Praktische Anwendung der Blending-Theorie am Beispiel von Witzen


Term Paper, 2011

28 Pages, Grade: 1,3


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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Blending-Theorie
2.1. Mental spaces und Begriffsmischung
2.2. Generic Space, Input Spaces und Blend
2.3. Blending-Theorie am Beispiel des Fauns
2.4. Zentrale Operationen der Emergent Structure

3. Beispielanalysen: Witze
3.1. Beispielanalyse 1: Herr Dobermann
3.2. Beispielanalyse 2: Knoten
3.3. Beispielanalyse 3: Sitzen
3.4. Beispielanalyse 4: Bilder

4. Schluss

Literaturverzeichnis

Erklärung

1. Einleitung

Richter: „Wann haben Sie denn gemerkt, dass das Grundstück bewacht war?“

Angeklagter: „Als ich die Zähne von dem Dobermann in meinem Hintern spürte!“

Darauf wendet sich der Richter an den Zeugen und fragt: „Stimmt das, Herr Dobermann?“

Diesen Witz versteht intuitiv jeder. Ob man ihn nun als lustig empfindet und über ihn lachen kann oder nicht, spielt keine Rolle. Ein Muttersprachler wird automatisch erkennen, was das Lustige an diesem Witz darstellt oder eben darstellen soll. Doch auf was begründet sich dieses intuitive Verständnis?

Ein Dobermann und ein Mensch kommen nicht zwangsweise gemeinsam vor und für sich alleine gestellt, besteht bei keinem der beiden eine Komik. Um diese Frage beantworten zu können, ist es notwendig den Witz linguistisch zu analysieren. Das Bild eines Dobermanns und eines Menschen verschmilzt zu einem neuen, einzigartigen Bild, da der Mensch Eigenschaften des Dobermanns übernimmt. Dieses Phänomen lässt sich am besten durch die Blending-Theorie, auch Conceptual Blending genannt, erschließen. Diese Theorie von Gilles Fauconnier und Mark Turner baut auf dem ebenfalls von Fauconnier entwickelten Konzept der mental spaces auf und beschäftigt sich mit eben solchen Sprachphänomenen, bei denen zwei unterschiedliche mentale Räume zu einem neuen Bild zusammengefügt werden.

Untersuchungsgegenstand dieser Arbeit werden Witze sein, die Homonymien enthalten. Zu diesem Zweck wurde die Internetseite www.witze-ueber-witze.de nach passenden Scherzen durchsucht. Sie werden anhand der bereits erwähnten Blending-Theorie analysiert.

In der Forschungsliteratur lassen sich dazu Geert Brône und Seana Coulson finden, die sich beide unter sprachwissenschaftlichen Gesichtspunkten mit Humor beschäftigt haben. Brône verfaste seine Dissertation mit dem Titel „Bedeutungskonstitution in verbalem Humor. Ein kognitiv-linguistischer und diskurssemantischer Ansatz“ (2010), während Coulson mehrere, meist kürzere Aufsätze und Arbeiten über Witze und Humor verfasst hat. Am meisten verbreitet in der Forschungsliteratur ist aber vor allem der Ansatz der General Theory of Verbal Humor. Dieser wurde vor etwas mehr als über 20 Jahren von Viktor Raskin entwickelt und hat mittlerweile viele Anhänger unter Linguisten. Diese Theorie besagt, dass in über 90% aller Witze die Komik aus Skriptoppositionen resultiert. Es gibt also in einem Witz mindestens zwei verschiedene Skripte, die scheinbar nicht zusammenpassen. Erst in der Pointe wird ihre Verbindung deutlich, was dann die Komik ausmacht (Drösser 2007).

Ähnlichkeiten zur Blending-Theorie sind nicht von der Hand zu weisen, auch in ihr operieren mindestens zwei verschiedene Bereiche, die Input Spaces, die im Blend schließlich verbunden werden. Da die Theorie von Fauconnier und Turner jedoch stärker mit den einzelnen Elementen der jeweiligen Input Spaces arbeitet, ist sie besser in der Lage, die Komik von Witzen zu untersuchen. In der zugänglichen Forschungsliteratur gibt es keine Arbeiten, die Witze auf diese konkrete Art und Weise analysieren.

Da die Forschungsliteratur zum größten Teil in englischer Sprache verfasst ist, werden auch in dieser Arbeit bei den Fachbegriffen überwiegend die englischen Bezeichnungen verwendet.

Damit das Verständnis der einzelnen Beispielanalysen gewährleistet werden kann, wird sich der erste Teil dieser Arbeit auf eine Darstellung der Blending-Theorie konzentrieren, die dann im zweiten Teil an einzelnen Beispielen konkret angewandt wird. Ziel der Arbeit wird es dabei sein, aufzuzeigen, dass die Komik in den jeweiligen Witzen hauptsächlich aufgrund des Blends, also dem aus zwei Bildern neu entstandenen Konzept, besteht.

2. Blending-Theorie

Bevor auf die Blending-Theorie konkret eingegangen wird, ist es notwendig, den Begriff der mental spaces bzw. mentalen Räume und in diesem Zusammenhang auch den der Begriffsmischung zu erläutern. Ohne das Konzept der mental spaces ist es schwer, die Blending-Theorie vollständig zu erklären und auch zu verstehen.

2.1. Mental spaces und Begriffsmischung

Die Theorie der mental spaces von Fauconnier[1] ist ein kognitiv-semantischer Ansatz über die Entstehung von Bedeutung, die beinhaltet, dass es sich dabei um einen konzeptuellen Prozess handelt.

Fauconnier und Turner (2003 : 241) definieren mental spaces als „[…] jene Begriffspakete […], die wir beim Denken und Sprechen konstruieren“. Das heißt, dass mental spaces während des Sprechens und Denkens beim Sprecher oder Denkenden entstehen. Die beiden betonen dabei, dass dieser Prozess individuell ist und bei jedem Menschen unterschiedlich sein kann. So ist es auch möglich, dass bei zwei unterschiedlichen Menschen auf dieselbe Aussage oder Äußerung „individuell konsistente Interpretationen entstehen können, die einander widersprechen.“ (Fauconnier / Turner 2003 : 242).

Nach Coulson und Oakley (2000 : 176f; zit. nach Wildgen 2008 : 173) enthalten mental spaces „[…] partielle Repräsentationen von Entitäten und Relationen beliebiger Szenarien als von einem Sprecher wahrgenommene, vorgestellte, erinnerte oder in irgendeiner Weise verstandene Größen“. Das heißt, dass in mental spaces jegliches Hintergrund-, Basis- und Kontextwissen, über das der Hörer zu dem jeweiligen Begriff verfügt, vorhanden ist. Dieses Wissen konzeptualisiert sich während des aktuellen Prozess des Verstehens, also zum Zeitpunkt des Hörens oder Lesens eines Begriffes.

Mental spaces sind durch Elemente strukturiert, die jede Entität des jeweiligen Diskurses repräsentieren und einfachen frames, die die Beziehungen zwischen diesen darstellen (Coulson 2005 : 107).

Gespräche und Gedanken durchleben meistens einen Prozess, in dem sie sich verändern, anpassen oder weiterentwickeln. Ebenso ist es bei den mental spaces der Fall, die sich „dynamisch verändern und also erweitert, reduziert und revidiert werden können […]“ (Fauconnier / Turner 2003 : 242).

Mental spaces werden bei Begriffsmischungen erzeugt, in denen Begriffe aus verschiedenen Ausgangsbereichen zusammengefügt werden. Bei diesem Prozess stellen mental spaces einen kognitive Leistung dar (Fauconnier / Turner 2003 : 241). „Die Stärke der Begriffsmischung besteht […] darin, dass sie die begriffliche Ausstrahlung ihrer Elemente vergrößert, indem sie weitere Elemente integriert.“ (Fauconnier / Turner 2003 : 250). Mit dem Konzept der Begriffsmischung ist man bei der Blending-Theorie angelangt, die im Folgenden dargestellt wird.

2.2. Generic Space, Input Spaces und Blend

Die Blending-Theorie wurde von Fauconnier und Turner entwickelt und eignet sich dazu, den Prozess der Begriffsmischung näher zu erklären und zu analysieren.

BT [Blending Theory] typically makes use of a four-space model. These spaces include two ‘input’ spaces […], plus a ‘generic’ space, representing conceptual structure that is shared by both inputs, and the ‘blend’ space, where material from the inputs combines and interacts. (Grady / Oakley / Coulson 1999 : 103)

Die Theorie arbeitet also mit vier mental spaces. Zunächst sind die Input Spaces (dt.: Input- Räume) zu erwähnen, die sich teilweise überschneiden und namentlich den Input für das resultierende Begriffsgemisch bilden. Der Generic Space (dt.: Generischer Raum) besteht aus geteilten, abstrakten Strukturen der beiden Input Spaces.

Ein generischer Raum hat seine abstrakte Struktur von einem mentalen Raum, aus dem er als separater Raum herausgebrochen wurde. Das Besondere an ihm ist seine Anwesenheit in zwei oder mehr mentalen Räumen: Er zeigt an, was als deren gemeinsame Struktur gilt. (Fauconnier / Turner 2003 : 246)

Der letzte mental space schließlich ist der Blended Space oder einfach nur Blend. Er wird durch eine selektive Projektion einzelner Eigenschaften der Input Spaces erzeugt. Während dieses Prozesses können sich neue Strukturen und Eigenschaften entwickeln, die in den anderen drei mental spaces nicht vorhanden sind. Diese neuen Eigenschaften werden Emergent Structure genannt. Das Prinzip der Blending-Theorie wird in der folgenden Abbildung anschaulich dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Schematische Darstellung des Conceptual Blending (nach Fauconnier / Turner 2002 : 46)

Wie man in Abbildung 1 deutlich sehen kann, sind die Elemente (in der Grafik durch die blauen Punkte visualisiert), die sich im Generic Space befinden, ebenfalls in den beiden Input Spaces vorhanden. Die gemeinsamen Eigenschaften der Input Spaces werden durch die durchgezogenen Linien noch einmal hervorgehoben. Die übrigen, nicht gemeinsamen Elemente der Input Spaces können, müssen aber nicht im Blend vorkommen. Der Blend beinhaltet meistens sowohl gemeinsame Eigenschaften der Input Spaces, als auch solche, die nur einem Input Space entstammen. Alle Linien stellen eine Verbindung dar, die deutlich machen, dass es sich bei den verbundenen Elementen um dieselben handelt. Elemente oder Eigenschaften in den beiden Input Spaces, die mit keiner Linie mit anderen verbunden sind, verbleiben allein im jeweiligen Input Space. Die Elemente im Blend, die nicht durch eine Linie mit solchen in den Input Spaces verbunden sind, stellen die neuen Eigenschaften dar, die zusammen mit den übrigen Elementen des Blends die Emergent Structure (dargestellt durch das Quadrat im Blend). des Blends bilden (Heilig / Demarmels / Huber / Reiterer 2010). Es entsteht also ein völlig neuer mentale space, der zwar Gemeinsamkeiten mit dem Generic Space und den Input Spaces hat, aber auch weitere unterschiedliche und vollkommen neue Elemente aufweisen kann.

Jeder Kreis stellt einen einzigartigen in sich geschlossenen mental space dar, der auch alleine bestehen kann. Es handelt sich in jedem Fall um eine abgeschlossene Einheit, einen autonomen mental space.

2.3. Blending-Theorie am Beispiel des Fauns

Um die Blending-Theorie noch anschaulicher zu machen, benutzt Wildgen (2008 : 177) das Beispiel der Nixe. Allgemein bieten sich Phantasiegattungen, insbesondere Chimären, für einen verständlichen Einstieg in die Blending-Theorie an. In der nächsten Abbildung wird am Beispiel des Fauns dargestellt, wie die Blending-Theorie konkret angewandt wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Conceptual Blending am Beispiel des Fauns (nach Fauconnier / Turner 2002 : 46)

In diesem Beispiel umfasst der erste Input Space den Menschen und der zweite Input Space die Ziege. Da es sich bei beiden um Lebewesen handelt, ist dieser Begriff im Generic Space zu finden. Dieses Element ist in allen vier mental spaces vorhanden, was durch die gelben Linien noch einmal hervorgehoben wird. Vom Menschen wird die Eigenschaft des Oberkörpers in den Blend übertragen und von der Ziege die Eigenschaft des Unterkörpers. Elemente der Input Spaces, die Teil des Blends werden, sind mit roten Linien mit ihren Bezeichnungen verbunden. Daraus entsteht dann das Bild bzw. das Konzept des Fauns, der neben den aus den Input Spaces übernommenen Eigenschaften auch noch jene besitzt, dass er die Menschen nachts mit Albträumen erschreckt. Dieses Element stellt somit die Emergent Structure dar. Der menschliche Unterkörper des Menschen und der Oberkörper einer Ziege als Elemente werden nicht im Blend verwendet. Sie sind somit nur Eigenschaften des jeweiligen Input Space. Solche Elemente sind mit blauen Linien mit ihren Bezeichnungen verbunden. Das Schema dieser Analyse wird auch in den folgenden Grafiken bei den konkreten Analysebeispielen verwendet werden.

Dieses Beispiel ist stark vereinfacht, da nicht alle Eigenschaften aufgezählt werden. Beim ersten Input Space, der Mensch, könnten noch weitere Eigenschaften aufgezählt werden, die im Blend ebenfalls vorhanden sind wie beispielsweise der aufrechte Gang, die Sprache oder Charaktereigenschaften. Die Gegensätze dazu bei der Ziege würden dann zu jenen Punkten aus dem zweiten Input Space stammen, die nicht zum Blend gehören. Eine solch umfassende Analyse würde jedoch nicht einer einfachen Erklärung der Blending-Theorie dienen und ist im Rahmen dieser Arbeit zu aufwendig.

2.4. Zentrale Operationen der Emergent Structure

Die Emergent Structure des Blends beinhaltet Elemente, die weder im ersten noch im zweiten Input Space vorhanden sind. Sie entstehen durch drei kognitive Operationen, die Fauconnier (1997: 150-151, zit. nach Markussen / Krogh 2008 : 10) sinngemäß wie folgt darstellt (Übersetzung d. A.):

1. Komposition: Die Zusammenführung von Elementen aus verschiedenen Input Spaces ermöglicht neue Beziehungen, die in den einzelnen Inputs nicht existieren.
2. Komplettierung: Das Wissen über Hintergrundinformationen, kognitiven und kulturellen Modellen ermöglicht es, die zusammengesetzte Struktur, die durch die Inputs in den Blend übertragen wird, als einen Teil einer größeren, selbstständigen Struktur im Blend zu sehen. Das durch diese „alten“ Strukturen erzeugte Bild des Blends vollendet sich zu der umfangreicheren Emergent Structure.
3. Elaboration: Die Struktur im Blend kann sich verfeinern oder vervollkommnen. Dies nennt man „running the blend“. Es besteht aus kognitiver Leistung, die im Blend entsprechend seiner emergenten Logik auftritt.

Welche Operation in dem Fall des Fauns zu der Emergent Structure führte, ist schwer zu definieren, da es sich um ein mystisches Wesen der Antike handelt. Vermutlich handelt es sich jedoch um einen Fall der Komplettierung. Ursprünglich war der Faun in Menschengestalt und hatte möglicherweise bereits die Eigenschaft, die Menschen mit Albträumen zu erschrecken. Diese alte Eigenschaft des Fauns wurde in das neue Bild übertragen.

Der Prozess des Blendings ist oft in Witzen zu finden. Diese Verbindung lässt sich auch bei Coulson (2005) finden: „Previous work in this area suggests that conceptual blending plays an important role in cases of verbal humor.” Damit ist man beim zweiten Hauptteil dieser Arbeit angelangt.

Nachdem die Blending-Theorie nun ausführlich dargestellt und erläutert wurde, wird sich der folgende Teil dieser Arbeit auf Analysen konkreter Beispiele konzentrieren.

3. Beispielanalysen: Witze

„Blending is usually not consciously perceived, but it can be highlighted, as in jokes, cartoons, puzzles, and poetry.” (Fauconnier / Turner 1996 : 115).

Viele Witze arbeiten mit Sprachspielen. Auch wenn die meisten Menschen Sprachspiele schnell oder gar sofort erkennen, sind sie sich nicht bewusst, wie sie genau funktionieren. Oft sind sich die Sprecher gar nicht darüber im Klaren, dass auch Witze komplexe Sprachphänomene darstellen können. Auch Coulson und Wu (2005 : 494) machen darauf aufmerksam, dass dieser Sachverhalt oftmals unterschätzt wird: „Perhaps because verbal joking is a fairly common event, we often underestimate its complexity.“

Diese Komplexität von Witzen wird in den folgenden Beispielanalysen deutlich aufgezeigt. Die Komik von Witzen resultiert in vielen Fällen aus vielschichtigen Sprachphänomenen, deren Verständnis bei Menschen, die die jeweilige Sprache gut beherrschen, unwillkürlich vonstatten geht.

3.1. Beispielanalyse 1: Herr Dobermann

Der erste Witz, der analysiert wird, ist bereits aus der Einführung bekannt. Er lautet:

Richter: „Wann haben Sie denn gemerkt, dass das Grundstück bewacht war?“

Angeklagter: „Als ich die Zähne von dem Dobermann in meinem Hintern spürte!“

Darauf fragt der Richter den Zeugen: „Stimmt das, Herr Dobermann?“

Die Komik des Witzes resultiert daraus, dass man die Vorstellung von einem Mann hat, der den Angeklagten beißt. Zunächst dachte man noch, dass ein Hund den Angeklagten biss. Doch im letzten Satz wird diese Erwartung dann nicht erfüllt.

An dieser Stelle muss bemerkt werden, dass in sämtlichen Abbildungen, die zur Veranschaulichung der Beispielanalysen folgen, nur die relevanten Elemente oder Eigenschaften der jeweiligen Spaces genannt werden, da die Grafiken und entsprechenden Ausführungen ansonsten zu umfangreich und unübersichtlich würden.

Es folgt eine Grafik, die genauso wie jene aufgebaut ist und die gleichen Zeichen und Farben verwendet, wie es bereits in 2.3. Blending-Theorie am Beispiel des Fauns der Fall war.

Anhand dieser Abbildung wird der Blending-Prozess erläutert, der beim Verstehen dieses Witzes beim Menschen vonstatten geht. Die Analyse wird dabei aufzeigen, dass die Komik des Witzes aufgrund des Blendings besteht und dass die Fähigkeit, Blends bilden zu können, zwingend erforderlich ist, damit der jeweilige Rezipient in der Lage ist, den Witz zu verstehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Blending Theorie / Dobermann-Witz (nach Fauconnier / Turner 2002 : 46)

Auch in diesem Fall beinhaltet der Generic Space natürlich die Tatsache, dass es sich bei beiden um Lebewesen handelt, in diesem Falle speziell um Säugetiere, doch in diesem Beispiel ist diese Eigenschaft nicht relevant für die Analyse, die sich in erster Linie danach richtet, was die Komik des Witzes ausmacht. Neben diesem Element ist die Bezeichnung die einzige Gemeinsamkeit. Wie bereits erwähnt, beschäftigt sich diese Arbeit mit Witzen, die Homonymien enthalten. Diese werden sich in jedem Beispiel im Generic Space befinden, da auch eine gemeinsame Bezeichnung als gemeinsames Element angesehen werden kann. Deshalb befindet sich in diesem Fall der Begriff „Dobermann“ im Generic Space. Zum einen bezeichnet er im ersten Input Space die Hunderasse und zum anderen fungiert er als Nachname eines Menschen im zweiten Input Space. Im Blend ist er somit auch zu finden. Die gelben Linien unterstreichen dabei, dass es sich um ein Element handelt, dass allen vier mental spaces gemeinsam ist.

Ein Dobermann wird oftmals als Wachhund eingesetzt und wird im Allgemeinen eher als bissig statt als verschmust oder lieb angesehen. Diese beiden Eigenschaften gelangen in diesem Beispiel in den Blend, während vom zweiten Input Space das äußere Erscheinungsbild eines Menschen übernommen wird. Es ist allgemein nicht üblich, dass Menschen einander beißen. In der Grafik wird diese Eigenschaft verallgemeinernd als „Umgang mit anderen Menschen“ genannt. Dieses Element aus dem zweiten Input Space findet seinen Weg nicht in den Blend, da es den aus dem ersten Input Space übernommenen Eigenschaften widersprechen würde. Die Haupteigenschaften, die im Blend vorhanden sind, entstammen also dem ersten Input Space, wobei es sich aber immer noch um einen Menschen (Input Space 2) handelt. Herr Dobermann verhält sich in diesem Witz also wie ein bissiger Wachhund. Das daraus resultierende Bild beinhaltet, dass Herr Dobermann, ein Mensch, in das Hinterteil eines anderen Menschen beißt.

Der Blend stellt also die Komik des Witzes dar. Ohne die Fähigkeit Blends zu bilden, also aus zwei mental spaces einen neuen zu erschaffen, ist der Witz nicht verständlich.

3.2. Beispielanalyse 2: Knoten

Kommt eine Frau zum Arzt und sagt: „Herr Doktor, ich habe einen Knoten in der Brust.“

Darauf antwortet der Arzt: „Oh mein Gott, wer macht denn so was?“

Dieser Witz unterscheidet sich vom ersten Beispiel dadurch, dass man mehr Hintergrundinformationen braucht. Es ist notwendig zu wissen, dass ein Knoten sowohl ein Tumor, als auch ein festes Verschlingen, in der Regel von Fäden oder Seilen sein kann. Die erste Bedeutung erschließt sich daraus, dass die Frau zum Arzt geht. Somit ist es naheliegend, dass sie von dem medizinischen Begriff des Knotens redet. In der Regel würde man nun erwarten, dass der Arzt die Frau untersucht, um festzustellen, ob sie behandelt werden muss.

Die zweite Bedeutung kann man durch das Verb „tun“ herleiten. Das Verschlingen zu einem Knoten ist eine Tätigkeit, die ein Mensch ausführen muss, damit er entstehen kann. Es handelt sich in diesem Fall bei dem Begriff „Knoten“ um ein deverbales Nomen Agentis. Durch die Konversion des Verbes „knoten“ entsteht also das Nomen. Dieses Verb ist von der Valenz her zweiwertig; Es gibt ein Agens, das knotet und ein Patiens, das verknotet wird. Diese Zweiwertigkeit ist auch im deverbalen Nomen „Knoten“ vorhanden. Dies gilt jedoch nur für die Bedeutung des Wortes als Verschlingung, bei dem medizinischen Begriff sind diese Eigenschaften nicht vorhanden.

Ohne dieses Hintergrundwissen ist der Witz nicht verständlich. Somit handelt es sich bei diesem Beispiel um einen Fall, in dem der Hörer eine höhere Leistung erbringen muss. Auch Coulson und Wu (2005 : 494-495) weisen daraufhin, dass das Verstehen von Witzen eine Fertigkeit ist, die mitunter hohe Ansprüche an den Rezipienten stellen kann:

Joke comprehension is a high-level language task that depends on our ability to flexibly apply background knowledge to make inferences both about what has been said and what is coming next.

Es folgt eine Grafik zur Veranschaulichung des Blending-Prozesses:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Blending-Theorie / Knoten-Witz (nach Fauconnier / Turner 2002 : 46)

Auch in diesem Beispiel befindet sich der homonymische Begriff „Knoten“ im Generic Space. Außerdem ist der medizinische Begriff der Verschlingung insofern ähnlich, als dass der Tumor sich wie ein Knoten anfühlt. Auch dieses Element könnte man im Generic Space aufführen. Diese Gemeinsamkeit ist für die Analyse zwar nicht relevant, weist jedoch daraufhin, dass es sich bei diesem Beispiel um keinen klaren Fall der Homonymie handelt. Die Unterscheidung zwischen Homonymie und Polysemie ist graduell und in vielen Fällen nicht eindeutig zu treffen. Auch die weiteren, noch folgenden Beispielanalysen werden zeigen, dass die Differenzierung von Homoymie und Polysemie sehr schwierig sein kann.

Im ersten Beispiel waren die Elemente, die man im Generic Space aufführen konnte, noch sehr gering. Die Gemeinsamkeit, dass es sich um Säugetiere handelt, ist sehr unspezifisch, so dass man im ersten Beispiel von einer klaren Homonymie sprechen konnte, da die einzig nennenswerte Gemeinsamkeit die Bezeichnung „Dobermann“ war.

In diesem Beispiel gibt es noch die äußere Beschaffenheit, die bei den beiden Bedeutungen zumindest ähnlich ist, so dass es sich um einen Fall zu handeln scheint, bei dem der Begriff nicht mehr eindeutig als Homonymie aufzufassen ist, jedoch auch noch nicht als Polysemie, da die Gemeinsamkeiten nicht allzu groß sind. Je mehr Elemente im Generic Space zu finden sind und je spezifischer sie sind, desto stärker nähert sich der Begriff der Polysemie.

Im ersten Input Space befindet sich die medizinische Bedeutung des Wortes. Das Element, das beinhaltet, dass es sich um einen Tumor handelt, gelangt nicht in den Blend, während das Element des Ortes, also dass der Knoten sich im oder am Körper eines Menschen befindet, auch im Blend vorhanden ist. Der zweite Input Space beinhaltet den Knoten als Verschlingung von einem Material. Die üblichen Materialien wie Fäden, Seile oder Bänder sind ein Element, dass im Blend keine Beachtung findet, während die anderen zwei aufgeführten Elemente Teil des Blends werden. Das erste beinhaltet, dass ein Material verschlungen wird und das zweite, dass diese Verschlingung von einem Menschen durchgeführt wird. Die Information, dass das letzte Element im Blend vorhanden ist, findet sich im Witz in der Aussage des Arztes „ Wer tut denn so was?“.

Somit entsteht im Blend der mental space, dass ein Körperteil eines Menschen, die Brust, von einem anderen Menschen verknotet, also verschlungen wird. Auch hier wird durch die Analyse deutlich, dass die Pointe oder die Komik des Witzes durch den Prozess des Blendings hergestellt wird. Die Fähigkeit Blends bilden zu können ist somit unabdingbar für das Verständnis des Witzes.[2]

3.3. Beispielanalyse 3: Sitzen

„Stellen Sie sich vor, mein kleiner Peter sitzt bereits, obwohl er erst sechs Monate alt ist!“

„Nein, die heutige Jugend! – Was hat er denn angestellt?“

Dieses Beispiel ist dem vorigen sehr ähnlich. Auch hier ist ein umfassendes Sprach- und Hintergrundwissen notwendig, um den Witz verstehen zu können. Man muss die verschiedenen Bedeutungen des Verbes „sitzen“ kennen.

Zum einen wird die Fähigkeit zu sitzen angesprochen, die ein Kleinkind erst erlernen muss und zum anderen die umgangssprachliche Verwendung des Wortes, die beinhaltet, dass man sich im Gefängnis befindet und dort eine Strafe ab“sitzt“. Auch der hier behandelte Begriff nähert sich ein wenig der Polysemie, da Gefängnisinsassen viel Zeit mit Sitzen verbringen, da sie sich nicht frei bewegen können und sich am Tag lange in ihrer Gefängniszelle befinden und somit wohl auch beträchtliche Zeit in der sitzenden Position verbringen. Doch auch in diesem Fall sind die Gemeinsamkeiten nicht spezifisch und umfassend genug, als dass man von einem eindeutigen Fall der Polysemie ausgehen kann. In diesem Beispiel handelt es sich somit ebenfalls um einen Fall, der zwischen Homonymie und Polysemie anzusiedeln ist. Jedoch wird er sich aufgrund der nicht allzu starken Gemeinsamkeiten näher an ersteren Beziehung befinden.

Dieser Witz arbeitet wie bereits die vorigen stark mit den Erwartungen des Hörers oder Lesers. Nach der ersten Aussage der Mutter hat man noch das Bild eines kleinen Kindes von gerade einmal sechs Monaten vor Augen, das in der Lage ist zu sitzen. Man erwartet nun eigentlich eine Erwiderung, die Freude oder Glückwünsche ausdrückt. Stattdessen folgt aber die Antwort „Nein, die heutige Jugend! – Was hat er denn angestellt?“. Dieser Satz „[…] fordert die Konstruktion eines radikal unterschiedlichen kognitiven Modells als das, das zunächst aufgebaut wurde“ (Brône 2010 : 187). Er verweist auf die zweite, umgangssprachliche Bedeutung des Wortes.

Diese beiden kognitiven Modelle werden schließlich mithilfe des Blendings zusammengefügt, wie es auch schon in den vorigen Beispielen der Fall war. Auch bei diesem Witz folgt eine Grafik zur Veranschaulichung des Blending-Prozesses. An dieser wird im Folgenden erklärt, inwiefern die Blending-Theorie nützlich beziehungsweise sogar notwendig ist, damit ein Mensch die Komik des Witzes verstehen kann.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Blending-Theorie / Sitzen-Witz (nach Fauconnier / Turner 2002 : 46)

Im Generic Space befindet sich wie gehabt wieder der homonymische Begriff, in diesem Beispiel das Verb „Sitzen“. Der erste Input Space beinhaltet die Fähigkeit zu sitzen mit den Elementen, dass es sich dabei um eine Körperposition handelt und dass diese Fähigkeit im Kleinkindalter erworben wird. Das zweite Element gelangt in den Blend, während das erste nicht berücksichtigt wird.

Der Input Space 2 beinhaltet die umgangssprachliche Bedeutung des Verbs, dass man im Gefängnis sitzt. Im zweiten Input Space sind mehrere Elemente vorhanden. Zum einen beinhaltet er den Ort, das Gefängnis und das Alter der betreffenden Personen. Es handelt sich dabei um strafmündige Personen, also in der Regel um Erwachsene oder Jugendliche. Zum anderen umfasst der zweite Input Space den Grund, warum man sich im Gefängnis befindet und zwar aufgrund einer begangenen Straftat. Das Alter der betreffenden Personen bleibt ausschließlich im Input Space, während die anderen beiden Elemente im Blend vorzufinden sind. Somit beinhaltet der Blend die Elemente, dass es sich um ein Kleinkind handelt, dass sich aufgrund einer Straftat im Gefängnis befindet.

Durch den Blend hat man also das Bild eines Babys in einer Gefängniszelle vor Augen, was die Komik dieses Beispieles darstellt.

3.4. Beispielanalyse 4: Bilder

Chefs sind Vorbilder und Bilder hängt man auf.

Dieses Beispiel unterscheidet sich in zwei Punkten von den vorigen. Zum einen handelt es sich bei „Vorbilder“ und „Bilder“ um keine reinen homonymischen Begriffe, da beim ersten noch das Präfix –VOR vorhanden ist. Es besteht somit keine eindeutige Homonymie, sondern es handelt sich lediglich um Begriffe desselben Wortstammes. Witze unterstehen aber keinen strengen grammatikalischen oder syntaktischen Regeln, so dass in der folgenden Analyse „Vorbild“ und „Bild“ genauso behandelt werden, wie die homonymen Begriffe in den vorigen Beispielen. Zum anderen kann auch das Verb „aufhängen“ Bedeutungsunterschiede aufweisen. Es handelt sich bei diesem Beispiel also um einen wesentlich komplexeren Fall, der außerdem einige Schwierigkeiten aufweist und sich stark von den ersten Analysen unterscheidet.

Zunächst wird das Paar „Vorbilder – Bilder“ analysiert werden. Das Verb „aufhängen“ wird dabei im Sinne von „an die Wand hängen“ verstanden. Im zweiten Teil der Analyse dieses Beispieles wird dann der Bedeutungsunterschied des Verbes untersucht.

Es folgt eine weitere grafische Darstellung, anhand derer der Blending-Prozess in diesem Witz analysiert wird.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Blending-Theorie / Bilder-Witz (nach Fauconnier / Turner 2002 : 46)

Im Generic Space findet sich wie in allen anderen Beispielen auch die gemeinsame Bezeichnung, in diesem Fall der Begriff „Bild“. Das Präfix –VOR wird hierbei außer Acht gelassen. Der erste Input Space beinhaltet die Bedeutung des Begriffes „Bild“ als Gemälde bzw. als künstlerisches Produkt. Darunter fallen sowohl gemalte und gezeichnete Bilder, als auch Fotografien. Diese Art von Bildern wird in der Regel mit oder ohne Rahmen an die Wand gehängt, also „aufgehangen“, wie es im zweiten Teil des Witzes lautet. Diese Art der Anbringung gelangt in den Blend, während der künstlerische Aspekt des ersten Input Space keine Verwendung findet.

Im zweiten Input Space befindet sich das Wort des „Bildes“ in seiner Abwandlung „Vorbild“. Darunter versteht man in der Regel einen Menschen, der positive Eigenschaften besitzt und denen es sich nachzueifern lohnt. Der Mensch gelangt in den Blend, während die positiven Eigenschaften im Input Space verbleiben. Wie in der Grafik verdeutlicht, befindet sich nun im Blend ein Mensch, der an die Wand gehangen wird. Dies ist eine Vorstellung von einem Menschen, die unüblich ist und lustig wirkt. Wenn man den Begriff „Chef“ aus dem Witz noch hinzufügt, haben die meisten Menschen ein Bild vor Augen, in denen ein Mann im Anzug am Kragen an einem Nagel oder ähnlichem an der Wand hängt.

Wenn man jedoch einen etwas schwärzeren Humor besitzt, kann man das Verb „aufhängen“ ebenfalls auf unterschiedliche Art und Weise auffassen. Auch dieser Begriff hat mehrere Bedeutungen. Allerdings handelt es sich hierbei nicht mehr um eine homonymische Beziehung, sondern um eine polysemische. Auch wenn sich diese Arbeit mit Homonymien befasst, lohnt es sich in diesem Beispiel auch diesen Begriff zu untersuchen. Das Konzept von „aufhängen“ bleibt in beiden Bedeutungsvarianten dasselbe. Somit besteht eine starke Ähnlichkeit zwischen den beiden. In beiden Fällen „hängt etwas“, das heißt, es befindet sich nicht am Boden und ist in irgendeiner Art und Weise an einer Wand oder anderem befestigt, damit es nicht den Boden berührt. Es sind nur kleine Bedeutungsunterschiede erkennbar, die in der folgenden Analyse deutlich werden. Bei diesem Beispiel sind die Gemeinsamkeiten dermaßen groß, dass der Begriff eher der Polysemie als der Homonymie zugeordnet werden muss. Da der Blend in diesem Fall aber komplexer und auch interessanter ist als in den vorigen Analysen, folgt eine weitergehende Analyse des Witzes.

Im ersten Teil der Analyse wurde davon ausgegangen, dass hinter „aufhängen“ die Bedeutung steht, dass etwas an die Wand gehangen wird. Man kann das Wort aber auch in dem Sinne „Mord“ oder „Selbstmord“ auslegen.

Im nächsten Teil der Analyse dieses vierten Witzes ist also nicht mehr das Wortpaar „Bild – Vorbild“ Untersuchungsgegenstand, sondern das Verb „aufhängen“. Mit diesem Wort assoziiert man in der Regel, dass ein Bild oder eine Lampe aufgehangen wird. Nur im entsprechenden Kontext beinhaltet es, dass ein Mensch durch Erhängen stirbt. Wie die folgende Grafik zeigt, kann das Verb in diesem Beispiel auch in seiner zweiten Bedeutungsvariante verstanden werden. Dies hängt sehr stark vom jeweiligen Rezipienten ab.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Blending-Theorie / Bilder-Witz 2 (nach Fauconnier / Turner 2002 : 46)

Im Generic Space befindet sich der in diesem speziellen Fall polysemische Begriff, das Verb „aufhängen“. Im ersten Input Space hat dieser die Bedeutung, dass ein Gemälde oder Bild aufgehangen wird. Dabei handelt es sich um ein künstlerisches Produkt, das den Nutzen oder Sinn hat aufgehangen zu werden. Das Aufhängen ist hierbei also die Funktion des Objekts. Der zweite Input Space beinhaltet den Mord oder Selbstmord durch Erhängen. Dieser wird von einer Person ausgeführt, die ein entsprechendes Motiv hat sich selbst oder einen anderen Menschen auf diese Art und Weise zu töten. Das Objekt, das aufgehangen wird, ist ein Mensch. Der Tod eines Menschen durch Gewalteinwirkung, sei es nun von ihm selbst oder von einer anderen Person, wird in der Regel als negativ aufgefasst.

Im Blend befinden sich nun aus dem Input Space 1 das Element des Nutzens oder der Funktion und aus dem zweiten Input Space die Elemente der Einwirkung eines Menschen und dass es sich um einen Menschen handelt, der aufgehangen wird. Das Objekt des ersten Input Space, das künstlerische Produkt, wird also durch den Menschen ersetzt. Da die Funktion aber dieselbe bleibt, resultiert aus dem Blend die Annahme, dass der Mord oder Selbstmord des Menschen, in diesem konkreten Beispiel des „Chefs“, eine logische Konsequenz ist. Damit fallen auch die Elemente des Motivs und des negativen Aspekts aus dem zweiten Input Space weg. Im Blend befindet sich somit schließlich das Bild eines gerechtfertigten Mordes am Menschen, am „Chef“. Diese Vorstellung stellt für Menschen mit schwarzem Humor ebenfalls die Pointe des Witzes dar.

Auch in diesem Fall resultiert die Komik des Witzes also aus dem Blend beziehungsweise aus den beiden Blends. Dies variiert beim einzelnen Menschen, da Blending, wie bereits im ersten Teil der Arbeit ausgeführt, einen individuellen Prozess darstellt.

4. Schluss

Die Analyse der einzelnen Witze hat gezeigt, dass in diesen Beispielen die Komik nur aufgrund des Blending-Prozesses zustande kommt. Es gibt natürlich auch eine Vielzahl an Witzen, die auf eine andere Art und Weise funktionieren. Doch speziell bei Witzen, die homonymische Begriffe enthalten, wird viel mit der Fähigkeit des Menschen gearbeitet, verschiedene mental spaces zu einem Blend zusammenzufügen.

In allen Beispielen benötigt man Hintergrundinformationen, die es einem erleichtern, die jeweiligen Bezugsobjekte zu erkennen. Dies können recht simple Informationen sein wie in den ersten drei Beispielen. Doch es gibt auch wesentlich kompliziertere Witze, die mit dem Blending-Prozess arbeiten, wie das vierte Beispiel zeigt.

Die Frage, warum der Witz aus der Einleitung komisch wirkt, ist also mit der Blending -Theorie zu beantworten wie es in der ersten Beispielanalyse deutlich getan wird. Die weiteren Beispielanalysen belegen, dass es sich dabei nicht um einen Einzelfall handelt, sondern dass die Komik von Witzen oftmals aus dem Blending-Prozess resultiert. Die Blending-Theorie bietet somit eine gute Grundlage, um Humor zu untersuchen.

Auffällig ist, dass in keinem der Beispiele in der Analyse nach den jeweilig ausgesuchten Aspekten eine Emergent Structure vorhanden ist. Auch wenn diese nicht in jedem Fall aus dem Blending-Prozess resultiert, scheint es bei Witzen eher selten der Fall zu sein, dass ein komplexer Blend mit einer Emergent Structure existiert. Grundlegend für Scherze, die mit dem Blending arbeiten, ist also allein die Verbindung von Elementen aus den beiden Input Spaces. Der neue mental spaces beinhaltet in den analysierten Beispielen nur Elemente der Input Spaces, keine vollkommen neuen.

Die im ersten Teil dieser Arbeit dargestellte Blending-Theorie von Gilles Fauconnier und Mark Turner ermöglicht es also Pointen oder allgemein die komischen Aspekte von Witzen zu analysieren und damit deutlich zu definieren. Sie erklärt die vollständig intuitiven Vorgänge, die beim Menschen vonstatten gehen, wenn er einen Witz, der dem Schema der analysierten Beispiele folgt, versteht und im Umkehrschluss ebenfalls, warum er einen solchen Witz nicht versteht. In diesem Fall ist er nicht in der Lage, aus den jeweiligen Input Spaces einen Blend zu bilden.

Literaturverzeichnis

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[...]


[1] Die Theorie der mentalen Räume entwickelte Fauconnier nicht gemeinsam mit Turner, sondern mit Armen Khederlarian.

[2] An dieser Stelle wäre eine weitergehende Analyse interessant, inwiefern der Rollentausch von Frau und Arzt in diesem Beispiel ebenfalls zur Komik des Witzes beiträgt. Während die Frau bereits eine Diagnose gestellt hat, erweist sich der Arzt als vollkommen inkompetent. Im Rahmen dieser Arbeit wäre eine solche detaillierte allerdings zu umfangreich.

Excerpt out of 28 pages

Details

Title
Praktische Anwendung der Blending-Theorie am Beispiel von Witzen
College
University of Dusseldorf "Heinrich Heine"
Course
Angewandte Sprachanalyse: Nomen im öffentlichen Sprachgebrauch
Grade
1,3
Author
Year
2011
Pages
28
Catalog Number
V180817
ISBN (eBook)
9783656039983
ISBN (Book)
9783656040590
File size
1101 KB
Language
German
Keywords
mental spaces, blendingtheorie, blending, frames, frame-semantik
Quote paper
Jana Hölters (Author), 2011, Praktische Anwendung der Blending-Theorie am Beispiel von Witzen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/180817

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