Die Lausitzer Kultur in Deutschland


Textbook, 2011

92 Pages


Excerpt


Inhalt

Vorwort

Als Berlin noch ein Dorf war Die Lausitzer Kultur von etwa 1300/1200 v. Chr. bis 500 v. Chr.

Anmerkungen

Literatur

Bildquellen

Die wissenschaftliche Graphikerin Friederike Hilscher-Ehlert

Der Autor Ernst Probst / Seite 85 Bücher von Ernst Probst

Vorwort

Eine Kultur, die von etwa 1300 bis 500 v. Chr. gebietsweise in Sachsen, Brandenburg, Sachsen- Anhalt und Thüringen existierte, steht im Mittelpunkt des Taschenbuches »Die Lausitzer Kultur in Deutsch- land«. Geschildert werden die Anatomie und Krank- heiten der damaligen Ackerbauern, Viehzüchter und Bronzegießer, ihre Siedlungen, Kleidung, ihr Schmuck, ihre Keramik, Werkzeuge, Waffen, Haustiere, Jagdtiere, ihr Verkehrswesen, Handel, ihre Kunstwerke und Re- ligion.

Verfasser ist der Wiesbadener Wissenschaftsautor Ernst Probst, der sich vor allem durch seine Werke »Deutsch- land in der Urzeit« (1986), »Deutschland in der Steinzeit« (1991) und »Deutschland in der Bronzezeit« (1996) einen Namen gemacht hat. Das Taschenbuch »Die Lausitzer Kultur in Deutschland« ist Dr. Rolf Breddin, Professor Dr. Claus Dobiat, Professor Dr. Markus Egg, Professor Dr. Hans-Eckart Joachim, Professor Dr. Albrecht Jockenhövel, Professor Dr. Horst Keiling, Professor Dr. Rüdiger Krause, Dr. Friedrich Laux, Professor Dr. Berthold Schmidt, Dr. Klaus Simon und Dr. Otto Mat- hias Wilbertz gewidmet, die den Autor mit Rat und Tat bei den Recherchen über Kulturen der Spätbronzezeit unterstützt haben. Es enthält zwei Zeichnungen der wissenschaftlichen Graphikerin Friederike Hilscher- Ehlert aus Königswinter.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der dänische Archäologe Christian Jürgensen Thomsen (1788-1865) hat 1836 die Urgeschichte nach dem jeweils am meisten verwendetem Rohstoff in drei Perioden eingeteilt: Steinzeit, Bronzezeit und Eisenzeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

RUDOLF VIRCHOW, geboren am 13. Oktober 1821 in Schivelbein (Pommern), gestorben am 5. September 1902 in Berlin. Er wirkte zunächst als Professor und Privatdozent an der Universität Berlin. 1849 arbeitete er als Professor in Erlangen und 1856 wieder als Professor in Berlin. Virchow war ein renommierter Pathologe, Arzt und Politiker. Außerdem gilt er als Begründer der pathologischen Anatomie. 1880 verwendete er erstmals den Begriff Lausitzer Kultur.

Als Berlin noch ein Dorf war

Die Lausitzer Kultur

Eine der wichtigsten Kulturen Mitteleuropas war von etwa 1300 bis 500 v. Chr. die Lausitzer Kultur.

Sie entwickelte sich vermutlich aus der Vorlausitzer Kultur (etwa 1500 bis 1200 v. Chr.) und existierte während der mittleren und jüngeren Bronzezeit sowie in der frühen Eisenzeit. In diesem Kapitel werden lediglich die bronzezeitlichen Abschnitte von etwa 1300 bis 800 v. Chr. behandelt, die ungefähr der Lebensdauer der süddeutschen Urnenfelder-Kultur (etwa 1300/1200 bis 800 v. Chr.) entsprechen.

Das Verbreitungsgebiet der Lausitzer Kultur reichte im Westen bis an die Saale in Mitteldeutschland, während es im Süden Nordböhmen, Nordmähren und die nordwestliche Slowakei umfasste. Im Nordwesten gehörte das südliche Brandenburg dazu, und im Osten bildete die heutige polnische Provinz Posen (Poznan) die Grenze. Die Prähistoriker unterscheiden zwischen einer Ost-, West-, schlesisch-mährischen, oberschle- sisch-polnischen, mittelschlesischen und einer Lausitz- sächsischen Gruppe.

Zur Westgruppe rechnet man die einst vor allem in der Lausitz im südlichen Brandenburg und in Sachsen ansässige Lausitz-sächsische Gruppe1. Dazu gehörten im Norden die Spindlersfelder Gruppe2, im Osten die Niederlausitzer Gruppe3, Neißemündungs-Gruppe4,

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Der Prähistoriker Rolf Breddin aus Potsdam hat 1978 drei Gruppen der Lausitzer Kultur benannt : die Niederlausitzer Gruppe, die Schliebener Gruppe und die Elbe-Elster-Gruppe.

Oberlausitzer Gruppe5, Aurither Gruppe6 sowie im Westen die Fläming-Gruppe7, Schliebener Gruppe8, Elbe-Mulde-Gruppe9, Elbe-Elster-Gruppe10, Dres- dener Gruppe11 und Osterländische Gruppe12. Letztere hatte sich überwiegend östlich der Saale in Sachsen- Anhalt und Thüringen sowie geringfügig auch in der Umgebung westlich der Saale niedergelassen.

Den Begriff Lausitzer Kultur hat 1880 der damals an der Universität Berlin wirkende Pathologe Rudolf Virchow (1821-1902) geprägt. Virchow erkannte bei Besuchen des Gräberfeldes von Zaborow bei Priment (Provinz Posen) in den 1870-er und 1880-er Jahren, dass ein Teil der dortigen Funde von einer selbständigen Kultur stammt. Denn bestimmte Tongefäße lagen tiefer als die slawische Keramik und unterschieden sich durch ihr feineres Tonmaterial, ihre Form und Verzierungen deutlich von dieser.

Pflanzenfunde aus der Siedlung von Berlin-Lichterfelde verraten, dass in dieser Gegend Brandenburgs eine steppenähnliche Vegetation wuchs. Nach Auffassung des Ausgräbers Adrian von Müller ist das Dorf Berlin- Lichterfelde von den Bewohnern verlassen worden, als der Brunnen während einer Dürreperiode austrocknete. Wie groß die Menschen jener Zeit waren, ergaben Untersuchungen von Knochenresten aus dem jung- bronzezeitlichen Gräberfeld Saalhausen 2 (Kreis Ober- spreewald-Lausitz) in Brandenburg, wo man die Toten auf Scheiterhaufen verbrannt hatte. Demnach er- reichten die dortigen Männer eine Körperhöhe von 1,67 bis 1,76 Metern, während es die Frauen auf 1,58 bis 1,67 Meter brachten.

Die damaligen Menschen hatten eine niedrige Lebens- erwartung. Im ehemaligen Tornow (Kreis Oberspree- wald-Lausitz) entfielen 26,5 Prozent der Todesfälle auf Kleinkinder im Alter bis zu einem Jahr. Insgesamt starben im Kindesalter etwa 40 Prozent. Die durch- schnittliche Lebensdauer betrug 17,8 Jahre. Nur 48,8 Prozent der Verstorbenen in Tornow hatten das Erwachsenenalter erreicht. Die Gemarkung Tornow wurde durch den Abbau von Braunkohle beseitigt. Komplikationen während der Schwangerschaft, der Geburt und im Kindbett führten dazu, dass mehr Frauen als Männer im jugendlichen und erwachsenen Alter starben. Das ließ sich ebenfalls in den Gräbern von Saalhausen 2 nachweisen, wo häufig Doppel- bestattungen von Frauen mit Kleinstkindern erfolgt sind.

Die Dresdener Anthropologin Birgit Dalitz ermittel- te bei Untersuchungen der Knochenreste aus Saalhau- sen 2 zahlreiche Spuren von Krankheiten. Sie stellte Zahnwurzelmissbildungen, durch schwere Erkrankun- gen mit Stoffwechselveränderungen verursachte Schmelzstörungen der Zahnkronen von Kleinkindern, Kieferveränderungen aufgrund nicht ausgebildeter Zähne, Zahnverluste und Veränderungen an Wirbeln der Wirbelsäule fest.

Im Verbreitungsgebiet der Lausitzer Kultur lebten auf einer Fläche von einem Quadratkilometer drei bis vier Personen. Heute liegt die Bevölkerungsdichte in Ost- deutschland bei mehr als 150 Personen pro Qua- dratkilometer, also gut vierzigmal höher. Es gab weilerartige Gehöftanwesen und unbefestigte dorf- ähnliche Siedlungen im Flachland sowie befestigte Höhensiedlungen mit Wällen, Gräben und Toren. Die auf einer Anhöhe am Rand der Pankeniederung gegründete Siedlung von Berlin-Buch13 (Brandenburg) umfasste 33 Häuser. Der Ausgräber Albert Kiekebusch (1870-1935) aus Berlin hatte irrtümlich geglaubt, mehr als hundert von einstmals tausend oder noch mehr Häusern entdeckt zu haben. Außer Pfostenlöchern und Herdstellen von kleinen ein- und größeren zweiräu- migen Wohnhäusern wurden in Berlin-Buch auch Steinsitze, Vorratsgruben, in den Hausboden einge- grabene Vorratsgefäße, Webstuhl- und Abfallgruben, Reste von Zäunen, Keramik, Werkzeuge und Waffen geborgen.

Aus mindestens fünf rechteckigen Wohnhäusern bestand die Siedlung von Berlin-Lichterfelde14 im Bäketal. Sie waren 8,50 bis 12,50 Meter lang, sechs bis neun Meter breit und hatten einen Raum mit Herdstelle. Das Dorf wurde von einem 1,50 Meter breiten und 60 Zentimeter tiefen Graben sowie einem Zaun aus Gestrüpp umgeben. Durchlässe gab es im Nordwesten und Südosten. Zwei Brunnen stammen aus unter- schiedlicher Zeit. Der Brunnen 1 ist aus zwei Hälften eines Eichenstammes hergestellt worden. Zehn Meter nördlich davon befand sich neben einem Pfahl der Brunnen 2 aus einem etwa 1,60 Meter hohen, aus- gehöhlten Eichenstamm, der zuvor möglicherweise als Bienenstock gedient hatte.

Auf der 1,50 Meter hohen Erhebung namens »Lüt- jenberg« im ehemaligen Tornow15 (Kreis Oberspree- wald-Lausitz) in Brandenburg sind zwei Hauskomplexe

Zeichnung auf Seite 19: Siedlung der Lausitzer Kultur von Berlin-Lichterfelde im Bäketal. Das Dorf umfasste fünf Wohnhäuser, die sechs bis neun Meter breit und 8,50 bis 12,50 Meter lang waren, und Nebengebäude. Die Siedlung wurde von einem Graben und einem Zaun aus Gestrüpp umgeben.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

nachgewiesen worden. Der ältere Hauskomplex I bestand aus zwei Pfostenhäusern (zwölf mal sechs und zwölf mal fünf Meter, vier Pfostenspeicherbauten und einem Grubenkomplex. Der jüngere Hauskomplex II umfasste zwei Grundrisse mit den Maßen 15 mal neun und neun mal fünf Metern.

Die Siedlung auf dem Taubenhügel am Rande der Neißeniederung von Nieder-Neundorf16 (Nieder- schlesischer Oberlausitzkreis) in Sachsen setzte sich aus neun Häusern mit einer Länge von 3,80 bis 7,20 Metern und einer Breite von drei bis 6,80 Metern sowie einer Fläche von 38,50 bis 49 Quadratmetern zusammen. In einem der Gebäude hat man einen Herd freige- legt.

Neben solchen unbefestigten Ortschaften wurden zahl- reiche befestigte Siedlungen (»Burgen«) im Flachland und auf Anhöhen errichtet. Solche wehrhaften Anlagen waren meistens einen halben bis sechs Hektar groß und nahmen nur ausnahmsweise eine Fläche von fast 20 Hektar ein. Für die Befestigungen im Flachland wählte man Sümpfe, sandige Kuppen in sumpfigem Gelände, Seeinseln, Halbinseln oder Bach- beziehungsweise Flussschleifen als Standorte. Sie wurden lediglich durch ringförmige Erdwälle geschützt.

Bei Burg17 (Kreis Spree-Neiße) in Brandenburg er- richtete man in der jüngeren Bronzezeit auf einer Talsandinsel namens Schlossberg in der Spreeniederung zunächst eine unbefestigte Siedlung. Später wurde das Areal in der jüngsten Bronzezeit und zur Zeit der folgenden Billendorfer Gruppe mit einem Wall in Holzschalenbauweise befestigt. Als die Anlage einem Brand zum Opfer fiel, errichtete man einen Wall in Rostkonstruktion, der allmählich zerfiel. Heute ist der Wall noch bis zu zwei Meter hoch. Er umschließt eine Fläche mit einem Durchmesser von mindestens 80 bis maximal 110 Metern.

Die Siedlung von Bollersdorf18 (Kreis Märkisch- Oderland) in Brandenburg befand sich am Westufer des Scharmützelsees auf einer in den See ragenden Halbinsel. Vermutlich trennte und schützte ein von Menschenhand ausgehobener Graben die Halbinsel vom Festland. Auf der zum See gerichteten Seite verlief ein Palisadenzaun.

Die befestigten Höhensiedlungen variierten in ihren Anlagen. Ein Teil der Befestigungen lag auf Gelän- despornen, die durch einen Wall und Graben vom Hinterland abgetrennt wurden. Häufig waren solche »Burgen« mit mächtigen Wällen und teilweise in die Steilabhänge eingeschnittenen Gräben gesichert. Andere Befestigungen thronten über Steilufern von Gewässern und wurden durch einen sichelartigen Wall geschützt. Daneben gab es Sperrwälle, die Zugänge in ein- mündende Seitentäler abriegelten.

Zu den befestigten Höhensiedlungen in Sachsen gehörten die Fundorte Dresden-Coschütz19, der Eisenberg bei Pöhl20, der Göhrischfelsen bei Nieder- lommatzsch21, die Goldkuppe-Heinrichsburg bei Diesbar22, der Burgberg von Löbsal23 bei Diesbar, der Berg Oybin bei Oybin unweit von Zittau24, der Pfaffenstein bei Pfaffendorf25, der Schafberg bei Löbau26, Sörnewitz bei Bosel27 und der Staupen bei Westewitz28.

Als bedeutendste befestigte Höhensiedlungen im sächsischen Elbegebiet gelten drei Anlagen an der Rauen Furt bei Diesbar-Seußlitz. Davon liegen die »Burgen« Goldkuppe-Heinrichsburg und Burgberg-Löbsal hoch über dem rechten Elbeufer im Kreis Riesa-Großenhain, die »Burg« auf dem Göhrischfelsen dagegen befindet sich im Kreis Meißen-Radebeul.

Von diesen drei Wallburgen ist die befestigte Hö- hensiedlung zwischen der Goldkuppe und der Hein- richsburg die größte und vermutlich auch die älteste. Sie erstreckte sich auf einem langovalen Plateau von etwa einem Kilometer Länge und kaum mehr als 300 Meter Breite und wurde einst von einer ringförmigen Wallanlage umgeben. Der mächtige Hauptwall wurde durch Steinbrüche an der Elbseite sowie Weinberge im Süden und Südwesten teilweise zerstört.

Die Befestigung Goldkuppe-Heinrichsburg war be- sonders wehrhaft. Steilhänge zum Elbetal im Südwesten, zum Laubachtal im Nordosten und an der Spitze des Geländesporns über dem Schloss Seußlitz boten natürlichen Schutz. Am Rand des hoch über der Elbe gelegenen Plateaus verliefen ein Vorwall und etwa 50 Meter dahinter der mächtige Hauptwall. An der gefährdetsten Stelle der Anlage im Osten beträgt der Höhenunterschied zwischen der Krone des Hauptwalles und der Sohle des Grabens davor heute noch 18 Meter.

An der Nordostseite der Befestigung hat man eine breite Quellmulde durch den an dieser Stelle bis zu elf Meter hohen Wall abgeriegelt. Dadurch entstand eine gestaute Wasserfläche von maximal 80 mal 90 Metern. Dieses Reservoir garantierte die Wasserversorgung der Menschen und Haustiere jener Wallburg.

Kleiner als Goldkuppe-Heinrichsburg war die Be- festigung auf dem Burgberg-Löbsal. Ihre Länge betrug etwa 240 Meter, die Breite ungefähr 150 Meter. An der bei Angriffen schwächsten Seite erreichte der Schutzwall eine Höhe von elf Metern. Im Norden der Anlage sind heute noch Reste der Randbefestigung zu erkennen. Den Steilabfall zur Elbe sicherte möglicherweise ein auf einem niedrigen Lehmwall errichteter Palisadenzaun. Die Befestigung auf dem Göhrischfelsen lag etwa 45 Meter über dem Elbetal und hatte eine Ausdehnung von etwa 250 mal 200 Meter. An den Steilabfällen der Elbeseite im Osten und Westen sind heute noch niedrige Wallreste vorhanden. Vom Hinterland wurde die Be- festigung durch einen bis zu 12,50 Meter hohen Sperrwall aus Holz und Erde abgetrennt.

Ebenfalls am Elbeufer war die befestigte Höhensiedlung von Sörnewitz (Kreis Meißen-Radebeul) errichtet worden. Sie lag etwa 90 Meter hoch über dem Fluss auf einem Felsvorsprung und wurde teilweise durch Steilhänge sowie durch einen Graben und einen etwa 300 Meter langen Wall geschützt, der gegenwärtig noch fünf Meter hoch ist.

Auf dem Schafberg im Sächsischen Oberlausitzkreis umgab ein 1610 Meter langer Wall mit Holzrahmen und einer Füllung aus Erde, Lehm und Steinen das dichtbebaute, etwa 5,2 Hektar große Gipfelplateau. Das Tor öffnete sich vermutlich zur östlichen Ecke, wo eine Terrasse durch zwingerartig vorspringende Felspartien auf das Plateau hinaufführt. Mehrere Quellen am Plateaurand und eine von Menschenhand errichtete Zisterne innerhalb der Befestigung sicherten die Wasserversorgung. Die Bewohner dieser Wallburg lebten in einräumigen Häusern.

Auf dem Bergsporn Heidenschanze von Dresden- Coschütz über dem Tal der Weißeritz bestand von etwa 1200 bis fast 1000 v. Chr. eine unbefestigte Siedlung. Danach hat man eine fünf Meter breite Mauer aus Holz, Steinen und Erde errichtet, die noch vor 1000 v. Chr. abbrannte. Später wurde etwa 20 Meter davor eine neue vier Meter hohe und acht Meter breite Mauer erbaut.

Von den ehemaligen Häusern der Befestigung auf der Heidenschanze blieben Pfostenlöcher, Lehmfußböden und Hüttenlehm mit Abdrücken verkohlter Balken erhalten. Die Hauswände wurden innen mehrfach mit einem Kalküberzug erneuert. Bei Grabungen hat man Herde, einen Töpferofen, Bronzeschmelzstätten und zahlreiche tönerne Gussformen entdeckt.

Am Berg Oybin (Kreis Löbau-Zittau) und am Pfaf- fenstein (Kreis Sächsische Schweiz) schützten Sperrwälle so genannte Passburgen. Dabei handelte es sich um Wälle an den Zugängen zu Höhensiedlungen. Der Sperrwall im Hausgrund am Berg Oybin war mindestens vier Meter hoch und sechs Meter breit. Vorder- und Innenfront bestanden aus besonders großen Stein- blöcken, während als Füllmaterial kleinere Steinbrocken Verwendung fanden. Am auf fast allen Seiten von Steilhängen umgebenen Pfaffenstein wurde der einzige natürliche Aufgang durch einen 200 Meter langen Graben mit Wall dahinter abgesichert.

In Brandenburg existierten ebenfalls befestigte Hö- hensiedlungen. Hier sind vor allem die »Burgen« auf der »Schwedenschanze« von Frankfurt/Oder-Los- sow29 und von der »Römerschanze« bei Potsdam- Sacrow30 am Hochufer des Lehnitzsees erwähnenswert. Die Befestigung auf der »Schwedenschanze« an der Stei- len Wand von Lossow war etwa 240 Meter lang und 200 Meter breit. Sie wurde im Süden und Osten durch Steilhänge geschützt. An der Nord- und Westseite sicherte ein vier bis sechs Meter hoher Wall die »Burg«. Der Kern des Walles ist in Kastenbauweise errichtet. Dabei stellte man mehrere viereckige Kästen aus Holzbohlen oder Rutengeflecht von 1,20 bis 1,60 Meter Breite in Reihen hintereinander und füllte sie mit Erde und Steinen. Darüber wurde Erdreich aufgeschüttet. Der Wall von Lossow ist um 1000 v. Chr. geschaffen worden. Das ergab eine C-14-Probe von Holz aus dem Wallkern. Zwei Reihen von Pfostenlöchern darunter dürften von einer älteren Holz-Erde-Mauer stammen. Die Befestigung auf dem Bergplateau »Römerschanze« zwischen Jungfern- und Lehnitzsee bei Potsdam-Sacrow umfasste eine Fläche von etwa 175 Meter Länge und 125 Meter Breite. Dort ermittelte der Berliner Prä- historiker Carl von Schuchhardt (1859-1943) drei jungbronzezeitliche Bauabschnitte. In der ältesten Phase schützte ein etwa sechs Meter hoher und 3,30 Meter breiter Holz-Erde-Wall diese Höhensiedlung.

Als typisches Gebäude jener Zeit gilt das Vorhallenhaus, bei dem nicht sicher ist, ob es eine geschlossene oder eine offene Vorhalle besaß. Die Vorhallenhäuser wa- ren teilweise beachtlich groß, wie an einem 15,10 Meter

Foto auf Seite 27: Wie eine befestigte Siedlung der Lausitzer Kultur in der Eisenzeit vor etwa 700 bis 400 v. Chr. ausgesehen hat, zeigt eine Rekonstruktion in Biskupin (deutsch 1940 bis 1945 Urstätt) in der Woiwodschaft Kujawien-Pommern (Polen). Die prähistorische Siedlung Biskupin beherbergte etwa 1000 Menschen zusammen mit ihren Haustieren. Das Dorf befand sich auf einer Insel im Biskupiner See. Der Zugang hierzu erfolgteüber eine einzige Brücke und mit Booten. Die Siedlung Biskupin umfasste mehr als 100 in Blockbauweise errichtete Holzhäuser, die in 13 parallelen Zeilen angeordnet waren. Zwischen den Häuserzeilen befanden sich mit Bohlen belegte Straßen. Jedes Haus war etwa neun Meter lang und acht Meter breit. Eine Rekonstruktion dieses Dorfes ist als Freilichtmuseum in Biskupin zu besichtigen. Verwaltet wird die Anlage vom Archäologischen Museum Warschau.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

langen und 6,20 Meter breiten Grundriss von Taucha bei Leipzig31 ersichtlich wird. Das Gebäude stand am Rand einer Hochfläche über der Flussaue der Partke und des Quellbachs.

Viele Reste und Abdrücke von Getreidekörnern, Relikte von Hülsenfrüchten und Ackerunkräutern beweisen, dass Getreide ausgesät und geerntet sowie Hülsen- früchte angebaut wurden. Auf Ackerbau deuten außerdem der Fund eines Holzpfluges, steinerne und bronzene Sicheln für die Getreideernte und Mahlsteine zum Zerquetschen der Getreidekörner hin.

Aus Dobeneck bei Taltitz (Kreis Vogtlandkreis) in Sachsen ist der Anbau der Getreidearten Einkorn (Triticum monococcum), Emmer (Triticum dicoccon), Dinkel (Triticum spelta), Gerste (Hordeum vulgare) und Saathafer (Avena sativa) sowie der Hülsenfrüchte Erbse (Pisum sativum), Ackerbohne (Vivia faba) und Linse (Lens culinaris) nachgewiesen. Außerdem sind Saatweizen (Triticum aestivum) aus Dresden-Coschütz, Nacktgerste (Hordeum vulgare var. nudum) aus Pöhl (Vogtlandkreis) und Rispenhirse (Panicum miliaceum) aus Burg (Kreis Spree- Neiße), Freiwalde (Kreis Dahme-Spreewald) und Schlieben, (Kreis Elbe-Elster) belegt.

Auf Ackerbau deuten indirekt Samen von Ackerun- kräutern hin, die durch den Getreideanbau einge- schleppt worden waren und zusammen mit geernteten Körnern in die Siedlungen gelangten. Hierzu gehören Kriechender Hahnenfuß (Ranunculus repens), Amp- ferknöterich (Polygonum lapathifolium), Vogelknöterich (Polygonum aviculare), Klettenlabkraut (Galium aparine), Uferwolfstrapp (Lycopus europaeus), Roggentrespe (Bromus secalinus), Kornrade (Agrostemma githago), Weißer Gänsefuß (Chenopodium album), Spießmelde (Atriplex hastata), Windenknöterich (Polygonum convolvulus) und Feldsalat (Valerianella locusta). Die jungbronzezeitlichen Vorkommen der Ackerbohne liegen allesamt östlich der Elbe und der Saale.

Auf dem Grund des Scharmützelsees bei Buckow32 (Kreis Märkisch-Oderland) in Brandenburg wurde in etwa 9,50 Meter Tiefe der Rest eines Pfluges entdeckt, der aus der Astgabel einer Eiche hergestellt worden war. Der erhaltene Rest ist 1,02 Meter lang. Nach einer Altersdatierung mit der C14-Methode stammt der Pflug aus der Zeit zwischen etwa 900 und 800 v. Chr.

Das reife Getreide wurden meistens mit bronzenen Sicheln geschnitten. Drei unbenutzte Mahlsteine zum Zerquetschen von geernteten Getreidekörnern kamen in der Befestigung Goldkuppe-Heinrichsburg bei Diesbar zum Vorschein. Sie bestehen aus Zehrener Quarzporphyr, der etwa 2,5 Kilometer südlich vom Fundort am Südhang des Golkwaldes sowie südwestlich der Befestigung auf dem Göhrisch beschafft werden konnte. In Siedlungsgruben von Pegau-Zauschwitz (Kreis Leipziger Land) in Sachsen wurden ebenfalls Mahlsteine geborgen. Auch in einem Grab von Lüsse (Kreis Potsdam-Mittelmark) in Brandenburg hat ein Mahlstein gelegen.

In einer Siedlung bei Plauen (Vogtlandkreis) in Sachsen sind vermutlich Trauben von Wildem Wein (Vitis sylvestris) gegessen worden. Der dort gefundene Kern ist 4,2 Millimeter lang und drei Millimeter breit. Heute erreicht die Wildrebe in Mitteleuropa im südlichen Oberrheingebiet die Nordgrenze ihres Areals. Das größte Vorkommen in Deutschland befindet sich auf der Halbinsel Ketsch zwischen Mannheim und Speyer. Nach den Tierknochen in Siedlungen, Gräbern und an Opferstätten zu schließen, hielten die Lausitzer Leute Rinder, Pferde, Schafe, Ziegen, Schweine und Hunde als Haustiere. Das Pferd ist unter anderem in der Siedlung von Lübbenau (Kreis Oberspreewald-Lausitz) in Brandenburg nachgewiesen.

Besonders viele Relikte verbrannter Haustiere wurden im Hügelgräberfeld bei Tornow (Kreis Oberspree- wald-Lausitz) in Brandenburg entdeckt. In 34 Gräbern von dort lagen Reste von 32 Pferden, 25 Rindern, 24 Schafen oder Ziegen, neun Hunden und zwei Schwei- nen. Pferdereste fanden sich des weiteren in Gräbern von Wergzahna (Kreis Teltow-Fläming) und Saalhau- sen 2 (Kreis Oberspreewald-Lausitz) in Branden- burg.

Wenn es in Berlin-Lichterfelde tatsächlich - wie erwähnt - einen Bienenstock gegeben haben sollte, wurde auch die Imkerei betrieben. Der Honig diente vielleicht zum Süßen von Speisen und zu deren Konservierung oder als Heilmittel. Das Bienenwachs konnte zum Abdichten von Gefäßen und als Gussmodell in der Metallverarbeitung benutzt werden.

Trotz Ackerbau und Viehzucht wurde gelegentlich gefischt und gejagt. Der Fischfang läßt sich anhand bronzener Angelhaken aus Gohlis (Kreis RiesaGroßenhain), Pirna-Copitz (Kreis Sächsische Schweiz), Stöbnig (Kreis Mittweida) in Sachsen und aus BerlinBuch in Brandenburg nachweisen.

[...]

Excerpt out of 92 pages

Details

Title
Die Lausitzer Kultur in Deutschland
Author
Year
2011
Pages
92
Catalog Number
V181853
ISBN (eBook)
9783656051411
ISBN (Book)
9783656051053
File size
2698 KB
Language
German
Notes
Keywords
Bronzezeit, Archäologie, Lausitzer Kultur, Spätbronzezeit, Urgeschichte
Quote paper
Ernst Probst (Author), 2011, Die Lausitzer Kultur in Deutschland, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/181853

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