Anfechtung - Die drei Irrtumsfälle laut § 119 BGB


Referat (Ausarbeitung), 2008

12 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1.0 Einleitung & Grundlagen

2.0 Die drei Irrtumsfälle laut § 119 BGB (Anfechtungsgründe)
2.1 Inhaltsirrtum & Beispiele
2.2 Erklärungsirrtum & Beispiele
2.3 Eigenschaftsirrtum & Beispiele

3.0 Anfechtungserklärung laut § 143 BGB

4.0 Anfechtungsfrist laut § 121 BGB

5.0 Konsequenzen bei erfolgreicher Anfechtung
5.1 Nichtigkeit laut § 142 BGB
5.2 Schadensersatzpflicht laut § 122 BGB

6.0 Anhang
6.1 Auflistung & Zitierung aller relevanten BGB - Paragraphen
6.2 Gesprächsnotiz mit Juristin Astrid Leisbrock

7.0 Quellenverzeichnisse
7.1 Endnoten
7.2 Literaturverzeichnis

1.0 Einleitung & Grundlagen

Diese Arbeit befasst sich mit einem grundlegenden Themengebiet der Jurisprudenz, der Anfechtung. Ich werde strenggenommen den Schwerpunkt der drei Irrtumsfälle des § 119 BGB1 und den damit verbundenen rechtlichen Umständen und Folgen behandeln. Diese Ausarbeitung soll einen möglichst weitreichenden Überblick über den komplexen Sachverhalt geben, jedoch ist eine gesamte Betrachtung aller vorkommenden Sonderfälle nicht gewährleistet.

Um näher auf die folgenden, möglichen Irrtumsfälle einzugehen, müssen erst ein paar Grundlagen erläutert und nötige Grundvoraussetzungen bestimmt werden. Eine Anfechtung ist eine einseitige Willenserklärung, die bei Erfolg zur Nichtigkeit eines rechtsgültigen Vertrags führt und beseitigt somit alle rechtlichen Auswirkungen der zuvor abgegebenen Willenserklärung. Sie ist zudem ein Gestaltungsrecht, was einzig den Beteiligten eines Rechtsgeschäfts zur Verfügung steht. Aus dieser Definition2 ist ableitbar, dass es zwingend notwendig ist, ein gültiges Rechtsgeschäft geschlossen zu haben. Es ist folglich nicht möglich, von vornherein nichtige Rechtsgeschäfte anzufechten. Aus diesem Grund unterstelle ich einfachheitshalber für den Rest der Arbeit, dass die Grundlage jeglicher Erarbeitungen, Erklärungen und Beispiele ein rechtsgültiger Vertrag ist, um sich wiederholende Fallunterscheidungen auszuschließen.

Auf der Basis dieser Voraussetzung kann man sagen, dass jede Willenserklärung nun anfechtbar ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob es sich um eine empfangsbedürftige, ausdrückliche oder konkludente Willenserklärung handelt.

Die pauschale Antwort darauf, wann ein Rechtsgeschäft anfechtbar ist, lautet, wenn es basierend auf einem im Bürgerlichen Gesetzbuch genannten Wissensmangel zu Stande gekommen ist. Insbesondere sind in diesem Zusammenhang die Anfechtungsgründe wegen Irrtums (§ 119 BGB), arglistiger Täuschung (§ 123 BGB) und widerrechtlicher Drohung (§ 123 BGB) zu nennen, wobei nun das einzige Augenmerk auf den Irrtumsfällen liegt.

Generell liegt ein Irrtum vor, wenn Erklärung und Wille des Gesagten3 ungewollt auseinanderfallen und der Erklärende dies nicht weiß. Jedoch führt eine Divergenz der Erklärung und des Willens nicht automatisch zur Nichtigkeit. Die Wirksamkeit der unrichtigen Willenserklärung muss erst angefochten werden, ansonsten bleibt sie, wie zuvor vorausgesetzt, rechtsgültig.

2.0 Die drei Irrtumsfälle laut § 119 BGB (Anfechtungsgründe)

2.1 Inhaltsirrtum & Beispiele

Unter dem Inhaltsirrtum versteht man den Irrtum über den Inhalt einer Erklärung. Dieser ist im § 119 Absatz 1, 1. Alternative festgehalten. In diesem Fall weiß der Erklärende, was er sagt, irrt sich jedoch über die Bedeutung des Gesagten. Der Erklärende will also etwas zum Ausdruck bringen, was objektiv4 anders verstanden wird, als er es meint. Infolgedessen lassen sich zwei verschiedene Fallgruppen unterscheiden, den Verlautbarungsirrtum und den Identitätsirrtum.

Der Verlautbarungsirrtum betrifft die typischen Fälle des Inhaltsirrtums, denn der Erklärende irrt hierbei über den Sinn, der dem Erklärungsmittel objektiv zukommt. Zu nennen sind beispielhaft der falsche Gebrauch von Fremdwörtern, Fachausdrücken oder die unrichtige Verwendung von Begriffen einer (fremden) Sprache, wie z.B.: 10 Gros Stücke Papier, die fälschlicherweise als 10 große Stücke Papier angenommen werden. Der Identitätsirrtum umfasst hingegen solche Sachverhalte, bei denen sich die Erklärung auf eine bestimmte Person, einen bestimmten Gegenstand oder einen bestimmten Geschäftstyp bezieht, aber dieser Bezug nach dem objektiven Erklärungswert vom Erklärungsempfänger anders verstanden wird, als der Erklärende meint. So entsteht entweder

- der Irrtum über die Person des Geschäftsgegners (error in persona), denn der Erklärende meint eine andere Person als tatsächlich erklärt, z.B.: die versehentliche Verwechslung des befreundeten Malermeisters Müller im Telefonbuch mit seinem Namensvetter, der auch Malermeister ist;
- der Irrtum über die Identität des Geschäftsgegenstandes (error in objecto), denn dem Erklärenden fehlt die Vorstellung über die Identität oder den Umfang des gekauften Gegenstandes, z.B.: die fälschliche Annahme beim Kauf des Nachbarnhundes, dass es ein Schäferhund sei, obwohl der aufgrund seines Todes durch einen Labrador ersetzt wurde;
- oder der Irrtum über die Geschäftsart (error in negotio), denn der Erklärende weiß nicht genau, was er unterzeichnet, z.B.: Abschluss eines Leasingvertrags aufgrund eines Schaufensterangebots eines Autos mit dazugehöriger Leasingrate, obwohl der Käufer annimmt, dass dies die monatlichen Raten eines Ratenkaufs seien und das Auto ihm somit am Ende der Laufzeit gehört.

Alle zuvor genannten Inhaltsirrtümer sind beachtlich und können dadurch als Anfechtungsgründe angegeben werden. Dagegen ist direkt zu sagen, dass nicht jeder Irrtum das Recht zur Anfechtung gibt (Unbeachtlichkeit).

Grundsätzlich gilt, dass ein Irrtum bei der Willensbildung, also die fälschliche Beurteilung vorliegender Fakten (die für die Bildung der Willenserklärung maßgebend sind), aus Gründen des Verkehrsschutzes nicht zur Anfechtung berechtigt, da Wille und Erklärung übereinstimmen. Dies nennt man einen unbeachtlichen Motivirrtum oder auch Irrtum im Beweggrund.

Daneben wird häufig noch der Kalkulationsirrtum erwähnt, den man aber nicht pauschal als unbeachtlich einstufen kann. Es kommen nämlich zwei unterschiedliche Ausprägungen vor, den internen und externen Kalkulationsirrtum, die anders behandelt werden. Beim Internen bleibt dem Erklärungsempfänger5 die Kalkulationsgrundlage verborgen, da er nur das Ergebnis mitgeteilt bekommt. Somit ist er im Geschäftsverkehr schutzwürdig, was bedeutet, dass der interne Kalkulationsirrtum ein unbeachtlicher Motivirrtum, also nicht anfechtbar, ist. Beim Externen hingegen wird dem Erklärungsgegner die Berechnungsgrundlage mitgeteilt und wird deshalb Teil des Erklärungsinhalts, wodurch dieser zur Anfechtung berechtigt.

2.2 Erklärungsirrtum & Beispiele

Ein Erklärungsirrtum liegt vor, wenn der Erklärende seine Erklärung in einer von ihm ungewollten Form abgibt. Dies ist im § 119 Absatz 1, 2. Alternative geregelt. Im Unterschied zum Inhaltsirrtum, wo der Irrtum in der Erklärungsbedeutung liegt, irrt der Erklärende sich hier in seiner Erklärungshandlung, auch Irrung genannt. Der Erklärende kennt also die objektive Bedeutung seiner Erklärung, jedoch misslingt ihm die praktische Umsetzung seines Willens, weil er bei der Äußerung seines Willens einen Fehler macht. Besondere Bedeutung haben in diesem Zusammenhang die Fälle des Versprechens, Verschreibens und Vergreifens.

Der Erklärende kann aber nur aufgrund eines Erklärungsirrtums anfechten, wenn er im Moment der Erklärungsabgabe eine bestimmte Vorstellung vom Inhalt der Erklärung hatte, die vom jetzigen Inhalt der Erklärung abweicht. Somit sind Willenserklärungen, bei denen der Erklärende während seiner Äußerung den Inhalt gar nicht kennt, nicht anfechtbar, da sich keiner über etwas irren kann, wenn er sich zuvor darüber gar keine Gedanken machte. Dies gilt insbesondere für die oft vorkommende Nichtbeachtung zusätzlich geltender AGBs6. Das klassische Beispiel eines Erklärungsirrtums wäre die Handhebung einer im Publikum sitzenden Person bei einer laufenden Auktion, die dadurch das Höchstgebot abgibt und objektiv somit ein gültiges Rechtsgeschäft eingeht, obwohl sie nur ihren Freund, der gerade zur Türe rein kam, grüßen wollte.

[...]


1 Abkürzung für bürgerliches Gesetzbuch

2 Dies ist aus Verständnisgründen nicht die genaue Definition laut Gesetzestext.

3 Das Gesagte schließt im Folgenden das Getane äquivalent ein.

4 Objektiv heißt in diesem Zusammenhang „nach der allgemeinen, rechtsgültigen Verkehrsauffassung“.

5 Auch Vertragspartner, Erklärungsgegner oder Vertragsgegner im Folgenden genannt

6 Abkürzung für Allgemeine Geschäftsbedingungen

Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Anfechtung - Die drei Irrtumsfälle laut § 119 BGB
Hochschule
Fachhochschule der Wirtschaft Bergisch Gladbach
Note
1,3
Autor
Jahr
2008
Seiten
12
Katalognummer
V181485
ISBN (eBook)
9783656044130
ISBN (Buch)
9783656044369
Dateigröße
393 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Wirtschaftsrecht, Anfechtung, Irrtümer, 119 BGB
Arbeit zitieren
B.Sc. Christopher Krause (Autor:in), 2008, Anfechtung - Die drei Irrtumsfälle laut § 119 BGB, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/181485

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