Alfred von Kiderlen-Wächter und der Alldeutsche Verband vor der zweiten Marokkokrise. Die geheime Kooperation und ihre weitreichenden Folgen

Möglichkeiten der politischen Einflussnahme für radikalnationalistische Strömungen vor dem 1.Weltkrieg


Magisterarbeit, 2008

122 Seiten, Note: 2,8


Leseprobe


Inhaltverzeichnis

A. Einleitung

B. Hauptteil

1. In der selbstverschuldeten Sackgasse: Die außenpolitische Situation des Reiches vor der zweiten Marokkokrise
1.1. Das schwere Erbe von Bülows
1.2. Innenpolitische Determinanten begrenzen außenpolitischen Aktionsradius
1.3. Von der "Auskreisung" in die "Einkreisung"
1.4. Die Resonanz des Weltmachtstrebens in der spätwilhelminischen Gesellschaft

2. Die Konstruktion des radikalnationalistischen Weltbildes der Alldeutschen
2.1. Entstehungsgeschichte des Verbandes
2.2. Deutsche Nationalismen und ihre historische Anwendung
2.3. Preußische Machstaatsideologie und Konservative Kulturkritik:
Die ideologischen Wurzeln des alldeutschen Radikalnationalismus
2.4. Der "Organisierte Nationalismus" des ADV als bewusster
Gegensatz zur deutschen Nationalbewegung
2.5. Die Genese geopolitischer Deutungsmuster im ADV und deren
Bedeutung für die Konfrontationsstrategie ab 1908
2.6. Die Zielutopie von der radikalen Expansionspolitik
2.7. Weltmacht oder Untergang: Die alldeutsche Zuspitzung bis zum "Daseinskampf des deutschen Volkes" in der Kolonialpolitik

3. Die Vorgeschichte der Agadirkrise und die regelmäßigen Treffen
3.1. Marokko als Zankapfel der europäischen Großmächte
3.2. Erste Kontaktaufnahme durch den Staatssekretär
3.3. 25.2.1911: Beginn der substanziellen Mitteilungen
3.4. Frankreich verstößt gegen geltende Vereinbarungen - Kiderlens Risikostrategie
3.5. Das Treffen in Mannheim und die erste Marokkodenkschrift Kiderlens
3.6. Paris lenkt nicht ein - Die zweite Marokkodenkschrift stellt die Weichen

4. "Jetzt platzt die Bombe": Der Panthersprung nach Agadir am 1
4.1. Der "Panthersprung" bringt den Stein ins Rollen
4.2. Die Pressekampagne des ADV für Gebietesansprüche in West-Marokko
4.3. Kritik an der Flugschrift von Claß: Keine Gebietsansprüche und Kontaktabbruch
4.4. Die Mansion House Rede von David Lloyd George.
4.5. Kaiser und Kanzler wollen eine Verhandlungslösung: Kiderlen reduziert seine Forderungen.
4.6. Die Risikostrategie ist gescheitert: Schwierige Verhandlungen unter kritischer Begutachtung des ADV

5. Der lange Weg zum Frieden und die Folgen: Der Marokko-Kongo-Vertrag die Hetzkampagne des ADV und der Kurswechsel der alten Rechten
5.1. Minimaler Kolonialerwerb mit desaströsen Folgen - Die alldeutsche Reaktion
5.2. Die Reichstagsdebatten zu Marokko: Der ADV und die Erklärungen der Regierung
5.3. Regierung in der Sackgasse: Die Reichstagswahlen im Januar
5.4. Die "Neue Rechte" auf dem Vormarsch: Die "nationale" Ideologie wird zur politischen Kraft

C. Zusammenfassung/Schlussfolgerungen

D. Abkürzungsverzeichnis.

E. Bibliographie

A. Einleitung

A.1. Untersuchungsgegenstand

In seiner spätwilhelminischen Epoche war das Deutsche Kaiserreich ein durch polykratisches Chaos geprägter ungeordneter Machtapparat, der versuchte, die konstitutionelle Monarchie mit autokratischen Befehlsstrukturen von jedweden Demokratisierungstendenzen fernzuhalten.1

Diese strukturelle Krise manifestierte sich spätestens mit dem Ende des Bülow-Blocks 1909. Die daraus resultierenden Einflussmöglichkeiten für antidemokratisch und radikalnationalistisch gesinnte Gruppen verstärkten sich durch die schwächelenden Parteien im rechten Lager. Das ist auch deshalb ein Themenfeld, in dem noch einiger Klärungsbedarf besteht. Als Heinrich Claß Anfang 1908 den Vorsitz vom verstorbenen Ernst Hasse im wohl wirkungsmächtigsten Agitationsverband des wilhelminischen Kaiserreichs, dem Alldeutschen Verband übernahm, vollzog sich damit im Verband ein für viele der Mitglieder dringend erforderlich er ideologischer Wechsel. Eine direkte Zusammenarbeit mit der Regierung des Reichskanzlers von Bülow hatte zumeist keine positiven Ergebnisse erbracht, sondern den ADV eher öffentlich bloß gestellt. Neben der Radikalisierung des Verbandsprogramms sollte deshalb nun auch eine personelle Distanz zu den Regierungsstellen aufgebaut werden, ohne jedoch alle Kontakte abzubrechen. Dieser Schritt erwies sich für die Regierung als fatal und für den Verband zugleich als ideal, wie es die Untersuchung der Vorgänge vor und während der 2. Marokkokrise in der vorliegenden Arbeit herausarbeiten möchte. Es sollte dabei nicht übersehen werden, dass der ADV auch schon zuvor bei einigen wichtigen Entscheidungen in außen- wie innenpolitischen Entscheidungen der Ära von Bülows seinen Einfluss geltend machen konnte. Das wirft die Frage auf, ob die nachfolgende Regierung unter Bethmann Hollweg gegenüber nationalen Agitationsverbände wie dem ADV und deren innen- wie außenpolitischen Vorstellungen vollständig immun war. D. h., waren diese Vereine nicht ein mögliches Instrument für die Reichsleitung zur Kaschierung der bereits genannten Krise, indem der Öffentlichkeit ein nach außen starkes Deutschland suggeriert werden sollte? Der Verfasser möchte daher in der vorliegenden Arbeit einer der Folgen dieser strukturellen Krise auf den Grund gehen: Der verstärkten Ausbreitung des organisierten Nationalismus und deren Bedeutung für die Vorgehensweise der herrschenden Machteliten. Exemplarisch diente hierfür der ADV als Vertreter des organisierten Nationalismus, weil er als eine Art “holding company“ der “neuen Rechten“ verstanden werden kann und somit ihre Ideologie und politischen Ziele am effizientesten nach außen zu vertreten verstand.[2]

Als ideales Beispiel für diese Annahme dient die vom Staatssekretär des Äußeren, Alfred Kiderlen-Wächter, bereits im August 1910 eingeleitete geheime, da erst später während der alldeutschen Propagandakampagne in der Öffentlichkeit bekannt gewordenen Kooperation mit den Vorsitzenden des ADV, Heinrich Claß, bei der geplanten deutschen Vorgehensweise in der Marokkofrage. In der Untersuchung soll gezeigt werden, inwiefern der ADV und das Auswärtige Amt zunächst zwar in der Zielsetzung, d.h., Gebietsansprüchen gegenüber Frankreich in Südmarokko, übereinstimmten, dann aber in der Frage des strategischen Vorgehens in einen Konflikt geraten sollten. Spätere Darstellungen des ADV-Vorsitzenden versuchten, Kiderlen- Wächter dies anzulasten. Es gilt, die Annahme zu überprüfen, ob sich aus den angeführten Quellen schließen lässt[3], dass es unmittelbare Einflussmöglichkeiten für Claß und seinen Verband gegeben hat. Bei der Analyse des weiteren Verlaufs der 2. Marokkokrise ist zu untersuchen, ob der radikale Nationalismus des ADV mittelbar ab Ende 1911 in der politischen wie gesellschaftlichen Entwicklung des Kaiserreichs auf verstärkte Resonanz stieß.[4]

Die Herausarbeitung eines diesbezüglichen Entwicklungsprozesses zwischen dem Ende der 2. Marokkokrise am 4. November 1911 und der Errichtung des “Kartells der schaffenden Stände“ am 12. August 1913 markiert den strukturellen Kern der vorliegenden Arbeit. Zuvor soll dazu die Konstruktion der alldeutschen Ideologie respektive der daraus resultierenden Weltanschauung untersucht werden. Beginnend in der Spätphase der Bülow-Ära (1906-09) und weitergehend während der Kanzlerschaft Bethmanns bis zum Kriegsbeginn ermöglichte diese Konstruktion eine veränderte Wahrnehmung des ADV bei politischen Entscheidungsträgern und Parteifunktionären und sollte dadurch die Wirkungsmächtigkeit des Verbandes multiplizieren. Bevor eine Einordnung der Konstruktion und Konzeption des alldeutschen Nationalismus erfolgen kann, soll untersucht werden, wie es zu einer solchen Situation kommen konnte. Zu klären ist nun, wie es zu der Einbeziehung einer radikalnationalistischen Vereinung in eine wichtige außenpolitische Entscheidung am Vorabend des Ersten Weltkriegeskommen konnte. Die grundlegende Fragestellung dieser Arbeit lautet somit: In welchem Ausmaß war der radikale Nationalismus eine ernsthafte Herausforderung für die bestehende Ordnung in der Wilhelminischen Epoche des deutschen Kaiserreiches? Die in den Kapiteln 3 bis 5 heraus zu arbeitenden Ergebnisse der Analyse sollen dazu eine Antwort liefern.

Es bleibt zu hinterfragen, wie eine solch radikale Umdeutung des deutschen Nationalismus überhaupt möglich geworden war.

Die Fehlentwicklung begann mit dem Ende der Ära des Hochliberalismus im Deutschen Reich, Dieser politische Wandel sollte im Kaiserreich tiefe Spuren hinterlassen. Die notwendige soziale Öffnung des Liberalismus wurde erschwert, als gleichzeitig konkurrierende politische Ideologien und Leitbilder auftauchten, während er ab 1878 an politischen Einfluss verlor. Zu nennen sind vor allem ein Antisemitismus, der die alte Judenfeindschaft überlagerte, und ein neuer Nationalismus, der sich entdemokratisiert hatte. So blockierte der neue Reichsnationalismus die liberal-demokratische Weiterentwicklung des Deutschen Reiches. Der Begriff "national" entwickelte von einem linken zu einem rechten Begriff, der sich zu einer plebiszitär-cäsaristischen Mobilisierungstechnik gegen Parlament, Parteien, Liberale und Demokraten umformen ließ. Der neue Nationalismus war zugleich Abwehrideologie und Ausdruck einer Aufbruchstimmung. Das Bestehende sollte nach innen gegen alle Kräfte der Veränderung behauptet werden, die aus der “Nation“ ausgeschlossen werden sollten. Die Nation wurde zu einer Kampfgemeinschaft gegen die inneren und äußeren Feinde stilisiert, deren Geschlossenheit Voraussetzung für koloniale Expansion und nationale Weltpolitik war. Der neue Nationalismus wurde zu einem Teil der imperialistischen Grundstimmung, die durch den Wettlauf um Macht und Prestige geprägt wurde.[5] Hier fanden sich Vorlagen, aus denen der ADV seine äußerst diffus und heterogen erscheinende Weltanschauung zusammensetzten sollte. Das war eine gravierende innenpolitische Folge des zunehmenden Imperialismus, die auch anderswo sichtbar wurde. Doch nirgends gab sich die neue Massenideologie so ausschließlich wie in Deutschland, das die vielfältigen Modernisierungsvorgänge in Wirtschaft, Gesellschaft, Politik und Kultur im Unterschied zu den westlichen Nachbarn in einer dramatischen Gleichzeitigkeit und in einem rapiden Tempo erlebte. Diese Veränderungsdynamik mit all ihren Verunsicherungen, Verwerfungen und Widerständen brachte negative Folgewirkungen mit sich, wie es sie anderswo in Europa nicht vorgekommen sind.

A.2. Herleitung/Theoretische Grundlagen

In der Forschung herrscht Uneinigkeit darüber, wie das Vorgehen Kiderlen- Wächters im Hinblick auf die Lenkung der Öffentlichkeit hin zu seinen Zielen in den Marokkoverhandlungen mit Frankreich zu verstehen ist. Fundamental gegenüber stehen sich dabei 2 Theorien:

Die der “Manipulation von oben“, die dem Primat der Innenpolitik folgt, d.h., der

Erzielung von Erfolgen in der Außenpolitik zur Ablenkung von innenpolitischen

Krisen. Vorliegend wird der ADV als chauvinistische Lobby, die für die Stärkung der Position Kiderlen-Wächters gegenüber Frankreich und Großbritannien Propaganda in der Presse betreibt, als Beispiel für diese Theorie angeführt, die E. Kehr Anfang der 30er Jahre entwickelt hat[6] und die vor allem von H.-U. Wehler, H. A. Winkler sowie D. Stegmann oder K. Wernecke, Schülern Fritz Fischers, seit den 70er Jahren vertreten wurde.[7]

Dieser Ansicht traten seit Beginn der 80er Jahre verstärkt britische Historiker wie G. Eley oder D. Blackbourn entgegen, nach deren Auffassung der ADV gemäß ihrem Modell der “Selbstorganisation der Basis“ Anfang 1911 bereits ein so starkes organisatorisches und personelles Fundament besaß, dass zwecks agitatorischer Maßnahmen zur Gewinnung der öffentlichen Meinung eine intendierte Manipulation durch die herrschenden Eliten ausschloss.[8]

Vielmehr sei laut W. Baumgart von einer Interdependenz zwischen Innen- und Außenpolitik auszugehen, in der beide Politikbereiche aneinander bedingen und vom anderen einmal mehr und dann wieder weniger wie bei einer Wellenbewegung beeinflusst sind, nicht jedoch eine permanente innenpolitische Krise durch einen außenpolitischen Prestigeerfolg lösbar sei.[9]

K. Hildebrand versteht die Aktion von Kiderlen einzig als eine Art aggressive Verteidigungspolitik zwecks einer machtpolitischen Demonstration gegenüber den anderen Großmächten. Das der 1891 als Reaktion auf den mit England geschlossenen Helgoland-Sansibar-Vertrag gegründete ADV sich rasch zur wichtigsten Propagandaorganisation einer expansionistischen “Weltmachtpolitik“ entwickelt hat, gilt in der Forschung als unstrittig.[10]

Die kritische Nationalismusforschung wandte sich früh mit Begeisterung den nationalistischen Massenverbänden der wilhelminischen Ära zu. So setzte die Studie Roger Chickerings zum ADV für lange Zeit Maßstäbe in der methodischen Herangehensweise an den Vereinsnationalismus. Im Mittelpunkt des Interesses stehen die Organisationsgeschichte, die politischen und sozialen Mobilisierungsmuster und die ideologische Komposition der Vereine und Verbände.[11]

Die Befunde zum organisierten Nationalismus der wilhelminischen Ära gaben Anlass für Grundsatzkontroversen zum Stellenwert des Kaiserreiches in der neuesten deutschen Geschichte. So stellte sich die Frage, ob der Radikalnationalismus durch eine “Mobilisierung von oben“ entstanden war, weil der Überhang an vormodernen Eliten im modernen Staat seinen Einfluss im Zeitalter der politischen Massen absichern wollte, oder ob es sich dabei um eine “Selbstmobilisierung von unten“ handelte, die die “Nation“ als Appellinstanz gegen die Partizipationsverweigerung im wilhelminischen Staat in Stellung brachte. Methodisch ist die Geschichtswissenschaft wie auch die Nationalismusforschung inzwischen zu neuen Ufern aufgebrochen. Die neuere Literatur zu Nationalstaat und Nationalismus konzentriert sich auf Praxen der Repräsentation des Nationalen in regionalen, sozialen und kulturellen, weniger hingegen in konfessionellen Kontexten. Auch nach der “kulturalistischen Wende“ blieb das Interesse am organisierten Nationalismus mit Blick auf seine machtpolitische Wirkung hoch.[12] Das Wirken des ADV in den letzten 3 bis 4 Jahren vor Kriegsausbruch wurde zum Bestandteil einer fatalen Entwicklung, die in einer realitätsfernen Kriegsrhetorik kulminierte, die am Ende auch von der Reichsleitung adaptiert wurde. So ist das Vorgehen von Reichskanzler und Staatssekretär, laut E. Oncken in ihrer Abhandlung zur Agadirkrise, viel mehr als Demonstration der Stärke statt als ein auf Konfrontation zielender Kurs zu verstehen[13], die den Weg aus der politischen Sackgasse ebnen sollte.[14]

In den Quellen finden sich viele Widersprüche im Detail zur offiziösen Ideologie des ADV. Die Arbeit will zeigen, mit welch bemerkenswerter Übereinstimmung diese Texte dennoch in einander übergehen. Hier muss die Untersuchung eine Verbindung zur Lage der deutschen Außenpolitik dieser Zeit herstellen.

Traditionellen Kabinettspolitikern der alten Schule Bismarcks wie Kiderlen standen nicht mehr die Mittel der klassischen Geheimdiplomatie zur Verfügung, um einen aufstrebenden Verband dermaßen täuschen zu können. Zumindest nicht ohne sich radikalnationalistischen Gedankenguts bemächtigen zu müssen, denn mangelnde Informationspolitik gegenüber weiten Teilen der Presse half nur, den Wahrheitsgehalt alldeutscher Propaganda für die öffentliche Meinung zu erhöhen. Der Ansicht Hildebrands folgend ist zu untersuchen, ob der Staatsekretär nicht gerade “eine groß angelegte Politik des Bluffs“ durch seinen “Theatercoup“ gewählt hat, die auch solche Maßnahmen ins Kalkül zog, um seine ehrgeizigen Ziele zu erreichen.[15]

A.3. Methodischer Ansatz

Mithilfe der hypothetisch-deduktiven Methode Karl Poppers[16] sollen Form und Inhalt der Kooperation wie auch ihre mögliche Konsequenzen analysiert werden. Anhand der Überprüfung von als allgemeingültig anerkannten Theorien zur Strukturgeschichte einer Epoche mittels Verifikation einer einzelnen Hypothese wird dies umgesetzt. Der Verfasser möchte zum einen anhand der Zusammenkünfte zwischen Kiderlen- Wächter bzw. Zimmermann und Claß zwischen August 1910 und Juli 1911 untersuchen, ob eine der beiden oben genannten Schulen als eindeutiges Erklärungsmuster für eine Instrumentalisierung des ADV und/oder dessen zunehmenden Einfluss auf die öffentliche Meinung infolge seiner durch den Staatssekretär des Äußeren zunächst entfachten nationalistischen Pressekampagne dienen kann. Zu untersuchen ist, ob sich daraus Auswirkungen für politische und soziale Prozesse während der letzten Vorkriegsjahre feststellen lassen und ob diese einen bestimmten Einfluss des ADV auf das negative internationale Erscheinungsbild des Kaiserreichs implizieren. Mittels des eingeführten methodologischen Ansatzes ist zu rekonstruieren, ob die 2. Marokkokrise vor dem Hintergrund dieser Agitation, um es in Fritz Fischers Worten zu präzisieren, als „der Durchbruch der nationalen Opposition“[17] im Kaiserreich gelten kann. Das heißt auch, zu fragen, ob der ADV als einer der wirkungsmächtigsten Repräsentanten dieser neuen Rechten in der öffentlichen Berichterstattung über die Ereignisse vom “Panthersprung“ bis hin zum deutsch- französischen Marokko-Kongo-Vertrag und der sich anschließenden Reichstagsdebatte im November 1911 seine ideologischen Deutungsmuster eine deutsche Weltmachtposition so sehr in der Bevölkerung und in den traditionellen Rechtsparteien verankern konnte, wie es die Entwicklung bis hin zur Kriegshysterie im Juli 1914 vermuten lässt.

A.4. Quellengrundlage

Die für diese Untersuchung herangezogen Quellen bestehen zum einen aus der 1932 erschienen Heinrich Claß Autobiographie “Wider dem Strom“, die, aus einer extrem subjektiven Perspektive, sehr genau den Inhalt der geheimen Unterredungen und diesbezüglichen Absprachen mit den obigen Herren wiedergibt und durch im offiziellen Vereinsorgan “Alldeutsche Blätter“ im Jahr 1911 veröffentlichte Artikel erweitert wird. Es gibt bis auf die im Anhang der 1992 von Michael Peters erschienen Dissertation “Der Alldeutsche Verband am Vorabend des 1. Weltkrieges“ abgedruckte Notiz von Claß über seine Zusammenkunft mit Kiderlen-Wächter im Pfälzer Hof in Mannheim am 19. April 1911 keine darüber hinaus gehende zuverlässige Quellen, die die für die vorliegende Bearbeitung relevanten Äußerungen von Claß bestätigen können. Seine Glaubwürdigkeit muss hinsichtlich einiger angeblich von Kiderlen gemachter Aussagen in Zweifel gezogen werden, da sich keine Zustimmungen aus anderen Quellen außer den zu dieser Zeit erschienen Zeitungen des nationalen Lagers dafür finden lassen konnten, so dass diese nur in einigen wenigen Einzelfällen als Beleg gelten dürften.[18] Kiderlen hat selbst nach der Reichstagsdebatte vom 9.11.1911 zum Marokko-Kongo- Vertrag am 17.11 im Hauptausschuss des RT anders lautende Erklärungen abgegeben, die später zunächst durch eine Aussage von Claß unter Eid juristisch widerlegt zu sein schien. Claß hat später jedoch eingeräumt, diese konkreten Zusagen von Kiderlen nie bekommen zu haben.[19]

Folglich konnte der Staatsekretär des Äußeren dem ADV-Vorsitzenden doch eine Fehlinterpretation seiner Aussagen anlasten.[20] So schadete es ihm persönlich nur wenig, dass der ADV ihn zunächst öffentlich der Unwahrheit beschuldigt hatte.[21] Diese Auseinandersetzung wird in der Arbeit nur angeschnitten, da es sich hierbei eher um eine persönliche Fehde als um eine für den ADV infolge der zweiten Marokkokrise bedeutsame Entwicklung handelte.

Als unverzichtbar für die offiziöse Außenpolitik des vorliegenden Untersuchungs- zeitraums müssen die unmittelbar vom Auswärtigen Amt zwischen 1922 und 1927 veröffentlichten Akten der “Politik der Großen Kabinette“, hier Band 29: Die 2. Marokkokrise 1911 angesehen werden, da sie alle wichtigen Korrespondenzen zwischen Kaiser, Reichskanzler, Staatsekretär des Äußeren und den Botschaftern in London und Paris wiedergeben. Insbesondere beinhalten sie zwei sehr wichtige Denkschriften von Kiderlen und Zimmermann vom 3. Mai und 12. Juni 1911 die die Entwicklung in der Strategie zur Marokkofrage wiedergeben. Quellenkritisch abgesichert sind diese Dokumente zum Teil durch das 1924 von Ernst Jäckh in 2 Bänden in Form von Nachlässen und Briefwechseln herausgegebene Werk “Kiderlen- Wächter. Der Staatsmann und Mensch“, wovon vorliegend Bd. 2 verwendet wird. Der Aufsatz “Kiderlen-Wächter und die deutsche Politik der Vorkriegszeit“ von Wolfgang Andreas bewertet das Wirken Kiderlens kritischer. Die 1921 erschiene Autobiographie “Before the War“ des englischen Kriegsministers Lord Haldane dient als Beispiel der Wahrnehmung aggressiver deutscher Expansionspolitik bei den westeuropäischen Großmächten und die am 21. Juli 1911 vom englischen Finanzminister Lloyd George im Londoner Mansion House zur Lage in Marokko gehaltene Rede als Verdeutlichung der englischen Position, die für die Strategie Kiderlens sehr bedeutsam sein sollte. Eine neutrale dritte Position nimmt bei der Darstellung und Analyse der alldeutschen Ideologie und ihrer Forderungen und populistischen Maßnahmen das vom amerikanischen Historiker Roland Usher 1913 erschiene Werk “Pan-Germanism“ ein, dass einige klarstellenden Ergänzungen zum Wirken des ADV während des Untersuchungszeitraumes liefert, ohne jedoch für die Darstellungen der Phase der Zusammenarbeit, die Kiderlen oder Claß bis Ende 1911 öffentlich abgaben, Partei zu ergreifen.

Zur Analyse und Beschreibung der Genese der Ideologie des ADV, zu der es keine einzelne bedeutsame Schrift eines berühmten oder viel rezipierten Denkers des 19.

Jahrhunderts gibt, werden primär die beiden unter Pseudonym veröffentlichten Schriften des langjährigen Verbandsvorsitzenden Claß, zum einen “Deutsche Geschichte“ von Einhart und zum anderen sein vor dem Hintergrund des Linksrucks bei den Reichstagswahlen 1912 entstandenes Manifest “Wenn ich Kaiser wär`“ untersucht. Darüber hinaus dient die Aufsatzsammlung “Deutsche Politik“ seines Vorgängers an der Verbandspitze, Ernst Hasse, die die Bedingungen für das Deutschtum auf der Welt beschreibt und analysiert, als Blick auf die Zeit vor 1908. Neben diesen Quellen kann die alldeutsche Weltanschauung durch eine Vielzahl von fragmentarischen Schriften zusammengefügt werden. Dazu verwendet der Verfasser Notizen, Briefe, Antwortschreiben, Einladungen zu den Treffen von Claß mit Kiderlen-Wächter und anderen Regierungsoffiziellen von August 1910 bis Juli 1911 und Protokolle der Verbandssitzungen aus dem Jahre 1911, die er im Bundesarchiv Berlin untersucht hat. In den dortigen Akten fanden sich auch Reden auf Veranstaltungen oder Kommentare in Zeitungen von Verbandsoberen. Noch wichtiger sind die in den Alldeutschen Blättern, dem offiziellen Verbandsorgan, zwischen Februar und Dezember 1911 veröffentlichten Artikel, Aufrufe, Erklärungen und Bekanntmachungen zu, die der Verfasser in der Stadtbibliothek Lübeck einsehen konnte.

B. Hauptteil

1. In der selbstverschuldeten Sackgasse: Die außenpolitische Situation des Reiches vor der zweiten Marokkokrise

1.1. Das schwere Erbe von Bülows

“Bülow ist ein Unglück für uns.“[22] Alfred Ballin Das deutsche Kaiserreich ist 1871 durch eine “Revolution von oben“, und nicht durch einen freien Willensakt seiner Bürger, gegründet worden. Die Nachwehen dieser obrigkeitlichen Vergangenheit sind in seinem politischen System immer allgegenwärtig geblieben. Das Spannungsverhältnis zwischen autoritärer Staatsführung und freiheitlicher parlamentarischer Willensbildung prägte in allen Lebensbereichen die Geschichte des deutschen Kaiserreichs. Es betraf die innere Politik, die Parteienstruktur und die Wirtschaftsordnung ebenso wie die Kunst und Wissenschaft. Durch alle diese Faktoren beeinflusst war die Außenpolitik. So können folglich weder die allgemeine politische Entwicklung des Reiches noch die jeweilige Tagespolitik der Reichsregierung im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts nur als logische Konsequenz dieser strukturellen Dauerproblematik betrachtet werden. Dabei sollte jedoch nicht vergessen werden, dass die fortschreitenden sozialen und wirtschaftlichen Modernisierungs- prozesse während der Herausbildung des deutschen Nationalstaats von 1864 bis 1871 die politischen Vorgänge in komplexer Form mit geprägt haben. Auch wurde die Frage nach möglichen Alternativen für die formell zweite deutsche Staatsgründung wiederholt gestellt wurde, so bleibt doch festzuhalten, das dieses Modell den einzig möglichen Kompromiss zwischen Bismarck, den alten preußischen Machteliten und den adeligen Partikularisten auf der einen und den Liberalen sowie Sozialdemokraten mit und ohne demokratische Gesinnung auf der anderen Seite dargestellt hat.[23]

Der vielleicht wichtigste Exponent dieser politischen Fehlerkette während der wilhelminischen Ära des deutschen Kaiserreichs soll im Folgenden betrachtet werden, denn für das spätere Wirken des ADV sollte seine lange Kanzlerschaft von sehr großer Bedeutung sein. Als Bernhard Fürst von Bülow am 14. Juli 1909 als Reichskanzler von Wilhelm II. offiziell entlassen wurde, bedeutete dies das Scheitern seines Versuches, im Zeichen des nationalen Imperialismus eine Ära der schrittweisen Annäherung und des Ausgleichs innerhalb der bürgerlichen Parteien und der wirtschaftlichen Interessenverbände zu erreichen und dabei zugleich die Dominanz der Zentrumspartei in der deutschen Politik zu beenden. Diese Entwicklung führte gerade in den Reihen der Liberalen zu einem distanzierten Verhältnis zur Regierungspolitik, welches sich zu einem späteren Zeitpunkt noch bemerkbar machen sollte. Das Konzept der nationalen Sammlungspolitik ging am Ende der Kanzlerschaft v. Bülows nicht mehr auf. Eine Zusammenarbeit zwischen Konservativen, Nationalliberalen, dem Zentrum und den Linksliberalen bei der Reichsfinanzreform war Bülow nicht mehr gelungen. Die engere Führungselite des Kaiserreichs, welche aber unbestritten nie mehr ganz geschlossen auftrat in diesem Zeitraum, hatte nach dem Rücktritt Bülows die große Befürchtung, dass auch die liberalen Parteien nach links schwenken könnten, womit eine nicht ganz abwegige Parlamentarisierung der Reichsverfassung näher rückte. Zumal auch selbst das Zentrum sich nun von solchen Plänen nicht mehr eindeutig zu distanzieren schien. Die Taktik des Bülow-Blocks nach der RT-Wahl 1907 hatte zu einer Situation geführt, die der herrschenden Aristokratie nicht gefallen konnte: Die mögliche Reform des Wahlrechts bedrohte ihre Privilegien massiv. Diese Skepsis spiegelte sich nun bei den diesen Machteliten nahe stehenden Parteien wieder und schwächt die Handlungsfähigkeit Bülows im Parlament immermehr.[24]

Auch auf außenpolitischem Terrain fiel die Bilanz der Regierungsjahre von Bülows negativ aus. Das Deutsche Reich befand sich durch seine Mittellage in Europa in einer kritischen Position. Die Aufrüstung von Flotte und Heer hatte dies nicht kompensieren können. Die am Anfang seiner Amtzeit als Außenstaatsekretär 1897 in seiner berühmten “Platz an der Sonne“ - Rede im Reichstag geäußerten Forderungen, in denen er darauf verwies, dass „Die Zeiten, wo der Deutsche dem einen seiner Nachbarn die Erde überließ, dem anderen das Meer und sich selbst den Himmel reservierte, wo die reine Doktrin thront […]“[25] vorüber seien, um eine Ära einer neuen deutschen Außenpolitik anzukündigen, hatten das Deutsche Reich in Europa letztlich sehr stark isoliert, da diese Einschätzungen wohl die realpolitischen Determinanten zu oft außer Acht gelassen hatten. Das Ansehen der deutschen Diplomatie hatte unter den riskanten Vorstößen schwer gelitten, ohne dass dadurch seine innenpolitischen Ziele - Stabilisierung der Monarchie gegenüber den nach mehr Partizipation bei den politischen Entscheidungen strebenden Parteien - erreicht worden wären.[26]

Das Erbe ungelöster innenpolitischer Konflikte und der unnötig heraufbeschworenen außenpolitischen Isolation in Europa der Kanzlerschaft Bülows hinterließ seinem Nachfolger eine Aufgabe, die ohne eine Begrenzung des Einflusses des Reichstages, vorliegend dem Einschlagen eines gouvernementalen Kurses “oberhalb der Parteien“, unmöglich schien und somit das Erstarken der radikalen Kräfte an den politischen und gesellschaftlichen Rändern einleitete.[27]

Diese aus der Kontrolle geratene Entwicklung bedarf hier einer genaueren Betrachtung, da sie auch zu einem besseren Verständnis der später zu untersuchenden Vorgänge vom Sommer 1911 bis zum Frühjahr 1912 beiträgt, welche den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit bilden.

1.2. Innenpolitische Determinanten begrenzen außenpolitischen Aktionsradius

In der Innenpolitik zeigte sich bald, dass Flottenbau und Weltpolitik die strukturellen Probleme nur kurzfristig überdecken konnten und mittelfristig die Konflikte eher noch zuspitzten. Die innenpolitische Stabilisierung um die Jahrhundertwende gründete sich auf einen kurzlebigen politischen Konsens von Konservativen, Nationalliberalen und vor allem dem Zentrum. Die Reichstagswahlen von 1903 änderten daran zunächst kaum etwas. Die Linksliberalen hatten leichte Verluste hinzunehmen, Nationalliberale und Sozialdemokraten gewannen dazu. Die Sozialdemokraten stiegen im Reichstag zur zweitstärksten Fraktion auf. Das Zentrum blieb stärkste Kraft und konnte trotz Verlusten seine parlamentarische Schlüsselstellung behaupten. Die Partei blieb zunächst die wichtigste Stütze der Regierung. Auch wegen dieser Abhängigkeit kam die Reichsleitung dem Zentrum in einigen Punkten entgegen. So ging zum Beispiel die Einführung von Diäten für Mitglieder des Reichstages 1906 auf Forderungen des Zentrums zurück. Die Partei bestimmte den innenpolitischen Kurs des Reiches bis zur Wahlniederlage 1907 maßgeblich mit.[28]

Zur weiteren Erhaltung des Status quo bedürfte es nach Ansicht des Reichskanzlers einer auf Prestige ausgerichteten äußeren Politik, um die Kritiker der Regierung im Reich zu besänftigen. Problematisch für Bülow wurde, dass er nach den verschiedenen außenpolitischen Misserfolgen den Rückhalt des Kaisers verlor. Bei den Konservativen wuchs der Unmut über das als zu zaghaft kritisierte Vorgehen gegen die Sozialdemokratie. Die Position des Zentrums als parlamentarischer Stütze der Regierung geriet durch innerparteiliche Veränderungen in ernsthafte Gefahr. Die Ablehnung eines Nachtragshaushaltes für eine weitere Unterstützung des Kolonialkrieges gegen die aufständischen Herero führte Ende 1906 zur Auflösung des Reichstages und zu Neuwahlen. Nun schien Bülow mit seinem außenpolitischen Konzept in eine Sackgasse geraten zu sein, die ihn das Amt kosten konnte. Es retteten ihn aber Anfang 1907 die sog. “Hottentottenwahlen“. Sie brachten den Blockparteien Gewinne ein, während die SPD fast die Hälfte ihrer Mandate verlor. Das Zentrum verlor trotz Mandatszuwächsen seine Schlüsselposition, da die Liberalen und die Konservativen nun zusammen eine Mehrheit besaßen.[29]

Der jetzt regierende so genannte Bülowblock blieb nicht nur ein Wahlbündnis, sondern von Bülow kündigte an, sich in Zukunft auch auf diese Parteien stützen zu wollen. Deutlich gemacht wurde der Politikwechsel durch die Ersetzung von Innenstaatssekretär Posadowsky, der an einer Zusammenarbeit mit dem Zentrum festhalten wollte, durch Theobald von Bethmann-Hollweg. In zahlreichen Politikfeldern erzielt man Übereinstimmungen, in anderen Bereichen bestand Kompromissbereitschaft, aber es gab innerhalb des Bülow-Blocks auch kaum überbrückbare Gegensätze. Diese konnte Bülow eine zeitlang ausgleichen und moderieren. Allerdings war er nun nicht nur von der Gunst des Kaisers, sondern auch von einer brüchigen Regierungsmehrheit abhängig. Dem Reichskanzler schien es dennoch zunächst für zwei Jahre möglich zu sein, eine Politik ohne große Konflikte praktizieren zu können.[30]

Ein großes Konfliktfeld stellte vor allem die immer drängender werdende Reichsfinanzreform dar. Das Schicksal des Bülowblocks wurde 1909 letztlich durch die Entscheidung in dieser Frage besiegelt. Nach langen internen Debatten entschied sich das Zentrum schließlich dafür, zusammen mit den Konservativen zu stimmen. Das Gesetz trug letztlich deutlich die Handschrift der Großgrundbesitzer. Dagegen entstand eine breite Protestbewegung, die sich im Hansabund sammelte. Politisch war der Block damit an der Finanzreform endgültig zerbrochen. Dies führte im Juni 1909 schließlich auf seinen eignen Wunsch zur Entlassung von Bülows.[31]

1.3. Von der “Auskreisung“ in die “Einkreisung“

Fritz Fischer hat mit seiner These von der “Kontinuität deutscher Machtpolitik“ darauf- hingewiesen, dass das Deutschen Reich schon seit seiner Gründung 1871 darauf aus gewesen sei, Europa zu dominieren. Durch die parvenühafte und überheblich auftretende Art und Weise habe es dabei hauptsächlich selbst dazu beigetragen, dass es spätestens 1914, eigentlich schon vor Bethmanns Kanzlerschaft, fast vollständig “eingekreist“ war. Dieses außenpolitische Vabanquespiel stellt jedoch erst seit Ende des 19. Jahrhunderts die Normalität im deutschen Kaiserstaat dar. Seitdem verschoben sich unter Reichkanzler Bülow die außenpolitischen Schwerpunkte und deren fatales Echo im Ausland um einiges stärker als zuvor. Seit 1897 verschrieb sich das Deutsche Reich einer aggressiven “Weltpolitik“, die nicht nur von konkreten imperialistischen Zielsetzungen bestimmt war. Vielmehr stand hinter ihr das Bestreben der aufsteigenden Mittelschichten, zu einem großen und machtvollen Staatsgebilde zu gehören und damit an politischen Entscheidungsprozessen teilzuhaben, an denen verantwortlich mitzuwirken ihnen die halbkonstitutionelle Verfassungsstruktur weitgehend verwehrte.[32]

Die tatsächliche Bedeutung der kolonialen Erwerbungen, vor allem in Afrika, stand allerdings in keinem Verhältnis zum proklamierten “Griff nach der Weltmacht”. Nationale Agitationsverbände wie der Alldeutsche Verband oder der Deutsche Flottenverein nährten einen übersteigerten Nationalismus und trugen so zur fortschreitenden Isolierung des als überheblich und ignorant geltenden Reiches bei. Auf diese Weise war der notwendige beständige Ausgleich der Interessen zwischen den Führungseliten und der öffentlichen Meinung nicht möglich. Es entstanden extrem nationalistische Expansionsbestrebungen, die zunehmend die politischen Realitäten hinter sich ließen. Für die tatsächliche Politik spielte jedoch weiterhin die Lage des Kaiserreichs in Europa die zentrale Rolle.[33]

Um die Jahrhundertwende steckte die deutsch-britische Annäherung vor allem aufgrund des antienglischen Weltmachtkonzepts und des Versuchs, beim Flottenbau gleich zu ziehen, fest. Es kam allerdings zu keiner ernsthaften Konfrontation, da Großbritannien mit anderen Staaten eine Vielzahl von Konflikten hatte und außenpolitisch unter verschiedenen Partnern wählen konnte. Daher hielt man sich in London auch eine Annäherung an Berlin offen. Vorübergehend schien sich nach der gemeinsamen Niederschlagung des Boxeraufstandes durch die europäischen Mächte, der USA und Japan eine Annäherung an Großbritannien abzuzeichnen. Diese für das Deutsche Reich günstige Situation veränderte sich nach 1902 ins Negative. Vor allem die “Entente cordiale“ zwischen Großbritannien und Frankreich von 1904 hatte hier eine erhebliche Bedeutung. Ein stabiler Dreibund war für das Kaiserreich daher lebensnotwendig.[34] Der Versuch des Deutschen Reichs, sich wieder an Russland anzunähern, führte zwar 1904 zu einem Handelsvertrag, war im Endeffekt aber erfolglos. Man scheute hier auch ein engeres Bündnis, um angesichts des russisch-japanischen Krieges nicht zum Handlanger der russischen Politik in Fernost zu werden. Im Westen versuchte das Deutsche Reich gegen Frankreich Erfolge zu erzielen. Es stellte sich etwa gegen die französische Expansion in Marokko. Kaiser Wilhelm II. landete 1905 demonstrativ in Tanger und forderte eine internationale Konferenz, die auch in Algeciras stattfand, aber dazuführte, dass das Misstrauen gegenüber dem Deutschen Reich noch zunahm. Die Marokkokrise festigte nicht nur die Zusammenarbeit von Frankreich und England, sondern führte auch zu einer britisch-russischen Übereinkunft über ihre Interessen im Mittelmeerraum. Das weltpolitische Auftrumpfen des Kaiserreichs hat so zu einer außenpolitischen Isolation geführt, weil das Deutsche Reich in direkte Konkurrenz mit England und Frankreich getreten war. Diese wurde durch die Flottenrüstung vor allem gegenüber Großbritannien noch verstärkt.[35]

Bülow war bereits nach Beschluss der Konferenz in Algeciras mit seiner Weltmachtpolitik gescheitert, da sich das Kaiserreich selbst aus der europäischen Staatengemeinschaft hinausbefördert hatte. 1907, als die Entente um Russland zur Triple Entente erweitert wurde, wurde dies manifestiert. Das Deutsche Reich war im Osten und Westen eingekreist worden. Anstatt von einer Einkreisung wird hier auch oftmals von einer Auskreisung, sprich einer Isolierung des Reiches gesprochen. Aufgrund seiner aggressiven, sprunghaften und lautstarken Außenpolitik war das Deutsche Reich in diese außenpolitische Isolation geraten. Die einmal gegen Frankreich, dann gegen England oder Russland gerichtete “Politik der Stärke“ hatte eine bündnispolitische Situation geschaffen, die vom Deutschen Reich als Akt der “Einkreisung“ angeprangert wurde. Die offizielle Regierungslinie, die besagte, man sei vor allem durch britische Intrigen “isoliert“ worden, muss nach obigen Darstellungen als deutsche Wunschvorstellung angesehen werden und legitimiert Bülows Fehleinschätzungen nicht. Obwohl sich das Deutsche Reich von Feinden umgeben sah, handelte es sich aber vielmehr um eine selbstverschuldete “Auskreisung“, da sich das Reich ohne äußeren Druck ins diplomatische Abseits manövriert hatte.[36]

Zu dem Gefühl der Bedrohung von Außen kamen die gravierenden innenpolitischen Probleme. Bereits in der Reichstagsdebatte vom 27. März 1900 hatte der Reichskanzler auf die eigentlichen Beweggründe seiner Außenpolitik und deren strategische Umsetzung hingewiesen, wie er es in seiner 1930 erschienen Autobiographie ausführte. Er verstand rückblickend unter dem Konzept der Weltpolitik „(…) lediglich die Pflege und Entwicklung der uns durch die Ausdehnung unserer Industrie, unseres Handels und unserer Schiffahrt erwachsenen Aufgaben (…).“, so dass größere kolonialen Interessen für ihn angebracht schienen, denn „Unseren Handel, unsere Industrie, die Arbeitskraft, Regsamkeit und Intelligenz unseres Volkes könnten wir nicht kappen.“ Diese ökonomische Notwendigkeit hätte für ihn jedoch nie bedeutet, „(…), aggressive Expansionspolitik zu betreiben.“, sondern es ging ihm allein darum „(…) die schwerwiegenden Interessen [zu] schützen, die wir durch die natürliche Entwicklung der Dinge in allen Weltteilen erworben hätten.“[37]

Eine solche Argumentationskette trug unzweifelhaft mit zum Entstehen einer radikal- nationalistisch ausgerichteten Hysterie bei, denn sie verkannte die fragwürdigen Strategien des deutschen Imperialismus seit Ende der 1890er Jahre und ihre Nachwirkungen bei denjenigen, die nicht bereit waren, eine Grenze zwischen den ökonomischen und politischen Interessen innerhalb der Weltmachtpolitik zu ziehen.[38]

Der im Sommer 1909 erfolgte Zusammenbruch des Bülow-Blocks und die sich anschließende Entlassung des Reichskanzlers lassen sich auch darauf zurückführen, dass der ADV es verstand, von einer schweren Regierungskrise zu profitieren, die sein wiederholter Angriff auf die Glaubwürdigkeit der Regierung mit herbeigeführt hatte. Die im 3. Kapitel zu analysierende zweite Marokkokrise dürfte hierfür als Paradebeispiel dienen.

1.4. Die Resonanz des Weltmachtstrebens in der spätwilhelminischen Gesellschaft

In den späten 1890er Jahren begann die Außenpolitik Deutschlands endgültig den Rahmen der Kontinental- zu Gunsten der Weltpolitik, d. h. des verstärkten Imperialismus, zu verlassen. Das populäre Schlagwort Bülows war die Forderung nach einem “Platz an der Sonne“. Der Versuch, das Deutsche Reich endlich als Großmacht zu etablieren, beinhaltete auch eine innenpolitische Komponente. Sie diente dazu, innere Spannungen zu überdecken und bediente auch wirtschaftliche Interessen, etwa die an Absatz- oder Rohstoffmärkten. In der deutschen Öffentlichkeit stieß das Konzept der Weltpolitik auf eine breite Zustimmung. Einzig die Sozialdemokraten kritisierten das Vorgehen massiv.[39]

Wie weit dabei das imperialistische Gedankengut in das liberale Bürgertum reichte, zeigte das Beispiel von Max Weber und Friedrich Naumann. Diese versprachen sich davon Wohlstand und die Integration der Arbeiter. Auch von konservativer Seite wurde der Imperialismus als Mittel der nationalen Integration betrachtet. Bei der “neuen Rechten“ waren die imperialistischen Expansionsforderungen mit der Kritik an den etablierten Honoratioren verbunden. Dagegen sah nur ein vergleichsweise kleiner Teil der Wirtschaft in der imperialistischen Expansion Vorteile, war diese doch vor allem auf den Export in die Industriestaaten ausgerichtet, wenngleich man darin längst ein effektives Mittel im Kampf gegen die Sozialdemokratie erkannt hatte.[40]

Gekennzeichnet war die imperialistische Politik von den oft kontraproduktiven Auftritten des Kaisers, wie etwa bei der Landung in Tanger 1905. Ihre auf die Zustimmung in Deutschland ausgerichtete Sprunghaftigkeit wirkt fatal durch die immer wieder aufgebauten Drohkulissen. Denn angesichts einer dynamischen Wirtschaft, einer starken Armee und einer immer größeren Flotte musste dies auf die anderen europäischen Mächte fraglos bedrohlich wirken. Der Sozialimperialismustheorie von Hans-Ulrich Wehler zufolge entwickelte das Reich bereits in der Bismarck-Zeit die politische Strategie, die sozialen Spannungen im Inneren durch eine verstärkt auf den überseeischen Imperialismus setzende Außenpolitik abzulenken und womöglich zu neutralisieren. Ein möglicher Krieg war als weiteres Vehikel zu verstehen. Laut Wehler hatten die deutschen Kriegsziele für die Machteliten die Funktion einer Integrationsideologie, also eines Instrumentes, um die politische und soziale Einheit der tief in sich gespaltenen wilhelminischen Gesellschaft herzustellen.[41]

Aufgrund seiner militärischen Macht, seines wirtschaftlichen Potentials und seiner territorialen Größe war es ohnehin schon die stärkste europäische Großmacht. Die Stellung und das Selbstverständnis der herrschenden Schichten im Kaiserreich entsprachen ihrer Ansicht nach nicht ihrer tatsächlichen internationalen Reputation. Dies erzeugte bereits während dessen Kanzlerzeit eine tiefe Unzufriedenheit und kanalisierte gleichzeitig eine größere Risikobereitschaft in einigen Regierungskreisen, um doch endlich einen weltpolitischen Erfolg erringen zu können.[42] Entsprach dieses Verlangen den realen Möglichkeiten des Reiches bzw. den Hoffnungen großer Teile der Bevölkerung oder war dies nur die Fortsetzung einer Strategie von oben, um den gesellschaftlichen Wandel hin zu mehr demokratischen Elementen weiter zu verhindern? Dazu halten die Kontroversen in der Historiographie nach wie vor an.[43]

Dass sich das Deutsche Kaiserreich im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts nicht nur an den Großmächten, sondern an den sog. Weltmächten USA, Großbritannien und Russland orientiert hat, lag an der Überzeugung vieler Protagonisten des Kaiserreichs, die im Konkurrenzkampf mit diesen Staaten ihre Bestimmung sahen. Die Weltmachtpolitik hatte so zu Beginn der Kanzlerschaft Bethmanns eine immer breitere Zustimmung in weiten Teilen der Gesellschaft gefunden.[44]

Die von der Reichsleitung dafür instrumentalisierten legitimierenden Mythen wurden zumeist nicht angezweifelt. Die folgende kritische Bemerkung von Sönke Neitzel ist dafür exemplarisch. Ihm zufolge erkannte die öffentliche Meinung im Bezug auf das Verlangen nach dem Status einer Weltmacht nicht, „dass mit Ausnahme der Vereinigten Staaten auch diese Giganten [USA, Großbritannien und Russland] Bindungen zur Wahrung von Besitz und Einfluss eingehen mussten und nicht so tun konnten, als sein sie allein auf der Welt.“[45] Die Folgen dieser Fehleinschätzung sollten die herrschenden Eliten im ersten Weltkrieg noch drastisch erfahren. Diese Stimmung in der Öffentlichkeit konnte dem ADV nur zuträglich sein, denn die Forderungen nach einer expansiveren Kolonialpolitik gewannen dadurch deutlich an Konjunktur. Das Gefühl, eingekreist zu sein, löste im Deutschen Reich eine trotzige Stimmung des “Nun erst recht“ aus, eine Steigerung des neurotischen, nahezu weltfremden Massennationalismus, wie er in der immer stärker in Erscheinung tretenden Agitation des ADV seinen Ausdruck finden sollte. Dieser Befund wird von Roger Chickering gestützt, der in seiner Verbandsstudie verdeutlicht hat, dass, „In mobilizing support for (…) patriotic causes, the League displayed an evidently uncontrollable dynamism which led it in the name of patriotism, into open conflict with the German government.”[46]

Im folgenden Kapitel soll die Konstruktion dieser Ideologie des Verbandes eingehend untersucht werden, um dann in dem sich anschließenden Kapitel die möglichen realpolitischen Auswirkungen darzustellen.

2. Die Konstruktion des radikalnationalistischen Weltbildes der Alldeutschen

2.1. Entstehungsgeschichte des Verbandes und deren Rahmenbedingungen

Der ADV wurde im letzten Jahrzehnt vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges durch stetige Zunahme völkisch rassistischer und antisemitischer Tendenzen in seinem Programm die ideologische Plattform deutscher Expansionspolitik. Ideologisch und personell geht der ADV zurück auf den vom Afrikaforscher Carl Peters 1886 gegründeten “Allgemeinen deutschen Verband zur Förderung überseeischer deutsch- nationaler Interessen“, der jedoch keine weitere Entfaltung erfuhr. In Reaktion auf den Sansibar-Vertrag, mit dem Helgoland deutsch, Sansibar jedoch an Großbritannien abgegeben wurde, konstituiert sich 1890 der “Allgemeine deutsche Verband“, der den Schutz deutscher Kolonialinteressen zu seinem zentralen Anliegen macht. Bis 1893 führte eine starke Divergenz innerhalb des Verbands darüber, ob man sich nun als bürgerliche Sammlungsbewegung gegen die “Politik des neuen Kurses“ oder als Plattform zur Gründung einer neuen nationalen Partei betätigen sollte, zu großen finanziellen, kommunikativen und wiederholt organisatorischen Problemen. Nachdem die geplante Parteineugründung gescheitert war, stand der Verband vor dem Aus. Zwischen Sommer 1893 und Frühjahr 1894 wurde dann notwendige Umstrukturierung vorgenommen. Der Leipziger Statistikprofessor Ernst Hasse übernahm am 5. Juli 1893 den Vorsitz. Am 12. April 1894 wurde abschließend der Name in “Alldeutscher Verband“ geändert. Im selben Jahr erschien die erste Nummer der Verbandszeitschrift “Alldeutsche Blätter“, welche unter ihrem vorherigem Namen “Mittheilungen des Allgemeinen Deutschen Verbandes“ bereits seit 1891 erschienen war, die sich einer offensiven Expansionspolitik, einer Rivalität mit den übrigen Kolonialmächten und der Flottenaufrüstung verschrieb. Hasse folgte von 1908 bis zur Auflösung des Verbands 1939 der Justizrat Heinrich Claß, der Autor der Deutschen Geschichte von Einhart oder auch diverser Propagandaschriften zur Bedeutung von Krieg und angemessener Kolonialpolitik für das deutsche Volk. Daher verwunderte es nicht, dass sich der Verband bereits vor dem Ersten Weltkrieg mit einem ausgedehnten Diskurs über die Ziele eines zukünftigen, vordergründig mit Wirtschaftsinteressen begründeten Krieges zu profilieren versuchte.[47]

Ein solcher Diskurs darf insofern nicht unterschätzt werden, als dass britische und französische Zeitungen vor 1914 bevorzugt aus den Schriften des ADV zitierten, um die angeblich weit fortgeschrittene deutsche Kriegsvorbereitung zu belegen. Hans von Delbrücks offener Brief an die Contemporary Review vom 13. April 1911 bestätigt dieses Dilemma der Wahrnehmung der deutschen Außenpolitik im Ausland, obgleich er den ADV ebenso bagatellisiert: „Es ist wahr. Wir haben in Deutschland die so genannten Alldeutschen, deren Äußerungen in der fremden Presse als Beweis der ungeheuren Eroberungsabsichten Deutschlands zitiert werden. Aber jedermann in Deutschland weiß, dass das zwar eine sehr eifrige, aber gänzlich einflusslose kleine Sekte ist. Es sind gute Patrioten, und man darf ihnen deshalb nicht gram sein. Aber wegen der falschen Vorstellungen, die im Ausland geflissentlich über ihre Bedeutung verbreitet werden, bereiten sie der Politik des Deutschen Reichs unberechenbaren Schaden."[48]

Die Entstehungsgeschichte der Ideologie und Rhetorik des ADV in ihren Ursprüngen zu ergründen, ist dementsprechend das primäre Ziel dieses Kapitels. Die im Folgenden zu beantwortende Frage lautet daher: Wie konnte der ADV innerhalb von weniger als zwei Jahrzehnten einen solchen Bedeutungsgewinn im In- und Ausland verbuchen und diesen dabei auch noch für konkrete politische Ziele instrumentalisieren? Der ADV bezog sich zumindest zu Beginn auf die allgemein erkannten Grundsätze des Liberalnationalismus der Reichsgründungszeit, der bei Hans-Ulrich Wehler per definitionem als „ das Ideensystem, die Doktrin, das Weltbild, das der Schaffung, Mobilisierung und Integration eines größeren Solidarverbandes (Nation genannt), vor allem aber der Legitimation neuzeitlicher politischer Herrschaft dient.“ Das ist aber nur der erste Teil der Einordnung. Denn auch hier schon wird das Potential für den spätere alldeutschen Agitationslärm angedeutet wird, denn aufgrund des permanenten Legitimationszwangs „(…) wird der Nationalstaat mit einer möglichst homogenen Nation zum Kardinalproblem des Nationalismus.“[49]

Zieht man als Fazit diese eben gegebene Definition in Betracht, so sollte auch die alldeutsche Ideologie als Basis einer nationalistischen Bewegung gelten dürfen, die anhand der Nationalismusforschung typologisch einzuordnen ist, um so eine in sich schlüssige Analyse der Konstruktion einer alldeutschen Nation erreichen zu können.

2.2. Deutsche Nationalismen und ihre historische Anwendung

„Nicht die Nation schafft den Nationalismus, sondern der Nationalismus schafft sich die Nation.“[50] Ernest Gellner Der Nationalismus kann als die mächtigste Integrationsideologie des 19. und 20.

Jahrhunderts bezeichnet werden. Wer immer gesellschaftlich oder politisch etwas verändern wollte, musste sich seit dem späten 18. Jahrhundert auf die Nation berufen. Von Beginn an bewegte sich der Nationalismus dabei zwischen den beiden Gegensätzen Partizipation und Aggression. D.h., der Nationalismus war und ist objektiv weder als gut noch als böse zu klassifizieren. Denn die Nationen erschufen sich, indem sie einerseits fehlende Elemente die in ihrer eigenen Wahrnehmung integrierten und sich andererseits gegen alles Fremde abgrenzten. Diese Selbst- und Fremdbilder spielten bei der Entstehung des europäischen Nationalismus eine entscheidende Rolle.[51]

Man unterscheidet in der Nationalismusforschung sowohl den Typus des Nationalismus als auch die Form der Nation, die für eine historische Einstufung des Nationalismus wesentlich ist. Zur besseren Orientierung innerhalb einer Vielzahl von deutschen Nationalismen nach 1890 hat Nipperdey eine Einordnung in drei Haupttypen vorgenommen. Er unterscheidet hier zwischen einem durchschnittlichen Nationalpatriotismus, der das Gefühl ein Deutscher zu sein, die Gemeinsamkeit der Herkunft und die eigene Identitätsfindung über die Nation bestimmt, wobei die früheren partikularstaatlichen Bindungen genauso reflektiert werden wie die des deutschen Nationalstaates, dem Normal-Nationalismus, der ganz zwangsläufig diverse Unterformen kennt, die ausgehend vom gouvernementalen und dem offiziellen auf die Monarchie, den Kaiser und den Staat bezogenen Reichsnationalismus sich mithilfe der wachsenden Politisierung der Bevölkerung (Man bedenke die hohe Wahlbeteiligung von 1912, die wachsende Resonanz der nationalistischen Agitationsverbände oder auch der SPD nahen Vereine) in den letzten Vorkriegsjahren zu einem Phänomen der Massen verbinden und dem Radikalnationalismus, dem auch der ADV zuzuordnen ist.

Die diesem Typus zuzuordnenden Eigenschaften werden anhand der Konstruktion des alldeutschen Weltbildes dargestellt. Da die einen bestimmten Typus des Nationalismus vertretenden Verbände zur besseren Abgrenzung gegenüber anderen Organisationen eine Präzisierung ihrer eigenen Position für nötig hielten, die häufig eine Intensivierung ihres Nationalismus zur Folge hatte, war gerade die Grenze zwischen den beiden letztgenannten Nationalismen häufig fließend.[52]

Dieser Befund sollte den Alldeutschen infolge der Agadirkrise und den wenig später folgenden Reichstagswahlen sehr nützlich sein. Als Hauptmerkmal des Nationalismus galt die Vorstellung, dass die Zusammengehörigkeit verschiedener Gruppen von Menschen zu einer “nationalen Einheit“ führt. Das Problem war hierbei am Ende des 19. Jahrhunderts, dass es in den diversen politischen Strömungen unterschiedliche Auffassungen vom Begriff der Nation gab. Der Katholizismus und der Liberalismus meinten mit dem Begriff Nation den Staat. Bei den Konservativen, den nationalistischen Interessenverbänden und zunehmend auch bei den Nationalliberalen stand dieser Begriff für die Kultur. Eine Nation war für sie erst funktionsfähig, nachdem die Kultur mit dem Staat verschmolzen war. Die substanzielle Diskrepanz der staatstragenden Parteien in dieser Frage führte im Laufe des frühen 20. Jahrhunderts zu einem stark verzerrten Nationalbewusstsein im Kaiserreich. Das geschah auch, weil im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts die Nationalstaaten in den Sog der nationalen Rivalität und der wirtschaftlichen Konkurrenz geraten waren. Die Erhaltung der nationalen Interessen, die Sicherung der nationalen Existenz und der “Platz an der Sonne“ wurden zur wichtigsten Maxime der deutschen Außenpolitik. Durch dieses völlig verzerrte Bild, das sich bis in die Phase der zweiten Marokkokrise immer mehr verschob, entwickelten sich prinzipiell alle Nachbarvölker zu potentiellen Kriegsgegnern. Die deutsche Außenpolitik war hier durch Ziel- und Konzeptlosigkeit in ihrem unermüdlichen Streben nach Weltgeltung geprägt, die zu einer fatalen Annäherung ihrer Position an die der neuen Rechten führte.[53]

Die häufig angenommenen Unterschiede zwischen den verschiedenen Varianten von Nation und Nationalismus sind oft minimal. In der Forschung gilt der Nationalismus als Phänomen der Neuzeit, denn erst hier entwickelten sich nationale Ordnungssysteme, die die Existenz des Nationalismus legitimieren konnten. Otto Dann begreift die Nation daher als „eine Gesellschaft, die aufgrund gemeinsamer geschichtlicher Herkunft eine politische Willensgemeinschaft bildet. Eine Nation versteht sich als Solidargemeinschaft, und sie geht von der Rechtsgleichheit ihrer Mitglieder aus. Sie ist angewiesen auf einen Grundkonsens in ihrer politischen Kultur. Nationen sind stets auf ein bestimmtes Territorium orientiert, auf ihr Vaterland. Ihr wichtigstes Ziel ist die eigenverantwortliche Gestaltung ihrer Lebensverhältnisse, politische Selbstverantwortung (Souveränität) innerhalb ihres Territoriums, ein eigener Nationalstaat.“[54], und weist ihr damit eine integrierende Ausrichtung zu.

Zugleich begreift er den Nationalismus als das aggressive Element der nationalstaatlichen Entwicklung im 19. und 20. Jahrhundert an, denn er versteht ihn als „ein politisches Verhalten, das nicht von der Überzeugung einer Gleichwertigkeit aller Menschen und Nationen getragen ist, das fremde Völker und Nationen als minderwertig einschätzt und behandelt.

Nationalismus tritt auf als Ideologie, als soziale Verhaltensweise und seit den 1880er Jahren auch als eine organisierte Bewegung.“[55]

Bereits Theodor Schieder gelangte zu dieser wertneutralen Qualifizierung des Nationalismus als einer “spezifischen Integrationsideologie“, die sich sowohl auf die Nation als auch den Nationalstaat fokussiert.[56]

Der Nation fällt dabei sowohl ein konstitutives Merkmal der Außenabgrenzung, also der Exklusion, als auch der inneren Abgrenzung als Partizipationsinstrument für den Zusammenhalt der Gesellschaft und deren Handlungsfähigkeit zu. Einen wichtigen Faktor stellt für Schieder der die Partizipation mit der Aggression verbindende innere Integrationswille dar. Eine diesbezügliche Motivation besaß zumeist die historische Konsequenz, dass Bevölkerungsgruppen, denen der Wille zur Integration abgesprochen wurde, kein gleichwertiges Staatsbürgerrecht erwerben konnten oder man ihnen sogar grundsätzliche Integrationsverweigerung unterstellte und sie nur unter Fremdenrecht gestellt wurden. Der Integrationssprozess bestand laut Schieder und Dann zu gleichen Teilen aus Aggression gegen und Partizipation am deutschen Nationalstaat von 1871.[57] In Deutschland hat sich dadurch bis zum Ende des Ersten Weltkrieges ein Nationalismus herausgebildet, dessen Weltanschauung fest in der Gesellschaft verankert war. Er umfasste jedoch die ideologischen Vorstellungen der Alldeutschen ebenso wie die der Linksliberalen und später auch der unabhängigen Sozialdemokraten. So blieb sein Zustand immer heterogen, was auch beliebige Interpretationen seiner Funktion ermöglichte, ohne das dies einer sachlichen Argumentation bedürft hätte. Aufbauend auf dieser Flexibilität konnte sich der radikale Nationalismus bereits in der Spätphase des wilhelminischen Kaiserreichs als schlüssige Antwort auf die großen politischen und wirtschaftlichen Herausforderungen dieser Zeit in vielen gesellschaftlichen Gruppen etablieren. Der integrative Charakter der systematischen Weltdeutung dieses Nationalismus verstärkte die Akzeptanz der von seinen Vordenkern geäußerten Ziele.[58] Für die Betrachtung des alldeutschen Radikalnationalismus bedarf es hier einiger Bemerkungen zur Fortentwicklung des Nationalismus zwischen der Reichseinigung und dem Entstehen der deutschen Weltmachtpolitik zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Der neue Typus des Radikalnationalismus, zu dem auch der ADV gemäß seiner Ideologie und politischen Praxis zu zählen ist, hatte hier eine zentrale Funktion. Von der Gründung des Kaiserreichs bis zum Vorabend des 1. Weltkrieges vollzog sich ein deutlicher Wandel der Nationalstaatsidee im Deutschen Reich. Zwar gab es weiterhin einzelstaatliche und dynastisch geprägte Sonderidentitäten, jedoch nahm die Identifikation mit der Gesamtnation immer mehr zu. Die zunehmende Unzufriedenheit mit der kleindeutschen Lösung und der Traum von der Weltmacht wuchsen so schnell.[59] Der alte liberale Nationalismus war eine auf Veränderung abzielende Oppositionsbewegung, die sich gegen die alten konservativen Kräfte wandte. Bereits mit der Reichsgründung begannen sich die Schwerpunkte zu verlagern. Die bisherigen Gegner auf der Rechten übernahmen nationale Ideen und Ziele. Der Nationalismus wurde dadurch tendenziell konservativ geprägt. Auf längere Sicht verlor dabei das national-demokratische Element an Gewicht, d.h., der Einfluss der Liberalen im Kaiserreich ging seit Ende der 1870er Jahre rapide zurück. Wichtiger als die “Freiheit“ war die “Einheit“ der Deutschen geworden. Dies führte unter anderem zu einer Wendung im Verhältnis der Deutschen zu den Minderheiten. Der Chauvinismus gegen die Polen und der Antisemitismus gegen die Juden nahm zu. Die Parteien der Mitte und der Rechten wollten nun diesen Bürgern nicht mehr die gleichen Rechte zugestehen wie bisher, weil sie so angeblich den deutschen Nationalethos verunreinigt hatten.[60]

Wehler zufolge bildete „das inhärente Steigerungspotential im ideellen System des Nationalismus“[61] den für dessen Wirkungsgrad maßgeblichen Faktor, in Krisenzeiten extreme Radikalisierungen vornehmen zu können, um ganz im Sinne einer politischen Glaubensausrichtung quasi religiöse Leidenschaften erzeugen zu können. Diese Annahme wird später anhand der Propaganda des ADV während und nach der 2. Marokkokrise zu überprüfen sein. Die Verortung eines solchen Extremisierungs- potentials entschied somit über den tatsächlichen Einfluss radikalnationalistischer Deutungsmuster. Einen anderen wichtigen Aspekt in der Betrachtung des radikalen Nationalismus bildet die Verwendung wissenschaftlicher Diskurse, um die völkischen Ideen auf die Realpolitik übertragen zu können. So diente das Deutsche Reich auch den Alldeutschen trotz ihrer Unzufriedenheit mit dem Ausgang einiger kontinentaler und kolonialer Konflikte als Beweis für ihr sozialdarwinistisches Deutungsmuster des “survival of the fittest“. Das Postulat der “völkischen Neuordnung“ beschreibt dabei die auf dieser wissenschaftlichen Diskursebene vollzogene Radikalisierung der Ideen der so genannten “Neuen Rechten“ kurz vor Kriegsbeginn als natürliche Konsequenz ihrer selbst erdachten biologischen Determinologie. Damit wollten vor allem die alldeutschen Radikalnationalisten eine völlige Nationalisierung des gesellschaftlichen Lebens erreichen.[62]

Dieses Vorgehen entsprach zugleich der für die historische Analyse entscheidenden Existenz der so genannten “gedachten Ordnung“ der Nation im Weltbild des ADV, welche laut Walkenhorst „ (…) erst durch die Verbindung mit konkreten Vorstellungen, Deutungsmustern und Feinbildern zu einer grundlegenden Kategorie der Selbstkonstruktion und Fremdwahrnehmung wird.“[63]

Der wesentliche Aspekt für die Entfaltung einer politischen Wirkungsmächtigkeit lag daher in der Konstruktion einer dies verfolgenden nationalistischen Ideologie. Hier markierte in der Geschichte des Deutschen Kaiserreiches der Bedeutungswandel der Begriffe “Nation“ und “Nationalismus“, der sich bereits mit dem Ende der Bismarck- Ära vollzog, eine entscheidende Zäsur. Der Nationalismus in Europa wurde seit der Französischen Revolution mit dem Liberalismus assoziiert. Die Herstellung der Einheit der deutschen Staaten sollte einhergehen mit der Schaffung eines liberalen Verfassungsstaates. Damit sollte die Vorherrschaft der Aristokratie und der damit verbundene Partikularismus in Deutschland beendet werden. Die Reichseinheit 1871 fand also hier ihre größten Befürworter. Das Bismarck zu Beginn seiner Kanzlerschaft mit den Liberalen oft und gut zusammenarbeitete, war dessen logische Konsequenz. Mit dem von Winkler konstatierten Wandel eines “linken“ zu einem “rechten“ Nationalismus, dessen Faktizität jedoch in der Forschung nicht unumstritten ist, wurde im Bismarckreich ein Reichsnationalismus zur Staatsideologie der eine starke nach innen wie nach außen abgrenzende Funktion hatte und somit Elemente des späteren Radikalnationalismus enthielt.[64]

Nichtsdestotrotz belegen einige Ereignisse der Bülow-Ära und der “Politik der Diagonalen“ Bethmanns vor der RT-Wahl 1912 die von Winkler verfochtene Metamorphose. Der Reichsnationalismus entwickelte eine weit über den bisherigen Liberalnationalismus hinausschießende aggressive Dynamik: „Wer der Bismarckschen Form der Reichsgründung nicht bedingungslos zustimmte, der geriet rasch in den Geruch des ‚Reichsfeindes’. (...) Nicht nur gegen innere Gegner machte der neue Nationalismus mobil; auch nach außen verband er den Großmachtanspruch mit aggressiven Feindstereotypen.“[65]

Dennoch kann dieser Argumentation nicht ohne weiteres gefolgt werden. Die Nation ist in Anlehnung an Karl Deutsch nicht allein als eine integrierende “Wertegemeinschaft“, sondern viel mehr noch als ein “Allzweck-Kommunikationsnetz“ anzusehen.[66] Wie bereits von Dieter Langewiesche[67] treffend analysiert, aber deutlich entschiedener, hat vor allem Sven Müller die Vielseitigkeit der nationalistischen Ideologie unterstrichen. Nicht nur regierende Eliten in Regierungen, Verwaltung oder Militär machten sie sich zu Eigen. Auch oppositionelle Kräfte wie der Großteil der Arbeiterbewegung, politisch unterprivilegierte Gruppen wie die Frauen oder nationale und religiöse Minderheiten konnten nationale Argumente benutzen, um somit emanzipatorische Forderungen geltend machen zu können und sich in den nationalen Diskurs ihre Vorstellungen von gesellschaftlicher Ordnung einbringen zu können.[68]

[...]


[1] Vergleiche u.a. Wehler, Kaiserreich, S. 69-72; Groh, Integration, S. 30-1

[2] Vgl. Jarausch: Die Alldeutschen, S. 440

[3] So etwa bei Meyer, Tat, S. 308

[4] Vgl. dafür exemplarisch Winkler, Weg, Bd. 1, S. 316-9

[5] Vgl. Wehler, Umbruch, S. 87-9

[6] Vgl. Raphael, Geschichtswissenschaft, 143-4. Mit Bezug zum ADV: Wernecke, Weltgeltung, S. 26-143

[7] Exemplarisch hierfür ist Wehler, Kaiserreich, DGG, Bd. 3, S. 1137-41 mit seiner Sozialimperialismustheorie

[8] Vgl. Mock, Manipulation, S. 367, 370-4; Eley, Reshaping, S. 357-9, Hildebrand, Außenpolitik, S. 103

[9] Vgl. Baumgart, Zeitalter, S. 13-5; Hildebrand, Außenpolitik, S. 106, 107-8

[10] Vgl. Hildebrand, Außenpolitik, S. 37-8, 64

[11] Vgl. Chickering, Men als umfassendste und detaillierteste Studie zum ADV im Deutschen Kaiserreich

[12] Vgl. Langewiesche, Nationalismus, S. 22-4; Ute Planert: Wann beginnt der “moderne“ deutsche Nationalismus? Plädoyer für eine neue Sattelzeit, in Echternkamp/Müller, Politik, S. 25-59, hier: S. 28-9 Raphael, Geschichtswissenschaft, S. 158-9

[13] Vgl. Oncken, Panthersprung, S. 419

[14] Vgl. Hildebrand, Reich, S. 260-6; Ulrich, Großmacht, S. 223-7

[15] Vgl. Derselbe, Außenpolitik, S. 36-7; Baumgart, Deutschland, S. 108

[16] Vgl. Popper, Logik, S. 7-8

[17] Zitiert in: Fischer, Illusionen, S. 117

[18] Vgl. Peters, Verband, S. 111-39. Seine Analysen zur Bedeutung des ADV in der Planungsphase der Marokkoaktion wurden in der Forschung aber eher zurückhaltend aufgenommen. Exemplarisch dafür Forsbach, Kiderlen-Wächter, S. 430-2. So bemängelt Forsbach, das Peters Belege für einen direkten Einfluss des ADV auf die Marokkopolitik aus nachträglichen Interpretationen von Claß stammen, nicht aber auf tatsächlich gemachten Zusagen von Kiderlen.

[19] Vgl. Usher, Pan-Germanism, S. 17-8

[20] Vgl. Chickering, Die Alldeutschen, S. 89-90. Ähnlich bei Wagner, Frieden, S. 116-8

[21] Vgl. Kruck, Geschichte, S. 58

[22] Alfred Ballin zit. in: Fischer-Fabian, Zeiten, S. 339; Ähnlich bei Craig, Geschichte, S. 245

[23] Vgl. Mommsen, Nationalstaat, S. 7-10; Wehler, DGG, Bd. 3, S. 250-3, 331-5; Nipperdey, Machtstaat S. 74-84

[24] Vgl. Craig, Geschichte, S. 244-55; Mommsen, Bürgerstolz, S. 250-3; Seligmann, Republic, S. 91-8

[25] Von Bülow zit. in: vom Bruch/Hofmeister, Kaiserreich, S. 268

[26] Vgl. Stürmer, Reich, S. 318-20; Mommsen, Bürgerstolz, S. 273-4, Neitzel, Kriegsausbruch, S. 30-2 Seligmann, Republic, S.63-4

[27] Vgl. ebd., S. 334-5; Chickering, Men, S. 220-3, 253, 262; Fischer, Illusionen, S. 107-8; Fischer-Fabian Zeiten, S. 377-8; Hildebrand, Reich, S. 246-8; Wehler, DGG, Bd. 3, S. 1011-2

[28] Vgl. ebd., S.335-6; Nipperdey, Machtstaat, S. 723-9; Wehler, DGG, Bd. 3, S. 1008-10

[29] Vgl. Nipperdey, Machtstaat, S. 729-31; Wehler, DGG, Bd. 3, S. 1009-10. Vgl. wegen der besonderen politischen Zäsur der Auflösung des Reichstages Ende 1906 Fenske, Hans (Hrsg.), Quellen zur deutschen Innenpolitik 1890-1914, Darmstadt 1991, hier: S. 203-4, da die strukturelle Krise sich so manifestierte.

[30] Vgl. ebd., S. 731-3; Wehler, DGG, Bd. 3, S. 1010-11

[31] Vgl. Loth, Kaiserreich, S. 123-31; Nipperdey, Machtstaat, S. 734, 738-40; Stürmer, Reich, S. 336-8 Ullmann, Kaiserreich, S. 167-72; Albertin/Müller, Gesellschaft, S. 40-1

[32] Vgl. Fischer, Betriebsunfall, S. 29-32. Hildebrand, Reich, S.211-2, 236-7. Vgl. hierzu Bülows 1899 geäußerte Ziele einer dynamischen Außenpolitik in: Hirschfelder/Nutzinger, Kaiserreich, S. 137-9

[33] Vgl. Ders., Illusionen, S. 93, 96-7; Chickering, Men, S. 211-8

[34] Vgl. Hildebrand, Reich, S.212-23; Schöllgen, Imperialismus, S. 63-5, 142-4; Stieve, Deutschland, S. 79

[35] Vgl. Ullmann, Kaiserreich, S. 154-63; Winkler, Weg, S. 274-7; Schöllgen, Imperialismus, S. 144-5

[36] Vgl. Hertz-Eichenrode, Geschichte, S. 146-50; Hildebrand, Reich, S. 236-43

Schöllgen, Imperialismus, S. 65-6; Wehler, DGG, Bd. 3, S. 1145-8; Winkler, Weg, S. 298-9

[37] Von Bülow zit. in: Hobsbawm, Zeitalter, S. 379 nach Bernhard Fürst von Bülow, Denkwürdigkeiten, Band 1, Berlin 1930, S. 415f.

[38] Vgl. Mommsen, Zeitalter, S. 19-20; Chickering, Men, S. 62-8, 214-21; Eley, Reshaping, S. 251-3, 286- 90; Walkenhorst, Nation, S. 190-2

[39] Vgl. Fischer, Illusionen, S. 74-7; Groh, Integration, S.30-5; Nipperdey, Machstaat, S. 636-49; Schieder, Nationalstaat, S. 59-62; Winkler, Weg, S. 295

[40] Vgl. Peschel, Mitteleuropa, S. 90-7, Schildt, Konservativismus, S. 122-4; Eley, Reshaping, S. 184-96 203-5; Stegmann, Erben, S. 105-113; Winkler, Weg, S. 276

[41] Vgl. Wehler, DGG, Bd. 3, S. 985-8, 1137-40; Ders., Kaiserreich, S. 177-81; Schöllgen, Imperialismus, S. 129

[42] Vgl. Neitzel, Kriegsausbruch, S. 34-6; Hildebrand, Reich, S. 232-6 mit dem Beispiel der 1.Marokkokrise

[43] Vgl. Schöllgen, Imperialismus, S. 143-5; Hildebrand, Außenpolitik, S. 103-7

[44] Vgl. Mommsen, Bürgerstolz, S. 455-7; Neitzel, Kriegsausbruch, S. 104

[45] Zit. in: Neitzel, Kriegsausbruch, S. 36

[46] Zit. in: Chickering, Men, S. 74

[47] Vgl. Wehler, DGG, Bd.3, S. 1073-5; Nipperdey, Machtstaat, S. 603-5; McGowan, Radical Right, S. 32 Neumann, Der ADV, S. 3; Hering, Nation, S. 111-8; Walkenhorst, Nation, S. 69-74

[48] v. Delbrück zit. in: AB, XXI, 1911, S. 203

[49] Zit. in: Wehler, Nationalismus, S. 13

[50] Zit. nach Gellner in: Wehler, Umbruch, S. 49

[51] Vgl. Langewiesche, Nationalismus, S. 12, 22

[52] Vgl. Nipperdey, Machtstaat, S. 595-602

[53] Vgl. Bley, Traum, S. 62-6; Nipperdey, Machtstaat, S. 645-50; Altgeld, Volk, S. 112-4; Arendt, Elemente, S. 488

[54] Zit. in: Dann, Nation, S. 12

[55] Vgl. ebd., S. 17

[56] Vgl. Schieder, Nationalismus, S. 105

[57] Vgl. Langewiesche, Nationalismus, S. 12-3; Schieder, Nationalstaat, S. 42-9, 57-61; Dann, Nation S. 16-8, 188-92

[58] Vgl. Wehler, Umbruch, S. 49-53

[59] Vgl. Ders., Nationalismus, S. 77-83; Langewiesche, Nationalismus, S. 26-7; Schieder, Nationalstaat S. 59-62; Dann, Nation, S. 160-76

[60] Vgl. v. Beyme, Identität, S. 82-4; Mommsen, Staatsangehörigkeitsgesetz, S. 128-31, 133-4; Schildt, Konservativismus, S. 117-20; Schieder, Nationalstaat, S. 44-50; Hering, Nation, S. 60-5

[61] Zit. in: Wehler, Umbruch, S. 57

[62] Vgl. ebd., S. 56-60; Walkenhorst, Nation, S. 128, Geulen, Wirklichkeit, S. 69-70, 77-8

[63] Zit. in: Walkenhorst, Nation, S. 27

[64] Vgl. Schieder, Nationalstaat, S. 18-23; Nipperdey, Machstaat, S. 359-64, 525-30; Wehler, DGG, Bd. 3, S. 946-61; Winkler, Weg, Bd. 1, S. 222, 244-6, 264-5

[65] Zit. in: Ullrich, Großmacht, S. 377

[66] Vgl. Deutsch, Nationalism, S. 96-104; Wehler, Nationalismus, S. 45; Winkler, Einleitung, S. 17-8

[67] Vgl. Langewiesche, Dieter: Nation, Nationalismus, Nationalstaat. Forschungsstand und Forschungsperspektiven, in: NPL 40 (1995), S. 190-236

[68] Vgl. Müller, Nation, S. 16-8

Ende der Leseprobe aus 122 Seiten

Details

Titel
Alfred von Kiderlen-Wächter und der Alldeutsche Verband vor der zweiten Marokkokrise. Die geheime Kooperation und ihre weitreichenden Folgen
Untertitel
Möglichkeiten der politischen Einflussnahme für radikalnationalistische Strömungen vor dem 1.Weltkrieg
Hochschule
Universität Hamburg  (Historisches Seminar)
Veranstaltung
Das Deutsche Kaiserreich in der spätwilhelminischen Epoche
Note
2,8
Autor
Jahr
2008
Seiten
122
Katalognummer
V182739
ISBN (eBook)
9783668201569
ISBN (Buch)
9783668201576
Dateigröße
1103 KB
Sprache
Deutsch
Anmerkungen
Schlagworte
kooperation, alfred, kiderlen-wächter, alldeutschen, verband, marokkokrise, folgen, möglichkeiten, einflussnahme, strömungen, weltkrieg
Arbeit zitieren
Ivo Jarowinsky (Autor:in), 2008, Alfred von Kiderlen-Wächter und der Alldeutsche Verband vor der zweiten Marokkokrise. Die geheime Kooperation und ihre weitreichenden Folgen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/182739

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