Abstract:
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, herauszufinden, welche Faktoren die Wahrnehmung und Erinnerung von Sponsorenbotschaften bei TV-Zuschauern beeinflussen. Zu diesem Zweck werden im theoretischen Teil zunächst die Wirkung von Sponsoringmaßnahmen auf Konsumenten anhand verschiedener Modelle (SOR-Modell, Modell der Wirkungspfade) erläutert und die Wirkungszusammenhänge der beteiligten kognitiven, emotionalen und aktivierenden Prozesse herausgestellt. Darauf aufbauend wird ein Sponsoringwirkungsmodell entwickelt, das verschiedene Moderatoren (Pleasure, Arousal, Sportevent-Involvement,
Markenvertrautheit) enthält, mit denen Aufmerksamkeits- und Erinnerungseffekte von Sponsorenmaßnahmen erklärt werden sollen. Die Zusammenfassung des derzeitigen Forschungsstandes veranschaulicht, dass in der empirischen Wirkungsforschung bislang nur wenige wissenschaftliche Studien existieren, in der die Einflussfaktoren auf die Sponsoringwahrnehmung und -verarbeitung durch TV-Zuschauer untersucht werden.
Das entwickelte Sponsoringwirkungsmodell bildet die Grundlage für die empirische Untersuchung. Mit Hilfe der Eye-Tracking-Methode wird die Beobachtungsdauer von Sponsorenbotschaften innerhalb einer TV-Sportübertragung erfasst und anschließend die Erinnerungswirkung der sichtbaren Marken festgestellt. Die hieraus gewonnenen Daten sowie die per Fragebogen erfassten Moderatorvariablen werden im Rahmen der Auswertung ausführlichen statistischen Analysen unterzogen. Dabei
werden mehrere unabhängige Variablen (Sportevent-Involvement,
Markenvertrautheit, Pleasure, Arousal, Sichtbarkeit, Bildschirmanteil und Beobachtungsdauer) mit der Aufmerksamkeit sowie der Erinnerung in
Zusammenhang gebracht.
Einleitung:
Sponsoring hat in den vergangenen Jahrzehnten eine rasante Entwicklung genommen und sich sowohl in der Gesellschaft als auch in der Kommunikationsstrategie vieler Unternehmen fest verankert. Insbesondere der Sport bietet Sponsoren aufgrund seines hohen gesellschaftlichen Stellenwertes eine attraktive Plattform, um über den
Gesponserten die kommunikationspolitischen Ziele nach außen zu tragen. Die Ansprache der Zielgruppen erfolgt meist in emotionalen und nicht-kommerziellen Situationen und sorgt für eine Kontaktqualität, die andere Werbeformen nicht bieten können. Durch die Präsenz im positiv besetzten Sportumfeld versuchen Sponsoren die Zuschauer einer Veranstaltung für ihre Marke zu sensibilisieren (Huber, Matthes,
Dreckmeier & Schunk, 2008).
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Relevanz des Themas
1.2 Fragestellungen und Ziel der Arbeit
1.3 Aufbau der Arbeit
2. Theoretische Grundlagen zur Fragestellung
2.1 Sponsoring
2.1.1 Definitionen und Abgrenzung
2.1.2 Bedeutung des Sportsponsorings
2.1.3 Sponsoring im Fußball
2.1.4 Einordnung des Sponsorings in die Marketing- und Unternehmenskommunikation
2.1.5 Ziele des Sponsorings
2.2 Wirkungsforschung im Sponsoring
2.2.1 Aufgaben und Bedeutung der Wirkungsforschung im Sponsoring
2.2.2 Modelle zur Erklärung der Sponsoringwirkung
2.2.2.1 Kommunikationsprozess
2.2.2.2 Das SOR-Modell als Weiterentwicklung des SR-Modells
2.2.2.3 Das Modell der Wirkungspfade
2.2.3 Zentrale Wirkungsvariablen im Wahrnehmungsprozess
2.2.3.1 Wahrnehmung
2.2.3.2 Aufmerksamkeit
2.2.3.3 Zusammenhang zwischen Wahrnehmung und Aufmerksamkeit
2.2.3.4 Lernen und Gedächtnis
2.2.4 Konzeptualisierung eines Sponsoringwirkungsmodells
2.3 Neurobiologische Grundlagen
2.4 Die Wirkungskontrolle im Sponsoring
2.4.1 Aufgaben und Bedeutung der Wirkungskontrolle im Sponsoring
2.4.2 Formen der Erfolgskontrolle
2.4.3 Verfahren zur Messung der Sponsoringwirkung
2.4.3.1 Verfahren zur Messung der Sponsoringleistung
2.4.3.2 Verfahren zur Messung der Wahrnehmung
2.4.3.3 Verfahren zur Messung der Erinnerungswirkung
2.4.3.4 Verfahren zur Messung der Einstellungswirkung
2.4.4 Probleme und Besonderheiten der Sponsoringkontrolle
2.5 Forschungsstand
2.5.1 Untersuchungen zur Messung von Wahrnehmungseffekten
2.5.2 Untersuchungen zur Messung der Erinnerung
2.5.3 Messung und Bewertung von Sponsoring
2.5.4 Zusammenfassung der Hypothesen
3. Empirische Untersuchung
3.1 Methodisches Vorgehen
3.1.1 Ablauf der Untersuchung
3.1.2 Untersuchungsgegenstand
3.1.3 Sponsoren von Hertha BSC Berlin
3.1.4 Werbemittelanalyse
3.2 Untersuchungsdesign
3.2.1 Untersuchungsmethoden und Vorgehensweise
3.2.1.1 Vorbefragung (Pre-Exposure)
3.2.1.2 Eye-Tracking-Studie (In-between Exposure)
3.2.1.3 Befragung während der Untersuchung (In-between Exposure)
3.2.1.4 Befragung nach der Untersuchung (Post-Exposure)
3.2.2 Verfahren der Datenauswertung
3.3 Datenauswertung
3.3.1 Deskriptive Analyse der Ergebnisse
3.3.1.1 Profil der Probanden
3.3.1.2 Sportevent-Involvement
3.3.1.3 Markenvertrautheit der Sponsoren
3.3.1.4 Imagefit und Produktfit
3.3.1.5 Produkt-Involvement
3.3.1.6 Sichtbarkeits- und Beobachtungsdauer der Sponsorenlogos
3.3.1.7 Sichtbarkeitsdauer der einzelnen Werbemittel
3.3.1.8 Gestützte und ungestützte Erinnerung der Sponsoren
3.3.1.9 Pleasure und Arousal
3.3.1.10 Sichtbarkeits- und Beobachtungsdauer der drei Treatments
3.3.2 Auswertung der Ergebnisse
3.3.2.1 Modell 1: Erklärung der Aufmerksamkeit
3.3.2.2 Modell 2: Erklärung der Erinnerung
4. Zusammenfassung und Interpretation der Ergebnisse
4.1 Zusammenfassung und Überprüfung der Hypothesen
4.2 Interpretation und Diskussion der Ergebnisse
4.3 Implikation Marketingpraxis
4.4 Methodenkritik
5. Fazit und Ausblick
6. Literaturverzeichnis
7. Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit
Abbildung 2: Ziele von Sponsoring
Abbildung 3: Kommunikationsprozess im Sponsoring
Abbildung 4: Das SOR-Modell und seine Bedeutung für das Sponsoring
Abbildung 5: Wirkungspfad zur Erklärung der Bekanntheitssteigerung
Abbildung 6: Wirkungspfad zur Erklärung eines Imagetransfers
Abbildung 7: Konzeptualisierung eines Sponsoringwirkungsmodell
Abbildung 8: Wie kontrollieren Unternehmen ihre Sponsoringmaßnahmen?
Abbildung 9: Probleme der Wirkungsforschung im Sponsoring
Abbildung 10: Übersicht der Hypothesen im Sponsoringwirkungsmodell
Abbildung 11: Sponsoren und Werbepartner von Hertha BSC Berlin
Abbildung 12: Werbemittelanalyse mit dem Programm BeGaze
Abbildung 13: Versuchsaufbau der Eye-Tracking-Studie
Abbildung 14: Blickfokussierung der Probanden (Heat-Map)
Abbildung 15: Blickfokussierung der Probanden (Heat-Map)
Abbildung 16: SAM-Test - Messung von Pleasure und Arousal
Abbildung 17: Sponsor-Event-Assoziationstest
Abbildung 18: Vertrautheit der Probanden mit den Sponsorenmarken
Abbildung 19: Wahrgenommener Image- und Produkt-Fit der Sponsoren
Abbildung 20: Sichtbarkeits- und Beobachtungsdauer der Sponsorenlogos
Abbildung 21: Modellüberlegungen zur Erklärung der Sponsoringwirkung
Abbildung 22: Sponsoringwirkungsmodell mit den überprüften Hypothesen
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Übersicht der Variablen der Untersuchung
Tabelle 2: Übersicht der Sponsoren sowie deren Werbemittel, Positionen und Produktkategorien
Tabelle 3: Ablauf der empirischen Studie
Tabelle 4: Dummy-Marken im Recognition-Test (SEA-Test)
Tabelle 5: Sichtbarkeitsdauer, Beobachtungsdauer und Ausschöpfungskoeffizient der Werbemittel
Tabelle 6: Ergebnisse des Recall-Tests
Tabelle 7: Ergebnisse des Recognition-Tests
Tabelle 8: Durchschnittliche Sichtbarkeits- und Beobachtungsdauer der einzelnen Videosequenzen
Tabelle 9: Korrelationsanalyse zur Erklärung der Beobachtungsdauer
Tabelle 10: Regressionsanalyse zur Erklärung der Beobachtungsdauer
Tabelle 11: Korrelations- und Regressionsanalyse zur Ermittlung der Einflusses der Werbemittelposition
Tabelle 12: Korrelationsanalyse zur Erklärung der Erinnerungswirkung
Tabelle 13: Regressionsanalyse zur Erklärung der ungestützten Markenerinnerung (Recall)
Tabelle 14: Regressionsanalyse zur Erklärung der gestützten Markenerinnerung (Recognition)
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung
1.1 Relevanz des Themas
Sponsoring hat in den vergangenen Jahrzehnten eine rasante Entwicklung genommen und sich sowohl in der Gesellschaft als auch in der Kommunikationsstrategie vieler Unternehmen fest verankert. Insbesondere der Sport bietet Sponsoren aufgrund seines hohen gesellschaftlichen Stellenwertes eine attraktive Plattform, um über den Gesponserten die kommunikationspolitischen Ziele nach außen zu tragen. Die Ansprache der Zielgruppen erfolgt meist in emotionalen und nicht-kommerziellen Situationen und sorgt für eine Kontaktqualität, die andere Werbeformen nicht bieten können. Durch die Präsenz im positiv besetzten Sportumfeld versuchen Sponsoren die Zuschauer einer Veranstaltung für ihre Marke zu sensibilisieren (Huber, Matthes, Dreckmeier & Schunk, 2008).
Auch die quantitative Entwicklung dokumentiert die gestiegene Bedeutung des Sponsorings. Die Investitionen der Unternehmen in Sportsponsoring haben sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt und lagen 2009 bei 2,6 Mrd. Euro. Für die nächsten Jahre wird eine weitere Steigerung prognostiziert (pilot, 2010). Die wirtschaftliche Relevanz des Sponsorings lässt sich auch aus Sicht der Gesponserten belegen. So entspricht der Anteil der Sponsoringerlöse der 18 Mannschaften der Fußball-Bundesliga knapp 29 % der Gesamteinnahmen der Klubs (DFL GmbH, 2011).
Neben den erwähnten qualitativen Vorteilen liegt ein weiterer positiver Aspekt dieses Kommunikationsinstruments im enormen Interesse der Massenmedien, die eine Multiplikatorfunktion bei der Vermittlung der Sponsoringbotschaften ausüben. Aufgrund der Reichweite stellt das Fernsehen das wichtigste Medium bei der Vervielfältigung der Werbebotschaft dar. So wird nicht nur das Publikum am jeweiligen Veranstaltungsort (z. B. Fußballstadion) erreicht, sondern auch die breite Masse der Konsumenten vor dem Fernseher.
Die Logopräsenz innerhalb von TV-Sportübertragungen ist für Sponsoren der entscheidende Faktor, um im Umfeld eines Sportevents von einem großen Publikum wahrgenommen zu werden und auf diese Weise kommunikative Ziele zu erreichen. Da jedoch die Sichtbarkeit einer Marke nur eine Kontaktwahrscheinlichkeit darstellt, bedeutet die Logopräsenz im TV nicht zwangsläufig, dass sich eine Marke auch im Bewusstsein der Konsumenten festsetzt. Beim Betrachten einer Sportsendung liegt die Aufmerksamkeit der Zuschauer in erster Linie auf dem sportlichen Geschehen, während sich die Werbebotschaften lediglich im Hintergrund befinden. Im Zusammenhang mit der Sponsorenwahrnehmung steht auch die zunehmende Anzahl der Werbebotschaften, mit denen Besucher1 im Stadion und TV-Zuschauer zu Hause vor den Bildschirmen konfrontiert werden. Le Roy und Vivier (2008) konstatieren, dass allein im Jahr 2006 etwa 2000 Marken innerhalb von TV- Sportübertragungen sichtbar waren2. Der Sponsorenpool des derzeitigen Fußball- Zweitligisten Hertha BSC Berlin umfasst 26 verschiedene Geldgeber, die auf unterschiedlichen Werbemitteln im Stadion und im Umfeld des Vereins präsent sind (Hertha BSC GmbH & Co. KGaA, 2011)3.
Die entscheidende Frage für Sponsoren lautet deshalb: Inwiefern nehmen Zuschauer einer TV-Sportübertragung die Werbebotschaften der einzelnen Unternehmen wahr und von welchen Faktoren wird die Wahrnehmung beeinflusst?
1.2 Fragestellungen und Ziel der Arbeit
Vor dem Hintergrund der hohen monetären Aufwendungen für Sponsoringaktivitäten und gleichzeitigem Kosteneinsparungsdruck der Unternehmen rückt eine exakte Kontrolle der Sponsoringwirkung zunehmend in den Fokus der Marketingverantwortlichen. Diese sehen sich häufig mit der Frage konfrontiert, wie der finanzielle Aufwand für Sponsoring zu rechtfertigen ist und die Effizienz der Maßnahmen bewertet werden kann. Bei der Sponsoringkontrolle setzen Unternehmen größtenteils auf Medienanalysen. In diesem Zusammenhang wird lediglich die reine Sichtbarkeit eines Markenlogos innerhalb einer Sportsendung erfasst, während die Wahrnehmung und Verarbeitung von Sponsoringbotschaften durch die Zuschauer keine Berücksichtigung findet.
Auch in der Wissenschaft herrscht ein großes Interesse an einer exakten Kontrolle der Sponsoringwirkung. Doch während sich Sportsponsoring im Marketing-Mix von Unternehmen längst als Kommunikationsinstrument etabliert hat, befand sich die empirische Wirkungsforschung Mitte der 90er Jahre in den Anfängen (Walliser, 1997). In den wenigen empirischen Untersuchungen wird eine exakte Analyse der Einflussfaktoren auf die Sponsoringwirkung vernachlässigt. Huber et al. (2008, S. 3) merken an: „Es ist enorm, dass trotz des Sponsoring-Booms bislang nur wenige Erkenntnisse zur Wirkungsweise und Effektivität dieser Marketingaktivität vorliegen“.
Vor dem Hintergrund der enormen wirtschaftlichen Relevanz des Sponsorings soll die vorliegende Arbeit an diesem Schwachpunkt anknüpfen. Da die Wahrnehmung von Sponsoringinformationen in einem engen Zusammenhang mit der visuellen Aufmerksamkeit einer Person steht, wird im Sportsponsoring auf die Eye-Tracking- Methode zurückgegriffen. Dieses Verfahren eignet sich zur Registrierung und Aufzeichnung des Blickverlaufs eines Zuschauers während des Verfolgens einer TV- Sportübertragung. Daher wird Eye-Tracking im Rahmen der empirischen Untersuchung mit dem Ziel eingesetzt, Erkenntnisse zu gewinnen, welche Bedingungen und Einflussfaktoren beim Wahrnehmungsprozess von Sponsoringinformationen eine Rolle spielen. Durch die Analyse der Blickbewegungsmuster soll untersucht werden, wie lange der Blick beispielsweise auf Werbemittel innerhalb einer TV-Sportübertragung gerichtet ist. In diesem Zusammenhang wird der Einfluss verschiedener Moderatoren (Emotionen, Sportinteresse und Markenvertrautheit) auf die Wahrnehmung und Verarbeitung von Sponsoringstimuli ermittelt. Die Analyse der visuellen Aufmerksamkeit von TV- Zuschauern soll einen effizienteren Einsatz und eine exaktere Kontrolle von Werbemitteln im Sport ermöglichen.
Als Hauptuntersuchungsgegenstand dieser Arbeit können folgende Forschungsfragen abgeleitet werden:
- Inwiefern beeinflusst die Sichtbarkeitsdauer und die Größe eines Markenlogos die Aufmerksamkeit eines TV-Zuschauers für Sponsorenbotschaften?
- Ist die Aufmerksamkeit ein valider Prädiktor für die Sponsorenerinnerung?
- Welchen Einfluss haben die Moderatoren Sportevent-Involvement, Emotionen und Markenvertrautheit auf die Wahrnehmung und Erinnerung von Sponsorenbotschaften?
- Welche Werbemittel erzielen die größten Aufmerksamkeits- und
Erinnerungseffekte?
- Ist die Eye-Tracking-Methode geeignet, um die visuelle Aufmerksamkeit einer
Person für Sponsorenbotschaften innerhalb einer TV-Sportsendung zu untersuchen?
1.3 Aufbau der Arbeit
Der folgende Abschnitt stellt den Aufbau der Arbeit und den Gang der Untersuchung vor. Das einleitende Kapitel gibt einen ersten Überblick über die Relevanz des Themas (Kap. 1.1), die Problemstellung und die Zielsetzung (Kap. 1.2) sowie den Aufbau der vorliegenden Arbeit (Kap. 1.3).
Der erste Teil der für die Fragestellung relevanten theoretischen Grundlagen liefert in Kapitel 2.1 zunächst eine ausführliche Orientierung im Hinblick auf die Definition des Sponsoringbegriffs, die Bedeutung, die Ziele und die Einordnung des Sponsorings in die Unternehmenskommunikation. Das Kapitel 2.2 befasst sich mit der Wirkungsforschung im Sponsoring. Nach einer kurzen Erläuterung der Aufgaben der Wirkungsforschung werden verschiedene Modelle zur Erklärung der Sponsoringwirkung dargestellt und die zentralen Wirkungsvariablen im Wahrnehmungsprozess beschrieben. In den weiteren Ausführungen wird ein Modell zur Erklärung der Sponsoringwirkung konzeptualisiert, das die Grundlage für die empirische Untersuchung darstellt. Nach einer kurzen Zusammenfassung der neurobiologischen Grundlagen (Kap. 2.3) folgt in Kapitel 2.4 eine Darstellung der Aufgaben, Methoden und Probleme der Wirkungskontrolle im Sponsoring. In diesem Zusammenhang wird mit der Eye-Tracking-Methode ein Verfahren zur Messung der visuellen Aufmerksamkeit vorgestellt, das in der empirischen Untersuchung eingesetzt wird. Der theoretische Teil der Arbeit wird mit Kapitel 2.5 abgeschlossen, in dem der aktuelle Forschungsstand zum Thema wiedergegeben wird und die aufgestellten Hypothesen zusammengefasst werden.
Ausgehend von den im theoretischen Teil erarbeiteten Grundlagen sollen die entwickelten Untersuchungshypothesen in Kapitel 3 empirisch überprüft werden.
Hierzu werden die Fragestellungen der vorliegenden Arbeit in ein empirisches Untersuchungsdesign übertragen.
Kapitel 3.1 beinhaltet eine detaillierte Beschreibung der methodischen Vorgehensweise. In diesem Zusammenhang wird der Ablauf der Untersuchung skizziert und der verwendete Untersuchungsgegenstand beschrieben. Im folgenden Abschnitt (Kap. 3.2) werden die angewendeten Untersuchungsmethoden der Studie dargestellt. In Kapitel 3.3 wird schließlich eine deskriptive Auswertung der Daten vorgenommen, die durch die experimentelle Studie und durch verschiedene Befragungen erhoben wurden. Im zweiten Teil dieses Kapitels werden auf Grundlage des entwickelten Sponsoringwirkungsmodells die analytischen Ergebnisse der Untersuchung abgeleitet und dargestellt.
In Kapitel 4 folgt schließlich eine Zusammenfassung, Diskussion und Interpretation der Ergebnisse, ehe Kapitel 5 die gewonnenen Erkenntnisse abschließend zusammenfasst. Die Arbeit schließt mit einem Ausblick, welche zukünftigen Forschungsansätze hinsichtlich dieses Themas von Bedeutung sein könnten. Der Aufbau der Arbeit ist in Abbildung 1 graphisch dargestellt.
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2. Theoretische Grundlagen zur Fragestellung
Das zweite Kapitel der vorliegenden Arbeit befasst sich mit den theoretischen Grundlagen der Sponsoringwirkung und der Kontrolle von Sponsoringaktivitäten. Ziel der folgenden Abschnitte ist es, dem Leser im Hinblick auf die folgende empirische Untersuchung die wichtigsten theoretischen Begriffe und Sachverhalte als Hintergrundinformation zu präsentieren.
2.1 Sponsoring
Im ersten Kapitel werden zunächst Begriffsbestimmungen vorgenommen, um dann in den folgenden Abschnitten die Bedeutung des Sponsorings, seine Funktion als Kommunikationsinstrument im Marketing-Mix und seine Ziele zu erläutern.
2.1.1 Definitionen und Abgrenzung
In der wissenschaftlichen Literatur existiert heute eine Vielzahl von Definitionen zum Thema Sponsoring. Da sich das Sponsoring in den vergangenen Jahren ständig weiterentwickelt hat, haben viele zu eng gefasste Definitionen ihre Gültigkeit verloren (Ahlert, Tönnis, Vogel & Woisetschläger, 2005). Aufgrund der in der Literatur vorzufindenden Begriffsdiskussion sollen im Folgenden einige Definitionen zum Thema Sponsoring vergleichend dargestellt werden. Während einige Ansätze im deutschen Sprachraum die Planungs-, Entscheidungs- und Kontrollsystematik des Sponsorings hervorheben, erfassen andere wissenschaftliche Begriffsbestimmungen die charakteristischen Bestandteile dieser kommunikationspolitischen Erscheinungsform (Ostermann, 2009).
Stellvertretend für die erste Forschungsrichtung soll eine Definition von Bruhn (2010, S. 6) angeführt werden. Ausgehend von verschiedenen Formen der Unternehmensförderung, die auf der unterschiedlichen Schwerpunktlegung der Fördermotive basieren, definiert er Sponsoring wie folgt:
Sponsoring bedeutet die:
- „Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle sämtlicher Aktivitäten,
- die mit der Bereitstellung von Geld, Sachmitteln, Dienstleistungen oder Know-how durch Unternehmen und Institutionen
- zur Förderung von Personen und/oder Organisationen in den Bereichen Sport, Kultur, Soziales, Umwelt und/oder Medien
- unter vertraglicher Regelung der Leistung des Sponsors und Gegenleistung des Gesponserten verbunden sind,
- um damit gleichzeitig Ziele der Marketing- und
Unternehmenskommunikation zu erreichen“.
Hermann (1997, S. 36) rückt in seiner Definition dagegen vom konstitutiven Charakter des Förderungsgedankens ab und fasst die charakteristischen Merkmale dieser Kommunikationsform zusammen:
„Sponsoring lässt sich aus Sicht des Marketings kennzeichnen als
- die Zuwendung von Finanz-, Sach- und/oder Dienstleistungen von einem Unternehmen (Sponsor)
- an eine Einzelperson, eine Gruppe von Personen, eine Organisation bzw. Institution aus dem gesellschaftlichen Umfeld des Unternehmens (Gesponserter)
- gegen die Gewährung von Rechten zur kommunikativen Nutzung von Person bzw. Institution und/oder Aktivitäten des Gesponserten
- auf Basis einer vertraglichen Vereinbarung“.
Die Definition von Meenaghan (1991, S. 36) ist in der englischsprachigen Literatur weit verbreitet: „Commercial sponsorship is an investment in cash or in kind, in an activity, in return for access to exploitable commercial potential associated with that activity“. Mehrere Autoren kritisieren diesen Ansatz, da nicht-kommerzielle Sponsoringmotive nicht eingeschlossen werden (Cornwell & Maignan, 1998).
Im Zuge der Begriffserklärung soll Sponsoring von anderen Förderungsformen abgegrenzt werden. Mäzenatentum und Spendenwesen sind neben dem Sponsoring gängige Begriffe im Zusammenspiel zwischen Unternehmen und Sport. Während der Begriff des Sponsorings seinen Ursprung im 20. Jahrhundert hat, reichen die historischen Vorläufer dieser Form der Unternehmensförderung zurück bis in die römische Antike. Der erste geschichtlich erwähnte Mäzen war Gaius Clinius Maecenas, der in den Jahren 70 bis 8 vor Christus lebte. Der wohlhabende Ritter förderte als Freund und Berater des Kaisers Augustus durch seine politische Stellung und mit finanziellen Mitteln bedeutende Dichter. Der aus dem Namen Maecenas abgeleitete Begriff Mäzenatentum bezeichnet heute die Förderung des Gemeinwesens aus altruistischen Motiven (Hermanns & Marwitz, 2008). Auch wenn nach dieser Auffassung ein Mäzen Personen oder Institutionen fördert, ohne dafür konkrete Gegenleistungen zu erwarten, kann angenommen werden, dass altruistisches Handeln zumindest teilweise durch politisches oder wirtschaftliches Interesse geprägt sein kann (Bruhn, 2010).
Eine Weiterentwicklung des Mäzenatentums stellt das Spendenwesen bzw. Corporate Giving dar. Bei der Durchführung von Spendenaktionen handeln Unternehmen im Bewusstsein ihrer gesellschaftlichen Verantwortung, wobei die Fördermaßnahmen aus Unternehmenssicht in erster Linie aus steuerlichen Gründen erfolgen (Bruhn, 2010).
Da beim Sponsoring explizit wirtschaftliche Interessen im Vordergrund stehen, kann weder das Mäzenatentum noch das Spendenwesen mit Sponsoringaktivitäten gleichgesetzt werden (Woisetschläger, 2006). Denn Unternehmen, die als Sponsor auftreten, wollen durch die Nutzung kommunikativer Rechte eigene Marketingziele erreichen. Diese sollen zum einen durch die Vereinbarung bestimmter Gegenleistungen des Gesponserten und zum anderen durch den Einsatz anderer Kommunikationsinstrumente, wie beispielsweise Werbung und Verkaufsförderung, realisiert werden (Bruhn, 2010). Aus Sicht des Unternehmens geht ein Engagement immer mit einer Gegenleistung des Gesponserten einher und basiert nicht wie bei den Förderungsformen Mäzenatentum und Spendenwesen auf altruistischen Motiven.
2.1.2 Bedeutung des Sportsponsorings
Da der Fokus dieser Arbeit auf der Untersuchung der Wahrnehmung von Werbebotschaften innerhalb von TV-Sportübertragungen liegen soll, konzentriert sich die vorliegende Arbeit auf den Bereich Sportsponsoring. Darüber hinaus bieten sich für Unternehmen zahlreiche weitere Betätigungsfelder, um sich als Sponsor zu engagieren. Hermanns & Marwitz (2008) unterscheiden dabei folgende Erscheinungsformen: Kultursponsoring, Umweltsponsoring, Soziosponsoring, Mediensponsoring, Bildungssponsoring.
Sponsoring gewinnt wirtschaftlich immer mehr an Bedeutung. In Deutschland haben sich die Investitionen von Unternehmen in diese Kommunikationsform seit Beginn der 2000er Jahre nahezu verdoppelt und lagen im Jahr 2009 bei 4,2 Mrd. Euro (2000: 2,44 Mrd. Euro). Mit 2,6 Mrd. Euro entfällt der größte Anteil der Aufwendungen auf Sportsponsoring. Während für die beiden darauffolgenden Jahre ein konstanter Verlauf prognostiziert wird, sollen die Ausgaben im Jahr 2012 wieder steigen (pilot, 2010).
Ebenso belegt der Sponsoringanteil von 16,6 % am gesamten Kommunikations- Budget der Unternehmen die wachsende Bedeutung dieser Werbeform (Hermanns, 2008). Sportsponsoring ist die bedeutendste und älteste Form des Sponsorings. Mit 60 % der gesamten Ausgaben entfällt der Hauptteil der Sponsoringbudgets auf Engagements im Sport (ebd., 2008). Der Anteil von Kultur- und Soziosponsoring macht 18 % bzw. 16 % aus. Insgesamt nutzen 81 % der im Sponsoringbereich aktiven Unternehmen Sportsponsoring als Kommunikationsplattform (Hermanns & Leman, 2010).
Die enorme Bedeutung des Sportsponsorings ist auf verschiedene Gründe zurückzuführen. Zum einen nimmt der Sport in der Gesellschaft einen hohen Stellenwert ein und bietet eine große, Gesellschaftsschichten übergreifende Akzeptanz. Dies führt zu einer hohen Aufmerksamkeit der Konsumenten und gleichzeitig zu einer als positiv empfundenen Kontaktsituation mit der Werbebotschaft (Marwitz, 2006). Gleichzeitig ist die zunehmende wirtschaftliche Relevanz des Sportsponsorings auch auf die gestiegene qualitative, kommunikative
Bedeutung zurückzuführen. Denn im Vergleich zu anderen
Kommunikationsinstrumenten wird die Zielgruppe im Sponsoring auf glaubwürdige Art und Weise überwiegend in nicht-kommerziellen Situationen angesprochen. Durch die Präsenz im Umfeld von Sportevents versuchen Unternehmen ihre Marke emotional aufzuladen. Das Image und die Aufmerksamkeit des Gesponserten kann unter optimalen Transferbedingungen für die Erreichung kommunikativer Ziele genutzt werden, was zu einer Verstärkung der eigentlichen Botschaft führt. Hinzu kommt das enorme Interesse der Massenmedien, die eine Multiplikatorfunktion bei der Vermittlung der Sponsoringbotschaften ausüben (Marwitz, 2006; Walliser, 1995).
Unterstützt werden die instrumentenspezifischen Vorteile des Sponsorings durch die allgemeinen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Beispielhaft können in diesem Zusammenhang die verstärkte Nachfrage nach aktiver Freizeitgestaltung, die zunehmende Erlebnisorientierung der Konsumenten, das gestiegene Medieninteresse (z. B. Übertragung von Sportveranstaltungen) sowie die veränderte gesellschaftspolitische Rolle der Unternehmen angeführt werden (Marwitz, 2006).
2.1.3 Sponsoring im Fußball
Da das Erreichen kommunikativer Ziele durch Sponsoring im Allgemeinen eine gewisse Medienpräsenz voraussetzt, profitiert vor allem eine stark in den Medien vertretende Sportart wie der Fußball durch hoch dotierte Sponsoringverträge. Denn entscheidend für den Erfolg von Sportsponsoring ist die Multiplikation einer Werbebotschaft durch die Medien. Dabei spielt insbesondere das Fernsehen eine entscheidende Rolle. Erst durch die mediale Vervielfältigung wird nicht nur das Publikum am jeweiligen Veranstaltungsort (z. B. Fußballstadion) erreicht, sondern auch die breite Masse der Konsumenten vor dem Fernseher (Bieling, 2004)4.
Die Umfrage Sponsor Visions 2010 hat untersucht, welche Sportarten Unternehmen vorrangig für Sponsoringengagements nutzen. Dabei nimmt Fußball (57 %) die Spitzenposition vor Handball (40 %) ein. Weitere Favoriten sind Beachvolleyball (39 %), Biathlon (37 %) und Triathlon (32 %) (pilot, 2010).
2.1.4 Einordnung des Sponsorings in die Marketing- und Unternehmenskommunikation
Sponsoring kann der Kommunikationspolitik zugeordnet werden, da seine Hauptfunktion grundsätzlich darin besteht, Ziele der Marketing-Kommunikation zu erreichen (Dudzik, 2006). Nach Hermanns und Marwitz (2008) ist es Ziel der Kommunikationspolitik, Beziehungen zu den Anbietern und Nachfragern der Beschaffungs- und Absatzmärkte, der globalen Umwelt sowie den eigenen Mitarbeitern aufzubauen und aufrechtzuerhalten. Bezogen auf das gesamte Unternehmen sollen durch den Einsatz der Instrumente des Marketing-Mix, der neben der Kommunikationspolitik auch Produkt-, Preis- und Distributionspolitik umfasst, übergeordnete Kommunikationsziele erreicht werden, die sich aus den Unternehmenszielen ableiten (Meffert, Burmann & Kirchgeorg, 2008).
Die veränderten Wettbewerbs- und Kommunikationsbedingungen haben erheblichen Einfluss auf die Marketing-Kommunikation und stellen diese vor neue Herausforderungen. Diese Entwicklung sorgt für einen gravierenden Wandel in der unternehmerischen Kommunikationsarbeit. Aufgrund der zunehmenden Sättigung der Märkte und der weitgehenden Homogenisierung der Produkte in vielen Branchen besteht die Herausforderung vieler Unternehmen darin, das eigene Angebot durch den Einsatz geeigneter kommunikativer Maßnahmen gegenüber konkurrierenden Produkten abzugrenzen. Das hat zur Folge, dass die Firmen über den klassischen Produktwettbewerb hinaus in einem Kommunikationswettbewerb stehen. Da eine Argumentation mit Produktnutzen und Zusatzleistungen häufig keine ausreichende Abgrenzung mehr bietet, setzen viele Unternehmen Sponsoring bewusst ein, um sich von Wettbewerbern zu differenzieren. (Glogger, 1999)
Die gegenwärtigen Kommunikationsbedingungen sind außerdem von einer zunehmenden Reizüberflutung (Information Overload) der Rezipienten geprägt. Das hat zur Folge, dass die Kommunikationsaktivitäten der Unternehmen nicht mehr bewusst wahrgenommen werden und das Interesse der Konsumenten an klassischer Werbung aufgrund von Reaktanz- und Wear-out-Effekten sinkt5. Der Vorteil von Sponsoring zeigt sich auch in der Tatsache, dass 70 % derjenigen, die Werbung grundsätzlich ablehnen, Sponsoring positiv bewerten (Sportfive, 2003).
Als Folge der geänderten Rahmenbedingungen sind neben den klassischen Kommunikationsinstrumenten Werbung, Verkaufsförderung, Messebeteiligung und Public Relations mit der Zeit neue, dementsprechend „nicht-klassische“ Kommunikationsinstrumente, entstanden, die unter den veränderten Voraussetzungen eine größere Wirksamkeit versprechen (Glogger, 1999). Dazu zählen - neben Sponsoring - Product Placement, Product Publicity, Eventmarketing und Mitarbeiter-Kommunikation.
Der Unterschied von Sponsoring zu klassischen Kommunikationsinstrumenten besteht in der zwingenden Beteiligung einer zweiten Organisation (Hermanns & Marwitz, 2008). Damit stellt Sponsoring im Gegensatz zu Werbung ein indirektes Mittel dar, um Konsumenten zu erreichen (Woisetschläger, 2006). Im angloamerikanischen Sprachraum bzw. in der Unternehmenspraxis werden die beiden Gruppen der klassischen bzw. nicht-klassischen Instrumente auch mit den Attributen „above-the-line“ bzw. „below-the-line“ bezeichnet (Glogger, 1999).
2.1.5 Ziele des Sponsorings
Die angestrebte Positionierung eines Unternehmens bildet die Grundlage bei der Festlegung der Sponsoringziele und dient gleichzeitig als Orientierungsrahmen (Ostermann, 2009). Die Ziele sollten so formuliert werden, dass die verschiedenen Sponsoringaktivitäten dazu beitragen, die bestehenden Oberziele der Marketing- und Unternehmenskommunikation zu erreichen (Bruhn, 2003).
Eine wichtige Voraussetzung für das Erreichen der Kommunikationsziele ist die Übereinstimmung des entsprechenden Publikums einer Sportart mit der Zielgruppe der Werbemaßnahmen und die Imagekongruenz zwischen der gewählten Sportart und dem Unternehmens- bzw. Produktimage. Zudem ist eine präzise Definition der Zielinhalte wichtig für eine spätere Kontrolle der Sponsoringwirkungen. Wenngleich mit Marketingmaßnahmen langfristig Absatzziele verfolgt werden, sind mit Sponsoringaktivitäten selten unmittelbare Umsatzziele verbunden (Dudzik, 2006). Eines der beiden wichtigsten Sponsoringziele ist die Stabilisierung bzw. Erhöhung der Awareness eines Unternehmens oder einer Marke (Walliser, 2003). Bruhn (2010) schränkt jedoch ein, dass sich Sponsoring eher für Unternehmen eignet, die bereits über eingeführte Produkte mit einem gewissen Bekanntheitsgrad verfügen, da der Sponsor nicht differenziert argumentieren und konkrete Werbebotschaften übermitteln kann.
Das zweite Ziel umfasst die Beeinflussung des Markenimages oder des Unternehmens durch einen Imagetransfer vom Sponsoringobjekt auf den Sponsor (Drees, 1992; Walliser, 2003). Nach Glogger (1999) ist damit die Übertragung und Verstärkung von Assoziationen zwischen zwei Objekten, also zwischen Gesponsertem und Sponsor gemeint.
Neben diesen beiden Hauptmotiven werden in der Literatur noch eine Reihe weiterer Ziele genannt, die mit einem Sponsoringengagement verbunden werden. Da die Beziehungsqualität maßgeblichen Anteil am Unternehmenserfolg hat, gewinnen in diesem Kontext Kundenbindung und -zufriedenheit zunehmend an Bedeutung. Sportveranstaltungen bieten Unternehmen eine gute Gelegenheit, mittels Hospitality- Maßnahmen Kontakte mit Kernzielgruppen und wichtigen Entscheidungsträgern zu pflegen (Bruhn, 2003). Neben der Mitarbeitermotivation stellt die Dokumentation gesellschaftlicher Verantwortung bzw. der Aufbau von Goodwill ein weiteres Ziel von Sponsoren dar (Woisetschläger, 2006). Insbesondere Sportartikelhersteller und Produzenten sportnaher Produkte nutzen Sponsoring zur Leistungsdemonstration von Produkt und Unternehmen und versuchen auf diese Weise ihr Know-how sowie die Qualität der Produkte unter Beweis zu stellen (Drees, 1992).
Sponsoring sollte nicht isoliert eingesetzt werden, da es seine Wirkung nur im Rahmen einer integrierten Kommunikationspolitik entfalten kann. Die große Bandbreite an Zielen, die Unternehmen mit Sponsoringmaßnahmen erreichen wollen, verdeutlicht die gestiegene Komplexität und die Attraktivität dieser Kommunikationsform (Ahlert et al., 2005).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Ziele von Sponsoring (eigene Darstellung in Anlehnung an pilot, 2010).
2.2 Wirkungsforschung im Sponsoring
In diesem Kapitel sollen zunächst Bedeutung und Aufgaben der Wirkungsforschung im Sponsoring dargestellt werden. Im nächsten Schritt wird mit Hilfe verschiedener Erklärungsmodelle ein theoretischer Bezugsrahmen zur Veranschaulichung der Sponsoringwirkung aufgebaut. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen wird anschließend ein Modell entwickelt, das als Grundlage für die empirische Untersuchung im zweiten Teil der Arbeit dienen soll.
2.2.1 Aufgaben und Bedeutung der Wirkungsforschung im Sponsoring
Der Einsatz von Sponsoring als ein Instrument der Marketing-Kommunikation erfolgt in der Absicht, bestimmte Reaktionen bei den Rezipienten auszulösen. Diese Reaktionen werden allgemein als Wirkung bezeichnet und umfassen innere, nicht sichtbare und äußere, sichtbare Vorgänge. Mit Wirkung ist dabei jede auf Kausalität beruhende Reaktion auf Handlungen gemeint. Die Kenntnisse der Sponsoringwirkung bilden die Grundlage für einen zielgerichteten und betriebswirtschaftlich sinnvollen Einsatz dieses Kommunikationsinstruments (Bruhn, 2010).
Hermanns und Marwitz (2008) unterscheiden kommunikative (auch außerökonomische) und ökonomische Wirkungen. Kommunikative Wirkungen beschreiben innere Vorgänge (z. B. Einstellung oder Erinnerung), während ökonomische Wirkungen äußere, sichtbare Vorgänge (z. B. Kauf eines Produktes) bezeichnen. Da die kommunikativen Wirkungen eine grundlegende Voraussetzung für das Eintreten ökonomischer Wirkungen darstellen (Deimel, 1992), liegt der Fokus der Sponsoringwirkungsforschung häufig auf dem erstgenannten Bereich (Hermanns & Marwitz, 2008).
Eine Aufgabe der Sponsoringwirkungsforschung ist es, Effekte von Sponsoringmaßnahmen beim Konsumenten zu ermitteln und zu analysieren. Zudem soll im Rahmen dieses Forschungsansatzes die Entstehung der Sponsoringwirkung erklärt werden, um Erkenntnisse über die notwendigen Rahmenbedingungen zu gewinnen. Außerdem sollen die Wirkungen des Sponsorings und die Wirkungen anderer Kommunikationsinstrumente vergleichend gegenübergestellt werden. Eine letzte wesentliche Aufgabe umfasst die Entwicklung von exakten Messmethoden von Sponsoringmaßnahmen (Hermanns & Glogger, 1995).
Die Notwendigkeit einer Wirkungsforschung im Sponsoring stützt sich auf zwei unterschiedliche Ansätze. Zum einen soll ein Wirkungsnachweis des Sponsorings als Kommunikationsinstrument auf psychologischer Ebene erbracht werden. Um den Sponsoringwirkungsprozess zu analysieren, wird in der Wissenschaft auf verschiedene theoretische Modelle zurückgegriffen. Es soll dargestellt werden, welche psychischen und informationsverarbeitenden Prozesse bei den Rezipienten einer Sponsoringbotschaft ablaufen (Hermanns & Marwitz, 2008).
Zum anderen dient die Wirkungsforschung als Management-Informations-System. Dabei erfüllt sie eine wichtige Funktion im Sponsoringmanagement, da entscheidungsunterstützende Informationen auf diese Weise zur Verfügung gestellt werden. Die Wirkungsforschung liefert Anhaltspunkte, welche Sponsoringmaßnahmen und welche Werbemittel sich am besten eignen, um bestimmte kommunikationspolitische Ziele zu erreichen (ebd., 2008).
2.2.2 Modelle zur Erklärung der Sponsoringwirkung
Zur Veranschaulichung des Sponsoringwirkungsprozesses wird dieser mit Hilfe von Modellen in Teilprozesse zerlegt, um Teilwirkungen und deren Beziehungen darzustellen und zu analysieren (Hermanns & Marwitz, 2008). Dazu werden bekannte Modelle aus der Werbewirkungsforschung auf das Sponsoring übertragen, um so Erkenntnisse für die Wirkungsmessung in der Praxis zu gewinnen und relevante wirkungsspezifische Fragen aufzudecken (Walliser, 1995).
2.2.2.1 Kommunikationsprozess
Der Kommunikationsprozess im Sponsoring stellt die Grundlage der theoretischen Forschungsansätze dar (Hermanns & Marwitz, 2008). An diesem Prozess sind fünf Komponenten beteiligt, die für die Art der Verarbeitung der Botschaft und deren Wirkung beim Rezipienten von entscheidender Bedeutung sind. Diese sind wie folgt miteinander verbunden: Ein Kommunikator (Sponsor) sendet eine Botschaft (Sponsoringbotschaft) über zwei Medien (gesponsertes Objekt und Medien) an Rezipienten (Sponsoringzielgruppe). Eine mögliche Rückmeldung der Rezipienten stellt das letzte konstitutive Element dieses Prozesses dar (Drees, 1992; Glogger, 1999).
Im vorgestellten Prozess werden im Gegensatz zum allgemeinen Kommunikationsprozess zwei Trägermedien benötigt. Das erste Medium ist die Person oder Aktivität des Gesponserten, durch den nur die aktiven Teilnehmer und die Zuschauer eines Events erreicht werden. Die Massenmedien stellen den zweiten Träger dar und erfüllen die Funktion des Multiplikators der Sponsoringbotschaft. Ebenso ist ein glaubwürdiges Verhältnis zwischen Sponsor und Sponsoringobjekt für die Akzeptanz des Sponsoringengagements in der Zielgruppe wichtig. Des Weiteren ist der geringe Informationsgehalt von Sponsoringbotschaften charakteristisch für den Kommunikationsprozess im Sponsoring.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Kommunikationsprozess im Sponsoring (eigene Darstellung in Anlehnung an Drees, 1992, S. 175).
Die beschriebenen Besonderheiten weisen zwar wichtige Rahmenbedingungen der Wirkung von Sponsoringmaßnahmen auf, reichen jedoch für eine Erklärung der Sponsoringwirkung nicht aus, da die Verarbeitung der Botschaft durch den Rezipienten nicht berücksichtigt wird (Drees, 1992).
2.2.2.2 Das SOR-Modell als Weiterentwicklung des SR-Modells
Das Stimulus-Response-Modell (SR-Modell) basiert auf dem behavioristischen Ansatz und erklärt das menschliche Verhalten ausschließlich anhand beobachtbarer Größen (Zimbardo, 1995). Der Mensch wird als eine Art Black-Box aufgefasst, da kognitive, motivationale oder emotionale Prozesse und innere Vorgänge nicht betrachtet werden (Glogger, 1999). In diesem Modell wird davon ausgegangen, dass bestimmte Umweltreize determinierte Reaktionen bei einer Person auslösen. Daher ist es als deutlich restriktiv und stark vereinfacht anzusehen. Um die Wirkung von Sponsoring unter Berücksichtigung kognitiver Prozesse der Rezipienten zu analysieren, erscheint dieses Modell ungeeignet (Drees, 1992).
Das neobehavioristische Stimulus-Organismus-Response-Modell (SOR-Modell) stellt eine Weiterentwicklung des beschriebenen Ansatzes dar und bietet einen besseren und komplexeren theoretischen Bezugsrahmen zur Erklärung der Sponsoringwirkung. Im Gegensatz zur Auffassung des SR-Paradigmas sind zwischen Reiz und Reaktion verschiedene interne Vorgänge geschaltet. Dementsprechend berücksichtigt das Modell psychische Faktoren und nicht- beobachtbaren Verarbeitungsprozesse im Organismus, die auf diese Vorgänge einwirken. Die inneren Prozesse werden im Sinne „intervenierender Variablen“ als Wirkungskomponenten integriert (Kroeber-Riel & Weinberg, 2003; Zimbardo, 1995).
Die Analyse der intervenierenden Variablen soll dazu dienen, die nicht- beobachtbaren Wirkungszusammenhänge innerhalb der Black-Box eines Konsumenten zu verstehen, die durch einen Reiz ausgelöst werden und zu sichtbaren Verhaltensreaktionen führen. Nach Hermanns (1997) sind die inneren Prozesse die Voraussetzung für eine sichtbare Verhaltensänderung beim Kauf- oder Informationsverhalten. Da Sponsoring nur in seltenen Fällen die Zielsetzung verfolgt, eine unmittelbare Handlung auszulösen, stellen die intervenierenden Variablen die entscheidenden Größen für die Messung von Sponsoringwirkungen dar (Drees, 1992).
Die intervenierenden Variablen umfassen kognitive und aktivierende Prozesse, die jeweils wesentlichen Einfluss auf die Informationsverarbeitung eines Rezipienten nehmen. Diese psychischen Vorgänge stehen in einem interaktiven Verhältnis zueinander und beeinflussen sich somit wechselseitig, weshalb im Folgenden beide Konstrukte betrachtet werden sollen (Kroeber-Riel & Weinberg, 2003).
Kognitive und aktivierende Variablen
Wahrnehmung, Lernen und Gedächtnis als kognitive Variablen nehmen wesentlichen Einfluss auf die Informationsverarbeitung. Durch diese Vorgänge sind Individuen in der Lage, ihr Verhalten gedanklich zu kontrollieren und zu steuern (Hermanns & Marwitz, 2008). Die Wahrnehmung einer Botschaft durch den Rezipienten stellt dabei die Grundvoraussetzung dar, um mit einer Sponsoringmaßnahme eine entsprechende kommunikative Wirkung zu erzielen6. Emotion, Motivation und Einstellung werden als aktivierende Variablen bezeichnet. Sie versetzen den Körper in einen leistungsbereiten Zustand und sind damit maßgeblich für den Antrieb menschlichen Verhaltens verantwortlich (Drees, 1992). Eine wichtige Größe für die Stärke der Aktivierung ist das Involvement7 („Ich-Beteiligung“) einer Person, das die Intensität der Aufmerksamkeit beeinflusst, die notwendig ist, um Reize und Informationen aus der Umwelt aufzunehmen. Des Weiteren stellt die Einstellung einer Person gegenüber einem Unternehmen bzw. dessen Produkten eine bedeutende aktivierende Variable für die Wirkung des Sponsorings dar. Nach Kroeber-Riel und Weinberg (2003) ist damit eine aus der Erfahrung stammende Bereitschaft gemeint, in relativ konsistenter Weise auf einen Gegenstand wertend zu reagieren. Die Art der Einstellung besteht aus dem Wissen über einen Gegenstand (kognitive Komponente) und dem Gefühl gegenüber einem Gegenstand (emotionale Komponente) (Kroeber-Riel & Weinberg, 2003).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4: Das SOR-Modell und seine Bedeutung für das Sponsoring (eigene Darstellung in Anlehnung an Hermanns, 1997, S. 116).
2.2.2.3 Das Modell der Wirkungspfade
Das SOR-Modell veranschaulicht anhand der intervenierenden Variablen zwar, welche Faktoren im Wirkungsprozess eine Rolle spielen, kann aber deren Beziehungen zueinander nicht ausreichend erklären. Das von Kroeber-Riel entwickelte Modell der Wirkungspfade trägt dieser Erkenntnis Rechnung und versucht, den Mangel zu beseitigen (Kroeber-Riel & Weinberg, 2003). Ursprünglich für die klassische Werbewirkungsforschung konzipiert, wurde der Ansatz von Drees (1992) auf das Sportsponsoring übertragen (Hermanns & Marwitz, 2008). Analog zum SOR-Paradigma wird beabsichtigt, die Vorgänge, die in der Black-Box eines Rezipienten ablaufen, zu beleuchten. Das Modell der Wirkungspfade erklärt die Sponsoringwirkung anhand von drei Konzepten - den Wirkungskomponenten, den Wirkungsdeterminanten und den Wirkungsmustern.
Die Wirkungskomponenten entsprechen den intervenierenden Variablen, die bereits im SOR-Modell enthalten sind. Hierbei handelt es sich um die emotionalen und kognitiven Prozesse der gedanklichen Steuerung des Verhaltens sowie der resultierenden Einstellung bzw. Kaufabsicht. Eine Sonderrolle unter den psychischen Konstrukten nimmt die Aufmerksamkeit ein: Sie wird nur teilweise von den dargebotenen Reizen, aber in erheblichem Ausmaß vom Involvement eines Rezipienten bestimmt (Drees, 1992). Neben diesen psychischen Wirkungskomponenten stellt der (Werbe-)„Kontakt“ den Anfang und das (Kauf-) „Verhalten“ das Ende der Wirkungskette dar (Nufer, 2002).
Neben den Wirkungskomponenten stellen die Wirkungsdeterminanten die wichtigsten Größen dieses Modells dar. Diese definieren die Bedingungen, unter denen die Werbung unterschiedliche Wirkungen auslöst und umfassen neben der Art der Botschaft (informativ, emotional, gemischt) das Involvement des Rezipienten (geringes oder hohes Involvement) (Kroeber-Riel & Weinberg, 2003). Im Sponsoring sind häufig gemischte Sponsorenbotschaften vorzufinden. Während die Inhalte aufgrund des sportlichen Umfelds einerseits emotional geprägt sind, enthalten die werblichen Botschaften auf der anderen Seite kognitive Informationen in Form von Namen und Logos von Unternehmen (Hermanns & Marwitz, 2008)8. Die Höhe des Involvements eines Rezipienten wird durch schwache bzw. starke Aufmerksamkeit ausgedrückt. Dabei üben die persönlichen Eigenschaften eines Individuums, das Interesse an der Botschaft und die Situation, in der es sich befindet, Einfluss auf die Sponsoringwirkung aus (Kroeber-Riel & Weinberg 2003). Je nach Ausprägung dieser Größen beschreibt das Modell verschiedene Wirkungsmuster. Bezogen auf das Sponsoring lassen sich insgesamt vier Möglichkeiten von Wirkungspfaden differenzieren. In Anlehnung an Drees (1992) können zwei Varianten hervorgehoben werden, da im Sponsoring grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass der Werbebotschaft nur schwache Aufmerksamkeit entgegengebracht wird und die Rezipienten demzufolge nur gering involviert sind. Die Wirkungspfade mit hohem Involvement bleiben daher unbeachtet. Anhand des Modells können die im Sponsoring angestrebten Ziele „Steigerung des Bekanntheitsgrades“ und „Imagetransfer“ (die Übertragung von Imagekomponenten vom Gesponserten auf den Sponsor) erklärt werden.
Erklärung der Bekanntheitssteigerung durch Sponsoring
Um zu veranschaulichen, wie ein Unternehmen durch Sponsoring eine Bekanntheitssteigerung erreichen kann, kann der Wirkungsgrad der informativen Werbung bei wenig involvierten Rezipienten herangezogen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Wirkungspfad zur Erklärung der Bekanntheitssteigerung (eigene Darstellung nach Kroeber-Riel & Weinberg, 2003, S. 624).
Aufgrund der geringen Aufmerksamkeit gegenüber der Sponsoringbotschaft nimmt der Rezipient nur wenige, leicht verständliche Informationen auf. Die bei der Informationsaufnahme ablaufenden kognitiven Prozesse reichen bei häufigen Wiederholungen aber aus, den Namen oder das Logo eines Unternehmens im Gedächtnis zu behalten. Dieses gespeicherte Wissen kann in einer späteren Kaufsituation verhaltensrelevant werden, wenn ein Konsument ein beworbenes Produkt wiedererkennt und dieses einem anderen vorzieht (Drees, 1992; Hermanns & Marwitz, 2008).
Erklärung eines Imagetransfers durch Sponsoring
Die Erklärung eines Imagetransfers anhand des Modells der Wirkungspfade setzt ebenfalls eine schwache Aufmerksamkeit des Rezipienten voraus. Nach Hermanns und Marwitz (2008, S. 146) ist unter Imagetransfer „die Übertragung von Imagekomponenten (z. B. Internationalität, Jugendlichkeit) von einem Objekt auf ein anderes, in diesem Zusammenhang z. B. von einer bestimmten Veranstaltung (Sponsoringobjekt) auf das Produkt bzw. Unternehmen (Sponsor)“ zu verstehen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6: Wirkungspfad zur Erklärung eines Imagetransfers durch (eigene Darstellung in Anlehnung an Kroeber-Riel & Weinberg, 2003, S. 628).
Die nur mit schwacher Aufmerksamkeit wahrgenommenen emotionalen Reize des Umfelds lösen beim Rezipienten emotionale Prozesse aus, die schließlich eine Einstellungsbildung bewirken. Dem Transfer von Imagekomponenten liegt das Prinzip der klassischen Konditionierung9 zugrunde. Hermanns und Marwitz (2008, S. 146) erläutern diesen Prozess folgendermaßen: „Ein neutraler Reiz (eine Marke oder ein Unternehmen) wird im Rahmen einer Sponsoringmaßnahme solange an emotionale, also gefühlsbetonte Reize (sportliches Umfeld, bestimmte Sportarten) gekoppelt, bis der Rezipient verschiedene sportliche Inhalte (Dynamik, Spannung) auch mit dem Sponsor assoziiert.“ Da emotionale Nähe und häufige Reizdarbietung die Grundlage für das Zustandekommen eines Imagetransfers darstellen, besitzen dem Sport nahestehende Unternehmen diesem Ansatz zufolge Wirkungsvorteile (Hermanns & Marwitz, 2008).
Aufgrund des emotionalen und kognitiven Charakters von Sponsoringbotschaften ist ein Wirkungspfad alleine für die Erklärung der Wirkungsweise nicht ausreichend. Vielmehr muss angenommen werden, dass sich verschiedene Wirkungsketten miteinander verbinden. Aus diesem Grund kann es kein allgemeingültiges Wirkungsschema für das Sponsoring geben (Hermanns & Marwitz, 2008).
2.2.3 Zentrale Wirkungsvariablen im Wahrnehmungsprozess
Die Bedeutung von kognitiven und aktivierenden Variablen bei der Informationsaufnahme und -verarbeitung wurden bereits im Rahmen der Darstellung des SOR-Modells näher erläutert. Da die psychologischen Wirkungsvariablen Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und Lernen für das Verständnis der Sponsoringwirkung von besonderer Bedeutung sind, soll auf diese Konstrukte im Folgenden detailliert eingegangen werden.
2.2.3.1 Wahrnehmung
Nach Kroeber-Riel und Weinberg (2003, S. 268) ist Wahrnehmung „ein Informationsverarbeitungsprozess, durch den das Individuum Kenntnis von sich selbst und von seiner Umwelt erhält“. Wahrnehmung umfasst den Prozess der Aufnahme, Selektion, Weiterleitung und Verarbeitung von Reizen aus der Umwelt (Glogger, 1999). Verschiedene Sinnesmodalitäten (Geruch, Geschmack, Gehör) spielen beim Wahrnehmungsprozess eine Rolle. Die folgenden Ausführungen konzentrieren sich auf den für diese Arbeit relevanten Teil der visuellen Wahrnehmung.
Von entscheidender Bedeutung für das Verständnis des Wahrnehmungsprozesses sind die drei folgenden Begriffe (Kroeber-Riel & Weinberg, 2003):
- Subjektivität: Wahrnehmung wird durch die subjektiven Eigenschaften und den individuellen Erwartungs- und Erfahrungshintergrund des Konsumenten geleitet.
- Aktivität: Beim Wahrnehmungsprozess handelt sich um einen aktiven Vorgang der Informationsaufnahme und -verarbeitung.
- Selektivität: Wahrnehmung ist ein selektiver Prozess, da ein Individuum aus der Menge der ihm umgebenden Reize nur einen kleinen Teil tatsächlich aufnehmen und verarbeiten kann.
Neben psychischen Prozessen (z. B. Erfahrungen, Motivation) wird die Wahrnehmung auch von situativen Faktoren beeinflusst. So wird die Verarbeitung von Sponsoringreizen beispielsweise durch die Wichtigkeit des Wettbewerbs, durch den Gegner (z. B. Derby zweier Teams aus der gleichen Region) und durch den Spielstand beeinflusst (Pham, 1992).
Wahrnehmung ist als ein kognitiver Prozess zu verstehen, der durch das Zusammenwirken von sensorischer Speicherung sowie Kurzzeit- und Langzeitspeicher zustande kommt. Zur Veranschaulichung der ablaufenden Verarbeitungsschritte wird in der Literatur häufig auf das Drei-Speicher-Modell zurückgegriffen (Kroeber-Riel & Weinberg, 2003). Das Kurzzeitgedächtnis ist für die bewusste Wahrnehmung eines Objektes zuständig. Hier erfolgt die inhaltliche Entschlüsselung und Interpretation von eingehenden sensorischen Informationen. Für diesen Verarbeitungsschritt müssen eingehende Reize zumindest für ein paar Sekunden gespeichert werden. Um die Informationen weiterzuverarbeiten, greift der Kurzzeitspeicher auf Erfahrungen und Schemata zurück, die im Langzeitspeicher (= Gedächtnis) abgelegt sind (Kroeber-Riel & Weinberg, 2003).
Die sehr beschränkte Verarbeitungskapazität des Kurzzeitgedächtnisses ist auch für die Verarbeitung von Sponsoringstimuli von zentraler Bedeutung: Sponsoren müssen unter den konkurrierenden Reizen des Sportgeschehens mit ihren Werbebotschaften bis ins Kurzzeitgedächtnis eines Rezipienten gelangen, damit ein Reiz kognitiv verarbeitet werden kann (Kroeber-Riel & Weinberg, 2003). Deshalb ist es im Sponsoringkontext besonders schwierig, mit Werbebotschaften zu den Zuschauern durchzudringen, da diese ihre Aufmerksamkeit in erster Linie auf das sportliche Geschehen richten, was die Aufnahmefähigkeit für die Sponsoringbotschaft hemmt. Denn im Gegensatz zu den deutlich überwiegenden sportlichen Reizen befinden sich die Werbebotschaften lediglich im Hintergrund.
Die Aufmerksamkeit stellt in diesem Zusammenhang das entscheidende hypothetische Konstrukt dar, das über eine Weiterleitung von Sinnesempfindungen ins Kurzzeitgedächtnis entscheidet. Die Bedeutung dieses Konstrukts im Wahrnehmungsprozess soll im Folgenden genauer beleuchtet werden.
2.2.3.2 Aufmerksamkeit
Die Aufmerksamkeit bestimmt, welche Reize verarbeitet werden und stellt daher die entscheidende Voraussetzung für die bewusste Wahrnehmung dar. Sie übernimmt bei diesem Prozess die Funktion eines Pförtners, der aus der Vielfalt der durch das Auge aufgenommenen Informationen die wichtigsten Bereiche auswählt. Nach Kroeber-Riel und Weinberg (2003, S. 61) ist „Aufmerksamkeit eine vorübergehende Erhöhung der Aktivierung, die zur Sensibilisierung des Individuums gegenüber bestimmten Reizen führt“. Die Aktivierung stellt dabei einen Erregungsvorgang dar, der im menschlichen Körper Energie freisetzt und so die Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit erhöht (Dudzik, 2006).
Zu den Hauptaufgaben der Aufmerksamkeit gehören die Reizselektion und die Verteilung der Kapazitäten für die Verarbeitung der selektierten Reize (Dudzik, 2006). Dieser Selektionsmechanismus ist notwendig, da ein Individuum ständig mit zahlreichen Informationen konfrontiert wird, die die Verarbeitungsressourcen bei weitem übersteigen.
In einem engen Verhältnis zur Aufmerksamkeit steht das Involvement einer Person.
Ein involvierter Rezipient sucht im Sinne einer bewussten
Aufmerksamkeitszuwendung aktiv und gezielt nach Sponsorenbotschaften, was in erster Linie auf sportwerbespezifisches Involvement10 zurückgeführt werden kann. Sportartspezifisches Involvement sorgt dagegen dafür, dass Zuschauer ihre Aufmerksamkeit auf das Spielgeschehen richten und entsprechend weniger Sponsorenbotschaften wahrnehmen (Glogger, 1999).
Die Aufmerksamkeitszuwendung zu einem Stimulus kann ebenso unbewusst erfolgen. Unbewusste bzw. unwillkürliche Aufmerksamkeitszuwendungen haben aufgrund des niedrigen Involvements im Sport eine deutlich größere Bedeutung. Sie äußern sich in so genannten Orientierungsreaktionen, welche die Aufnahme neuer Informationen begünstigen. Orientierungsreaktionen werden durch Reize ausgelöst, die entweder neuartig und unerwartet sind oder einen Kontrast zu ihrer Umwelt bilden (Dudzik, 2006).
Neben dem Involvement haben auch die Gestaltung und die Platzierung von Werbebotschaften Einfluss auf die Aufmerksamkeitswirkung. Um Rezipienten die Reizaufnahme einer Sponsoringbotschaft zu vereinfachen, sollte diese eine prägnante Gestaltung sowie einen hohen Figur-Kontrast-Hintergrund aufweisen. Darüber hinaus ist der Einsatz bereits eingeführter und bekannter Marken sinnvoll, da diese im Gedächtnis der Empfänger bereits abgelegt sein dürften und somit leichter zu identifizieren sind (Deimel, 1992). Auf diese Weise kann die Weiterleitung durch den Aufmerksamkeitsfilter erleichtert werden. Die aufmerksamkeitsfördernden Reizeigenschaften einer Botschaft umfassen die Intensität (Größe und farbliche Gestaltung), die Neuartigkeit sowie Bewegungen der Sponsoringbotschaft (z. B. Dreh- oder Videobanden) (Glogger, 1999). Die Gestaltungsmöglichkeiten einer meist aus Markenzeichen bestehenden Sponsoringbotschaft sind im Gegensatz zur Werbung jedoch stark eingeschränkt (Deimel, 1992).
2.2.3.3 Zusammenhang zwischen Wahrnehmung und Aufmerksamkeit
Die optische Wahrnehmung wird als selektiv bezeichnet, da sie stets auf einen einzelnen Abschnitt gerichtet ist und nicht auf einen ganzheitlichen Umweltkontext. Dementsprechend nimmt ein Individuum nur solche Reize wahr, die seine Aufmerksamkeit erregen. Die Aufmerksamkeit wird gesteuert durch einen sequentiellen Selektionsvorgang, der als visuelle Suche bezeichnet wird.
Verfolgt ein Zuschauer eine TV-Sportübertragung, sorgt die visuelle Suche für die Verarbeitung der optischen Reize. Die Auswahl der Fixationspunkte lässt demnach direkte Rückschlüsse auf die Verteilung der Aufmerksamkeit innerhalb einer Szene zu (Heidmann & Ziegler, 2002). Mit Hilfe der Blickaufzeichnung ist es möglich, die Fixationen zu erfassen und auf diese Weise die visuelle Aufmerksamkeit einer Person zu messen. Dementsprechend wird im Rahmen der empirischen Untersuchung mit der Eye-Tracking-Methode auf dieses Messinstrument zurückgegriffen.
Vor dem Hintergrund der im Rahmen der Untersuchung genutzten Eye-Tracking- Methode soll an dieser Stelle die Bedeutung des peripheren Sehens erläutert werden. Während einer Fixation werden innerhalb einer visuellen Szene neben den fovealen Reizen ebenso Stimuli aus dem peripheren Umfeld berücksichtigt. Diese peripheren Reize werden unbewusst vom Rezipienten vorverarbeitet. Es handelt sich dabei um einen Vorgang, der wesentlich von der Subjektivität eines Rezipienten beeinflusst wird. Denn die Blicksprünge zu den Fixationsorten erfolgen in Richtung der Objekte des peripheren Blickfeldes, die als interessant und bedeutsam eingestuft werden und damit den subjektiv höchsten Informationsgehalt bieten. Die Aufmerksamkeit bestimmt demnach, welchen Reizen sich ein Rezipient zuwendet (Glogger, 1999)
2.2.3.4 Lernen und Gedächtnis
Neben den Konstrukten Wahrnehmung und Aufmerksamkeit haben auch die Erinnerung und Speicherung einer Botschaft im Gedächtnis einen erheblichen Einfluss auf die Wirkung einer Sponsoringmaßnahme. Das Erlernen eines Reizes stellt in diesem Zusammenhang die Voraussetzung für eine Beeinflussung des Verhaltens eines Individuums dar. Gleichzeitig ist denkbar, dass Lernen nicht unmittelbar zu Verhaltensänderungen führt und lediglich die individuellen Verhaltensmöglichkeiten einer Person verändert. Dieser Aspekt ist für das Sponsoring von besonderem Interesse, da die mögliche Verhaltensänderung erst in bestimmten Situationen wirksam werden kann (z. B. während einer Kaufentscheidung) (Drees, 1992). Die Erinnerungswirkung sowie die Steigerung des Bekanntheitsgrades durch Sponsoringmaßnahmen können anhand verschiedener Formen des Lernens erklärt werden11.
2.2.4 Konzeptualisierung eines Sponsoringwirkungsmodells
In Anlehnung an das SOR-Modell soll im Folgenden ein Sponsoringwirkungsmodell als theoretisches Grundgerüst der empirischen Untersuchung entwickelt werden. Analog zum SOR-Paradigma werden hypothetische, nicht beobachtbare Konstrukte bei der Erklärung der Sponsoringwirkung berücksichtigt. Diese sollen Erkenntnisse hinsichtlich der inneren Prozesse liefern, die während der Wahrnehmung und Verarbeitung von Sponsoreninformationen in der Black-Box eines Rezipienten ablaufen.
Das Modell umfasst die Stufen Sichtbarkeit eines Markenlogos innerhalb einer TVSportübertragung (TV-Exposure), Wahrnehmung einer Sponsorenbotschaft und Sponsor-Event-Assoziation (Erinnerung). Diese beschreiben den Wirkungsprozess eines Sponsoringstimulus im Sinne einer Kausalkette (Rumpf, 2010a).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7: Konzeptualisierung eines Sponsoringwirkungsmodell (eigene Darstellung in Anlehnung an Rumpf, 2010a).
[...]
1 Um die Lesbarkeit zu erleichtern, wird in dieser Arbeit grundsätzlich die Männlichkeitsform verwendet.
2 Diese Angabe bezieht sich auf französische TV-Sportübertragungen (Le Roy & Vivier, 2008).
3 Beispielhaft seien Sponsorenlogos auf Trikots, Banden, Cam-Carpets, Reitern, Sportgeräten und Interview-Wänden genannt.
4 In der Saison 2009/10 erreichte die ARD Sportschau, die jede Woche Zusammenfassungen der Spiele der 1. und 2. Fußball-Bundesliga ausstrahlt, eine durchschnittliche Einschaltquote von 5,30 Mio. Zuschauern. Beim Halbfinale der WM 2010 in Südafrika zwischen Deutschland und Spanien fieberten 31,10 Mio. Fans vor den TV-Geräten mit (Sportfive, 2010).
5 Reaktanz-Effekte entstehen bei der übermäßigen Konfrontation mit Werbebotschaften. Mit Wearout-Effekt ist die Ermüdung des Rezipienten aufgrund zu häufig dargebotener Botschaften gemeint (Ahlert et al., 2005).
6 Siehe Kapitel 2.2.3.1 für eine ausführliche Darstellung der Wahrnehmung als Wirkungsvariable in der Sponsoringwirkung.
7 Involvement ist als Engagement eines Individuums zu verstehen, sich mit bestimmten Sachverhalten zu beschäftigen. Siehe Kapitel 2.2.4 für eine ausführliche Darstellung des Involvements.
8 Da Sponsoringbotschaften hinsichtlich des Informationsgehalts inhaltliche Grenzen gesetzt sind, müssen für erklärende Werbemaßnahmen andere Werbemittel hinzugezogen werden (z. B. Öffentlichkeitsarbeit, Werbung, Promotionmaßnahmen etc.).
9 Klassische Konditionierung heißt, dass eine Person lernt, auf einen ursprünglich neutralen Reiz auf ganz bestimmte Weise zu reagieren (Hermanns & Marwitz, 2008).
10 Siehe Kapitel 2.2.4 für eine Definition und eine ausführliche Darstellung der Involvementarten.
11 Zur vertiefenden Erklärung der verschiedenen Lernformen sei auf die entsprechende Fachliteratur verwiesen (vgl. Drees, 1992; Dudzik, 2006).
- Arbeit zitieren
- Martin Meyer (Autor:in), 2011, Wahrnehmung von Sportsponsoren im TV, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/180215
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