Leseprobe
I NHALTSVERZEICHNIS
1.1 Text in deutscher Übersetzung
1.2 Einleitung
2. Synchrone Textanalyse
3. Gattungskritik
4. Literarkritik und Redaktionsgeschichte
5. Traditionsgeschichte
6.1 Abschließende Interpretation
6.2 Fazit
7. Literaturverzeichnis
1.1 TEXT IN DEUTSCHER ÜBERSETZUNG
„Freude am Lob Gottes“1 2
EIN PSALMLIED FÜR DEN SABBATTAG.
2 Das ist ein köstlich Ding, dem HERRN danken und a lobsingen deinem Namen, du Höchster,
3 des Morgens deine Gnade und des Nachts deine Wahrheit verkündigen
4 auf dem Psalter mit zehn Saiten, mit Spielen auf der Harfe.
5 Denn, HERR, du lässest mich fröhlich singen von deinen Werken, und ich rühme die Taten deiner Hände.
6 HERR, wie sind a deine Werke so groß! b Deine Gedanken sind sehr tief.
7 Ein Törichter glaubt das nicht, und ein Narr begreift es nicht.
8 Die Gottlosen grünen wie das Gras, / und die Übeltäter blühen alle - nur um vertilgt zu werden für immer!
9 Aber du, HERR, bist der Höchste und bleibest ewiglich.
10 Denn siehe, deine Feinde, HERR, / siehe, deine Feinde werden umkommen, und alle Übeltäter sollen zerstreut werden.
11 Aber mich machst du stark wie den Wildstier und a salbst mich mit frischem Öl.
12 Mit Freude sieht mein Auge auf meine Feinde herab und hört mein Ohr von den Boshaften, die sich gegen mich erheben.
13 a Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum, er wird wachsen wie eine Zeder auf dem Libanon.
14 Die gepflanzt sind im Hause des HERRN, werden in den Vorhöfen unsres Gottes grünen.
15 Und wenn sie auch alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein,
16 dass sie verkündigen, wie der HERR es recht macht; a er ist mein Fels und kein Unrecht ist an ihm.
92,2: a Ps 147,1 92,6: a Ps 104,24; b Jes 55,9 92,11: a Ps 23,5 92,13: a (13-15) Ps 1,3; 52,10 92,16: a 5.Mose 32,4
1.2 EINLEITUNG
Das Wort Psalm stammt aus dem Griechischen, „psalmos“ = Gedicht, gesungen unter Begleitung musikalischer Instrumente. Der hebräische Titel des Psalmbuchs heißt „Sepher Tehillim“, was sich mit „Buch der Lobpreisungen“ übersetzen lässt. Die Psalmen bilden Antworten auf das Wort Gottes und Gottes Tun. Lob und Klage sind dabei die Grundvariationen, die von Einzelnen oder vom Volk formuliert werden. Das Gegenüber von Lob und Klage ist dabei stärker als das von Bitte und Dank, wie es in Gebeten üblich ist. Es lassen sich drei verschiedene Arten der Wortgestaltung erkennen. „[S]ie sind Gebet, d.h. flehend oder jubelnd an Gott gerichtetes Wort; sie sind Dichtung, d.h. dichterisch geformtes Wort; und sie sind Lied, d.h. sie ragen über das Sprechen, auch das Rezitieren einer Dichtung hinaus in die Musik hinein.“3 Erstaunlich für mich ist, dass die Jahrtausende alten Psalmen eigentlich den gesamten Bibelinhalt widerspiegeln: „die Unmittelbarkeit des Redens zu Gott, das die Wirklichkeit in ihrer ganzen Weite, Tiefe und Härte mit dem Gott in Verbindung bringt, der der Frommen und der Gottlosen Herr ist, der Gott der Abgründe und der Gott der Höhen, der Herr der Schöpfung und der Herr der Geschichte.“4 Aufgrund der Überschrift „Freude am Lob Gottes“, welche bei mir positive Emotionen auslöste, ist die Entscheidung auf die Psalmenexegese von Psalm 92 gefallen. Man merkt sofort, dass der Psalmist jemand war, der über Gottes Güte und Treue nachgedacht hat. Seine Worte wirken wie eine Anspornung, seinem Beispiel zu folgen. Denn manchmal muss man/ ich gestehen, dass wir träge sind in Bezug auf die Betrachtung dessen, was unser himmlischer Vater für uns getan hat und weiter tut?! Geschweige denn, wenn wir an die allergrößte Gabe, die Gabe seines Sohnes denken. Die Bibel belehrt uns, dass Gott groß und erhaben ist. Allerdings besteht ein Unterschied zwischen theoretischem Wissen und innerer Erfahrung. Beim ersten Lesen des Ps 92 fällt die Polarität zwischen Gerechten und Gottlosen auf. Die Gerechten werden in zahlreichen Stellen der Bibel erwähnt, und zwar immer mit den Merkmalen der Gunst Gottes. Somit ermuntern uns die Verse, auch unter die Gerechten gezählt zu werden. So stellt sich die Frage: Wann können wir Christen uns als Gerechte einstufen? Dies soll die vorliegende Arbeit beantworten.
2. SYNCHRONE TEXTANALYSE
In diesem Kapitel wird der Text bezüglich Textoberfläche, Texttiefenstruktur und Textpragmatik untersucht. TEXTOBERFLÄCHENANALYSE - GLIEDERUNGSMERKMALE:
2 Das ist ein köstlich Ding, dem HERRN danken und a lobsingen deinem Namen, du Höchster,
3 des Morgens deine Gnade und des Nachts deine Wahrheit verkündigen
4 auf dem Psalter mit zehn Saiten, mit Spielen auf der Harfe.
5 Denn, HERR, du lässest mich fröhlich singen von deinen Werken, und ich rühme die Taten deiner Hände.
6 HERR, wie sind a deine Werke so groß! b Deine Gedanken sind sehr tief.
7 Ein Törichter glaubt das nicht, und ein Narr begreift es nicht.
8 Die Gottlosen grünen wie das Gras, / und die Übeltäter blühen alle - nur um vertilgt zu werden für immer!
9 Aber du, HERR, bist der Höchste und bleibest ewiglich.
10 Denn siehe, deine Feinde, HERR, / siehe, deine Feinde werden umkommen, und alle Übeltäter sollen zerstreut werden.
11 Aber mich machst du stark wie den Wildstier und a salbst mich mit frischem Öl.
12 Mit Freude sieht mein Auge auf meine Feinde herab und hört mein Ohr von den Boshaften, die sich gegen mich erheben.
13 a Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum, er wird wachsen wie eine Zeder auf dem Libanon.
14 Die gepflanzt sind im Hause des HERRN, werden in den Vorhöfen unsres Gottes grünen.
15 Und wenn sie auch alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein,
16 dass sie verkündigen, wie der HERR es recht macht; a er ist mein Fels und kein Unrecht ist an ihm.
Die Textoberfläche des Psalms ist erkennbar strukturiert und kohäsiv durch ihre Gliederung (Leerzeilen) in fünf mehrzeilige Strophen. Die jeweiligen Strophenanfänge sind grau markiert.
Die weiteren Merkmale, insbesondere Reimstrukturen, können sicherlich in der hebräischen Version besser erkannt werden. Doch auch in der Übersetzung sind erwähnenswerte Prinzipien aufzuspüren. Es lassen sich Formulierungen finden, die das Prinzip der Rekurrenz manifestieren. So beginnen Vers 5 und Vers 10 jeweils mit „Denn“ und Vers 9 und Vers 11 jeweils mit „Aber“. Prinzipiell lassen sich diese Strukturindikatoren der Wiederholung auch in Worten wie „Törichter“ und „Gottloser“ finden, auch wenn diese nicht identisch sind. Auch Merkmale der Deixis lassen sich finden. So fällt dem Leser auf, dass das Wort „grünen“ in Vers 13 und 14 auf den Vers 8 verweist, da dort dasselbe Wort bereits verwendet wurde. Interessant erscheint mir auch der Rückbezug - in diesem Fall antithetisch von den Übel-Tätern zu Gottes Taten (vgl. S. 12).
TEXTOBERFLÄCHENANALYSE - SATZSTRUKTUR:
2 Das ist ein köstlich Ding, dem HERRN danken und a lobsingen deinem Namen, du Höchster,
3 des Morgens deine Gnade und des Nachts deine Wahrheit verkündigen
4 auf dem Psalter mit zehn Saiten, mit Spielen auf der Harfe. (AS; G)
5 Denn, HERR, du lässest mich fröhlich singen von deinen Werken, und ich rühme die Taten deiner Hände.
6 HERR, wie sind a deine Werke so groß! b Deine Gedanken sind sehr tief. (AR; G)
7 Ein Törichter glaubt das nicht, und ein Narr begreift es nicht. (AS; G)
8 Die Gottlosen grünen wie das Gras, / und die Übeltäter blühen alle - nur um vertilgt zu werden für immer! (AR; G)
9 Aber du, HERR, bist der Höchste und bleibest ewiglich. (AR;G)
10 Denn siehe, deine Feinde, HERR, / siehe, deine Feinde werden umkommen, und alle Übeltäter sollen zerstreut werden. (AR; Z)
11 Aber mich machst du stark wie den Wildstier und a salbst mich mit frischem Öl.
12 Mit Freude sieht mein Auge auf meine Feinde herab und hört mein Ohr von den Boshaften, die sich gegen mich erheben. (AS;G)
13 a Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum, er wird wachsen wie eine Zeder auf dem Libanon. (AS;Z)
14 Die gepflanzt sind im Hause des HERRN, werden in den Vorhöfen unsres Gottes grünen. (AS;Z)
15 Und wenn sie auch alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein, (AS;Z)
16 dass sie verkündigen, wie der HERR es recht macht; a er ist mein Fels und kein Unrecht ist an ihm. (AF u. AR; G u. Z)
Dank und Lobpreisung
direkte Rede zu Gott
Aussage (AS) Ausruf (AR)
Aufforderung (AF) Gegenwart (G) Zukunft (Z)
Psalm 92 nimmt Bezug auf Vergangenes (vgl. Ps 90 und 91), aber nicht im Wortlaut. Eine Handlung wird nicht dargestellt. Auffällig ist der Wechsel zwischen Aussage- und Ausrufsätzen, die einmünden in eine Aufforderung am Ende. Zumeist redet der Psalmist in und von der Gegenwart, aber er wagt auch den Blick in die Zukunft. Die meisten Sätze sind parataktisch verknüpft, nur in den Versen, in denen sich Versteile an Aussagesätze mit Verben der sinnlichen Wahrnehmung anschließen, lässt sich eine hypotaktische Anordnung feststellen, z.B. „hört mein Ohr von den Boshaften, die sich gegen mich erheben.“(V. 12).
TEXTOBERFLÄCHENANALYSE - PHORIK/ PRONOMINA:
2 Das ist ein köstlich Ding, dem HERRN danken und a lobsingen deinem Namen, du Höchster,
3 des Morgens deine Gnade und des Nachts deine Wahrheit verkündigen
4 auf dem Psalter mit zehn Saiten, mit Spielen auf der Harfe.
5 Denn, HERR, du lässest mich fröhlich singen von deinen Werken, und ich rühme die Taten deiner Hände.
6 HERR, wie sind a deine Werke so groß! b Deine Gedanken sind sehr tief.
7 Ein Törichter glaubt das nicht, und ein Narr begreift es nicht.
8 Die Gottlosen grünen wie das Gras, / und die Übeltäter blühen alle - nur um vertilgt zu werden für immer!
9 Aber du, HERR, bist der Höchste und bleibest ewiglich.
10 Denn siehe, deine Feinde, HERR, / siehe, deine Feinde werden umkommen, und alle Übeltäter sollen zerstreut werden.
11 Aber mich machst du stark wie den Wildstier und a salbst mich mit frischem Öl.
12 Mit Freude sieht mein Auge auf meine Feinde herab und hört mein Ohr von den Boshaften, die sich gegen mich erheben.
13 a Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum, er wird wachsen wie eine Zeder auf dem Libanon.
14 Die gepflanzt sind im Hause des HERRN, werden in den Vorhöfen unsres Gottes grünen.
15 Und wenn sie auch alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein,
16 dass sie verkündigen, wie der HERR es recht macht; a er ist mein Fels und kein Unrecht ist an ihm.
Ich/ Gerechte
Jahwe/ Höchster/ Herr/ Gott
Gottloser/ Törichter/ Feind/ Narr
Bereits auf der Wortebene lassen sich Hinweise f ü r die Textkohäsion finden. Auffallend oft verwendet der Psalmist Verben der sinnlichen Wahrnehmung , wie „ sehen “ (V. 10, 12), „ hören “ (V. 12) oder
„ begreifen “ (V. 7), sowie nominalisierte Adjektive, wie „ der Törichte “ (V.
7), „ die Gottlosen “ (V. 8) und „ die Boshaften “ (V. 12). Weitere Hinweise auf das Vorhandensein oberflächenhafter Kohäsion bilden die
Satzverbindungen, da die Sätze zum großen Teil syndetisch und parataktisch aneinander gereiht sind. Denn es finden sich Bindewörter wie „ denn “ (V. 5, 10) oder „ aber “ (z.B. V. 9, 11) und „ und “ (V. 15). Die Phorik weist Kohäsion auf, da allen pronominalen Elementen eindeutige Bezugsworte zuzuordnen sind (wie z.B. „er wird wachsen“ - der Gerechte, V. 13) und somit klare Beziehungsverhältnisse bestehen.
Auf der Seite des Akteurs „ich“ oder „Herr“ wird das Stilmittel Renominalisierung verwendet.
Die Ausnahme ist „HERR“ = „Höchster“, „Herr“ und „Gott“, und die Ausnahme bei „ich“ = „Gerechte“ (V. 13).5 Auf der Seite der Gottlosen hingegen findet keine Renominalisierung statt. Im Gegenteil, der Psalmist verwendet in dieser Übersetzung immer wieder neue Morpheme (Worte für den Gottlosen).
Auf der Lautebene existieren nur wenige Erscheinungen, die Kohäsion belegen. Einzig auffallend findet sich eine Alliteration in Vers 8: „Die Gottlosen grünen wie das Gras“ und „Übeltäter blühen“ (nicht im engen Sinne einer Alliteration). In Vers 10 fällt zudem noch eine Doppelung auf „Denn siehe, deine Feinde, … deine Feinde“.
Das damit abgeschlossene Unterkapitel der Textoberflächenuntersuchung des Psalms 92 hat die sprachlichen Formen erfasst und einen deutlichen Grad der Stimmigkeit herausarbeiten können. Meines Erachtens weist der Psalm 92 deutlich Kohäsion auf. Im folgenden Unterkapitel zur Texttiefenstruktur wird nun auf der Ebene der Inhalte erarbeitet, wovon der Psalm handelt. Dabei werden zunächst die Wortfelder aufgelistet, um anschließend mit Hilfe der Gliederung in Propositionen und Makropositionen das Textthema zu benennen.
TEXTTIEFENSTRUKTUR:
LEITWORTE/ WORTFELDER:
2 Das ist ein köstlich Ding, dem HERRN danken und a lobsingen deinem Namen, du Höchster,
3 des Morgens deine Gnade und des Nachts deine Wahrheit verkündigen
4 auf dem Psalter mit zehn Saiten, mit Spielen auf der Harfe.
5 Denn, HERR, du lässest mich fröhlich singen von deinen Werken, und ich rühme die Taten deiner Hände.
6 HERR, wie sind a deine Werke so groß! b Deine Gedanken sind sehr tief.
7 Ein Törichter glaubt das nicht, und ein Narr begreift es nicht.
8 Die Gottlosen grünen wie das Gras, / und die Übeltäter blühen alle - nur um vertilgt zu werden für immer!
9 Aber du, HERR, bist der Höchste und bleibest ewiglich.
10 Denn siehe, deine Feinde, HERR, / siehe, deine Feinde werden umkommen, und alle Übeltäter sollen zerstreut werden.
11 Aber mich machst du stark wie den Wildstier und a salbst mich mit frischem Öl.
12 Mit Freude sieht mein Auge auf meine Feinde herab und hört mein Ohr von den Boshaften, die sich gegen mich erheben.
13 a Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum, er wird wachsen wie eine Zeder auf dem Libanon.
14 Die gepflanzt sind im Hause des HERRN, werden in den Vorhöfen unsres Gottes grünen.
15 Und wenn sie auch alt werden,
werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein,
16 dass sie verkündigen, wie der HERR es recht macht; a er ist mein Fels und kein Unrecht ist an ihm.
Die Auflistung der Leitworte bzw. Wortfelder
(2)-(3) HERRN danken
(4) Saitenspiel
(5)-(6) Werke
(7)-(8) die Gottlosen
(9) HERR = Höchster
(10) die Gottlosen
(11) der Gerechte
(12) Freude und Feinde
(13)-(15) der Gerechte/ Hause des HERRN/ fruchtbar und frisch
(16) HERR = Fels
ermöglicht bereits Aussagen zur thematischen Tiefenstruktur. Erkennbar ist die Gliederung in Themen wie Danksagung und
Lobpreisung in der direkten Ansprache Gottes verbunden mit der Gegenüberstellung von Gerechten und Gottlosen.
SATZEBENE:
2 Das ist ein köstlich Ding, dem HERRN danken und a lobsingen deinem Namen, du Höchster,
3 des Morgens deine Gnade und des Nachts deine Wahrheit verkündigen
4 auf dem Psalter mit zehn Saiten, mit Spielen auf der Harfe.
5 Denn, HERR, du lässest mich fröhlich singen von deinen Werken, und ich rühme die Taten deiner Hände.
6 HERR, wie sind a deine Werke so groß! b Deine Gedanken sind sehr tief.
7 Ein Törichter glaubt das nicht, und ein Narr begreift es nicht.
8 Die Gottlosen grünen wie das Gras, / und die Übeltäter blühen alle - nur um vertilgt zu werden für immer!
9 Aber du, HERR, bist der Höchste und bleibest ewiglich.
10 Denn siehe, deine Feinde, HERR, / siehe, deine Feinde werden umkommen, und alle Übeltäter sollen zerstreut werden.
11 Aber mich machst du stark wie den Wildstier und a salbst mich mit frischem Öl.
12 Mit Freude sieht mein Auge auf meine Feinde herab und hört mein Ohr von den Boshaften, die sich gegen mich erheben.
13 a Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum, er wird wachsen wie eine Zeder auf dem Libanon.
14 Die gepflanzt sind im Hause des HERRN, werden in den Vorhöfen unsres Gottes grünen.
15 Und wenn sie auch alt werden,
werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein,
16 dass sie verkündigen, wie der HERR es recht macht; a er ist mein Fels und kein Unrecht ist an ihm.
Kohärenz wird in Psalm 92 mit dem für hebräische Texte bedeutendem Stilmittel des Parallelismus membrorum hergestellt. Bereits in den Versen 2 und 3 und auch 4 und 5 fällt ein synonymer Parallelismus auf. Denn in diesen 4 Halbversen wird - inhaltlich modifiziert - die
Lobpreisung des Herrn reproduziert. Vers 6 zeigt einen kleinen klimaktischen Parallelismus und Vers 7 wieder einen synonymen Parallelismus auf. Auch innerhalb von Vers 8 ist ein synonymer Parallelismus zu erkennen. Auffälliger aber ist der antithetischer Parallelismus zum folgenden Vers 9, welcher mit „Aber“ eingeleitet wird.
Gleiches gilt für Vers 10 und 11. Auch hier ist zuerst ein synonymer Parallelismus zu finden und wiederum angeschlossen mit dem Wort „Aber“ die Antithese, die in sich selbst wiederum einen weiteren synonymen Parallelismus aufweist. Man könnte innerhalb des Verses 11 einen klimaktischen Parallelismus erkennen. Im sich anschließenden Vers 12 wird eine Verstärkung des Gesagten angeführt. Vers 13- 16 weisen ebenfalls synonyme Parallelismen auf, jedoch erfahren diese in Vers 16 noch eine Steigerung (klimaktischer Parallelismus) mit den Worten „recht“ und „kein Unrecht“, da letztere als doppelte Verneinung eine Verstärkung bilden.
TEXTEBENE:
PROPOSITIONEN (EINZELAUSSAGEN):
2 Das ist ein köstlich Ding, dem HERRN danken und a lobsingen deinem Namen, du Höchster,
3 des Morgens deine Gnade und des Nachts deine Wahrheit verkündigen
4 auf dem Psalter mit zehn Saiten, mit Spielen auf der Harfe.
5 Denn, HERR, du lässest mich fröhlich singen von deinen Werken, und ich rühme die Taten deiner Hände.
6 HERR, wie sind a deine Werke so groß! b Deine Gedanken sind sehr tief.
7 Ein Törichter glaubt das nicht, und ein Narr begreift es nicht.
8 Die Gottlosen grünen wie das Gras, / und die Übeltäter blühen alle - nur um vertilgt zu werden für immer!
9 Aber du, HERR, bist der Höchste und bleibest ewiglich.
10 Denn siehe, deine Feinde, HERR, / siehe, deine Feinde werden umkommen, und alle Übeltäter sollen zerstreut werden.
11 Aber mich machst du stark wie den Wildstier und a salbst mich mit frischem Öl.
12 Mit Freude sieht mein Auge auf meine Feinde herab und hört mein Ohr von den Boshaften, die sich gegen mich erheben.
13 a Der Gerechte wird grünen wie ein Palmbaum, er wird wachsen wie eine Zeder auf dem Libanon.
14 Die gepflanzt sind im Hause des HERRN, werden in den Vorhöfen unsres Gottes grünen.
15 Und wenn sie auch alt werden,
werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein,
16 dass sie verkündigen, wie der HERR es recht macht; a er ist mein Fels und kein Unrecht ist an ihm.
Schon bei der ersten Reduktionsstufe, die die folgende Gliederung in Propositionen zur Folge hat, …
(2)-(4) Psalmist dankt und lobsingt dem Herrn (P1)
(5)-(6) Psalmist hebt die Werke Gottes hervor (P2)
(7)-(8) Missbilligung der Gottlosen (P3)
(9) erneute Lobpreisung des Herrn (P4)
(10) Übeltäter sollen für ihr Verhalten bestraft werden (P5)
(11)-(12) der Psalmist als Gerechter hingegen ist stark, wird gesalbt und schaut mit Freude auf seine Feinde herab (P6)
(13)-(15) dem Gerechten wird es im Hause des Herrn gut ergehen, die Gerechten werden gut gedeihen (P7)
(16) die Gerechten sollen Gottes Taten verkündigen, vertreten und lobsingen (P8),
[...]
1 Die Bibel nach Martin Luther. Deutsche Bibelgesellschaft. Stuttgart 1999.
2 Alle weiteren Bibelzitate entstammen der oben angegebenen Bibelausgabe.
3 Westermann, Claus: Der Psalter. Stuttgart 1974, S. 14.
4 ebd.
5 Zu der besonderen Bedeutung von „ich“ und „der Gerechte“ sei auf die Seite 13 hingewiesen.