Adam Hiller und Christian Felix Weißes "Die Jagd" - Das Lied im Singspiel des 18. Jahrhunderts


Trabajo de Seminario, 2010

19 Páginas, Calificación: 1,7


Extracto


Inhalt

1. Einleitung

2. Die Entstehung des deutschen Singspiels im 18. Jahrhundert

3. „Die Jagd“

4. Liedanalyse
4.1 „Mein Engelchen, was machst du hier?“
4.2 „Der Graf bot seine Schätze mir“

5. Fazit

6. Anhang

Lied 1

Lied 2

1. Einleitung

„Ohnstreitig konnte die Gesellschaft, da sie nun vom Lustspiel zur Operette fortschreiten wollte, kein besseres Stück zum ersten Anfange nehmen, als die Jagd. Ohne über den inneren Werth derselben urtheilen zu wollen, welcher von Kennern und Nichtkennern ohnedies schon genug entschieden ist, so bleibt dies allemal wahr, daß sie, als Operette, mit ihren auffallenden und im gemeinen Leben gangbaren Karakteren, mit ihren abwechselnden Auftritten und der leichten, schönen Hillerischen Musik noch lange ihren entschiedenen Beyfall behaupten wird.“1, so ein Besucher im Jahre 1782 über den Besuch einer Aufführung des Singspiels „Die Jagd“ von Komponist Johan Adam Hiller und Librettist Christian Felix Weiße. Es war im 18. Jahrhundert schlichtweg das beliebteste Singspiel der gerade neu entstandenen und umstrittenen Gattung. Dieses Singspiel soll nun im Rahmen dieser Arbeit untersucht werden. Zu diesem Zweck werden, nach einem kurzen Überblick über die Entwicklung des deutschen Singspiels im 18. Jahrhundert, die Entstehung der „Jagd“, die Dramaturgie, sowie die Personen und ihre Funktionen beleuchtet. Danach folgt die Analyse zweier Lieder, die unter anderem zur Charakterisierung der Personen beitragen. Die dazugehörigen Notenbeispiele finden sich im Anhang.

2. Die Entstehung des deutschen Singspiels im 18. Jahrhundert

Das deutsche Singspiel entwickelte sich Mitte des 18. Jahrhunderts aus der englischen ballad opera und der französischen opéra comique, daher auch der zeitgenössische Name „Komische Oper“. Die Form des Singspiels, wie auch die seiner Vorgänger, waren gesprochene Dialoge unterbrochen von kleinen (Strophen-)Liedern.2 Das erste Singspiel dieser Art war eine deutsche Bearbeitung der ballad opera „The Devil to pay, or the Wives metamorphos‟d“ (Coffey 1731) von Johann Adam Hiller und Christian Felix Weiße: „Der Teufel ist los oder Die verwandelten Weiber“ (1766). Die Bearbeitung erfolgte für die Leipziger Theatertruppe von Heinrich Gottfried Koch, so wie alle weiteren folgenden Singspiele der beiden. Die erfolgreiche Aufführung von

„Der Teufel ist los“ gab den Impuls für das Entstehen der neuen Gattung. Damit gelten Hiller und Weiße als Begründer des deutschen Singspiels.3

Der Hauptzweck des deutschen Singspiels ist nach Weiße das Vergnügen. Moral und Tugend gingen oft auf seine Kosten, wie Kritiker immer wieder anmerkten. Ein entschiedener Gegner der Oper und des Singspiels war Johann Christoph Gottsched, der genau dies unter anderem bemängelte:

„Sie [die Opernliebhaber] halten derowegen in Sachen, die auf Lust ankommen, alles für willkürlich, und meynen, man müsse es damit nicht so genau nehmen. Was nur den Augen und Ohren gefiele, das wäre schon gut. […] Ich sehe überdas die Opera so an, wie sie ist; nämlich als eine Beförderung der Wollust, und Verderberinn guter Sitten. Die zärtlichsten Töne, die geilsten Poesien, und die unzüchtigsten Bewegungen der Opernhelden und ihrer verliebten Göttinnen bezaubern die unvorsichtigen Gemüther, und flößen ihnen Gift ein […]. So wird die Weichlichkeit von Jugend auf in die Gemüther der Leute gepflanzet, und wir werden den weibischen Italienern ähnlich, ehe wir es inne geworden, daß wir männliche Deutsche seyn sollten.“4

Die harsche Kritik an ihren Stücken hat Weiße und Hiller zwar gestört, aber sie haben darüber hinweggesehen:

„Denn man mag mit einer noch so feyerlichen Mine für die Sittlichkeit desselben [des Singspiels] streiten: wir wollen es seinen Gegnern gern einräumen, daß wir unsere Erholung, unser Vergnügen dabey mit zum Hauptzwecke machen, und wenn sie es nicht für Pflicht halten, sich zu vergnügen, so werden wir nicht eins werden.“5

Ein weiterer Zweck des deutschen Singspiels ist laut Weiße „das kleine gesellschaftliche Lied unter uns einzuführen“6 und dieses auch möglichst weit zu verbreiten bis zum gemeinen Volk, denn „gefällt bey der Vorstellung ein Liedchen, so kann man darauf rechnen, daß es bald von dem ganzen Publikum gesungen wird“7. Weißes Liedtexte haben oftmals viele Strophen, die gerade für das gesellige Beisammensein gedacht sind, aber, wie er selbst sagt, nicht unbedingt alle im Theater gesungen werden müssen: „Das Lied hält immer die Handlung auf: denn oft ist eine bloße Empfindung ausgedrückt, und die Melodie muß vorzüglich schön seyn, wenn man sie zum wiederholten male hören soll.“8

Die Lieder des Singspiels waren von Hiller einfach gehalten, ohne große Sprünge, viel Verzierungen oder gar Koloraturen:

„Daß er [Hiller] es hätte thun können, wenn er gewollt, davon hat er Beweise genug gegeben […], aber er wusste, daß sie der Natur dieses Schauspiels und meiner Absicht nicht gemäß waren, und uns lag mehr daran, von einer fröhlichen Gesellschaft, als von Virtuosen gesungen zu werden.“9

Außerdem hätten die Schauspieler (nicht Sänger) aus Kochs Truppe schwierige Arien nur schwerlich bewältigen können: „Überdies mußte [sic] er und ich auf die damaligen Schauspieler des Kochschen Theaters sehen […]. Diese waren keine großen gelehrten Sänger, deren Stimmen zu diesem Liede zureichten […].“10 Stattdessen waren die Melodien simpel, wurden oft wiederholt und griffen auf bekannte Modelle zurück, damit alle gleich mitsingen konnten. Von der Form und dem ästhetischem Charakter her standen die Lieder der Berliner Liederschule nahe11, die in ihren Klavierliedern Wert auf Wort-Ton-Einheit legte, schlichte und natürliche Melodien, die vom Klavier verdoppelt wurden, bevorzugte und sich mit Themen wie Liebe, Wein, Geselligkeit und Anakreontik beschäftigte.12

Die Stücke spielen oft auf dem Land in einer pastoralen Umgebung. Dies hängt auch damit zusammen, dass Musik mit der Landbevölkerung assoziiert wurde und daher gesungene Lieder in einer Oper besser zu ihnen passen als zu Städtern:

„Wenn ich meistens ländliche Gegenstände zum Inhalte dieser Operetten wählte, so geschah es bloß, weil ich es für natürlicher hielt, bey den Versammlungen eines fröhlichen Landvolks auf dem freyen Schauplatze der Natur, als in Besuchszimmern gezwungener Städter ein Liedchen singen zu lassen.“13

Oft wird höfische Unmoral ländlicher Tugend gegenübergestellt, ganz nach dem Vorbild der opéra comique. Damit bekamen die Singspiele Hillers noch eine gewisse Sozialkritik.14

Ein weiterer Einfluss auf Hillers und Weißes Arbeit war die aufblühende Empfindsamkeit, die sich in ihren Stücken in Emotionalisierung, Intimisierung und Rührung äußert.15

3. „Die Jagd“

Das Singspiel „Die Jagd. Komische Oper in drei Akten“ geht, wie viele von Weißes Texten, auf ein ausländisches Stück zurück: Charles Collés „La partie de chasse de Henri IV“ von 1763, welches seinerseits noch auf das Stück „The King and the Miller of Mansfield. A Dramatic Tale“ (1737) von Robert Dodsley zurückgeht. Ursprünglich war das Stück im Deutschen bereits 1766 in der Übersetzung von Gottlieb Konrad Pfeffel erschienen unter dem Titel „Der König und der Pächter“.16 Bei seinem Text entfernt sich Weiße schon zunehmend von der französischen Vorlage (für „Der Aerndtekranz“ und „Die Jubelhochzeit“ gibt es schließlich gar keine Vorlagen mehr).17 Geschrieben wurde „Die Jagd“, wie schon eingangs erwähnt, für die leipziger Truppe von Gottfried Heinrich Koch, die sie am 29.01.1770 im Weimarer Schloßtheater sehr erfolgreich zur Uraufführung brachte.18 „Die Jagd“ ist auf jeden Fall das meistgespielte und bekannteste Werk Hillers und Weißes, doch nach Robert Didion ist es auch das wichtigste, denn „Die Elemente eines deutschen Singspiels, die beide Autoren vor allem in Lottchen am Hofe und Liebe auf dem Lande entwickelt hatten, sind hier zur Synthese gebracht: gesprochener Dialog, kurze Musiknummern, die Hiller aus der italienischen Oper, der Opéra-comique und dem volkstümlichen Lied destilliert hatte, sowie ein charakteristischer Stoff, das Leben auf dem Land, konfrontiert mit dem Leben in der Stadt.“19 Die Charakteristika des deutschen Singspiels sind also in der „Jagd“ das erste Mal alle vereint.

Inhaltlich geht es um die Bauernpaare Röse und Töffel, sowie Hannchen und Christel. Christel und Röse sind die Kinder von Marthe und Michel, dem Dorfrichter. Hannc]hen ist von dem Lüstling Graf Schmetterling in die Stadt entführt worden, doch sie konnte fliehen. In der Zwischenzeit ist der König bei einem Gewitter von seinem Jagdgefolge getrennt worden und unerkannt bei Marthe und Michel untergekommen. Er ist von ihrer Treue zu ihrem Herrscher sehr ergriffen und zu Tränen gerührt. Graf Schmetterling kommt an, denn er wurde als Wilddieb verhaftet, und es stellt sich heraus, dass Hannchen ihrem Christel treu geblieben ist. Der König gibt sich endlich zu erkennen und bestraft den Grafen.

[...]


1 Zitiert nach: „XI [Walch, B.G.]. Über eine Aufführung von Hillers Singspiel Die Jagd im gesellschaftlichen Theater zu Meiningen. In: Theater-Kalender (Gotha 1782)“. In: Das deutsche Singspiel im 18. Jahrhundert. Quellen und Zeugnisse zu Ästhetik und Rezeption. Hrsg. Renate Schusky. Bonn: Bouvier Verlag Herbert Grundmann, 1980. S. 59.

2 Joachim Reiber. „Singspiel“. In: Musik in Geschichte und Gegenwart. 2. Auflage. Sachteil Band 8. Hrsg. Ludwig Finscher. Kassel [u.a.]: Bärenreiter, 1998. Sp. 1470-1479. (Kurztitel: MGG2 ) 1

3 Ebd.

4 Johann Christoph Gottsched. „Von Opern oder Singspielen, Operetten und Zwischenspielen“. Zitiert nach: „I Johann Christoph Gottsched, Von Opern oder Singspielen, Operetten und Zwischenspielen. In: Versuch einer Critischen Dichtkunst (1730)“. In: Schusky (Hrsg.). Das deutsche Singspiel im 18. Jahrhundert. Quellen und Zeugnisse zu Ästhetik und Rezeption. S. 4 f.

5 Christian Felix Weiße. “Vorrede”. Zitiert nach: „III Christian Felix Weiße, Vorrede zu den komischen Opern (1768)“. In: Renate Schusky (Hrsg.). Das deutsche Singspiel im 18. Jahrhundert. Quellen und Zeugnisse zu Ästhetik und Rezeption. S. 13.

6 Christian Felix Weiße. „Vorbericht“. In: Komische Opern von C. F. Weiße. Erster Theil. Carlsruhe: Christian Gottlieb Schmieder, 1778. Ohne Seitenzahl.

7 Ebd.

8 Ebd. 2

9 Ebd.

10 Ebd.

11 Maren Goltz. „‘Komische Oper’ und ‘deutsches Singspiel’“. In: Johann Adam Hiller. Kapellmeister und Kantor, Komponist und Kritiker. Hrsg. Claudius Böhm. Altenburg: Verlag Klaus-Jürgen Kamprad, 2005.

12 Peter Jost. „Lied. Das Klavierlied seit dem 18. Jahrhundert“. In: MGG 2. Sachteil Bd. 5. Hrsg. Ludwig Finscher. Kassel [u.a.]: Bärenreiter, 1996. Sp. 1287-1292.

13 Weiße. „Vorbericht“.

14 Reiber. „Singspiel“.

15 Ebd.

16 Robert Didion. „Die Jagd. Komische Oper in drei Akten“. In: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters. Bd. 3. Hrsg. Carl Dahlhaus. München: Piper, 1989. S. 51-52.

17 „Die Operette von Weisse und Hiller und ihren Nachfolgern“. In: Hans Albrecht Koch. Das deutsche Singspiel. Stuttgart: J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung & Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH, 1974. S. 44-58.

18 Robert Didion. „Die Jagd“.

19 Ebd. S. 51.

Final del extracto de 19 páginas

Detalles

Título
Adam Hiller und Christian Felix Weißes "Die Jagd" - Das Lied im Singspiel des 18. Jahrhunderts
Universidad
University of Hamburg  (musikwissenschaftliches Institut)
Curso
Lieder vom Barock bis zur Aufklärung
Calificación
1,7
Autor
Año
2010
Páginas
19
No. de catálogo
V181955
ISBN (Ebook)
9783656053392
Tamaño de fichero
2040 KB
Idioma
Alemán
Notas
Liedanalyse: "Mein Engelchen, was machst du hier?" und "Der Graf bot seine Schätze mir". Die Noten sind im Anhang enthalten
Palabras clave
Adam Hiller, Christian Felix Weiße, Die Jagd, Singspiel, La partie de chasse de Henri IV, Lied, Mein Engelchen was machst du hier?, Der Graf bot seine Schätze mir, Charles Collé, Der König und der Pächter
Citar trabajo
BA Felisa Kowalewski (Autor), 2010, Adam Hiller und Christian Felix Weißes "Die Jagd" - Das Lied im Singspiel des 18. Jahrhunderts, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/181955

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