Die Vorgeschichte des Ersten Punischen Krieges - Falsches Krisenmanagement oder bewusste Expansionspolitik Roms?


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2003

17 Pages, Note: 1,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

A Einleitung

B Die Vorgeschichte des Ersten Punischen Kriegs
I. Die Ausgangsposition

a) Der sogenannte Philinosvertrag
b) Die Territorien vor 264 v.Chr. und der Pyrrhoskrieg
c) Die Mamertiner in Messana
II. Der Auslöser des Konflikts 6

a) Der Angriff Hierons auf Messana
b) Karthagos Eingreifen in den Konflikt und die Beweggründe
III. Das Hilfegesuch der Mamertiner an Rom 7

a) Der umstrittene Zeitpunkt des Hilfegesuchs
b) Die Debatte im Senat in Rom
IV. Das Eingreifen Roms in Sizilien 9

a) Das Bündnis zwischen Syrakus und Karthago
b) Erste Kämpfe auf Sizilien und das Verhalten Karthagos
c) Hierons Rückzug
V. Eskalation des Konflikts – der Beginn des Ersten Punischen Kriegs
a) Neue Machtverhältnisse auf Sizilien
b) Karthago rüstet

C Resümée

D Quellenverzeichnis

E Literaturliste

A Einleitung

In der Zeit vor den Punischen Kriegen war der westliche Mittelmeerraum ein zergliedertes Gebiet, das geprägt war durch ständigen Wandel in der Besiedelung und wechselnde Machtverhältnisse zwischen den dort lebenden Völkern. Im Gebiet des heutigen Tunesien hatten sich phönikische Seefahrer angesiedelt und ihre Hauptstadt Karthago gegründet. Rom war im 3. Jahrhundert v. Chr. noch eine eher unbedeutende Macht, deren Staatsgebiet sich über kaum mehr als Mittelitalien erstreckte. Auf Sizilien herrschte ein relatives Gleichgewicht von karthagischen Siedlungen und griechischen Poleis, die sich immer wieder bekämpften, ohne dass die eine Macht die andere hätte vertreiben können.

Nach den drei Punischen Kriegen hatte sich das Machtverhältnis im Mittelmeergebiet radikal verändert: Karthago war zerstört worden, die griechischen Poleis unter römischer Kontrolle und Rom selbst war zu einer kriegserprobten Kolonialmacht mit umfassendem Herrschaftsanspruch herangereift. Wie konnte es dazu kommen?

Was trieb Rom und Karthago in einen Krieg, der die Kräfte der Kontrahenten über alle Maßen beanspruchte und dessen katastrophales Ende zu Beginn keineswegs abzusehen war?

Manche Historiker sprechen mit Vorliebe von einer Notwendigkeit eines Konflikts zwischen der traditionsreichen Seefahrermacht der Punier und dem aufstrebenden neuen Staat in Italien. Beide hätten allein durch ihre Geschichte zwangsläufig auf eine Krise zugesteuert. Für andere Forscher ist die Situation am Vorabend des Ersten Punischen Krieges schlicht aus dem Ruder gelaufen und wuchs sich dann durch falsches Krisenmanagement zum längsten und aufreibendsten Krieg in der römischen Geschichte aus.

264 v.Chr. tat Rom den entscheidenden Schritt nach Sizilien und ließ damit seine bisher so eng gesteckten Grenzen hinter sich. War jenes militärische Übersetzen über die schmale Straße von Messana aber ein Symbol für den unbändigen Expansionsdrang der Römer, den ihnen einige Historiker schon in dieser frühen republikanischen Phase zuschreiben wollen? War der Erste Punische Krieg gar ein bewusst kalkuliertes Risiko von Seiten Roms, um zu mehr Macht, Ruhm und Land zu kommen? Sizilien war schließlich ein reiches und fruchtbares Fleckchen Erde. Oder war es vielmehr so, dass die Konfliktparteien, zu denen im Jahr 264 v.Chr. ja auch noch das Kleinkönigreich Syrakus zählte, die Konsequenzen nicht einschätzen konnten, die aus einem anfänglich so kleinen Zwist schließlich für alle Beteiligten erwuchsen?

In dieser Arbeit soll deshalb untersucht werden, inwieweit die Eigeninteressen der Kontrahenten und ihre Kompromisslosigkeit zur Eskalation des Konflikts um Sizilien geführt haben. Dabei soll besonders auch die kontroverse Quellenlage behandelt werden, die es heutigen Historikern schwer macht, die genauen Handlungsstränge und Zeitfenster zu rekonstruieren. Die Überlieferungen vieler antiker Historiographen über diesen ersten großen römischen Krieg – wie zum Beispiel die umfassenden Aufzeichnungen des Polybios von Megalopolis – sind meist zu Gunsten der einen oder der anderen Seite gefärbt und können deshalb nur unter Vorbehalt zu Rate gezogen werden.

B Die Vorgeschichte des Ersten Punischen Kriegs

I. Die Ausgangsposition

a) Der sogenannte Philinosvertrag

Der Geschichtsschreiber Philinos von Akragas erwähnte in seinem Werk einen Vertrag zwischen Rom und Karthago, in dem Rom zugesichert haben soll, nicht nach Sizilien überzusetzen. Karthago habe sich im Gegenzug dazu verpflichtet, sich von Italien fernzuhalten.[1]

Dieser sogenannte Philinos-Vertrag ist unter heutigen Historikern umstritten, da es keine direkten Belege für ihn gibt, und er nur in Sekundärliteratur erwähnt wird. Polybios von Megalopolis übergeht den Vertrag beispielsweise geflissentlich, was wohl aber auch daran liegen mag, dass der als romfreundlich bekannte Polybios die Schuld am Ausbruch des Krieges den Karthagern gab. Von einem Vertragsbruch von Seiten der Römer beim Übertritt nach Sizilien zu Beginn des Ersten Punischen Krieges wollte er wohl deshalb nichts wissen.[2]

b) Die Territorien vor 264 v.Chr.und der Pyrrhoskrieg

Auf Sizilien gab es seit Jahrzehnten ein relativ stabiles Gleichgewicht zwischen Karthago im Westen und den griechischen Poleis um Syrakus im Osten. Trotz immer wiederkehrender Kämpfe gelang es keiner der beiden Mächte, die andere von der Insel zu vertreiben. Nach einem Krieg mit dem Tyrannen Agathokles schlossen die Punier schließlich einen Friedensvertrag mit den Griechen.[3]

Vor dem Ausbruch des Ersten Punischen Krieges hielten die Karthager in etwa das westliche Drittel der Insel besetzt, Syrakus hatte dagegen die Landstriche an der Ostküste bis beinahe hinauf zu Meerenge von Messana unter Kontrolle. Die Stadt Messana und ihr Umland hielten die Mamertiner besetzt, vormalige kampanische Söldnertruppen des Agathokles.[4]
Von 282 bis 275 v.Chr. unternahm König Pyrrhos aus dem kleinasischen Epirus einen Angriff auf Sizilien und Italien. Im Kriegsverlauf verbündeten sich Karthago und die Mamertiner gegen Pyrrhos. In Syrakus kam unterdessen der Tyrann Hieron zu Macht und begann nach dem Ende des Krieges eine exzessive Expansionspolitik, die zuallererst die Mamertiner zu spüren bekommen sollten.[5]

Nach dem Sieg über Pyrrhos hatte Rom auch in Unteritalien weite Landstriche erobert und sie seinem Staatsgebiet hinzugefügt. Die hinzugewonnenen Territorien wollte Rom durch die Gründung von Kolonien sichern.[6]
Nach dem Ende des Krieges war die Stadt Tarent jedoch 272 v.Chr. noch immer von Pyrrhos´ Truppen besetzt und wurde von Rom belagert. Karthago schickte daraufhin eine Flotte nach Tarent, um Hilfe zu leisten. Nach dem heutigen Stand der Forschung geht man davon aus, dass die Flotte ohne einzugreifen wieder abgezogen ist.[7] Andere Historiker vermuten wiederum, dass die Karthager von Tarent zu Hilfe gerufen wurden.[8] Römische Geschichtsschreiber deuteten die angebliche Einmischung der punischen Flotte in Italien als Bruch des Philinos-Vertrags. So konnte die Schuld am Ersten Punischen Krieg den Karthagern zugeschrieben werden.[9]

c) Die Mamertiner in Messana

Die Mamertiner hatten 289 v.Chr. gewaltsam die Hafenstadt Messana erobert und unternahmen immer wieder Ausfälle in die umliegenden syrakusanischen Gebiete. Auf der gegenüberliegenden Seite der Meerenge zwischen Sizilien und Italien hatten sich andere kampanische Söldnertruppen der Stadt Rhegion bemächtigt. Gemeinsam kontrollierten Messana und Rhegion die schmale Straße von Messana. Als Rom jedoch energisch gegen die marodierenden Kampaner in Rhegion vorging und sie schließlich vertrieb, wurde die Position der Mamertiner erheblich geschwächt.[10]

II. Der Auslöser des Konflikts

a) Der Angriff Hierons auf Messana

Die Schwächung der Mamertiner nutzte Hieron von Syrakus 269 v.Chr. schließlich zum Angriff. Er nahm einige von den Mamertinern kontrollierte Städte in Nordsizilien ein und gewann schließlich die Entscheidungsschlacht am Fluss Longanos, die sowohl bei Polybios als auch bei Diodor erwähnt wird, auch wenn sie nicht eindeutig datiert wird. Zahlreiche Forscher berechnen den Zeitpunkt der Schlacht heute mit dem Jahr 269 v.Chr., andere halten dies für zu spät. Der Historiker Lazenby leitet das Datum der Schlacht über die Regierungszeit König Hierons II. her, da Polybios schreibt, er sei im Anschluss an die Schlacht König geworden.[11] Die Mamertiner zogen sich nach dem Debakel am Longanos nach Messana zurück und wurden dort von Hieron belagert. Folgt man Diodor, dann waren die Mamertiner kurz davor, sich dem syrakusanischen Feldherrn zu unterwerfen.[12]

b) Karthagos Eingreifen in den Konflikt und die Beweggründe

Bevor es jedoch zu einer Unterwerfung der Herren von Messana kommen konnte, griff nach dem Bericht Diodors der karthagische Admiral Hannibal ein, der mit seiner Flotte nahe Messana bei Lipara gestanden hatte. Nachdem er die Nachricht von der Niederlage der Mamertiner erhalten hatte, begab er sich zu Hieron und brachte ihn dazu, seinen endgültigen Marsch auf Messana noch hinauszuzögern. Dann ging er selbst zu den kampanischen Söldnern, und überzeugte sie davon, eine kleine punische Garnison in der Stadt zu stationieren. Hieron war nun plötzlich mit einem karthagischen Protektorat in Messana konfrontiert. Angesichts dieses erheblich größeren Gegners zog er sich unverrichteter Dinge nach Syrakus zurück.[13]Der Hintergrund für das Eingreifen Karthagos war offensichtlich, dass die Punier eine syrakusanische Machtkonzentration im Osten Siziliens vermeiden wollten. Hätte Hieron die wichtige Schlüsselposition an der Straße von Messana unterworfen, wäre die Stellung der Phöniker im Westen der Insel in Gefahr gewesen.

[...]


[1]Heuss, A.: Der Erste Punische Krieg und das Problem des römischen Imperialismus. Zur politischen Beurteilung des Krieges, Darmstadt 1970, S. 8.

[2]Huss, W.: Karthago, München 1995, S. 56.

[3]Bagnall, N.: Rom und Karthago. Der Kampf ums Mittelmeer, Berlin 1995, S. 57ff..

[4]Hoyos, B.D.: Unplanned Wars. The Origins of the First and Second Punic Wars, in: Bühler, W., Hermann, P., Zwierlein, O.: Untersuchungen zur antiken Literatur und Geschichte, Band 50, Berlin 1998, S. XV.

[5]Craven, B.: The Punic Wars, New York 1980, S. 13.

[6]Heuss: Erster Punischer Krieg, S. 14.

[7]Ders.: S. 8.

[8]Lazenby, J.F.: The First Punic War. A Military History, Stanford 1996, S. 35ff..

[9]Livius Periochae 14.

[10]Heuss: S. 15 und Polybios 1, 8, 10.

[11]Lazenby: Punic War, S. 35ff. Hieron starb 215 v.Chr. nach 54-jähriger Amtszeit, die Schlacht am Longanos muss also nach Lazenbys Berechnungen im Jahr 269 v.Chr. gewesen sein.

[12]Diodor 22, 13, 6f..

[13]Diodor 22, 13, 8f..

Fin de l'extrait de 17 pages

Résumé des informations

Titre
Die Vorgeschichte des Ersten Punischen Krieges - Falsches Krisenmanagement oder bewusste Expansionspolitik Roms?
Université
LMU Munich  (Historisches Seminar)
Cours
Proseminar Rom und Karthago
Note
1,0
Auteur
Année
2003
Pages
17
N° de catalogue
V18173
ISBN (ebook)
9783638225724
ISBN (Livre)
9783640869886
Taille d'un fichier
479 KB
Langue
allemand
Annotations
Mit ausführlicher Bibliographie
Mots clés
Vorgeschichte, Ersten, Punischen, Krieges, Falsches, Krisenmanagement, Expansionspolitik, Roms, Proseminar, Karthago, Punische Kriege, Phöniker, Vertrag, Philinos, Phyrros, Syrakus, Hieron, Polybios, Sizilien
Citation du texte
M.A. Ellen Stickel (Auteur), 2003, Die Vorgeschichte des Ersten Punischen Krieges - Falsches Krisenmanagement oder bewusste Expansionspolitik Roms?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18173

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