Hinter der Arbeit steckt der Anspruch einen qualitativen Blick zu eröffnen auf den Einfluss kultureller Theorien auf die deutsche Gegenwartsliteratur. Um das unüberschaubare Feld einzugrenzen und gleichzeitig die Aussagekraft der Analyse zu erhöhen, wurden für die Arbeit zwei Deutungsversuche von Kultur ausgewählt, die ein besonderes Spannungsfeld erzeugen und gleichsam diametral entgegengesetzt sind: die Neorassismus-Theorie und das Konzept der Transkulturalität. In hervorragender Weise sind diese beiden Kulturkonzepte geeignet, aktuelle Fragen Kultur(en) betreffend zu diskutieren, weil sie die Geschlossenheit beziehungsweise Offenheit von Kultur(en) thematisieren. Während das Konzept des Neorassismus Kulturen als homogene Einheiten definiert, die nicht zur Vermischung befähigt seien, setzt die Transkulturalitätstheorie Vermischung als gegeben voraus.
Mit diesen Theorien im Blick wagt sich die Arbeit in der Folge an eine qualitative Analyse ausgewählter Texte deutscher Gegenwartsliteratur. Die Arbeit konzentriert sich auf Romane, die deutsch-türkische Beziehungen zum Thema haben. Fern ab von Schwarz-Weiß-Malerei möchte die Arbeit Hinweise geben, welche Elemente und Versatzstücke aktueller Kulturtheorie in einem Spektrum zwischen Transkulturalität und Neorassismus sich in den ausgewählten Texten finden. Bei zumindest zwei der drei Bücher handelt es sich um auch beim Lesepublikum durchaus erfolgreiche Romane. Der aktuellste Text Macho Man aus dem Jahr 2009 von Moritz Netenjakob war ein Bestseller auf deutschen Verkaufslisten; er thematisiert die Liebesgeschichte eines deutschen Ich-Erzählers zu einer Deutsch-Türkin und firmiert unter dem verkaufsfördernden Etikett „Comedy-Roman“. Ähnlich erfolgreich in den Bestsellerlisten war Selim Oder Die Gabe der Rede, der 1990 erschien; der Roman stellt einen ambitionierten Versuch dar die deutsch-türkische Freundschaft zwischen dem Redenschreiber Alexander und dem Ringer Selim zu erzählen. Zeitlich zwischen den beiden hier kurz angerissenen Texten steht der dritte zu analysierende Text von Martin Mosebach, der den Titel „Die Türkin“ trägt. Wie bei Macho Man geht es auch in diesem 1999 erschienenen Roman um eine Liebesgeschichte, die aber sehr abstrakt bleibt und zu einem großen Teil in Lykien in der Türkei spielt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Neorassismus und Transkulturalität. Ein Theoriebaustein
- Das Ende des Rassismus - der Beginn eines neuen Rassismus?
- Von Rasse zu Rassismus
- Neo-Rassismus und seine Konstituenten
- Ethnie und Ethnozentrismus
- Kulturnation und Leitkultur
- Neorassismus – ein kultureller Rassismus
- Transkulturalität
- Moritz Netenjakob: Macho Man
- Autor und Rezeption
- Handlungsgerüst
- Erzählposition
- ,,Der türkische Macho" - Konstruktion des türkischen Mannes
- Stereotypisierte und ethnozentrische Bilder in Macho Man
- Die Magie der orientalischen Kräfte
- Die Binärstruktur der deutschen und türkischen Kultur
- Sten Nadolny: Selim oder Die Gabe der Rede
- Autor und Rezeption
- Textstruktur und Handlung
- Die Multiperspektivität des Textes
- Stereotype Darstellungen
- Zwischen Transkulturalität und Xenophobie / Neorassismus
- Fremdenhass und Gleichgültigkeit
- Das Dilemma ethnozentrischer Sicht
- Transkulturelle Aspekte
- Analyse: Martin Mosebach: Die Türkin
- Autor und Rezeption
- Handlung und Struktur
- Perspektive(n) des Textes
- Strukturelle Ausgrenzung der türkischen Perspektive
- Hegemoniale Erzählposition des Ich-Erzählers
- Personencharakteristik: Pupuseh
- Macht- und neorassistischer Diskurs in Die Türkin
- Zusammenfassung, Ergebnisse
- Kultur als statisches Ordnungssystem
- Der Stellenwert der Ethnie als Rassen-Ersatz
- Gleichberechtigung oder Diskriminierung: Relevanz der Perspektiven
- Stereotype Darstellungsweisen
- Das Dilemma des Ethnozentrismus
- Chancen des transkulturellen Konzepts
- Ausblick
- Literaturverzeichnis
- Primärliteratur
- Sekundärliteratur
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Masterarbeit befasst sich mit der Frage, wie deutsch-türkische Beziehungen in der deutschen Gegenwartsliteratur dargestellt werden und welche kulturellen Theorien sich dabei widerspiegeln. Die Arbeit analysiert ausgewählte Texte, um zu untersuchen, ob und wie die Konzepte des Neorassismus und der Transkulturalität in der Literatur zum Ausdruck kommen.
- Die Konstruktion des „türkischen Mannes“ in der Literatur
- Stereotype Darstellungen und ethnozentrische Perspektiven
- Die Rolle von Kultur und Ethnie in der Konstruktion von Identität
- Die Auswirkungen von Neorassismus und Transkulturalität auf die Darstellung von Interkulturalität
- Die Bedeutung von Perspektiven und Erzählpositionen für die Interpretation von Interkulturellen Beziehungen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der deutsch-türkischen Beziehungen in der deutschen Gegenwartsliteratur ein und stellt die Relevanz der Arbeit im Kontext der Globalisierung und kultureller Theorien dar. Sie erläutert die Zielsetzung der Arbeit und die Auswahl der zu analysierenden Texte.
Das zweite Kapitel widmet sich der theoretischen Grundlage der Arbeit und diskutiert die Konzepte des Neorassismus und der Transkulturalität. Es werden die historischen Wurzeln des Rassismus und die Entstehung des Neorassismus beleuchtet, sowie die zentralen Elemente des Neorassismus, wie Ethnie, Ethnozentrismus und Kulturnation, erläutert. Anschließend wird das Konzept der Transkulturalität vorgestellt und seine Bedeutung für die Analyse interkultureller Beziehungen in der Literatur beleuchtet.
Die Kapitel drei bis fünf analysieren die ausgewählten Texte von Moritz Netenjakob, Sten Nadolny und Martin Mosebach. Die Analysen fokussieren auf die Darstellung von deutsch-türkischen Beziehungen, die Konstruktion von Stereotypen, die Verwendung von Perspektiven und Erzählpositionen sowie die Auswirkungen von Neorassismus und Transkulturalität auf die Interpretation der Texte.
Das sechste Kapitel fasst die Ergebnisse der Analysen zusammen und diskutiert die Relevanz der Ergebnisse für die deutsche Gegenwartsliteratur und die Debatte um Interkulturalität. Es werden die zentralen Erkenntnisse der Arbeit zusammengefasst und ein Ausblick auf zukünftige Forschungsfelder gegeben.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den Neorassismus, die Transkulturalität, deutsch-türkische Beziehungen, deutsche Gegenwartsliteratur, Stereotype, Ethnozentrismus, Kultur, Identität, Perspektiven, Erzählpositionen und Interkulturalität. Die Arbeit analysiert die Darstellung von deutsch-türkischen Beziehungen in der deutschen Gegenwartsliteratur und untersucht, wie die Konzepte des Neorassismus und der Transkulturalität in den Texten zum Ausdruck kommen. Die Analyse fokussiert auf die Konstruktion von Stereotypen, die Verwendung von Perspektiven und Erzählpositionen sowie die Auswirkungen von Neorassismus und Transkulturalität auf die Interpretation der Texte.
- Citation du texte
- Dominik Hämmerl (Auteur), 2011, Zwischen Transkulturalität und Neorassismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/181130