Passive Filter für Anwendungen im NF-Bereich


Scientific Essay, 2008

33 Pages


Excerpt


Passive Filter für Anwendungen im NF-Bereich

Dipl.-Ing. Franz P. Zantis

Bei passiven Filtern handelt es sich um Filter ohne aktive Bauelemente. Sie entstehen durch Zusammenschalten von konzentrierten Widerständen, Kondensatoren und Spulen. Aufgrund der Fortschritte in der Elektronik und der digitalen Signalverarbeitung werden sie für Niederfrequenzanwendungen in der Signalverarbeitung nur noch selten oder in Spezialfällen eingesetzt. Weiterhin Verwendung finden sie in der Hochfrequenztechnik, der Energietechnik oder der Leistungselektronik. Eine Ausnahme ist der Einsatz in passiven Mehrwege-Lautsprecherboxen. Dort werden nach wie vor passive Filter als Frequenzweichen eingesetzt.

Für den Entwurf der Filter ist es hilfreich, die im Folgenden zusammengestellten Gleichungen für den Amplituden- und Phasengang in ein Tabellenkalkulationsblatt (z.B. MS-Excel Worksheet) einzutragen. Damit kann man unmittelbar das Verhalten des Filters bei Veränderungen der Bauteilwerte beobachten. Vorschläge für Formeln, die direkt in ein Tabellenkalkulationsblatt von MS-Excel eingetragen werden können, sind an entsprechenden Stellen vorgesehen. Viele der dargestellten Diagramme in den nachfolgenden Ausführungen sind auf diese Art und Weise entstanden.

RC-Glieder

Alleine mit Widerständen (Formelzeichen R) und Kondensatoren (Formelzeichen C) lassen sich bereits alle Filter-Grundtypen aufbauen. Die Eigenschaften dieser Filter sind vergleichsweise bescheiden. Es handelt sich um Filter 1. Ordnung. Der Übergang vom Durchlass- zum Sperrbereich verläuft mit einer Steilheit von 6 dB pro Oktave. Trotzdem gibt es immer wieder Anwendungsfälle, bei denen gerade diese einfachen Filter sinnvoll eingesetzt werden.

Das RC-Glied als Hochpass

Ein Hochpassfilter läßt Frequenzen oberhalb einer Grenzfrequenz fc passieren und sperrt die Frequenzen die kleiner sind als die Grenzfrequenz. Hochpässe werden nicht nur verwendet, um den Klang zu verbessern, also um die Bässe in einem Audio-Signal abzuschwächen: Sie dienen auch zur Unterdrückung extrem tiefer Geräusche, die unter Umständen zu einer Beschädigung der Boxen führen können. Zur Zeit der „Vinylscheiben“, die per Analog-Plattenspieler zu Gehör gebracht wurden, waren solche Hochpässe mit Grenzfrequenzen von wenigen Hertz unter dem Namen „Rumpelfilter“ sehr beliebt, da sie die durch den mechanischen Antrieb des Plattenspielers hervorgerufenen Rumpelgeräusche unterdrückten. Das gemessene Übertragungsverhalten eines RC-Hochpassfilters ist im Bild 1 zu sehen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 1: Beispiel für einen gemessenen Verlauf des Amplitudenganges eines RC-Hochpasses

Die zugehörige Schaltung ist im Bild 2 dargestellt. Es handelt sich um einen frequenzabhängigen Spannungsteiler. Der Widerstand des Kondensators ändert sich in Abhängigkeit von der Frequenz.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

oder mit

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Wünschenswert ist es, das Übertragungsverhalten des Filters ohne aufwändige Messung, mit Hilfe von Formeln berechnen und vorhersagen zu können.

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Bild 2: RC-Hochpass

Die Herleitung des Frequenzgangs für ein Filter erfolgt immer nach dem gleichen Schema:

1. Aufstellen der komplexen Gleichung aus dem Spannungsteileransatz heraus (Informationen zur komplexen Rechnung findet man z.B. in [1], [2], [3] und [4]). Dies erbringt den komplexen Frequenzgang.
2. Trennen von Real- und Imaginärteil.
3. Betragsbildung durch quadratische Addition führt zum Amplitudengang.
4. Bei Bedarf: Der Arcustangens des Quotienten aus Imaginärteil und Realteil ergibt den Phasengang.
5. Bei Bedarf: Amplitudengang gleich 2-0,5 setzen führt zur Grenzfrequenz.

Beim RC-Hochpass erhält man mit Hilfe des Spannungsteileransatzes:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Gl. {1}

Betragsbildung liefert den Amplitudengang. Dazu werden Real- und Imaginärteil getrennt und quadratisch addiert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Gl. {2}

bzw. mit w = 2 pf

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

In einem Tabellenkalkulationsblatt von Excel könnte die Formel wie folgt aussehen:

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Dabei stehen in der Spalte A die Frequenzen. R und C sind Namen von Zellen, die die zugehörigen Bauteilwerte enthalten.

Der Phasengang ergibt sich aus dem Arcus-Tangens des Verhältnisses Imaginärteil zum Realteil :

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Gl. {3}

Bei Audioanwendungen muss der Phasenverlauf nur in Ausnahmefäll beachtet werden, denn das menschliche Gehör kann die Phasenlage im Signal nicht direkt wahrnehmen.

Bei der Grenzfrequenz ist die Amplitude des Eingangssignals um den Faktor 2-0,5 abgesenkt. Die Grenzfrequenz läßt sich also berechnen, indem man setzt:

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und daraus rechnet:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Gl. {4}

Im Bild 3 ist der Amplituden- und Phasengang eines Hochpassfilters nach Bild 2 dargestellt.

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Bild 3: Amplitudengang (oben) und Phasengang (unten) eines RC-Hochpassfilters gemäß Bild 2 mit einer Grenzfrequenz von 34 Hz.Bei der Grenzfrequenz beträgt die Phasenverschiebung 45°.

Die Dimensionierung eines RC-Hochpassfilters beginnt in der Regel mit der Festlegung der Grenzfrequenz fc. Als nächsten Punkt sind die an den Ein- und Ausgängen wirsamen Impedanzen zu berücksichtigen. Soll das Filterverhalten von Quelle und Senke nicht beeinflußt werden, dann muss für den Generatorwiderstand Ri der Quelle gelten:

Ri << R1

Und für die angeschlossene Senke Rs (also die nachfolgende Stufe – z.B. ein Verstärkereingang):

Rs >> R1

Beispiel:

Gefordert ist ein Hochpass mit fc = 100 Hz. Dabei ist Ri = 10 Ω und Rs = 22000 Ω.

Es würde sich anbieten R1 zunächst auf 2200 Ω festzulegen. Dann sind beide Bedingungen erfüllt. Der notwenige Kondensator ergibt sich mit Hilfe von Gleichung {4} zu

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Einen derartigen Kondensator kann man nicht kaufen. Ausgehend von z.B. dem nächsten Normwert von 680 nF bietet es sich an, mit Hilfe der Gleichung {2} und einem Tabellenkalkulationsprogramm die endgültigen Bauteilwerte zu bestimmen.

Mit den Standardwerten: R1 = 2400 Ω und C1 = 680 nF erhält man eine Grenzfrequenz von etwa 97,5 Hz.

RC-Glied als Tiefpass

Ein Tiefpassfilter läßt Frequenzen unterhalb einer Grenzfrequenz passieren und sperrt die Frequenzen die höher sind als die Grenzfrequenz.

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Bild 4: Schaltbild des RC-Tiefpassfilters.

Im Bild 4 ist die Schaltung eines RC-Tiefpassfilters dargestellt. Für dieses Filter gilt für den komplexen Frequenzgang, hergeleitet durch Spannungsteileransatz:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Gl. {5}

Daraus wieder der Amplitudengang durch Trennung von Real- und Imaginärteil und anschließender quadratischer Addition:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Gl. {6}

Auch hierfür ein Beispiel für den Eintrag der Formel (allerdings mit direkter Abhängigkeit von der Frequenz: |H(f)|) in ein Tabellenblatt von MS-Excel:

=1/WURZEL(1+(2*PI()*A9*R*C)^2)

Auch hier stehen die Frequenzen in der Spalte A. R und C sind wieder Zellbezüge über Namen.

Weiterhin gilt der Phasengang:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Gl. {7}

Die Grenzfrequenz ergibt sich genau wie beim Hochpassfilter direkt aus den Bauteilewerten. Entsprechend gilt wie beim Hochpass:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Gl. {8}

Der Amplituden und Phasengang der Schaltung nach Bild 4 ist im Bild 5 dargestellt.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 5: Amplitudengang (oben) und Phasengang (unten) eines RC-Tiefpassfilters gemäß Bild 4 mit einer Grenzfrequenz von 34 Hz.Bei der Grenzfrequenz beträgt die Phasenverschiebung 45°.

Für die Dimensionierung gilt das Gleiche wie für den RC-Hochpass. Zunächst ist normalerweise die geforderte Grenzfrequenz bekannt. Mit Kenntnis der Abschlusswiderstände am Ein- und Ausgang kann man dann den ohmschen Widerstand festlegen, den Kondensator berechnen und die so gewonnenen Werte mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms noch optimieren.

Ein RC-Tiefpassfilter läßt sich gemäß dem Bild 6 duch Austausch der Bauteile (Kondensator gegen Widerstand und vis versa) in ein RC-Hochpassfilter überführen – und umgekehrt natürlich.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Bild 6: Tiefpass (links) versus Hochpass (rechts). Oben in normaler Darstellung – unten in einer Darstellung, die den frequenzabhängigen Spannungsteiler nochmals hervorhebt.

RC-Bandpass

Wie die beschriebenen Hoch- und Tiefpassfilter gehören auch Bandpässe zu den Filter-Grundtypen. Ein bestimmter, durch eine obere- und untere Grenzfrequenz festgelegter Frequenzbereich kann das Filter passieren. Alles andere wird gesperrt.

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten Bandpassfilter aus RC-Gliedern aufzubauen:

a) durch Hintereinanderschaltung von Tief- und Hochpass (am besten wenn diese voneinander entkoppelt sind)

b) durch eine in sich selbst frequenzselektive Schaltung

Im Fall a) wird ein Frequenzband festgelegt, in dem die Übertragung möglichst ohne Beeinflussung stattfindet. Ober- und Unterhalb dieses Bandes werden die eingehenden Signale unterdrückt. Die untere und obere Grenzfrequenz sind frei wählbar.

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Details

Title
Passive Filter für Anwendungen im NF-Bereich
College
RWTH Aachen University  (Physikalisches Institut IIIa)
Author
Year
2008
Pages
33
Catalog Number
V181613
ISBN (eBook)
9783656049739
ISBN (Book)
9783656050667
File size
1811 KB
Language
German
Notes
Der Aufsatz beschreibt die Funktionsweise und die Berechnung von passiven Filtern sowie deren Anwendung z.B. in Frequenzweichen.
Keywords
Frequenzweiche, Hochpass, Tiefpass, Bandpass, Bandsperre, Notchfilter, Audiotechnik
Quote paper
Dipl.-Ing. Franz Peter Zantis (Author), 2008, Passive Filter für Anwendungen im NF-Bereich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/181613

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