Zemskaja - Die Kategorie der Höflichkeit: die allgemeinen Fragen - das national-kulturelle Spezifikum der russischen Sprache


Hausarbeit (Hauptseminar), 2000

20 Seiten, Note: 1,5


Leseprobe


Inhalt

Einleitung

I. Die Wertstrukturen der Höflichkeit
I.II. Die Normen der Höflichkeit
I. III. Brown/Levinsons zweckrationale Höflichkeitsstrategien

II. Zemskaja – Die Kategorie der Höflichkeit: die allgemeinen Fragen – das national-kulturelle Spezifikum der russischen Sprache
II.a. Die Beispiele im Russischen und im Deutschen
II.b. Bezug/Kritikpunkt zu R. Rathmayr

Abschließendes

Bibliographie

Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit einem Teilbereich der sprachlichen Ausdrucksmittel für Höflichkeit im heutigen Russischen und versucht hier, durch die Untersuchung großer Textkorpora eine Parallele zu der modernen deutschen Sprache zu ziehen.

Höflichkeit spielt in der Grammatik zahlreicher Sprachen auch außerhalb der Anrede eine wichtige Rolle.

Die breite Skala von Möglichkeiten, über die das Russische und das Deutsche verfügen, werden zwar in der Literatur beschrieben (Zemskaja, Rathmayr, Haase, Berger, Held), oft bleibt aber unklar, wie die Abstufung der Höflichkeit genau aussieht und wann welche Form verwendet wird.

Am deutlichsten wird dieses Problem bei den indirekten Sprechakten, die sich auf die Fähigkeit des Adressaten zur Ausführung der Handlung beziehen.

Die zentrale Aufgabenstellung der vorliegenden Arbeit soll zunächst sein, anhand von der Analyse der Höflichkeitstheorie von Zemskaja und der Umfrage der deutschen Muttersprachlern bestimmte Reaktionen auf gewisse Äußerungen darzustellen.

Zuerst werden die grundliegende Theorien von Brown und Levinson, Rathmayr und Haase vorgestellt, sowie von Zemskaja. Als Nächstes werden die Parallelen und die Unterschiede, die Kritikpunkte dargelegt.

Zum Schluss werden die unterschiedliche Situationen vorgestellt und die Reaktionen anhand von Beispielen interpretiert.

«Ничто не стоит так дешево и не ценится так дорого, как вежливость»

(плакат в химчистке г. Москвы, 1973)

I. Die Wertstrukturen der Höflichkeit

„Dem Ausdruck von Höflichkeit liegt generell ein Wertsystem zugrunde, das mit der Würde des Menschen im Zusammenhang steht. Dieses Gut, das den Menschen ontologisch auszeichnet und daher von ihm gepflegt und geschützt werden will, wird in der Literatur unterschiedlich scharf umrissen bzw. ethisch verschieden konnotiert als Selbstwertgefühl oder als Ehre.“[1]

Die Untersuchungen des Begriffes der Höflichkeit bei G. Held, bei E. Zemskaja, sowie bei M. Haase basieren auf den sozialpsychologischen Analysen von Brown und Levinson und sprechen in Rahmen ihrer Untersuchung von sozialer Persönlichkeit, von Territorium, Image und Selbstbild.

Bezeichnend für alle obengenannten Forscher können folgende Charakteristika für den Begriff der Höflichkeit formuliert werden.

Das Selbstwertgefühl umfasst einige sozial entwickelte Grundbedürfnisse, die nur unverbindliche Handlungsrichtlinien vorgeben und zugleich subjektiv unterschiedliche Auslegungen gestatten. Selbstwert ist hier eine relative und nicht absolute Größe, denn sie ist nicht in sich gegeben, sondern entsteht erst in Konfrontation mit dem Anderen, welcher sie durch seine subjektive Bewertung reflektiert und definiert, mit jeder Annäherung aber zugleich auch erst bestätigt oder gefährdet.

Höflichkeit, als Sammelbegriff, gilt für alle auf den Selbstwert bezogenen Handlungs- und Ausdrucksformen. Sie kommt nur in der sozialen Interaktion mit dem Anderen zum Ausdruck, hat damit kommunikativen Charakter und findet in der Sprache, dem abstrakten Code jeder Kommunikation, ihren exemplarischen Ausdruck.

Nach dem einfachen Prinzip „Wie du mir, so ich dir“ wird der für sich selbst erhobene Anspruch auf Selbstwert gleichsam automatisch auf die Anderen übertragen und bestimmt somit jede Art vom Handeln rationaler Individuen.

In ihrer Bezogenheit auf die menschliche Natur im allgemeinen sind die Wertstrukturen der Höflichkeit universell. „Das zentrale, von Höflichkeit geschützte Gut ist primär von kommunikativer Art, während der materielle Wert, den die Verhaltensmuster der Höflichkeit haben, eher eine Frage der Moral darstellt.“[2]

I. II. Die Normen der Höflichkeit

Wenn das abstrakte Selbstwert in eine ambivalente Bedürfnisstruktur umgedeutet wird, werden die darauf bezogenen Normen deutlich. Diese steuern und regulieren das soziale Verhalten – meistens in Form gewisser Grundprinzipien bzw. bestimmter Maximen.

Tragend dabei ist die Theorie von Brown und Levinson, welche die Kategorie der Höflichkeit modelltheoretisch in positive (positive politeness) und negative (negative politeness) Höflichkeit systematisierend aufgeteilt haben[3].

Die angesprochenen Normen sind von Individuen zur Erhaltung der sozialen Sicherheit und Ordnung freiwillig anwendbar und werden zudem in einem bestimmten Rahmen je nach individuellem „Fingerspitzengefühl“ formal unterschiedlich ausgestaltet. Das Fehlen von Höflichkeit ist demnach nicht einklagbar wie ein Verstoß gegen die Moral oder gegen einen rechtlichen Vertrag, es kann aber auf der Ebene der Beziehung sanktioniert werden, was nicht nur den Kommunikationserfolg gefährdet, sondern auch das Selbstwertgefühl des Sprechers.

Damit wird deutlich, wie sehr die Normen der Höflichkeit in den komplexen Prozeß der Informationsübermittlung eingebunden sind, denn sie haben eine instrumentelle, handlungsrelevante Funktion, welche von den Handelnden ziel- und situationsgemäß kalkuliert und dementsprechend strategisch eingesetzt wird.

„So besitzt die Höflichkeit eine außerordentliche Variationsbreite: Sie reicht von der Dressur des geleckten Affen bis zur sublimen Aussage-Kunst des Sokratikers, und sie bildet so schließlich den äußerst unzulänglichen Sammelbegriff für völlig heterogene Haltungen und Verhaltensweisen.“[4]

I.III. Brown/Levinsons zweckrationale Höflichkeitsstrategien

Brown und Levinson bauen ihre linguistische Theorie zur Höflichkeit auf einem face – Konzept auf. Face dient den Autoren dazu, die Werthaltungen jeder sozialen Interaktion an bestimmten normativen Inhalten festzumachen.

Dabei muss vermerkt werden, dass face keine a priori feststehende Kategorie ist, sondern sie wird erst in der Interaktion mit den Anderen vollzogen und als solche geschaffen.

Die Autoren gehen davon aus, dass jedes sozialisierte Individuum diese Bedürfnisstruktur nicht nur besitzt, sondern auch in der Begegnung mit Anderen als Anspruch auf Wahrung und Bestätigung geltend machen will.

Daraus folgt die Feststellung, dass jede Interaktion mit höherer Erfolgsgarantie nur dann funktioniert, wenn die handelnden Individuen wechselseitig den face – Anspruchen gerecht werden und damit den jeweiligen sozialen Erwartungen situationsadäquat entgegenkommen.

Die Strategie der positiven Höflichkeit oder des positiven face entspricht dem Bedürfnis nach Anerkennung und Wertschätzung, die Strategie der negativen Höflichkeit oder des negativen face dem Bedürfnis nach Schutz persönlicher Territorialrechte und nach Wahrung des damit verbundenen Handlungs- und Entscheidungsfreiraums.

In diesem Zusammenhang sprechen Brown und Levinson von sogenanntem face – threatening acts. Unter diesem Begriff wird die Gruppe von Handlungen, deren inhärente Eigenschaften den Bedürfnissen des face mehr oder weniger stark entgegenstehen, verstanden.[5]

Sinn und Zweck der Höflichkeit sind für Brown und Levinson damit ausschließlich an die im Alltagshandeln ständig erforderliche Durchführung von face – threatening acts gebunden.

[...]


[1] Held, G., Verbale Höflichkeit. Tübingen, Gunter Narr, 1995

[2] Ebenda

[3] dazu mehr im Kapitel I. III

[4] Ebenda

[5] Ich zitiere an dieser Stelle nicht direkt aus dem Werk von Brown, P./Levinson, St.,Politeness. Some Universals in Language Usage. Cambridge, 1987, sondern gebe die Zusammenfassung der gelesenen Texte nach meinem eigenen Verständnis. Die Übersetzung kann daher fehlerhaft sein.

Ende der Leseprobe aus 20 Seiten

Details

Titel
Zemskaja - Die Kategorie der Höflichkeit: die allgemeinen Fragen - das national-kulturelle Spezifikum der russischen Sprache
Hochschule
Humboldt-Universität zu Berlin  (Institut für Deutsche Spache und Literatur)
Veranstaltung
Sprachvergleich Russisch/Deutsch
Note
1,5
Autor
Jahr
2000
Seiten
20
Katalognummer
V1806
ISBN (eBook)
9783638111089
ISBN (Buch)
9783638756082
Dateigröße
464 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Zemskaja, Kategorie, Höflichkeit, Fragen, Spezifikum, Sprache, Sprachvergleich, Russisch/Deutsch
Arbeit zitieren
Julia Lukjanova (Autor:in), 2000, Zemskaja - Die Kategorie der Höflichkeit: die allgemeinen Fragen - das national-kulturelle Spezifikum der russischen Sprache, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1806

Kommentare

  • Robert Hauser am 28.2.2011

    Es ist sehr ärgerlich, dass in dieser Arbeit nur dann eine Quelle angegeben wird, wenn die Autorin wörtlich aus einem anderen Text zitiert. (Diese Quellenangaben enthalten übrigens keine Seitenzahlen!) Der Rest der Arbeit besteht aus Paraphrasierungen von wissenschaftlicher Literatur. Hier fehlen die Quellen. Sollte die Autorin eigene Gedanken in die Arbeit eingebracht haben, so lassen sich diese nicht erkennen, weil keine Grenze zwischen fremden und eigenen Gedanken erkennbar ist. Wollte man weniger wohlwollend sein, liegt in den fehlenden Quellen die Behauptung, dass diese Textpassagen von der Autorin selbst stammen.

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