Zum musikalischen und (sub-)kulturellen Phänomen HipHop


Dossier / Travail, 2003

24 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung
1.1 Zielsetzung
1.2 Hip-Hop, das Ghetto und weite Hosen
1.3 Begriffsdefinitionen

2. Musikalische Merkmale

3. Gesellschaftliche und musikalische Ursprünge
3.1 Die Ahnen des Rap
3.2 Die Anfänge des Hip-Hop
3.3 Die ersten Hip-Hop Hits
3.4 Hip-Hop wird Pop
3.5 Der Einfluss der „Weißen“ auf Hip-Hop
3.6 Von der alten zur neuen Schule
3.7 Gangsta-Rap
3.8 Back to the roots

4. Soziokulturelle Hintergründe des Hip-Hop

5. Literatur

"Hip-Hop! Da gibt es meh­rere Ausdrucksmöglichkei­ten, rappen, samplen, ska­ten, sprayen, breaken, MC-ing, DJ-ing."[1]

Hip hop is an Afro-diaspo­ric cultural form which at­tempts to negotiate the ex­periences of marginaliza­tion, brutally truncates op­portunity and oppression within the cultural impera­tives of African-American and Caribbean history, identity and community.[2]

1. Einleitung

1.1 Zielsetzung

Es war das Ziel aufbauend auf einer Literaturrecherche einen kurzen, aber doch grundsätzlichen Überblick über das kulturelle Phänomen HipHop zu erhal­ten. Dabei sollten nicht nur die musikalischen Ursprünge und Verflechtungen mit anderen Musikstilen, sondern auch die gesellschaftlichen Bezüge aufgezeigt werden.

1.2 Hip-Hop, das Ghetto und weite Hosen

Hip-Hop ist ist in unserer heutigen Zeit fast unübersehbar und allgegenwärtig. Die so vielseitige und heutzutage weltweit verbreitete Jugendkultur ist in jeder Stadt hörbar, sichtbar und fühlbar. Besonders der sichtbare Teil - das Writing oder Grafitti- ist aus keiner Stadt und keinem Dorf mehr wegzudenken. Hip-Hop ist eine eigene, neue Art zu denken, zu reden und sich auszudrücken. Aus die­sem Grund wird diese Kultur von vielen missverstanden. Vor allem für manche 'Erwachsene' verkörpert vor allem das musikalische Element des Hip-Hop das durch manche amerikanische Medien suggerierte Bild von Gewalt und Brutalität, von Arbeitslosigkeit bis hin zu Rassismus.

Was aber macht Hip-Hop wirklich aus, welches sind seine musikalischen und gesellschaftlichen Wurzeln und warum ist Hip-Hop schon seit über 30 Jahren (zumindest in Amerika) ein wichtiger Bestandteil des Zeitgeists bzw. eine eigen­ständige Subkultur? Diese Fragen sollen in der vorliegenden Arbeit geklärt oder zumindest angerissen werden.

1.3 Begriffsdefinitionen

Hip-Hop ist kein rein musikalischer sondern ein sozio-kultureller Begrif. der auch das kulturelle Umfeld, also "[...] Stile, Mode, Breakdancing, Graffitti, Ideologien, Auftreten und Geisteshaltungen" (Poschardt 1997, S. 154f.), mit einschliesst. Der Ursprung des Ausdrucks ist umstritten. Poschardt (ebda.) nennt drei Mög­lichkeiten: Er könnnte erstens auf die von 'DJ Hollywood'[3] genutzte Art zurück­zuführen sein, Platten mit Worten wie "To the hip-hop the hippy hippy hippy hop and you don’t stop." (ebda., S. 187) zu kommentieren. Eine andere Version be­sagt, dass "[...] der Ausdruck 'hip-hop' seit den Tagen von Malcolm X benutzt wurde, um die Tanzparties von Jugendlichen zu bezeichnen; erst DJ Africa Bam­baata habe ihn redefiniert, um das Ganze der Hip-Hop-Kultur einzuschließen" (vgl. Fernando 1994). Ferner sieht sich DJ Africa Bambaataa selbst als Erfinder des Ausdrucks 'hip-hop'. Fest steht aber, dass Hip-Hop Mitte der 70er Jahre schnell zur allgemeinen Bezeichnung für die um die Rap-Musik herum entstan­dene amerikanische Jugendkultur wurde.

Rap, umgangssprachlich oft als Synonym für Hip-Hop gebraucht, bezeichnet hingegen nur die Musik des Hip-Hop und innerhalb dieser, im engeren Sinne, den für die Hip-Hop-Musik typischen Sprechgesang. Das englische Verb to 'rap' (klopfen, schlagen, pochen) ist bereits seit 1870 als Ausdruck für eine aggressive Art des Sprechens bekannt, so wurden z.B. Informanten der Polizei als 'Rapper' bezeichnet (Poschardt 1997, S. 153f.). Der Bezug zum rhythmischen Sprechen mit (und auch ohne) Musik entwickelte sich in den 40er, 50er Jahren, wobei in der damaligen Zeit nicht nur Musiker oder Radio-DJs 'rappten' sondern auch Po­litiker. Jeder, der 'das Maul aufmachte', um andere 'niederzurappen', eine 'große Klappe riskierte' oder 'auf sein Recht pochte' befleißigte sich demnach eines Rap-Sprach-Stils. Die heute noch übliche rein musikalische Verwendung des Ausdrucks entstand erst mit der Entwicklung der Breakbeats in der Hip-Hop-Mu­sik Anfang der 70er Jahre (vgl. die Rolle von 'DJ Kool Herc' im Kapitel 3.1.2).

2. Musikalische Merkmale

Die musikalische Unterteilung von Rap in ein Schema ist aufgrund der enormen stilistischen Bandbreite schwierig. Im Wesentlichen ist Rapmusik jedoch pattern­orientiert aufgebaut, d.h., dass bestimmte Sequenzen ('Samples') mit einem ho­hen Wiedererkennungswert für die Dauer des Verses, des Refrains, oder meis­tens sogar des gesamten Stücks geloopt, also fortlaufend wiederholt werden.

Hip-Hop wird von jeweils ein oder mehreren DJ's und MC’s gemacht. Der MC (Master of ceremony, vgl. Kap. 3.1.2) ist der Rapper, d. h. der Mann oder die Frau, die auf der Bühne die Texte und Melodien singen und meist auch die Show machen. Die Zahl der aktiven MC’s und DJ’s auf der Bühne kann stark variieren. Der DJ wiederum ist – sozusagen als "one man band" - für alles andere zustän­dig. Grundlage der Musik bilden dabei eine beliebige Anzahl von Tonträgern, die auf mindestens zwei Plattentellern ('turntables') ineinandergemischt werden und sowohl den Beat, den Sound, als auch die Struktur des Stückes vorgeben. Un­terstützend dabei werden auch computergestützte Drummachines[4] oder Sequen­zer eingesetzt, sodass der DJ sich z. B. mehr aufs 'scratching' konzentrieren und damit seine Virtuosität zur Schau stellen kann als nur den Rhythmus-background für die MC’s liefern zu müssen.

Besonders charakteristisch für Hip-Hop-Musik ist zunächst der Rap, der Sprechgesang, der auf unterschiedlichste Art und Weise, aber immer betont rhythmisch vorgetragen wird und sich meist reimt. Rap kann hart oder sanft klin­gen, bezieht sich meist auf die Alltagssprache, den Slang, und hat im Laufe der Jahre viele eigene wiederkehrende Floskeln entstehen lassen (z. B. „Ya rock ya and ya don’t stop!“, „Wave your hands in the air and wave them like you just don’t care!“, „Clap your hands to the beat.“). Rap, zumindest der amerikanische, zeichnet sich durch eine gewisse Coolness aus, d. h. schwierige Textpassagen werden möglichst locker durchschritten, emotional herrschen Abgeklärtheit und Sarkasmus vor. Entstanden ist der Rap im engeren Sinne, indem die DJ’s über den 'Breakbeats' angefangen haben, dem Publikum kurze Sequenzen aus ihrem Alltag zu erzählen. Als 'Breakbeats' werden die Passagen bezeichnet, die entste­hen, wenn die DJ’s rhythmisch eingängige Instrumentalteile aus einem Stück durch Überblendung mit einem zweiten Exemplar der gleichen Platte verlängern (vgl. Kap. 3.1.2). Um besonders geeignete Stellen im Stück nochmal spielen zu können entwickelten die DJ’s das 'backspinning' aus dem das 'scratchen' ent­stand. Während mit 'backspinning' das kurze einmalige Zurückziehen der Platte zur Wiederholun einer gewünschten Stelle gemeint ist, macht sich das 'scratchen' das gerade beim Zurückziehen entstehende Geräusch zur rhythmischen Unter­mahlung bzw. Verstärkung des Rhythmus zu Nutze. Der DJ übernimmt damit im Prinzip die Funktion eines Schlagzeugers. "Könnte doch mal ein 'konventioneller' Musiker einen Typen wie Jazzy Jeff am Mischpult sehen, ihm würde klar werden, daß er ein richtiger Musiker ist. [...] Man muß verstehen, daß ein scratchender DJ wie ein richtiger Schlagzeuger ist. Die DJ’s [...] spielen mit den Mischpulten wie andere mit einer Gitarre. Diese Typen sind in der Lage, einen Klang zu verän­dern und neue zu schaffen. [...]" (Dufrense 1997, S. 27).

Mit der ständigen Verbesserung der Studiotechnik wurde die 'Sample-technik' immer bedeutender in der Hip-Hop-Musik. Basis für ein Stück sind verschieden­ste Samples von konventionell eingespielten Platten, die, je nach gewünschter Wirkung, authentisch bis zur Unkenntlichkeit verfremdet miteinander kombiniert werden. Viele Musiker sehen in dieser Technik die grosse Freiheit, Stücke arran­gieren zu können, ohne die Instrumente beherrschen zu müssen. Wie in einer Collage werden bereits produzierte Musiken in einen neuen Kontext gestellt, ein durchaus schöpferischer Akt, wie ein Hip-Hop-Musiker erläutert: "Wir besitzen eigentlich ein besseres Verständnis, eine bessere Konzeption und einen besse­ren Zugang [als die konventionellen Musiker, A. d. V.]. [...] Die professionellen Musiker sind keine Novizen, können daher auch nicht unschuldig sein. Sie ver­stehen die Musik und bleiben dadurch beschränkt, sind gewöhnlich. [...] Wir ar­beiten impulsiv. Der Gebrauch von Maschinen zwingt uns, mehrere Möglichkei­ten auszuprobieren und andere Domänen zu erforschen. [...] Wenn es sie stört, daß ich ihre Riffs verwende, dann sind sie keine Musiker. Dann sind sie Anwälte, Buchhalter, die versuchen jedes kleine Ding, was sie gemacht haben, zu schüt­zen. Das ist doch keine Musik. Musik machen heißt, immer neue Sachen zu schaffen" (vgl. Dufrense 1997, S. 34).[5]

3. Gesellschaftliche und musikalische Ursprünge

3.1 Die Ahnen des Rap

Es gibt eine ganze Reihe von - überwiegend musikalischen - afrikanischen und afroamerikanischen Kulturformen, die bemerkenswerte Übereinstimmungen mit Rap aufweisen oder denen auch ein direkter Einfluss unterstellt werden kann (vgl. Toop 1991, S. 31f.). Hierzu zählen die 'Griots’ im nordwestlichen Schwarz­afrika, Männer die als Sänger bzw. Erzähler durch die Dörfer zogen und die Ge­schichte(n) ihres Volkes, versehen mit Spott und Humor, über Jahrhunderte vor der Vergessenheit bewahrten und aktuelle Bezüge herstellten. Es sind weiterhin die in der zweiten Hälfte des 19. Jhdts. beliebten Minstrel-Shows zu nennen, in denen eine vergleichbare verbale Geschichtsschreibung gepflegt wurde.[6] Inte­ressant ist auch das Phänomen der 'verbal contests’ in der zweiten Hälfte des 20. Jhdts. in den schwarzen communities, die wie bei den MC-Battles im Hip-Hop, der harten aber unkörperlichen Auseinandersetzung zwischen Gegnern diente. Bereits als einen Wegbereiter des Raps kann man den Scat bezeichnen, der zu­nächst im New-Orleans-Jazz auftrat und dann im Bepop zum zentralen Stilele­ment wurde. Zu den berühmtesten Musikern, die diese 'sinnleeren Sprachmelo­dien' nutzten, zählen Louis Armstrong, Ella Fitzgerald oder Cab Calloway. Letzte­rer entwickelte durch die Kombination von den "Nonsens-Silben-Melodien" mit echten Plaudereien (Jives) den Jive-Scat, der in den 40er und 50er Jahren wie­derum von Radio-DJs aufgegriffen und vervollkommt wurde. Sie gelten auch als "[...]’original rapper’ zu einer Zeit, als Rappen noch die Art zu sprechen war, mit der man eine Frau für sich gewann: eine wüste Mischung aus Scat, der die Stimme als Klanginstrument in die Musik einführte, und aus abenteuerlichen Jives-Texten voller Übertreibungen und Sinnlosigkeiten" (Poschardt 1997, S. 88). "Weitere Einflüsse", die Poschardt (1997, S. 156) nach Toop (1991) zitiert, "[...] waren schwarze Komiker, die Selbstpreisungen eines Cassius Clay und die vielen Funk- und Disco-Platten, in denen Straßenslang, der Jive der Radio-DJs und vermeintlich groteske Sprachverdrehungen in den Lyrics auftauchen."

Zu den wichtigsten jüngeren musikalischen Bezugspunkten in der Entwick­lung des Rap dürfte aber vor allem einerseits die Gospel- bzw. spätere Soul-Mu­sik und andererseits die gegenseitige Beeinflussung mit der jamaikanischen Mu­sikszene (Reggae, Dub, Ska) und ihren Soundsystems gerechnet werden. Ein wesentliches Kennzeichen des Gospels ist der sich emotional aufwiegelnde Wechselgesang (als plakative Vorstellung eignet sich James Browns Auftritt in "Blues Brothers") zwischen Priester und Gemeinde[7]. Diese Form der gegenseiti­gen Bestätigung und Anstachelung findet sich auch in Hip-Hop-Konzerten. Im Soul-Rap (Sprecheinlagen dienen in Soul-Stücken als Breakelement) und Deep-Soul (Monologe werden zu tragenden Teilen der Musik: z. B. bei Barry White) finden sich schliesslich konkrete musikalische Übereinstimmungen mit dem Rap der Hip-Hop-Musik.

[...]


[1] Zitat eines Hip-Hop-Bandmitgliedes (Rohmann, S. 72).

[2] Rose 1994, S. 71.

[3] Laut Poschardt (1997, S. 186) "[...] ein charmanter Entertainer, der schwarzen (afroamerikanischen) Humor , veritable DJ-Qualitäten und ein sicheres Gespür für die neuesten Dance-Hits verband." Er gelang Mitte der 70er Jahre in New York zu lokaler Berühmtheit, verschwand aber Ende des Jahrzehnts schon wieder von der Bildfläche.

[4] Als Vorläufer der drummachine erfand Grandmaster Flash – wie später erwähnt verfügte er über eine Elektrikerausbildung - die Beatbox, die einige charakteristische Rhythmen auf Knopfdruck abspielte und so dem DJ bereits mehr Freiheiten bei der Gestaltung der Musik ließ.

[5] Eine gute zusammenfassende Beschreibung, wie die beschriebenen Elemente der Rap-Musik miteinander verknüpft sind, liefert Rose (1994, S. 81f.): "The music and vocal rapping in rap music also privileges flow, layering and ruptures in line. Rappers speak of flow explicitly in lyrics, referring to an ability to move easily and powerfully through complex lyrics, as well as to the flow in the music. The flow and motion of the initial bass or drum line in rap music is abruptly ruptured by scratching (a process which highlights as it breaks the flow of the base rhythm), or the rhythmic flow is interrupted by other musical passages. Rappers stutter and alternatively race through passages, always moving within the beat or in response to it often using the music as a partner in rhyme. These verbal moves highlight lyrical flow and points of rupture. Rappers laying meaning by using the same word to signify a variety of actions and objects: they call out to the DJ to ‚lay down a beat‘, which it is expected will be interrupted, ruptured. Djs layer sounds literally one on the top of the other, creating a dialogue between sampled sounds and words."

[6] Toop (1991) nennt hier auch die afroamerikanischen 'Toasts', die vergleichbar sein sollen, allerdings nicht genauer beschrieben werden.

[7] Poschardt (1997) bemerkt, dass auch bei den Vorträgen der erwähnten Griots von den Zuhörern erwartet wurde, dass sie durch Einwürfe oder Zwischenbemerkungen, ihre innere Beteiligung kundtaten.

Fin de l'extrait de 24 pages

Résumé des informations

Titre
Zum musikalischen und (sub-)kulturellen Phänomen HipHop
Université
University of Bremen  (Fachbereich 9 (Musik/Musikwissenschaft))
Cours
Geschichte der Rock- und Popmusik
Note
2,0
Auteur
Année
2003
Pages
24
N° de catalogue
V18223
ISBN (ebook)
9783638226134
ISBN (Livre)
9783638788311
Taille d'un fichier
543 KB
Langue
allemand
Annotations
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Mots clés
Phänomen, HipHop, Geschichte, Rock-, Popmusik
Citation du texte
Sandor Samu (Auteur), 2003, Zum musikalischen und (sub-)kulturellen Phänomen HipHop, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18223

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