1989 war Peter Singer, ein australischer Philosoph und Bioethiker, nach Marburg eingeladen, um auf einem europäischen Symposium zum Thema „Biotechnologie, Ethik und geistige Behinderung” einen Vortrag zu halten. In Verbindung dazu hatte er auf Anfrage zugesagt, auch an der Universität Dortmund zum Thema „Haben schwerstbehinderte Neugeborene ein Recht auf Leben?” zu sprechen.
Doch kurz vor der Eröffnung des Symposiums wurde die Einladung zurückgezogen und zwar aufgrund von massiven Protesten von Behindertenorganisationen, denen sich auch einige anderen Gruppen angeschlossen hatten. Auch in Dortmund konnte er nicht sprechen. Später in Saarbrücken war es ihm erst möglich, einen Vortrag zu halten, nachdem der einladende Professor eine Gruppe, die ihn durch Trillerpfeifkonzerte am Sprechen hinderte, überreden konnte, die Störung abzubrechen.
In dieser Examensarbeit, eingereicht am Fachbereich Katholische Theologie der Universität Frankfurt / Main im Sommer 2003, geht es um die Darstellung und die kritische Auseinandersetzung mit Peter Singers Buch „Praktische Ethik“, das im wesentlichen für die Aufregung und die sogenannte „Singer-Debatte“ im deutschsprachigen Raum gesorgt hat.
Ich habe mich bei der Darstellung der Position des Autors im wesentlichen auf die Kapitel zum Thema Abtreibung und Euthanasie beschränkt, da dort aus meiner Sicht die Thesen Singers, die die größte Aufregung erzeugten, am deutlichsten und drastischsten greifbar sind.
Im Anschluss an die Darstellung werde ich mich kritisch, auch anhand von Sekundärliteratur, mit dem zuvor Erarbeiteten auseinandersetzen, um am Ende zu einem Schlussfazit contra Singer zu gelangen.
Dabei will ich zuvor auch die aktuelle Gesetzgebung und Handhabung (Stand: August 2003) in Fällen von Abtreibung und Euthanasie in einigen Ländern Europas darstellen, um dadurch eventuelle Einflüsse Peter Singers „praktische(r) Ethik“ bzw. (präferenz-)utilitaristischer Ansätze zu untersuchen und etwaige Auswirkungen auf das gesellschaftliche Verhalten, wie die Diskussion um die Aufhebung des Tötungsverbots und eventuelle Folgen in der Zukunft, aufzuzeigen.
Inhaltsverzeichnis
- 1. EINLEITUNG
- 2. DARSTELLUNG UND KRITISCHE AUSEINANDERSETZUNG MIT PETER SINGERS ,,PRAKTISCHER ETHIK"
- 2.1. Wer ist Peter Singer? Was ist Bioethik?
- 2.2. Die Darstellung der Position Peter Singers
- 2.2.1. Warum sich überhaupt mit Peter Singer beschäftigen?
- 2.2.2. Singers Aussagen
- 2.2.2.1. Singers Unterscheidung zwischen Mensch und Person
- 2.2.2.II. Singers Schlussfolgerungen am Beispiel Abtreibung und Euthanasie
- 2.2.2.II.a. ,,Leben nehmen: Der Embryo und der Fötus"
- 2.2.2.II.b. ,,Leben nehmen: Menschen"
- 2.2.3. Eventuelle Motive für Singers Überlegungen
- 2.3. Kritische Auseinandersetzung mit Peter Singers ,,Praktischer Ethik"
- 2.3.1. Ein einfaches Beispiel für die Inkonsequenz in Singers Theorie
- 2.3.2. Missbrauch des Personbegriffs als Rechtfertigung von Abtreibung und Euthanasie
- 2.3.3. Die Diskussionen um den „,Wert des Lebens”
- 2.3.4. Person als „reiner Moralbegriff“
- 2.3.5. Probleme des bewusstseinstheoretischen Personbegriffs
- 2.4. Die gesetzliche Aufhebung des Tötungsverbotes – Die Anwendung praktischer Ethik in Europa?
- 2.4.1. Abtreibung in Europa
- 2.4.2. Euthanasie in Europa
- 2.4.3. Bioethik in Europa
- 2.4.4. Europäische Handhabung bei Abtreibung und Euthanasie - ein Spiegelbild der Ethik Singers?
- 2.5. Der Abschied von der Würde des Menschen - Eine kritische Stimme von Bischof Prof. Dr. Franz Kamphaus (Limburg)
- 2.6. ,,Slippery Slope\" - Ist die Theorie der „,,Schiefen Bahn“ und die ,,Nazi-Analogie“ bloß ein „Totschlagsargument“ gegen Peter Singer, Abtreibung und Euthanasie?
- 3. FAZIT: JEDER EINZELNE MENSCH IST PERSON
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Examensarbeit befasst sich mit der Darstellung und kritischen Auseinandersetzung mit Peter Singers Buch „Praktische Ethik“. Ziel der Arbeit ist es, die zentralen Argumente Singers im Kontext der Abtreibungs- und Euthanasiedebatte zu analysieren und die Auswirkungen seiner Position auf die aktuelle Gesetzgebung und Handhabung in Europa zu untersuchen.
- Singers Unterscheidung zwischen Mensch und Person
- Die ethischen Implikationen von Abtreibung und Euthanasie
- Die Bedeutung des Personbegriffs in der moralischen Philosophie
- Die kritische Auseinandersetzung mit Singers Utilitarismus
- Die Rolle der Bioethik in der modernen Gesellschaft
Zusammenfassung der Kapitel
- Kapitel 1: Einleitung: Die Einleitung stellt Peter Singer und seine Werke vor und erläutert die Bedeutung seiner Schriften für die deutsche Debatte über Bioethik. Sie beleuchtet den Kontroversen um Singers Positionen, insbesondere die Debatten um Abtreibung und Euthanasie.
- Kapitel 2: Darstellung und kritische Auseinandersetzung mit Peter Singers ,,Praktischer Ethik": Dieses Kapitel präsentiert Singers Argumentation, die sich auf seine Unterscheidung zwischen Mensch und Person stützt. Die verschiedenen Aspekte von Singers Überlegungen zur Abtreibung und Euthanasie werden beleuchtet, insbesondere die Kritik an seinem Ansatz, der auf einem Präferenzutilitarismus basiert.
- Kapitel 2.1: Wer ist Peter Singer? Was ist Bioethik?: In diesem Abschnitt wird Peter Singer als Philosoph und Bioethiker vorgestellt. Seine akademischen Stationen werden aufgezeigt sowie sein Einfluss auf die Debatte um Tierrechte und seine Bedeutung für die bioethische Diskussion im Allgemeinen.
- Kapitel 2.2: Die Darstellung der Position Peter Singers: Hier werden Singers Argumente im Detail dargestellt, insbesondere die Unterscheidung zwischen Mensch und Person, die als Grundlage für seine Positionen zur Abtreibung und Euthanasie dient.
- Kapitel 2.3: Kritische Auseinandersetzung mit Peter Singers ,,Praktischer Ethik": Dieses Kapitel analysiert Singers Positionen kritisch und beleuchtet die potentiellen Folgen seiner Argumente für die Gesellschaft und das Rechtssystem. Es werden verschiedene Aspekte der Kritik an Singer diskutiert, darunter die Frage des Wertes des Lebens, der Person als reinem Moralbegriff und die Probleme des bewusstseinstheoretischen Personbegriffs.
- Kapitel 2.4: Die gesetzliche Aufhebung des Tötungsverbotes – Die Anwendung praktischer Ethik in Europa?: Dieser Abschnitt untersucht die aktuelle Gesetzgebung und Handhabung von Abtreibung und Euthanasie in verschiedenen europäischen Ländern. Es wird die Frage gestellt, ob Singers "praktische(r) Ethik" einen Einfluss auf die gesellschaftliche Debatte und die Gesetzgebung hat.
- Kapitel 2.5: Der Abschied von der Würde des Menschen - Eine kritische Stimme von Bischof Prof. Dr. Franz Kamphaus (Limburg): In diesem Kapitel wird die Kritik von Bischof Kamphaus an Singers Positionen dargelegt. Kamphaus verteidigt die Würde des Menschen und kritisiert Singers utilitaristische Argumentation.
- Kapitel 2.6: ,,Slippery Slope\" - Ist die Theorie der „,,Schiefen Bahn“ und die ,,Nazi-Analogie“ bloß ein „Totschlagsargument“ gegen Peter Singer, Abtreibung und Euthanasie?: In diesem Kapitel werden die Argumente der „Slippery Slope“-Theorie und die „Nazi-Analogie“ im Kontext der Debatte um Singer, Abtreibung und Euthanasie analysiert.
Schlüsselwörter
Peter Singer, Praktische Ethik, Bioethik, Abtreibung, Euthanasie, Utilitarismus, Personbegriff, Mensch, Würde, Tötungsverbot, Slippery Slope, Nazi-Analogie.
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- Holger Kliem (Autor), 2003, Darstellung und kritische Auseinandersetzung mit Peter Singers "Praktischer Ethik", Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/17979