Die Talkshow als Methode im Politikunterricht – Chancen und Gefahren


Seminararbeit, 2009

17 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe


Gliederung der Arbeit:

1. Einleitung
1.1. In Gesprächen lernen
1.2. Strukturierung und Ziele der Arbeit

2. Die Methode Talkshow
2.1. Die Vorbereitung
2.2. Die Durchführung
2.3. Die Auswertung
2.4. Chancen und Gefahren der Talkshow

3. Beispiel: Mindestlohn
3.1. Besonderheiten in der Vorbereitung des Beispiels
3.2. Kontroversität des Themas
3.3. Problemorientierung
3.4. Exemplarisches Lernen
3.5. Adressatenorientierung
3.6. Handlungsorientierung

4. Fazit
4.1. Schwierigkeiten
4.2. Vorteile

1. Einleitung

Die Bandbreite der Unterrichtsmethoden, gerade im Politikunterricht, ist groß und sehr vielseitig. Lernen kann im Forschen, spielend und durch viele andere Projektarten stattfinden. Oft ist dies auch Erfolg bringend, jedoch ist das Elementarste, wodurch Lernen geschieht, das Gespräch.

1.1. In Gesprächen lernen

Sowohl im privaten, aber auch im schulischen bzw. beruflichen Bereich nehmen die meisten von uns den Großteil der Informationen über Gespräche auf. Da wir täglich Inhalte über Gespräche aufnehmen, ist der Körper gewissermaßen auf diese Art der Aufnahme von Botschaften trainiert. Die Aufnahme dieser geschieht oft unbewusst, manchmal aber auch ganz bewusst, um relevante Informationen abzuspeichern.

Gerade im Vergleich zum Lesen von Informationen ist die Vermittlung derer im Gespräch deutlich effektiver für viele Menschen bzw. Schüler. Die Konversation hat im Vergleich dazu beispielsweise den Vorteil, dass die Informationen auf zwei Ebenen, nämlich auf der verbalen und der nonverbalen Ebene, welche einen deutlich größeren Effekt als landläufig angenommen hat, vermittelt werden können.

Ein Vorteil, im Vergleich mit dem im Politikunterricht immer öfter verwendeten Video, ist, dass weniger die Gefahr besteht, in ein übersteigertes Infotainment zu geraten und die Schüler mit Reizen zu überfluten bzw. vom eigentlich wichtigen zu vermittelnden Inhalt abzukommen.

Eine Methode, die durch manche Didaktiker ebenso mit der gefährlichen Wirkung des Infotainments in Verbindung gebracht wird, ist die Talkshow. Sicher besteht bei dieser Methode die Gefahr, dass von den Schülern eventuell eine zu starke Ähnlichkeit zu den zahlreichen TV-Duellen hergestellt werden will. An dieser Stelle ist es jedoch Aufgabe der Lehrkraft, die Schüler darüber aufzuklären, dass bei der Talkshow als Methode sehr viel stärker inhaltliche Aspekte im Vordergrund stehen sollen, als dies im Fernsehen der Fall ist.

Ich habe mir diese Methode ausgewählt, da ich die Talkshow im Politikunterricht oft für sehr geeignet halte, weil sie neben der Motivation vieler Schüler auch den Vorteil besitzt, dass die kontroversen Strukturen der Politik für die Schüler sichtbar werden; dass der sachliche Konflikt in der Politik nicht nur alltäglich, sondern auch durchaus erwünscht ist.

1.2. Strukturierung und Ziele der Arbeit

Ich möchte mir die Frage stellen, ob sich mein erster Eindruck bestätigt, dass diese Methode für den Politikunterricht sehr gut geeignet ist und an welchen konkreten Stellen Schwierigkeiten auftreten und Fehler geschehen können.

Zugegeben sind bei der Planung einer solchen Talkshow viele Dinge zu beachten, angefangen von der „schlichten“ Auswahl des Themas, welches dafür geeignet ist. Dieses sollte die Schüler nicht sehr stark emotional betreffen, was ich später auch noch einmal genauer erläutern werde. Diese wichtigen zu beachtenden Aspekte bei der Vorbereitung und Durchführung der Talkshow im Politikunterricht werde ich im ersten Teil meiner Abhandlung ansprechen. Weiterhin werde ich mich den Gefahren und Chancen dieser Methode widmen, sowie der konkreten Planung einer solchen Stunde am Beispiel des Mindestlohns. Zudem gehe ich darauf ein, inwiefern diese Methode Sanders Prinzipien gerecht wird. Am Ende werde ich abschließend ein Fazit ziehen, ob diese Methode meiner Meinung nach eher zu empfehlen oder eher mit Vorsicht zu betrachten ist.

2. Die Methode Talkshow

Im Folgenden werde ich auf die verschiedenen Phasen in der Anwendung dieser Methode eingehen. Dabei spreche ich Elemente an, welche in der gesamten Anwendung dieser äußerst dringend zu beachten sind, denn an einigen Stellen können anderenfalls enorme Probleme und unerwünschte Effekte eintreten. Insgesamt kann man von einem simplen dreigliedrigen Ablauf der Talkshow im Unterricht sprechen, in dem, nach der Vorbereitung mit der Klasse, die Durchführung und im Anschluss eine Auswertung folgt.

2.1. Die Vorbereitung

Für die Vorbereitung einer Talkshow muss der Lehrende ungefähr zwei Unterrichtsstunden einplanen, da diese sehr aufwendig und komplex ist, wie ich im Folgenden beschreiben werde.

Von entscheidender Bedeutung ist die Auswahl des Themas, welche in den allermeisten Fällen durch den Lehrer geschieht. Nur in Ausnahmefällen kann es der Fall sein, dass das Thema von Seiten der Klasse gefordert wird. Das Thema muss nach dem Kontroversitätsgebot des Beutelsbacher Konsens auch in der Politik aktuell kontrovers diskutiert sein: „Was in Wissenschaft und Politik kontrovers ist, muss auch im Unterricht kontrovers erscheinen.“1

Ist das Thema bekannt gegeben, geht es darum die verschiedenen Aufgaben und Rollen auf die Schüler zu verteilen. Dabei ist es möglich, wenn nicht sogar erwünscht, dass die Schüler in jeweiligen Gruppen die verschiedenen Positionen und Aufgaben erledigen.

Die Gruppe, die den Part des Moderators vorbereitet, ist im Optimalfall leistungsstark bzw. stellt auch einen leistungsstarken Schüler als Moderator, da dieser nicht nur vermitteln, sondern gegebenenfalls auch die Diskussion antreiben muss. Diese Entscheidung sollte der Lehrer, laut Massing, „nicht dem Zufall überlassen. Es kann auch sinnvoll sein, diese Rolle selbst zu übernehmen.“2

Die Gruppen, welche die Beiträge der Gäste vorbereiten, sollten nach Möglichkeit ungefähr gleich leistungsstark sein. Ungefähr vier Gruppen beschäftigen sich in eigenständiger Recherche, welche vom Lehrer unterstützt werden sollte, mit den politischen Positionen der jeweiligen Person oder Gruppe, welche sie in der Show vertreten. Dafür erhalten sie „Material, das aus einer Rollenkarte mit methodischen Hinweisen und Textmaterial zur Erarbeitung der Argumente besteht.“3 Wichtig ist dabei, dass auf dem an die Schüler ausgegebenen Material nicht nur auf die politischen Positionen, sondern auch die verschiedensten Argumente zu finden sind, welche diese untermauern. Ist dies nicht der Fall, könnte es passieren, dass die Diskussion sehr schnell abflacht und es zu einer Vielzahl von Wiederholungen kommt.4

Die Arbeit in der Gruppe ist entscheidend, da die Argumente dieser in der Vorbereitungszeit erarbeitet werden sollen. Von der Qualität und Strukturierung der eigenen Argumente und der Gegenargumente gegen andere Positionen hängt der Erfolg der Diskussion und der Gruppe im Einzelnen ab. Pro Gruppe tritt jedoch nur ein, in der Regel durch die Gruppe ausgewählter Schüler, repräsentativ für die Schüler und die Interessengruppe, in der Talkshow auf.5

Die anderen Schüler, welche keine Position für die Talkshow vorbereiten, erhalten Arbeitsaufträge, die nicht zu allgemein gehalten werden sollten, da sonst die Gefahr bestünde, dass diese sonst in einer lebhaften Diskussion überfordert werden könnten.

Bei großen Klassen besteht die Möglichkeit, einige Schüler, welche später im Publikum sitzen, damit zu beauftragen, dass diese sich auch mit dem Thema allgemein auseinander setzen und sich kritische Fragen überlegen, die die Diskussionsteilnehmer in der Talkshow in Bedrängnisse bringen könnten.

Alternativ besteht die Möglichkeit, dass einige Schüler die Dekoration und den äußeren Rahmen der Talkshow vorbereiten. Beispielsweise gibt es die Möglichkeit von Musik-, Requisiten- und Lichteinsatz. Hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt. So sind alle Schüler gezwungen aktiv zu sein.

2.2. Die Durchführung

Für die Durchführung der Talkshow sind laut Pohl und Soldner 20-35 Minuten anzusetzen.

Die Länge derer kann differieren, da die Diskussionen sich oft in Intensität, Qualität und Quantität unterscheiden.

Während der Show bringen alle Parteien ihre Argumente vor. Aufgabe des Moderators ist es dabei auch, zu intervenieren, falls die Diskussion unfair und ungerecht, bezogen auf die Gesprächsanteile, verläuft. Zudem sollte er darauf achten, dass es stets eine sachlich-fachliche Diskussion bleibt und sie nicht auf eine rhetorische, vielleicht auch polemische, „Schlacht“ hinausläuft.

Das Publikum notiert sich, entsprechend ihren jeweiligen Arbeitsaufträgen, währenddessen ihre Beobachtungen. Zudem hat es die Möglichkeit, direkt mit gezielten Fragen in die Diskussion eingreifen, wie sie auch der Moderator hat.

Ein möglicher Ablauf wäre, dass Thema und Gäste im Eingang der Talkshow durch den Moderator begrüßt werden und die Eingeladenen darauf ihre Eingangsstatements vorstellen. Es folgt die Diskussion, beendet durch die Abschlussstatements, eine Zusammenfassung des Moderators.

2.3.Die Auswertung

Abschließend sollte der Lehrer dringend eine Auswertung folgen lassen, da sie von elementarer Bedeutung ist. Unmittelbar nach der Talkshow sei eine „Distanzierungsphase“6 von großer Bedeutung, in der die Schüler aus der Rolle herausgehen und ihre persönlichen Gefühle und Schwierigkeiten innerhalb der Rolle mitteilen können.

Pohl/Soldner unterscheiden zwei Arten der Auswertung, die inhaltliche und die methodische7, die ich im Folgenden nur knapp erläutern werde, da es sich hier um eine von vielen Ansichten handelt und ich hier vielmehr die grundsätzlichen Ziele der Talkshow-Auswertung in den Vordergrund rücken möchte.

Zunächst zur inhaltlichen Auswertung: Die erste der drei Hauptaufgaben dieser benennen Pohl/Soldner mit der Ergebnissicherung, in der beispielsweise die Beobachtungsgruppen mit identischem Auftrag ihre Argumente in Gruppen zusammentragen und später gegebenenfalls vor der Klasse präsentieren. Im zweiten Schritt, der Kategorialen Analyse, sollen anhand der Argumente politikwissenschaftliche Kategorien erarbeitet werden, welche den Schülern noch nicht bekannt sind, auf die sie aber durch ihre eigene Interpretationsstrategie leicht schließen können. So sollen die verschiedenen Argumente unter einer Kategorie wie „Implizierte Normen und Wertmaßstäbe in den Argumenten“ eingeordnet werden. Die dritte Phase ist die vielleicht wichtigste derer: Die Urteilsbildung. Wie diese erfolgen kann, ist sehr variantenreich, jedoch sollen die Schüler in jedem Fall ihre eigene Position zum besprochenen Thema darlegen und auch mit unterstützenden Argumenten gegenüber anderen begründen können. Ob dies vor der Klasse, schriftlich oder auch in den verschiedenartigsten Schülergruppen innerhalb des Unterrichts geschieht, obliegt der Entscheidung des Lehrers.

In der methodischen Auswertung geht es darum, was die Schüler positiv empfanden, an welchen Stellen dieser Methode sie noch Schwächen sehen und was sie demzufolge in Zukunft noch verbessern würden. Zudem ist es eine Möglichkeit, die Schüler einschätzen zu lassen, inwieweit die geschaffene Situation realistisch war, ob ein solches Zusammentreffen und eine solche Diskussion der Akteure in der Realität stattfinden könnten.8

2.4. Chancen und Gefahren der Talkshow

Die Talkshow ist ohne Frage eine der spannendsten Methoden im Politikunterricht. da viele Schüler im alltäglichen Fernsehprogramm vieler Sender mit ihr konfrontiert werden. Daher ist sicherlich auch allen dieses Format bereits bekannt und deshalb kennt die überwältigende Mehrheit der Schüler bereits den Ablauf und die Strukturen einer solchen Gesprächsform. Peter Massing nennt das vorherige Wahrnehmen der Talkshow im Fernsehprogramm „Fernsehereignis“9, durch welches die Schüler motivierter sind.

Die enorme zusätzliche Motivation vieler Lernender ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil dieser Unterrichtsmethode, da sich viele Schüler in unserer heutigen Zeit ausschließlich für Dinge begeistern können, die im Fernsehen zu sehen sind. So dürfte das Nachspielen einer solchen Situation durchaus reizbar für einige sein. Ist dies der Fall, engagieren und interessieren sich die Schüler sehr viel stärker für ein Thema, was ohne Verwendung dieser Methode vielleicht nur ein abzuarbeitender Punkt im alltäglichen Lehrplan gewesen wäre.

Neben der wahrscheinlich zusätzlichen Motivation bietet diese Methode Vorteile, auch in fachlicher Hinsicht. Neben der erworbenen Sachkenntnis über ein Thema oder eine Kontroverse lernen Schüler gegebenenfalls die Positionen verschiedener Parteien, institutioneller und privater Interessengruppen kennen. Zumindest aber lernen sie, sich in die Perspektive anderer hineinzuversetzen, was zum einen für das politische Verständnis, zum anderen für die Sozialkompetenz in Diskussionen allgemein sehr bedeutend ist. Nur, wenn man versucht, sich in die Argumentationen eines anderen hineinzuversetzen, kann man adäquat auf ihn eingehen und in den meisten Fällen noch etwas lernen.

[...]


1 Wehling, Hans Georg in: Mickel, Wolfgang W.: Handbuch zur politischen Bildung, Bonn 1999, S. 174.

2 Prof. Dr. Massing, Peter: Handlungsorientierter Unterricht. Ausgewählte Methoden, Schwalbach 1998, S. 42.

3 Pohl, Kerstin/ Soldner, Markus: Die Talkshow im Politikunterricht. Direkte Demokratie- Methoden + Materialien + Arbeitsvorschläge, Schwalbach 2008, S. 42.

4 Vgl. Prof. Dr. Massing, Peter, 1998, S. 43.

5 Vgl. Pohl, Kerstin/ Soldner, Markus, 2008, S. 42.

6 Pohl, Kerstin/ Soldner, Markus, 2008, S. 123.

7 Vgl. Pohl, Kerstin/ Soldner, Markus, 2008, S. 123ff.

8 Vgl. Pohl, Kerstin/ Soldner, Markus, 2008, S. 133.

9 Prof. Dr. Massing, Peter, 1998, S. 40.

Ende der Leseprobe aus 17 Seiten

Details

Titel
Die Talkshow als Methode im Politikunterricht – Chancen und Gefahren
Hochschule
Technische Universität Dresden  (Politikwissenschaft)
Veranstaltung
Seminar: Unterrichtsverfahren im Fach Gemeinschafts- und Sozialkunde
Note
2,0
Autor
Jahr
2009
Seiten
17
Katalognummer
V182380
ISBN (eBook)
9783656063582
ISBN (Buch)
9783656063827
Dateigröße
538 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
talkshow, methode, politikunterricht, chancen, gefahren
Arbeit zitieren
Sebastian Ketting (Autor:in), 2009, Die Talkshow als Methode im Politikunterricht – Chancen und Gefahren , München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/182380

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