Geschichten für Kinder über den Bolivianischen Dschungel


Élaboration, 2011

57 Pages

Sophia Navajas Urioste (Auteur)


Extrait


VORWORT

Mit dem Verfassen dieses Buches verfolge ich ein wichtiges Ziel: Ich möchte, dass meine Geschichten die verschiedenen, heute existierenden Denkweisen zeigen. Ich glaube, dass ich dadurch zur Entwicklung vieler Kinder in lhrem menschsein beitragen kann.

Im Jahr 2004 nahm ich an einem Wettbewerb für Kindergeschich- ten teil, den die Stiftung Simón I. Patiño organisierte, und hatte das Glück, dass man mich unter den Gewinnern für ein Studienstipen- dium für literarische Techniken für Kinder auswählte. Als ich den Kurs beendete, sagte mir meine Lehrerin Biyu Suárez, dass ich mein Talent nicht verschwenden sollte und sie von mir erwarten würde, eines Tages ihre Kollegin zu sein, denn sie selber schreibt spektakuläre Kindergeschichten. Deshalb entschied ich mich, mei- ne Lieblingsgeschichten und -bilder zu sammeln und sie zu ver- öffentlichen, um anderen Kindern zu helfen, sich für das Schreiben zu begeistern.

Ich habe alle Urheberrechte sowie die Urheberschaft des Projektes „Sammlung von Kinderbüchern“ dem Kinderdorf von Padre Alfredo gestiftet, der sich um viele Waisenkinder in Bolivien kümmert. 50% des aus dem Verkauf dieses Buches eingenommenen Geldes wer- den helfen, um teilweise einige der erheblichen Kosten des Kinder- dorfes von Padre Alfredo zu decken, und die anderen 50% werden für die Fortführung des Projektes dieser Sammlung von Kinder- geschichten verwendet. Auf diese Weise hoffe ich, dass weiterhin noch mehr Bücher veröffentlicht werden, an denen all die Kinder teilnehmen können, denen die Idee gefällt. Um an den nächsten

Publikationen teilzunehmen, werden die Kinder ihre Kommentare, Vorschläge und auch ihre eigenen Geschichten einsenden können, damit ein Ausschuss des Kinderdorfes Padre Alfredo die besten auswählt und diese dann in einem neuen Buch veröffentlicht werden, um dieses Projekt weiterzuführen.

Diese Idee können auch Schülerinnen und Schüler auf der ganzen Welt übernehmen, denn es würde nicht nur helfen, gemeinnützige Werke zu unterstützen, sondern auch die Lektüre unter Kindern zu verbreiten und außerdem die Kreativität künftiger Schriftsteller zu entwickeln.

Zum Schluss möchte ich mich für die Großzügigkeit und der unein- geschränkten Unterstützung bei den folgenden Personen bedan- ken:

Lehrerin: Biyú Suarez, die die techisch-literarischen Korrekturen durchführt hat.

Künstler in: Lara Sabatier, die dankenswerterweise die Benutzung ihrer Zeichnungen erlaubte, um das Buch zu illustrieren.

Lehrer: Onno Meyer, der die ganze Übersetzung des Buches auf Deutsch machte.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Wie die Sonne entstand (nach Erzählungen meines Bruders)

Ich werde euch einen Mythos erzählen, den nur wenige Menschen kennen. Ich werde euch erzählen, wie es war, als die Sonne im Weltall auftauchte. Vor Millionen von Jahren existierte ein riesiges Ungeheuer, das äußerst gefräßig war, es fraß Planeten, Sterne, den konnte. Eines Tages versuchte dieser hungrige Riese, selbst den Mond zu fressen, aber glücklicherweise fand das Ungeheuer den Mond so hübsch, dass es das einfach nicht tun konnte. Dieser Riese dachte nur an sich selbst: „Ich hätte ja dann gar keinen mehr, den ich in meinen langweiligen Nächten bewundern könnte“, und nur deswegen verschonte er das Leben des Mondes.

Das arme Ungeheuer sah so schrecklich aus, so fett, dass es, ohne die geringste Anstrengung zu unternehmen, den nahen Planeten aus bloßer Angst vor ihm Respekt hatten, und sie begannen die ausgefeiltesten Waffen zu entwerfen, um es zu vernichten, aber sie scheiterten bei jedem Versuch.

An einem von den vielen Tagen, an denen das Ungeheuer über Bauchschmerzen klagte, waren die Einwohner von allen Planeten sehr glücklich und sagten: „Das passiert, wenn man zu viel isst, hoffentlich beginnt es ein für allemal eine Diät zu machen, und hoffentlich merkt es, dass es aufhören soll uns zu fressen.“

Als der Riese dann mit einem Mal explodierte, ohne dass es not- wendig war, dass jemand eine Atomwaffe benutzte, erschien eine rote Riesin im Weltall, später verschwanden dann auch die Gase, aus, und außerdem erwärmte sie das Weltall, das vorher sehr kalt war. Seitdem fürchteten die Planeten den ehemaligen Vielfraß nicht mehr, vielmehr reihten sie sich um ihn herum, um sich zu wärmen und Licht zu bekommen.

Heute erinnert sich auf der Erde keiner mehr daran, dass es dieser riesige Vielfraß war, der unsere wunderschöne Sonne geschaffen hat. Das ist die Geschichte des geheimnisvollen Sterns, der uns jeden Tag die Wärme schenkt, das Tageslicht, den Mondschein, ja bis hin zum Regenbogen, jedes Mal, wenn es regnet.

Ende

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Meine Lieblings-Ayorea

Sie heißt Dina Pitagui und ist eine junge Indiofrau, die bei mir in meinem Haus während der Wirtschaftskrise als Hausangestellte arbeitete. In dieser Zeit kamen viele indigene Menschen aus ihren Dörfern in die Hauptstadt, um Arbeit zu suchen. In demselben Zeitraum zogen auch viele von meinen Klassenkameraden aus meiner Stadt weg in andere Länder wie Spanien und die USA, denn ihre Eltern suchten auch eine bessere Arbeit. Es war eine traurige Epoche, aber ich hatte die Möglichkeit eine sehr coole einheimische Ayorea frau kennen zu lernen.

Vom ersten Tag an überraschte sie mich; sie lehrte mich, die Dinge mit anderen Augen zu sehen. Bei einer Gelegenheit, bei der sie mich zu überzeugen suchte, mein Zimmer ordentlich zu hinterlas- sen und nicht so viel Kleidung schmutzig zu machen, sagte sie mir, dass es Teil des Respekts sich selbst gegenüber sei, das Bild einer das nicht zu tun, würde bedeuten, weder unseren Körper, noch un- ser Herz, noch unseren Geist zu mögen. Damals dachte ich, dass Dina sehr schlau war, um zu vermeiden, dass ich ihr zuviel Arbeit mit der schmutzigen Wäsche bereiten könnte. An einem anderen Tag erklärte sie mir, dass es eine Frau nicht verdient, als solche angesehen zu werden, wenn sie nicht weiß, sich selbst ihren Un- terhalt zu sichern.

Da ich erst 12 Jahre alt war, als ich sie kennen lernte, verstand ich nicht die Bedeutung dessen, was sie meinte, und jedes Mal war ich überzeugter davon, dass sie mir diese Seitenhiebe nur deshalb gab, damit ich ihr gegenüber mehr Respekt zeigte. Dina lehrte mich Tricks wie das Regenwasser zu benutzen, um mein Haar zu waschen und zu erreichen, dass es glänzender aussah; auch viele andere Sachen über Hauskräuter, die man für die Schönheit der Frau und an Stelle von künstlichen Produkten benutzen kann. Die Art und Weise, wie sie ihr Kinn beim Sprechen erhob, der Ausdruck ihrer Augen und das Feingefühl, mit dem sie die Worte wählte, um ihre Ideen auszudrücken, das alles erschien mir sehr, aber äußerst geheimnisvoll, dass sie immer meine Aufmerksamkeit auf sich lenkte, wenn sie mir etwas Besonderes erklären wollte. Jetzt, da ich ein bisschen über die einheimischen Kulturen gelesen habe, glaube ich, dass Dina Pitagui die Tochter eines Schamanen oder eines Weisen irgendeiner sehr gebildeten indigenen Familie war, sie war schlank, vornehm und bewegte sich sehr elegant, ich kann sagen, sie ähnelte sehr Lady Di.

Als Dina entschied, in ihr Dorf zurückzukehren, erteilte sie mir die wichtigste Lektion über den Respekt sich selbst gegenüber und über die Toleranz. Im Moment des Abschieds übergab ihr meine Familie viele Sachen, die wir nicht mehr zu Hause verwendeten und von denen wir dachten, dass sie ihr in ihrem Dörfchen im Dschungel nützlich sein könnten; aber mit der ihr eigenen Anmut bedankte sie sich für die Geschenke und sagte, dass sie keinen Platz hätte, um sie mitzunehmen. Ich wollte gerade anfangen sie zu bedrängen, dass sie meine Babygeschichten und - spielzeuge

für die Kinder in ihrer Familie unbedingt mitnehmen sollte, da gab mir meine Mutter mit ihren Augen ein Zeichen, Dina nicht weiter zu belästigen. (Übrigens ist das ein Zeichen, das wir von unserer Ur- großmutter geerbt haben und das bedeutet: „Halt den Mund, denn du bringst dich in Schwierigkeiten, und wenn du das nicht machst, wirst du eine gehörige Strafe bekommen.“ Dieses Furcht erregende Zeichen benutzt meine ganze Familie und es besteht darin, eines der Augen ein bisschen zu schließen, ohne anzufangen zu blin- zeln, damit es nicht subtil wirkt, aber zugleich demjenigen Angst tel nicht bei meinen eigenen Kindern anzuwenden, denn es sind die Erwachsenen, die lernen sollten, den Fauxpas der ]Kinder zu verstehen.)

Danach verabschiedete sich Dina von uns und bedankte sich bei uns für all die Zuneigung, die wir ihr schenkten, aber sie sprach in einer Weise, wie es niemals zuvor eine indigene Frau tat; das ist etwas, was ich niemals vergessen werde.

Als sie gegangen war, war ich weiterhin neugierig darauf zu wissen, warum sie unsere Geschenke nicht akzeptierte. So erklärte mir meine Familie das komplizierte Wertesystem und das Verständnis von Selbstachtung, das die Volksgruppe der Ayoreo haben. Für sie steht im Zentrum der Schöpfung der Mensch, der das perfekteste Werk Gottes ist. Deswegen nahm Dina die benutzten Sachen nicht nach Hause mit; als Ayorea konnte sie ihrer Familie nur das Beste vom Besten mitbringen, und das trug sie schon in sich, das war die Erfahrung, eine Zeit lang mit Leuten gelebt zu haben, die so verschieden im Vergleich zu denen ihres Dorfes waren. Für Dina war es eine Herausforderung gewesen, in die Stadt zu kommen, um dort zu arbeiten; das war wirklich ein mutiger Schritt.

Seitdem verstand ich, warum die indigenen Ayoreo in Bolivien, wenn sie auf den Straßen meiner Stadt Hilfe suchen, nicht bitten, sondern darauf warten, dass man ihnen etwas gibt, was ihnen zufällig fehlt. Sie fordern etwas mit dieser natürlichen Unschuld, die sie in sich tragen, und durch die sie sich wie eine wundervolle Schöpfung fühlen. Bis zu jenem Zeitpunkt weckten die Ayoreo, im Gegensatz zu anderen indigenen Stämmen, in mir mehr Angst durch ihre augenscheinlich stolze Haltung. Nun Dina Pitagui zu kennen, hat meine Ansicht über den Respekt für immer verändert und mich in ein toleranteres Wesen verwandelt.

Ende

[...]

Fin de l'extrait de 57 pages

Résumé des informations

Titre
Geschichten für Kinder über den Bolivianischen Dschungel
Auteur
Année
2011
Pages
57
N° de catalogue
V183000
ISBN (ebook)
9783656070405
ISBN (Livre)
9783656070900
Taille d'un fichier
4717 KB
Langue
allemand
Mots clés
geschichten, kinder, bolivianischen, dschungel
Citation du texte
Sophia Navajas Urioste (Auteur), 2011, Geschichten für Kinder über den Bolivianischen Dschungel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/183000

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Titre: Geschichten für Kinder über den Bolivianischen Dschungel



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