Im „Wissenschaftssystem“ ist seit jeher ein kumulativer Effekt und damit Erkenntnisfortschritt
nur denkbar, sofern Forscher untereinander auf die Selektionsleistung ihrer Kollegen
zurückgreifen können und infolgedessen nicht gezwungen sind jede Frage selbst zu
beantworten (vgl. Willke, 2000).
Diese Arbeit betrachtet die Wissens(ver)teilung jedoch vorwiegend in einem ökonomischen
Kontext. Ziel des einleitenden Kapitels ist die Themenwahl der vorliegenden wissenschaftlichen
Arbeit zu begründen sowie deren konkrete Zielsetzung und methodisches
Vorgehen aufzuzeigen. Die Bedeutung eines Informationstransfers bzw. einer Wissens(ver)teilung ist, wie eingangs
verdeutlicht, kaum zu bestreiten. Dabei ist speziell auf betriebswirtschaftlicher Ebene
die Beschäftigung mit Wissen als dem „Vierten“ Produktionsfaktor sowie die Auseinandersetzung
mit organisationsinternen sowie -externen (Ver-)Teilungsvorgängen ein viel
versprechendes Managementthema, welches in den letzten Jahren durch unzählige Veröffentlichungen
thematisiert und diskutiert wurde (vgl. z.B. Drucker, 1993; Stewart, 1998;
Bendt, 2000; Thiel, 2002). Hintergrund stellt zum einen der zunehmende Wertschöpfungsanteil
wissensbasierter Produkte sowie der für ihre Produktion und Vermarktung notwendigen
Prozesse dar, welcher sich quer über alle Industrie- und Dienstleistungsbranchen
erstreckt (vgl. Amelingmeyer, 2000). Zum anderen zieht der nachhaltige Anstieg der
Komplexität der weltweiten Informations- und Wissensbestände eine immer weitergehende
Fragmentierung und Spezialisierung der Fachgebiete nach sich, die wiederum nur über
Austauschprozesse nutzbringend in der Forschung und Produktentwicklung einfließen
können (vgl. Probst, Raub & Romhardt, 1998). Als logische Konsequenz ergibt sich dadurch
ein Trend zur zunehmenden Kollektivierung der Arbeit. D.h., dass ein immer größer
werdender Anteil der Mitarbeiter einen zunehmenden Teil ihrer Arbeitszeit in Teams oder projektorganisierten Arbeitsprozessen verbringt, um funktionsübergreifende Problemstellungen
zu bearbeiten (vgl. Katzenbach & Smith, 1993a). In der Theorie begründen die
Strukturen und Prozesse funktionsübergreifender Arbeitsgruppen ideale Voraussetzungen
für Wissensgenerierung und Wissensaustausch (vgl. Tannenbaum, Salas & Cannon-
Bowers, 1996). Anstatt individueller Einzelleistungen gewinnen hier die kollektiven Einzelbeiträge
zum Gesamtprojekt in Form der Bereitstellung von Informationen und kritischen
Wissensbeständen in hohem Maße an Bedeutung.[...]
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Problemstellung
- 1.2 Zielsetzung und methodisches Vorgehen
- 2. Wissen
- 2.1 Was ist Wissen? – Abgrenzung zu Daten und Information
- 2.2 Perspektiven des Wissens - Wissensbasis
- 2.2.1 Perspektiven
- 2.2.1.1 Wissen als „Objekt“
- 2.2.1.2 Wissen als „Prozess“
- 2.2.2 Die „organisationale Wissensbasis“
- 2.2.2.1 Wissensarten
- 2.2.2.2 Wissensträger
- 2.3 Die Bedeutung des Wissens als Wettbewerbsfaktor
- 3. Grundlagen des Wissensmanagements
- 3.1 Wissensmanagement - empirische Befunde
- 3.2 Betrachtungen zum Wissensmanagement aus theoretischer Sicht
- 3.2.1 Zum Begriff des Wissensmanagements
- 3.2.2 Überblick über die Ansätze und Konzepte des Wissensmanagements
- 3.2.3 Technik- versus humanorientiertes Wissensmanagement
- 3.2.4 Ganzheitliches Wissensmanagement
- 3.2.5 Bausteinmodell des Wissensmanagements nach Probst et al
- 3.2.5.1 Wissensziele
- 3.2.5.2 Wissensidentifikation
- 3.2.5.3 Wissenserwerb
- 3.2.5.4 Wissensentwicklung
- 3.2.5.5 Wissens(ver)teilung
- 3.2.5.6 Wissensnutzung
- 3.2.5.7 Wissensbewahrung
- 3.2.5.8 Wissensbewertung
- 3.3 Zusammenfassung
- 4. Baustein „Wissens(ver)teilung“ – theoretische Fundierung
- 4.1 Verständnis und Aufgaben nach Probst et al
- 4.2 Grundsatzfragen zur Wissens(ver)teilung
- 4.2.1 Inhalte, Zeitpunkt, Verortung und Umfang der Wissens(ver)teilung
- 4.2.2 Erwünschte Formen der Wissens(ver)teilung
- 4.2.3 Auswirkungen mangelhafter versus übertriebener Wissens(ver)teilung
- 4.2.3.1 Gefahren und Kosten der Wissens(ver)teilung
- 4.2.3.2 Nutzen der Wissens(ver)teilung
- 4.2.3.3 Relativer Nutzen der Wissens(ver)teilung
- 4.3 Der Wissens(ver)teilungsprozess - Teilprozesse der Wissensdiffusion
- 4.3.1 Problematik der Teilbarkeit von Wissen
- 4.3.2 Modell der Wissensdiffusion nach Seidel
- 4.3.2.1 Die Phase der „Teilung“
- 4.3.2.2 Die Phase des „Transfers“
- 4.3.2.3 Die Phase der „Veränderung der Wissensbasis“
- 4.3.3 Determinanten des Verhaltens – Einflussfaktoren im Diffusionsprozess
- 4.3.3.1 „Soziales Dürfen“
- 4.3.3.2 „Situative Ermöglichung“
- 4.3.3.3 „Können“
- 4.3.3.4 „Wollen“
- 4.3.4 Konzentration auf die Bereitschaft zur Wissensteilung – „Wollen“
- 4.4 Bereitschaftsbarrieren zur Wissensteilung
- 4.4.1 Empirische Ergebnisse
- 4.4.2 Individuelle Bereitschaftsbarrieren zur Wissensteilung – die Theorie
- 4.4.2.1 Machttheoretische und mikropolitische Überlegungen
- 4.4.2.2 Wettbewerbstheoretische Überlegungen
- 4.4.2.3 Psychologische Überlegungen
- 4.4.2.4 Konflikt- und Kooperationstheoretische Überlegungen
- 4.5 Zusammenfassung
- 5. Gruppen als kollektive Wissensträger
- 5.1 Gruppe, Arbeitsgruppe und Team
- 5.2 Arten von Arbeitsgruppen – Teamarbeit
- 5.2.1 Informelle Arbeitsgruppen – Wissensgemeinschaften
- 5.2.2 Formelle Arbeitsgruppen – Projektteams
- 5.2.3 Teamarbeit - Chancen und Risiken
- 5.3 Bezugsrahmen der Analyse
- 5.4 Gruppenstrukturen und Gruppenprozesse als Einflussfaktoren
- 5.4.1 Gruppenstrukturen
- 5.4.1.1 Größe
- 5.4.1.2 Rollen
- 5.4.1.3 Heterogenität - Diversität
- 5.4.1.4 Fähigkeiten
- 5.4.2 Gruppenprozesse
- 5.4.2.1 Normen
- 5.4.2.2 Gruppenkohäsion
- 5.4.3 Wechselseitige Wirkungsmechanismen und erste Implikationen
- 5.5 Zusammenfassung
- 6. Gestaltungsempfehlungen und Interventionsmaßnahmen
- 6.1 Organisationskultur – Wandel zu einer “Sharing Culture”
- 6.2 Wissensorientierte und gruppenbasierte Anreizsysteme
- 6.3 Führung und Gruppe
- 6.3.1 Leadership Development – Führungsstil
- 6.3.2 Team Member Selection
- 6.3.3 Team Building
- 6.3.4 Team Training
- 7. Schlussbetrachtung
- 7.1 Zusammenfassung und kritische Würdigung
- 7.2 Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert den Einfluss von Gruppenstrukturen und -prozessen auf die Bereitschaftsbarrieren zur Wissensteilung in Unternehmen. Sie verfolgt das Ziel, ein besseres Verständnis für die Entstehung und Überwindung dieser Barrieren zu entwickeln und konkrete Gestaltungsempfehlungen für die Förderung der intrakollektiven Wissens(ver)teilung zu erarbeiten.
- Die Bedeutung des Wissens als Wettbewerbsfaktor
- Die Grundlagen des Wissensmanagements und dessen theoretische Ansätze
- Die Analyse von Bereitschaftsbarrieren zur Wissensteilung und deren Ursachen
- Die Rolle von Gruppenstrukturen und -prozessen im Wissensteilungsprozess
- Die Entwicklung von Gestaltungsempfehlungen und Interventionsmaßnahmen für die Förderung der Wissens(ver)teilung in Unternehmen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einleitung, die die Problemstellung und Zielsetzung des Projekts erläutert. Im zweiten Kapitel wird der Begriff „Wissen“ definiert und in Abgrenzung zu Daten und Informationen betrachtet. Anschließend werden verschiedene Wissensarten und -träger vorgestellt. Das dritte Kapitel widmet sich den Grundlagen des Wissensmanagements, wobei empirische Befunde sowie verschiedene theoretische Ansätze beleuchtet werden. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Bausteinmodell des Wissensmanagements nach Probst et al., welches die einzelnen Phasen des Wissensmanagements beschreibt.
Kapitel vier konzentriert sich auf den Baustein „Wissens(ver)teilung“ und betrachtet dessen theoretische Fundierung. Es werden die Aufgaben der Wissens(ver)teilung nach Probst et al. erläutert sowie die grundsätzlichen Fragen nach Inhalten, Zeitpunkt, Verortung und Umfang der Wissens(ver)teilung. Weiterhin werden die Auswirkungen mangelhafter und übertriebener Wissens(ver)teilung diskutiert, wobei sowohl die Gefahren und Kosten als auch der Nutzen der Wissens(ver)teilung im Vordergrund stehen.
Kapitel fünf stellt Gruppen als kollektive Wissensträger vor und analysiert verschiedene Gruppenformen sowie deren Chancen und Risiken. Anschließend werden Gruppenstrukturen und -prozesse als Einflussfaktoren auf die Bereitschaftsbarrieren zur Wissensteilung untersucht.
Das sechste Kapitel stellt Gestaltungsempfehlungen und Interventionsmaßnahmen zur Förderung der intrakollektiven Wissens(ver)teilung vor. Dabei werden Themen wie Organisationskultur, Anreizsysteme und Führungsrolle behandelt.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit Themen wie Wissensmanagement, Wissens(ver)teilung, Bereitschaftsbarrieren, Gruppenstrukturen, Gruppenprozesse, Teamarbeit, Anreizsysteme und Führungsstil.
- Citation du texte
- Mathias Jahn (Auteur), 2003, Gruppenstrukturen und -prozesse als Einflussfaktoren auf die Bereitschaftsbarrieren zur Wissensteilung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18328