Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Literarisches Lehren in der Primarstufe
2.1 Die Bedeutung der korrekten Literaturauswahl
2.2 Problemorientierte Bilderbücher im Unterricht
2.3 Qualitative Beurteilung von Bilderbüchern
3 Das Bilderbuch Ente, Tod und Tulpe von Erlbruch
3.1 Inhalt
3.2 Gestaltung
3.2.1 Illustrationsbezogene Qualität
3.2.2 Sprachliche Qualität
3.2.3 Verhältnis von Bild und Text
3.2.4 Typographische Gestaltung
3.3 Erzählweise
3.4 Hinweise zur Interpretation und Funktion
4 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
1 Einleitung
Der Literaturunterricht in der Grundschule hat sich in den vergangenen Jahrzehnten stark in seiner Funktion verändert. Besonders Interpretationen, die Deutung von Stilmitteln und die literarische Ästhetik standen im traditionellen Literaturunterricht stark im Vordergrund. Der moderne Literaturunterricht ergänzt noch weitere Aspekte, z.B. die Vermittlung von Weltwissen und Erfahrungshorizonte[n], die in Geschichten künstlerisch verarbeitet sind.
[...] Literatur [provoziert] Fragen, die dazu einladen, über sich selbst, seine eigene Lebenssituation, sein Selbstverständnis und [...] über Perspektiven von anderen nachzudenken (Waldt 2003: 103 f.).
Um dies dem Schüler zu ermöglichen, bedarf es einer reflektierten Auswahl der Literatur seitens des Lehrers.
Diese Seminararbeit stellt einen ersten Versuch der Autorin dar, ein Bilderbuch auf seine pädagogisch-didaktische Qualität zu beurteilen. Hierfür wählt sie das Buch Ente, Tod und Tulpe von Wolf Erlbruch. Es wurde im Seminar Textrezeption - Weiterführendes Lesen, Kinderliteratur, Kindermedien von Frau Prof. Riegler vorgestellt. Die Autorin selbst fand zu Beginn keinen Zugang zu diesem Bilderbuch und verstand nicht, weshalb es laut Überzeugung der Professorin für den Unterricht geeignet sei. Demzufolge wählte die Autorin dieses Buch, um es professionell in Augenschein zu nehmen.
Der Leser erhält im folgenden Kapitel eine Einführung in das literarische Lehren in der Primarstufe. Darin verdeutlicht die Autorin die Bedeutung der korrekten Auswahl von Literaturmaterialien und gibt anschließend eine kurze Einleitung in die Bilderbuchart problemorientiertes Bilderbuch. Danach wird ein Leitfaden zur pädagogisch-didaktischen Beurteilung der Qualität von Bilderbüchern vorgestellt, an dem sich die Autorin orientiert. Das dritte Kapitel enthält die Ausführungen ihrer Beurteilung, woran sich das vierte Kapitel mit einem Fazit anschließt.
Das zu analysierende Bilderbuch enthält keine Seitenzahlen, weshalb die Autorin diese hinzufügte, um ihre Zitate korrekt belegen zu können und dem Leser die Orientierung in dem Bilderbuch zu erleichtern. Die Nummerierung orientiert sich an der Norm schriftlicher Prüfungsleistungen: Die ersten beiden Bilderbuchseiten, die sich noch vor dem Titelbild befinden, wurden mit römischen Ziffern (I und II) nummeriert. Das Titelbild selbst beginnt mit der Ziffer Null, sodass die Seitenzählung ab dieser fortlaufend gilt.
2. Literarisches Lehren in der Primarstufe
2.1 Die Bedeutung der korrekten Literaturauswahl
Der Literaturunterricht nimmt verschiedene Funktionen in der Grundschule ein. Zum einen soll das literarische Lernen und zum anderen die Lesekompetenz gefördert werden, d.h. Leseförderung verbunden mit literar-ästhetischer Bildung. Unterschiedliche literarische Erfahrungen der Schüler sind zu berücksichtigen, da sie die Literaturarbeit im Deutschunterricht beeinflussen. Beispielsweise kann sich aufgrund einer unterlassenen vorschulischen Leseausbildung bzw. einer monologischen Vorlesepraxis die Imaginationsfähigkeit der Kinder nur geringfügig entwickeln. Folglich besteht die Aufgabe des Deutschlehrers darin, benachteiligte Schüler in ihrer Imaginationsfähigkeit zu fördern. Besonders die ersten beiden Schuljahre sind hierin bedeutend. Die Vorlesesituation muss dialogisch gestaltet werden, d.h. das Lesen und offene Gespräche sind miteinander zu verbinden, wobei „die Schüler ihre Gedanken und Überlegungen frei entwickeln können“ (Waldt 2003: 124). Kinder, die eine optimale vorschulische Literaturausbildung genießen konnten „sollten Gelegenheit haben, in (freien) Schreibaufgaben oder in kreativen Gesprächen ihre Kenntnisse einzubringen, zu erproben und weiterzuentwickeln“ (ebd.). (ebd.: 123 f.)
Für die Arbeit mit Literatur ist somit eine kritische Reflexion des Buches unerlässlich, welches im Unterricht verwendet werden soll. Folgende Aspekte sind dabei zu berücksichtigen: thematische Zugänglichkeit des Buches für das Kind, Provokation von Fragen, Facettenreichtum, Anregungen zur eigenen Kreativität und Wirkungsleistung. Letztlich bietet ein gut reflektiertes Buch eine geeignete Grundlage für offene Unterrichtsgespräche.
2.2 Problemorientierte Bilderbücher im Unterricht
Von einer Einführung in die Thematik Bilderbuch wird in dieser Seminararbeit abgesehen, da sie eine vertiefende Ergänzung zum erwähnten Seminar darstellt (siehe Kap. 1: 1). In den Werken von Grünewald 1991, Schulz 2005 und Hollstein/Sonnenmoser 2006 finden interessierte Leser ergänzende Informationen bezüglich den Eigenschaften, den Besonderheiten, der Kategorisierung und den Funktionen von Bilderbüchern im Unterricht der Primarstufe.
Werden Bilderbücher durch die Lehrperson in entsprechender Qualität reflektiert ausgewählt, bieten sie dem Schüler einen besonderen ästhetischen Genuss. Erst dann erlauben [sie] einen fantasievollen, mitunter spielerischen Umgang mit Text und Bild. Fähigkeiten der Kinder, wie Lesen, Betrachten, Erzählen, Erleben, Vergleichen, Werten, und In-Beziehung-Setzen werden im Prozess der Begegnung mit einem Bilderbuch befördert (sic!) (Schulz 2005: 129).
Eine besondere Bilderbuchart bildet die Gruppe der problemorientierten Bilderbücher. Diese thematisieren überwiegend soziale als auch personale Probleme, welche vorrangig Kinder betreffen. Sie verweisen auf die Zwiespältigkeiten und Ungereimtheiten des Lebens, auf konträre Einstellungen und Verhaltenstendenzen. [...] [Sie] fordern den Leser zur Reflexion und Stellungnahme, zum Nachvollziehen des Konfliktes und auch zum Nachdenken auf, wie der Konflikt gelöst werden könnte. (Hollstein/Sonnenmoser 2006: 68)
Daneben verfolgen die problemorientierten Bilderbücher klare Ziele. Mit ihrer Hilfe können Kinder eine Distanz zu eigenen Schwierigkeiten gewinnen und Lösungswege finden. Sie erleben, dass auch andere Kinder Probleme haben und lernen, sich in deren Lage zu versetzen und Anteil zu nehmen. Demzufolge stehen anregende Seherfahrungen im Hintergrund, was sonst ein eher relevantes Kriterium für die Auswahl von Bilderbüchern ist. (vgl. ebd.: 72)
Es ist auf einen quantitativ geringen Einsatz problemhaltiger Kinderliteratur im Unterricht zu achten, da sonst ein gegenteiliger Effekt erzielt werden kann: „Statt sensibel zu werden, ,stumpfen‘ die Kinder ab. Dieser Vorgang ist im Zusammenhang mit dem Fernsehkonsum bekannt“ (ebd.: 75). Dennoch darf problemhaltige Kinderliteratur nicht aus dem Unterricht verbannt werden, da Kinder Bücher benötigen, „die kindliche Probleme und Konflikte behandeln und beispielhaft Möglichkeiten ihrer Bewältigung zeigen“ (ebd).
Diese Seminararbeit widmet sich der Thematik Sterben, Tod und Trauer in der Kinder- und Jugendliteratur. Ihre Besonderheit liegt in einer oft große Vergangenheits-, Gegenwarts- und Zukunftsbedeutung des kindlichen Rezipienten. Des Weiteren eignet sie sich gut für philosophische Diskussionen im Deutsch-, Sach- als auch Ethik-/Religionsunterricht, was jedoch stark von dem philosophischen Charakter des Bilderbuches abhängig ist. Es sei zum einen darauf zu achten, dass das verwendete Lehrmaterial tatsächlich ungelöste Fragen bearbeitet (vgl. Schreier 1993: 53). Zum anderen muss sich der Lehrer über die psychologische Entwicklung des Sterblichkeitswissens des Kindes bewusst sein (vgl. Schwarz 2004: 4 f.).
2.3 Qualitative Beurteilung von Bilderbüchern
Diese Seminararbeit setzt sich das Ziel ein ausgewähltes Bilderbuch aus pädagogischdidaktischer Sicht qualitativ zu analysieren. Die Literatur bietet Pädagogen und Lehrpersonen zahlreiche Anregungen, wie eine Auswahl reflektiert getroffen werden kann. Ein wesentliches Qualitätsmerkmal findet sich im „gelungene[n] narrative[n] Zusammenspiel von Bild und Text, wobei sich jedes Medium seiner spezifischen erzählerischen Möglichkeiten bedient“ (Hollstein/Sonnenmoser 2006: 1). Des Weiteren besteht in der Forschung Einigkeit, dass Kinder vielfältige Phänomene kennenlernen und sich frühzeitig mit unterschiedlichen Illustrationsstilen vertraut machen sollen. Folglich liegt der Fokus auf qualitativ hochwertige Bilder und Texte, das Anknüpfen an die Bedürfnisse und Interessen der Kindergruppe, die Förderung des sensorischen, kognitiven, emotionalen und sozialen Bereichs sowie des Bilderlesens. (vgl. ebd.: 58)
Die Beurteilung der Autorin orientiert sich an einem Leitfaden nach Grünewald. Zu Beginn erfolgt eine Bewertung des Inhaltes. Im Anschluss wird die Gestaltung des Bilderbuches näher betrachtet. Hierfür liegt der Fokus auf die illustrationsbezogene und sprachliche Qualität, auf das Verhältnis von Bild und Text sowie der typographischen Gestaltung. Letzteres wurde von Hollstein und Sonnenmoser ergänzt, um die Eignung des Bilderbuches für Leseanfänger zu überprüfen (vgl. ebd.: 30). Der dritte Punkt untersucht die Erzählweise, bzw. die Dramaturgie. Abschließend wird aufgezeigt, welche Interpretationsmöglichkeiten das Bilderbuch bietet und welche Funktion es verfolgt. Anhand dieses Leitfadens ist zu überprüfen, ob der Stoff des Bilderbuches adäquat künstlerisch gestaltet und die Sprache funktional ist. Treffen die Bilder den Charakter der Erzählung und bietet das Buch trotzdem eine anregende Seherfahrung? Gibt es Elemente zum Mit- und Weiterdenken? Und nicht zu vergessen: Korrespondiert es mit dem Interesse wie auch dem Rezeptionsvermögen der Schüler? (vgl. Grünewald 1991: 9)
[...]