jeweils um 0,25% auf 4,0% an.[54] Nach den auftretenden Liquiditätsengpässen verzichtete die EZB im September 2007 auf eine schon signalisierte weitere Zinserhöhung und ließ den Leitzins unverändert.[55] Im Juli 2008 erhöhte sie den Leitzins erneut um 25 Basispunkte auf 4,25%. Die europäischen Währungshüter begründeten den Zinsschritt mit den weltweit steigenden Energie- und Lebensmittelpreisen und den damit verbundenen Inflationsrisiken. In der Spitze stiegen die europäischen Verbraucherpreise um 4% und lagen in der Veränderung damit mehr als doppelt so hoch wie von der EZB gewünscht. Der EZB-Rat betrachtete die Möglichkeit einer daraus resultierenden Lohn-Preis-Spirale als ernst zu nehmende Gefahr für die Wahrung der Preisstabilität. Die konjunkturellen Risiken schätzte die EZB zu diesem Zeitpunkt als verkraftbar ein und rechnete trotz des sich abzeichnenden Abschwungs mit einem noch moderaten Wachstum für die Eurozone.[56]

In den USA beließ die Fed den Leitzins in der ersten Jahreshälfte 2007 unverändert bei 5,25%. Die Mitglieder des Offenmarktausschusses rechneten trotz der Probleme am US-Immobilienmarkt mit einer Steigerung der US-Wirtschaft in der Nähe des Potenzialwachstums. Gleichzeitig ging man davon aus, dass der Auftrieb der Verbraucherpreise allmählich nachlassen werde. Die US-Kerninflation bewegte sich im Jahr 2007 mit rund 2,2% leicht oberhalb der von der Fed angestrebten Bandbreite.[57] Die Zuspitzung am US-Wohnimmobilienmarkt ließ im zweiten Halbjahr 2007 eine rasche Abkühlung der Konjunktur erwarten. Von den Mitgliedern des Offenmarktausschusses wurde daraufhin eine zunehmende Zurückhaltung beim Konsum der privaten Haushalte befürchtet. Die Fed reagierte daher am 18. September 2007 und senkte den Leitzins um 50 Basispunkte.[58] Am 31. Oktober 2007[59] und 11. Dezember 2007[60] folgten zwei weitere Zinssenkungen um je 25 Basispunkte, so dass der Tagesgeldzielsatz am Jahresende 2007 mit 4,25% um einen Prozentpunkt niedriger lag als zu Jahresbeginn. Die Fed setzte auch im ersten Halbjahr 2008 ihre geldpolitische Lockerung fort und senkte den US-Leitzins um 2,25% auf 2%.(Abb.7)[61]

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Leitzinsentwicklung der wichtigsten Notenbanken zwischen 01.06.2007 bis 31.08.2008

Quelle: Genossenschaftlicher Informationsservice GIS 5.0

3.5 Ständige Fazilitäten

Fast alle Zentralbanken verfügen zusätzlich über ständige Kreditfazilitäten, zu dem sich die Kreditinstitute zu einem über dem Leitzins liegenden Zinssatz bei der Notenbank Geld gegen Sicherheiten leihen können. Diese ständigen Fazilitäten dienen zum einen als Auffangfazilität für Offenmarktgeschäfte. Da durch diese zusätzlich Zentralbankguthaben zugeführt wird, bildet ihr Zinssatz in der Regel die obere Begrenzung für den Interbanken-Tagesgeldzinssatz. Zum anderen wird es von Banken genutzt, die vorübergehende Probleme haben sich Liquidität zu besorgen.[62] Aber nur die Fed lockerte die Bedingungen ihrer ständigen Kreditfazilität (Primary Dealer Credit Facility - PDCF) als Reaktion auf die Finanzmarktturbulenzen. Am 17. August 2007 verringerte sie durch eine Senkung des Zinssatzes der Fazilität (Primary Credit Rate) von 6,25% auf 5,75% die Differenz zum Leitzins von 100 auf 50 Basispunkte und verlängerte die Dauer der Kredite von einem auf 30 Tage[63]. Am 16. März 2008 verringerte sie den Abstand wiederum durch eine Senkung der Primary Credit Rate auf 0,25% und verlängerte die maximale Laufzeit sogar auf 90 Tage. Diese Anpassungen sollten den Kreditinstituten eine höhere Liquidität bei geringeren Kosten zur Verfügung stellen. Die Spreadeinengungen sollten verhindern, dass bei einer erneuten Anspannung am Interbankenmarkt der Tagesgeldsatz zu stark steigt. Die Laufzeitverlängerung sollte die ständige Fazilität zu einem annähernden Ersatz für die immer seltener gewordenen Mittelaufnahme am Termingeldmarkt machen.[64] Durch die Angst der Banken vor einer Stigmatisierung, wurde die Wirksamkeit der PSCF als Möglichkeit zur Deckelung des Tagesgeldzinssatzes sowie zur Drucklinderung am Termingeldmarkt allerdings erheblich beeinträchtigt. Die Kreditinstitute befürchteten, dass trotz Informationsverbot die Nutzung der ständigen Kreditfazilität an die Öffentlichkeit geraten und als Zeichen finanzieller Probleme beurteilt werden könnte.[65] Daher gaben die Banken in den USA für Interbankenkredite weiterhin Gebote ab, die teilweise deutlich über dem Diskontsatz lagen. Da im Euro-Raum die Mittelaufnahme über die Spitzenrefinanzierungsfazilität der EZB nie die Ausnahme dargestellt hat und damit auch nicht als Stigma belastet war, wurden fast keine Interbankengeschäfte zu einem über dem Spitzenrefinanzierungszins liegenden Marktsatz durchgeführt.[66]

Das Bestreben, die Tagesgeldsätze in der Nähe der Leitzinsen zu halten, diente teilweise neben der Implementierung der geldpolitischen Richtung auch der Belebung der Angebotsseite der Geldmärkte. Die Banken wären möglicherweise eher bereit gewesen Interbankenkredite zu vergeben, wenn zu angemessenen Zinssätzen am Tagesgeldmarkt eine Refinanzierung gegeben wäre. Auch die Nachfrage der Banken nach Terminkrediten wäre nicht so rege, wenn das Tagesgeld als dauerhaftes Substitut zur Geldaufnahme erachtetet worden wäre.[67]

[...]


[1] Vgl.: Europäische Zentralbank: Monatsbericht August 2007, Frankfurt am Main, Seite 33 ff.

[2] Vgl.: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Die Finanzkrise meistern - Jahresgutachten 2008/09, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2008, S. 117, 140 ff.

[3] Vgl.: Görgens E., Ruckriegel K., Seitz F.: Quo vadis, Geldmenge? Zur Rolle der Geldmenge für eine moderne Geldpolitik, Research On Money in the Economy, Discussion Paper Series No 2007-01, Februar 2007, S. 30, Quelle: http://www.rome-net.org/romewp2007-01.pdf, Format:pdf, letzter Abruf: 24.06.2011.

[4] Vgl.: ebd. S.3.

[5] Vgl.: Görgens E., Ruckriegel K., Seitz F.: Die vier (!) Ebenen der Geldpolitik in WiSt, 35. Jahrgang - Heft 12 - Dezember 2006, Verlag Vahlen, München, S. 3.

[6] Vgl.: Europäische Zentralbank: Monatsbericht Mai 2008, Frankfurt am Main, S. 95.

[7] Vgl.: Europäische Zentralbank: Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, 2004, Frankfurt am Main, S. 81-84.

[8] Vgl.: Ebd: S. 84-90.

[9] Vgl.: Ebd: S. 90-91.

[10] Vgl.: Europäische Zentralbank: Monatsbericht Oktober 2009, Frankfurt am Main, S.94.

[11] Vgl.: Europäische Zentralbank: Monatsbericht Mai 2008, Frankfurt am Main, S.96-97.

[12] Vgl.: Ruckriegel, K., Seitz, F.: Die operative Umsetzung der Geldpolitik: Eurosystem, Fed, Bank of England, in: Wirtschaftsdienst, 86. Jg.,2006-8, S. 543.

[13] Vgl.: Europäische Zentralbank: Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, 2004, Frankfurt am Main, S. 80-81.

[14] Vgl.: Ruckriegel, K., Seitz, F.: Die operative Umsetzung der Geldpolitik: Eurosystem, Fed, Bank of England, in: Wirtschaftsdienst, 86. Jg.,2006-8, S. 541.

[15] Vgl.: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Die Zukunft nicht aufs Spiel setzen - Jahresgutachten 2009/10, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2009, S. 95.

[16] Vgl.: Europäische Zentralbank: Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, 2004, Frankfurt am Main, S. 77.

[17] Vgl.: Europäische Zentralbank: Monatsbericht Oktober 2009, Frankfurt am Main, S.95.

[18] Vgl.: Europäische Zentralbank: Monatsbericht Oktober 2009, Frankfurt am Main, S.94.

[19] Vgl.: Europäische Zentralbank: Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, 2004, Frankfurt am Main, S. 79-80.

[20] Vgl.: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Die Finanzkrise meistern - Jahresgutachten 2008/09, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2008, S.133.

[21] Vgl.: Europäische Zentralbank: Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, 2004, Frankfurt am Main, S. 79-80.

[22] Vgl.: Europäische Zentralbank: Monatsbericht September 2007, Frankfurt am Main, S. 9 ff.

[23] Vgl.: Europäische Zentralbank: Jahresbericht 2007, Frankfurt am Main, S. 19.

[24] Vgl.: Europäische Zentralbank: Monetary analysis Quelle: http://www.ecb.europa.eu/mopo/strategy/ monan/html/index.en.html, letzter Abruf: 17.06.2011

[25] Vgl.: Europäische Zentralbank: Monatsbericht September 2007, Frankfurt am Main, S. 18.

[26] Vgl.: Europäische Zentralbank: Monetary analysis, Quelle: http://www.ecb.europa.eu/mopo/strategy/ monan/html/index.en.html, letzter Abruf: 17.06.2011

[27] Vgl.: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Das Erreichte nicht verspielen - Jahresgutachten 2007/08, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2007, S. 42.

[28] Vgl.: Europäische Zentralbank: Jahresbericht 2007, Frankfurt am Main, S. 18.

[29] Vgl.: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Das Erreichte nicht verspielen - Jahresgutachten 2007/08, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2007, S. 141.

[30] Vgl.: Ebd: S.31.

[31] Vgl.: Bank for International Settlements: 77th Annual Report 2006/2007, Basel 2007, S.60.

[32] Vgl.: Bank for International Settlements: 79th Annual Report 2008/2009, Basel 2009, S.4.

[33] Vgl.: Bank for International Settlements: 79th Annual Report 2008/2009, Basel 2009, S.6.

[34] Vgl.: Ebd.: S.5.

[35] Vgl.: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Das Erreichte nicht verspielen - Jahresgutachten 2007/08, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2007, S. 103.

[36] Vgl.: Ebd.: S.120.

[37] Geldpolitik in der Finanzmarktkrise – Vortrag Thomas J. Jordan - Mitglied des Direktoriums SNB, Quelle: http://www.snb.ch/de/mmr/speeches/id/ref_20080402_tjn/source/ref_20080402_tjn.de.pdf, S.9, letzter Abruf: 17.06.2011

[38] Ebd.: S.10.

[39] Vgl.: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Das Erreichte nicht verspielen - Jahresgutachten 2007/08, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2007, S. 107-121.

[40] Vgl.: Ebd.: S. 94.

[41] Bank for International Settlements: Quarterly Review, September 2007, S.7.

[42] Vgl.: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Das Erreichte nicht verspielen - Jahresgutachten 2007/08, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2007, S. 93.

[43] Vgl.: Europäische Zentralbank: Monatsbericht Mai 2008, Frankfurt am Main, S. 98.

[44] Vgl.: Europäische Zentralbank: Monatsbericht Juli 2009, Frankfurt am Main, S. 87-88.

[45] Geldpolitik in der Finanzmarktkrise – Vortrag Thomas J. Jordan - Mitglied des Direktoriums SNB, Quelle: http://www.snb.ch/de/mmr/speeches/id/ref_20080402_tjn/source/ref_20080402_tjn.de.pdf, letzter Abruf: 17.06.2011

[46] Vgl.: Bank for International Settlements: 79th Annual Report 2008/2009, Basel 2009, S.94.

[47] Vgl.: Bank for International Settlements: 78th Annual Report 2007/2008, Basel 2008, S.67.

[48] Vgl.: Deutsche Bundesbank: Monatsbericht November 2007, Frankfurt am Main, S.24.

[49] Vgl.: Ebd.: S.26.

[50] Vgl.: Europäische Zentralbank: Monatsbericht September 2007, Frankfurt am Main, S. 33-37.

[51] Vgl.: Bank for International Settlements: 78th Annual Report 2007/2008, Basel 2008, S.68.

[52] Vgl.: Europäische Zentralbank: Monatsbericht Juli 2009, Frankfurt am Main, S. 90.

[53] Vgl.: Europäische Zentralbank: Monatsbericht Juli 2009, Frankfurt am Main, S.89.

[54] Vgl.: Europäische Zentralbank: Jahresbericht 2007, Frankfurt am Main, S. 104.

[55] Vgl.: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Die Finanzkrise meistern - Jahresgutachten 2008/09, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2008, S. 136.

[56] Vgl.: Ebd.: S. 69.

[57] Vgl.: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Das Erreichte nicht verspielen - Jahresgutachten 2007/08, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2007, S. 37.

[58] Vgl.: Board of Governors of the Federal Reserve System: Monetary Policy Releases , Quelle: http://www.federalreserve.gov/newsevents/press/monetary/20070918a.htm, letzter Abruf: 06.07.2011.

[59] Vgl.: Board of Governors of the Federal Reserve System: Monetary Policy Releases , Quelle: http://federalreserve.gov/newsevents/press/monetary/20071031a.htm, letzter Abruf: 06.07.2011.

[60] Vgl.: Board of Governors of the Federal Reserve System: Monetary Policy Releases , Quelle http://www.federalreserve.gov/newsevents/press/monetary/20071211a.htm, letzter Abruf: 06.07.2011.

[61] Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Die Finanzkrise meistern - Jahresgutachten 2008/09, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2008, S. 69.

[62] Vgl.: Europäische Zentralbank: Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, 2004, Frankfurt am Main, S.90.

[63] Vgl.: Board of Governors of the Federal Reserve System: Monetary Policy Releases, Quelle: http://www.federalreserve.gov/newsevents/press/monetary/20070817a.htm, letzter Abruf: 06.07.2011.

[64] Vgl.: Board of Governors of the Federal Reserve System: Monetary Policy Releases , Quelle: http://www.federalreserve.gov/newsevents/press/monetary/20080316a.htm, , letzter Abruf: 06.07.2011.

[65] Vgl.: Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung: Die Finanzkrise meistern –Jahresgutachten 2008/09, Statistisches Bundesamt, Wiesbaden 2008, S. 132.

[66] Vgl.: Europäische Zentralbank: Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank, 2004, Frankfurt am Main, S.90.

[67] Vgl.: Deutsche Bundesbank: Monatsbericht November 2007, Frankfurt am Main, S.26.

Ende der Leseprobe aus 55 Seiten

Details

Titel
Geldpolitik der Zentralbanken im Vorfeld, während und nach der Finanzmarktkrise
Hochschule
The West Pomeranian Business School, Berlin
Note
1,8
Autor
Jahr
2011
Seiten
55
Katalognummer
V179792
ISBN (eBook)
9783656023241
ISBN (Buch)
9783656022985
Dateigröße
2312 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Finanzmarktkrise, EZB, Fed, Geldmenge, Inflation, Quantitative Easing, Qualitative easing, Geldpolitik, Zentralbanken, Offenmarktgeschäfte
Arbeit zitieren
Martin Rottmann (Autor:in), 2011, Geldpolitik der Zentralbanken im Vorfeld, während und nach der Finanzmarktkrise, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/179792

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