Anreizsysteme zur Qualitätssteigerung in Schule und Unterricht


Thèse de Bachelor, 2009

86 Pages, Note: 1,7


Extrait


INHALTSVERZEICHNIS

Abbildungsverzeichnis

1 Problemstellung

2 Klärung der Begrifflichkeiten

3 Anreize aus psychologischer und soziologischer Sicht
3.1 Intrinsische Anreize
3.2 Extrinsische Anreize

4 Anreizsysteme
4.1 Ökonomische Ansätze
4.1.1 Prinzipal-Agent-Theorie
4.1.2 Formen monetärer Anreize
4.2 Messung von Erfolgen
4.3 Anwendung von Anreizen in der Privatwirtschaft
4.4 Übertragungsproblematik

5 Qualität schulischer Arbeit
5.1 Beseitigung von Qualitätsmängeln durch Anreizsysteme

6 Status Quo von Anreizen für Lehrer.
6.1 Anreiz und Wettbewerb
6.2 Motivation und Beamtentum

7 Messbarkeit von schulischem Erfolg
7.1 Erfolg einzelner Lehrer.
7.1.1 Schülerleistungen und zentrale Prüfungen
7.1.2 Feedbackkultur.
7.1.2.1 Schülerfeedback
7.1.2.2 Feedback von Vorgesetzten
7.1.3 Zielvereinbarungen
7.2 Messbarkeit von Schulqualität
7.2.1 Evaluation
7.2.1.1 OES
7.2.1.2 Selbstevaluation
7.2.1.3 Fremdevaluation
7.2.2 Exkurs: Motivation der Lehrerschaft

8 Anreizsysteme für Lehrer.
8.1 Extrinsische Anreize
8.1.1 Finanzielle Anreize
8.1.1.1 Leistungsbezogenes Entgelt - Komponentensystem
8.1.1.1.1 Schülerleistung, zentrale Prüfung, Feedback
8.1.1.1.2 Zulagen
8.1.2 Zeit als Anreiz
8.1.2.1 Freizeit als Leistungsentlohnung
8.1.3 Spezielle Gesundheitsvorsorge- und Betreuung
8.1.4 Kontrolle und Sanktion von Fehlverhalten
8.1.5 Schaffung von Wettbewerb und Autonomie
8.2 Intrinsische Anreize
8.2.1 Selbstverwirklichung
8.2.2 Schulklima
8.2.3 Soziale Anerkennung

9 Einführungsproblematik

10 Schlussbetrachtung

ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abbildung 1: Top-Ten-Treiber Mitarbeitergewinnung 2004 und 2005

Abbildung 2: Top-Ten-Treiber Mitarbeitergewinnung 2007 Deutschland-Europa

Abbildung 3: Top-Ten-Treiber Mitarbeitermotivation 2007 Deutschland-Europa

Abbildung 4: Top-Ten-Treiber Mitarbeiterbindung 2005 Deutschland

Abbildung 5: Top-Ten-Treiber Mitarbeiterbindung 2007 Deutschland

Abbildung 6: OES-Regelkreis 51

l.Problemstellung

„Wir können es uns nicht leisten, auch nur eine Begabung ungenutzt zu lassen“ - so die Äußerung des damaligen Bundeskanzlers Gerhard Schröder nach Bekanntgabe der ersten Ergebnisse der von der OECD im Ländervergleich durchgeführten Bil­dungsstudie PISA im Jahr 2001. Bei genannter Studie liegen Deutschlands Jugendli­che bei den Ergebnissen einer im Jahr 2000 durchgeführten Untersuchung in allen Disziplinen im Ländervergleich in der Gruppe der Schlusslichter (vgl. OECD 2001, S.23ff.). Spätestens zu diesem Zeitpunkt kommt in Deutschland die Erkenntnis auf, dass die Schulqualität zu wünschen übrig lässt. Auch bei einem weltweit durchge­führten Lehrervergleich der OECD im Jahre 2003 mit dem Namen „Attracting, De- velopping and Retaining effective Teachers“ werden nicht nur den Lehrern selbst, sondern dem gesamten deutschen Schulsystem Unflexibilität, ein nicht zeitgemäßes System der Verbeamtung und Nachteile durch Zergliederung bescheinigt (vgl. OECD 2004). Trotz einer leichten Verbesserung deutscher Schüler bei PISA kann auch im Jahre 2009 noch nicht von einer hohen Qualität im deutschen Bildungswe­sen gesprochen werden.

Nach dem Erkennen von Qualitätsmangeln muss gefragt werden, wie diese behoben werden können.

Da die Qualität eines Systems zugleich auch immer von der Qualität seiner Teilneh­mer beeinflusst wird, muss Schulqualität grundsätzlich mit von Unterrichtsqualität und in Folge dessen von Lehrerqualität beeinflusst werden. Um Leistung und Moti­vation von Lehrern zu steigern, soll in dieser Arbeit über Anreizsysteme nachgedacht werden, die diese Steigerung zu fördern vermögen. Es soll hinterfragt werden, ob Anreizsysteme aus der freien Wirtschaft wirksam übernommen werden können und ob bzw. wie diese sinnvoll mit speziell auf die Schule abgestimmten Anreizsystemen kombiniert werden sollten.

Zunächst soll eine Klärung der Begrifflichkeiten wie Qualität, Leistung, Anreiz und Anreizsystem erfolgen. Daran anknüpfend soll näher auf die psychologische Sicht auf Anreize eingegangen werden, wobei die Unterscheidung zwischen extrinischer und intrinsischer Motivation eine große Rolle spielt.

In der freien Wirtschaft ist eine Arbeit mit Anreizen für Mitarbeiter schon seit lan­gem Standard. Eine erste bewusste theoretische Beschäftigung der Wirtschaftswis­senschaft mit Anreizen stellt die Prinzipal-Agent-Theorie dar, mit deren Hilfe ver­schiedenste menschliche Vertragsbeziehungen dargestellt und analysiert werden kön­nen. Eine Einführung in die Grundlagen der Prinzipal-Agent-Theorie soll auch für diese Arbeit einen wirtschaftstheoretischen Rahmen und hilfreiches Vokabular für die folgenden Untersuchungen von Anreizen bieten. Voraussetzung für einen geziel­ten Einsatz von Anreizen ist eine funktionierende Erfolgsmessung. Die in der Privat­wirtschaft angewandten Methoden für die Messung legen die Grundlage für eine Be­trachtung des Anreizeinsatzes. Um einen Überblick über die Anwendungspraxis von Anreizen in der freien Wirtschaft zu erlangen, sollen zunächst die wichtigsten und am häufigsten angewandten Anreize vorgestellt werden. Um Anreizsysteme zielge­richtet einsetzen zu können, müssen Arbeitgeber die Bedürfnisse von Arbeitnehmern kennen. Aus diesem Grund soll untersucht werden, ob ein Grundwissen über die Wünsche und Präferenzen von Angestellten an ihren Arbeitgeber existiert und, falls ja, welche Informationen es beinhaltet. Nach der Untersuchung der Bedürfnisse muss geklärt werden, ob diese von Arbeitnehmern wahrgenommen und in Form von An­reizsystemen umgesetzt werden, was anhand eines Beispiels aus der Unternehmen­spraxis vorgenommen werden soll.

Da die Strukturen der freien Wirtschaft und die des Schulsystems sich in wesentli­chen Teilen unterscheiden, kann die Übertragung der Anreizsysteme nicht eins zu eins erfolgen. Aus diesem Grund muss eine Verdeutlichung der wichtigsten Unter­schiede zwischen beiden Systemen dazu beitragen, eine Anpassung der privatwirt­schaftlichen Anreizsysteme zur Anwendbarkeit auf das Schulsystem zu ermöglichen und die Vorgehensweise für die Planung einer Einführung von Anreizsystemen in der freien Wirtschaft vorzuskizzieren. Bevor eine Übertragung der betrachteten An­reizsysteme aus der freien Wirtschaft auf das Bildungssystem versucht werden kann, muss zunächst geklärt werden, wo genau die größten Defizite und die Gründe für den Qualitätsmangel an deutschen Schulen und für den Motivationsmangel bei Lehrern liegen, wobei eine Betrachtung des deutschen Beamtensystems und seiner Besol­dungsstruktur große Bedeutung hat. Eine Problematik bei der Implikation von An­reizsystemen auf die Schule ist die der schwierigen Leistungsmessung bei Lehrern. Hier können die ersten Differenzen zur freien Wirtschaft anhand der zuvor bespro­chenen Leistungsmessung im Betrieb aufgezeigt werden. Da eine Messung anhand von Umsatz oder Gewinn in der Schule nicht möglich ist, müssen hierzu andere, weit schwierigere Methoden der Leistungsmessung von Lehrern und auch Schulen ange­wandt werden, auf die hierbei näher eingegangen wird.

Die Messung des Erfolges einzelner Lehrer sollte nicht nur produktorientiert, also an der Leistung von Schülern festgemacht, erfolgen. Hohe Unterrichtsqualität und gute Lehrerleistung haben zwar immer auch eine Steigerung von Schülerleistung zur Fol­ge, bestehen aber nicht nur aus dieser. Auch die Anforderungen der Schüler an guten Unterricht sollten beachtet und bewertet werden. Unter diesen Prämissen soll ver­sucht werden, eine Messsystematik zu entwickeln, die sich an den Zielen von Schule orientiert und eine transparente und leistungsgerechte Beurteilung von Lehrerleistung erlaubt, die im Konsens mit den Lehrkräften durchgeführt wird und nicht als Über­wachung wahrgenommen wird. Des weiteren müssen Methoden gefunden werden, die nicht nur die Leistung einzelner Lehrkräfte messen, sondern komplette Schulen bewerten können und deren Schwachstellen aufdecken, deren Kenntnis wiederum zur Qualitätsentwicklung und zur Anreizsetzung verwendet werden kann.

Nach Klärung der Rahmenbedingungen, die im Schulsystem zum Tragen kommen und der Entwicklung eines Systems zur Leistungsmessung kann nun der Versuch un­ternommen werden, konkrete Anreize für Lehrer zu finden bzw. zu entwickeln und zu einem für das Schulsystem nutzenmaximierenden Anreizsystem zusammenzufü­gen. Ein erster Fokus wird dabei auf monetären und anderen extrinsischen Anreizen liegen, wobei auch die intrinsische Motivation für Lehrer eine große Rolle spielt und zwingend in ein Anreizsystem integriert werden muss. Im Zuge der Anreizgestaltung werden auch mögliche grundlegende Änderungen von traditionellen Charakteristika in der Struktur des Schulsystems untersucht, die die Entwicklung von Schulqualität und die Wirksamkeit von Anreizen blockieren.

Die Einführung einer umfassenden Strukturreform in Form eines Anreizsystems kann nicht ohne weiteres erfolgen und sollte umsichtig und gut durchdacht erfolgen. Wichtigste Grundvoraussetzung ist die Annahme der Reform seitens der Mitarbeiter. Auch der Einführungszeitpunkt und die Finanzierung einer Reform im Schulsystem müssen bedacht werden. Deshalb müssen nach der Konzeption eines konkreten An­reizsystems die möglichen Probleme bei dessen Einführung erörtert werden.

Mit einer zusammenfassenden Schlussbetrachtung wird die Arbeit inhaltlich beendet.

2 .Klärung der Begrifflichkeiten

Eine Erarbeitung von Anreizsystemen zur Qualitätssteigerung in Schule und Unter­richt macht es zunächst notwendig, Begrifflichkeiten wie Qualität, Leistung, Motiva­tion, Anreizsystem und dem darin enthaltenen Anreiz und weitere Begriffe, wie sie in dieser Arbeit verwendet werden, zu klären. Des weiteren soll hiermit vorangestellt werden, dass im Rahmen dieser Arbeit bei personenbezogenen Begriffen wie Lehrer, Schüler, Arbeitnehmer, Arbeitgeber etc. auf eine gesonderte geschlechterspezifische Trennung verzichtet wird und diese der einfacheren Lesbarkeit halber lediglich in ih­rer männlichen Grundform genannt werden.

Allen voran findet der Begriff Qualität in verschiedensten Gebieten und dort unter ebenso unterschiedlichsten Definitionen Anwendung. Grundsätzlich bezeichnet Qua­lität laut Duden, abgeleitet vom lateinischen „qualitas“, die Beschaffenheit, Eigen­schaft, Art und Weise einer Sache. Garvin hingegen kennt neben den Definitionen für transzendentes, wertorientiertes und fertigungsbezogenes Qualitätsverständnis zwei Definitionen, und zwar die des produktbezogenen Qualitätsverständnis und des kundenbezogenen Qualitätsverständnis. Bei der produktbezogenen Sichtweise wird Qualität gemessen am Erfüllungsgrad allgemein festgelegter Anforderungen. Das kundenbezogene Qualitätsverständnis bezieht sich ebenfalls auf Anforderungen - je­doch explizit auf vom Kunden gesetzte Anforderungen und macht hiermit den Kun­den zum Entscheidungsträger über Qualitätsmerkmale. (vgl. Garvin 1984, S. 25ff.) ln dieser Arbeit soll Qualität innerhalb des Systems Schule bzw. Unterricht als eine Mischung aus produktbezogener und kundenbezogener Sichtweise betrachtet wer­den. Das heißt, sowohl das Produkt Bildung von Schülern definiert durch allgemein gültige Anforderungen an Bildung als auch die expliziten Anforderungen der Kun­den, also der Schüler bzw. stellvertretend deren Eltern an den Dienstleister Schule, sollen der Maßstab für die Messung von Qualität sein. Auf die konkreten Ausprägun­gen von Schulqualität und deren Messbarkeit wird an späterer Stelle näher eingegan­gen.

Der für diese Arbeit entscheidende Begriff Anreiz muss zunächst aus psychologi­scher Sicht definiert werden, bevor auf die arbeitspsychologische Sicht eingegangen werden kann. Dabei finden sich eine Vielzahl von mehr oder minder konkreten Defi­nitionen und Definitionsversuchen. Hagen z.B. definiert psychologisch eher allge­mein, aber treffend:

„Unter einem Anreiz versteht man die personenspezifische Wahrnehmung von be­stimmten Reizkonstellationen (Situationen), die bestimmte Motive aktiviert.“ (Hagen 1985, S. 90). Hierbei werden sowohl die Situationen, als auch die Motive neutral be­trachtet. Konkreter definiert Beyer Anreize als „verhaltensauslösende Reize [...] außerhalb einer Person [...]. Sie können diese zu einem bestimmten Verhalten veranlassen, sofern sie den Bedürfnissen des Menschen entsprechen. Anreize aktivieren die Bedürfnisse und führen zu moti­viertem Verhalten.“ (Beyer 1990, S. 16, zitiert nach Schulz 2000, S. 19f.) Rosenstiel bietet eine zwar auf die Arbeitswelt bezogene, aber wenig genaue Defini­tion, indem er Anreize als „die konkrete Gestaltung der Arbeitsbedingungen, die vom Arbeitenden wahrgenommen wird“ (Rosenstiel 1979, S. 66 zitiert nach Schulz 2000, S. 19 f.) beschreibt. Bei Schanz ist eine organisationspsychologische Systematisie­rung von Anreizen zu finden, die nach dem Empfängerkreis in Individual-, Grup­pen- und organisationsweite Anreize und nach der Quelle in intrinsische und extrinsi- sche Anreize aufgeteilt werden. Schanz weist des weiteren darauf hin, dass Anreize sowohl die Bedürfnisse von Mitarbeitern als auch die der Arbeitgeber befriedigen sollten (vgl. Schanz 1991, S. 15 zitiert nach Schulz 2000, S.19f.).

Es kann festgestellt werden, dass all diese Definitionen Teilaspekte von Anreizen er­fassen, wie sie in dieser Arbeit betrachtet werden sollen und weiterhin kann als zu­sammenfassende und für das Folgende gültige Definition fixiert werden, dass im All­gemeinen Anreize Individuen motivieren, eine Handlung vorzunehmen und somit als Steuerungsinstrument verwendet werden können, was in der Arbeitswelt dazu ver­wendet werden kann, Aufgabenfelder effizienter zu gestalten - und zwar nicht unter Ausbeutung der Arbeitnehmer, sondern so, dass sowohl Arbeitnehmer als auch Ar­beitgeber zu einem optimalen Effizienzniveau gelangen.

Nun gilt es, den Begriff Anreize in den Begriff der Anreizsysteme zu überführen. Nach Wild können Anreizsysteme als „Summe aller bewußt gestalteten Arbeitsbe­dingungen“ gesehen werden, die gewünschte Verhaltensweisen hervorrufen und we­niger erwünschte vermeiden (Wild 1973, S. 47 zitiert nach Schulz 2000, S. 21f.). Er inkludiert also auch Sanktionen. Während manche betriebswirtschaftlichen Erklärun­gen Anreizsysteme lediglich als Bezahlungs- bzw. Vergütungssysteme[1] definieren (vgl. Frese 1980, S. 286 zitiert nach Petersen 1989, S. 4), sieht z.B. Hagen in seiner Definition für Anreizsysteme dieselben schlicht als alle in einem Gesamtunterneh­men irgendwie gearteten Anreize - sowohl bewusst als Anreize erkennbare Maßnah­men wie Entgelt- oder Beförderungssysteme als auch die weniger deutlich erkennba­ren wie gutes Arbeitsklima, Führungsstil etc. (vgl. Hagen 1985, S.22ff. Zitiert nach Schulz 2000, S. 21f.). Richter sieht Anreizsysteme als komplettes System von Nor­men, welche auf die Erreichung eines Systems von bestimmten Zielen (Zielbündeln) gerichtet sind (Richter 1994, S. 2 zitiert nach Roiger 2007, S. 2 f.). Auch hier kann für diese Arbeit gelten, dass alle genannten Definitionen einen Teil zu einer Gesamt­definition beitragen können, die hier als exakt und für die folgende Untersuchung in­nerhalb der Unternehmen und der Schule als hilfreich betrachtet werden kann. Der Begriff Anreizsysteme bildet ein System von Maßnahmen seitens des Arbeitgebers ab, die dazu beitragen, Ressourcen - vor allem menschliche Ressourcen - möglichst effizient zu nutzen und damit zur Zielerreichung beider Parteien - Arbeitgeber und auch Arbeitnehmer, entscheidend beitragen.

Anreize und Anreizsysteme sollen also, vom Arbeitgeber installiert, die Leistung des Arbeitnehmers durch Motivation in einer Art und Weise verbessern, die die Unter­nehmung ihrer Zielerreichung näher bringt. Dies erfordert vom Arbeitnehmer eine gewisse Leistung. Dazu muss der Begriff Leistung für den hier betrachteten Kontext definiert werden. Eine einzelne, gültige und treffende Definition ist auch hier nicht zu finden, da der Begriff viele relativ unterschiedliche Definitionen kennt. Zum einen wird Leistung schlicht als quantitatives oder qualitatives Ergebnis von zielgerichte­ter Arbeit in Bezug auf benötigten Zeitaufwand gesehen (vgl. Oechsler/Steinebach 1983, S. 9, Pinder 1998, S. 17, Borchert 2004, S. 1082f. zitiert nach Martin 2007, S. 15). Dabei wird nicht genauer festgelegt, welche Art von Arbeit oder Zielerrei­chung als Leistung angesehen werden kann. Meines Erachtens bietet Becker eine sehr einfache, aber umfassende Definition:

„Der Begriff der Leistung wird mehrdeutig verwendet: Unter Leistung kann erstens ein bestimmtes Handeln bzw. Verhalten verstanden werden, zweitens aber auch das aus diesem Handeln bzw. Verhalten resultierende Ergebnis und drittens eine Kombination aus Verhalten und Ergebnis (vgl. Becker 1992, S. 47ff., 73 zitiert nach Kirstein 1998, S. 33).

Hierdurch wird klar, dass sowohl die Intensität des Handelns selbst, als auch das da­durch erzielte Ergebnis ausschlaggebend sind. Hier soll diese Definition aufgegriffen werden, aber noch viel rigoroser dahingehend angesehen werden, dass Leistung nur aus einer Kombination von Handeln und Ergebnis bestehen kann, denn ein bloßes Handeln ohne zielgerichtetes Ergebnis kann keinesfalls effizient sein und deshalb nicht als Leistung im gewünschtem Sinne verstanden werden. Um mit solch strengen Vorgaben keinem Arbeitnehmer trotz Anstrengung Versagen im Beruf vorwerfen zu müssen - was aus Arbeitnehmersicht aufgrund der geleisteten Anstrengung unge­recht erscheinen könnte, müssen von beiden Seiten im Konsens die exakten Zielvor­gaben und die Wahl der Mittel bedacht und klar festgelegt werden.

Eine verbreitete Einsicht ist es, dass Leistung nur erbracht werden kann, wenn ein In­dividuum auch motiviert ist. Wenn Anreize, wie zuvor schon behandelt, Leistung hervorrufen oder optimieren können, muss in diesen Prozess auch Motivation einge­bunden sein. Rosenstiel integriert dies in seine Definition von Anreizen, indem er einen Anreiz als „Bestandteil der wahrgenommenen Situation, der Motive aktiviert.“ beschreibt (vgl. von Rosenstiel 1975, S. 230 zitiert nach Petersen 1989, S. 6 f.). Der so zwischengeschaltete Begriff der Motivation macht auch für die Erklärung von An­reizen nochmals deutlich, dass die hervorgerufenen Leistungen nicht nur als bloße Gegenleistung für Entlohnung erbracht werden, sondern weil der Arbeitnehmer moti­viert ist, sie zu erbringen - sie also als richtig und wertvoll erachtet (vgl. Petersen 1989, S. 6 f.).

Motivation als Grundlage von Anreizen wird - um den Kreis der Relationen zwi­schen den einzelnen Begriffen zu schließen - von Hagen folgendermaßen definiert: „Motivation entsteht aus dem Zusammenspiel aktivierter Motive, die in einer konkre­ten Situation die antriebsmäßigen Determinanten des Verhaltens darstellen.“ (Hagen 1985, S. 90 zitiert nach Klein/Stettes 2008, S. 10). Wobei Motive Bestandteile der menschlichen Bedürfnisse bzw. deren Faktoren darstellen, die zur Steigerung des in­dividuellen Nutzens beitragen können. Aktiviert sind diese, sobald die Möglichkeit besteht, diesen Nutzen zu realisieren.

3 Anreize aus psychologischer und soziologischer Sicht

Nach Klärung der grundlegenden Bedeutung des zentralen Begriffs Anreiz aus psy­chologischer und organisationspsychologischer Sicht muss innerhalb dieses Begriffs eine - vor allem für das hier behandelte Thema der Anreize innerhalb des Bildungs­systems - bedeutsame Abgrenzung vorgenommen werden: die Unterscheidung von Anreizen in extrinsische und intrinsische Anreize. Der Kernpunkt dieser Unterschei­dung liegt wiederum in der Motivation, die hinter den Anreizen steht, also im Grund darin, warum ein Individuum eine Handlung vollzieht.

3.1 Intrinsische Anreize

Über intrinsische Anreize kann salopp gesagt werden, dass deren Motivation von „innen heraus“ entsteht. Korrekter ausgedrückt: die Handlung wird nicht vorgenom­men, um das angestrebte Ziel bzw. die „Belohnung“ dafür hervorzurufen, sondern um ihrer selbst Willen (vgl. Uhl 2000, S. 153 zitiert nach Malin 2004, S. 7). Die Tä­tigkeit selbst ist also für das Individuum eine Belohnung, für die es sich lohnt, die Tätigkeit aufzunehmen. Ein anschauliches Beispiel aus dem Freizeitbereich verwen­det Uhl, wenn er von einem Bergsteiger spricht, dessen intrinsische Motivation im Bergsteigen selbst liegt, und nicht (nur) im Erreichen des Gipfels (Uhl 2000, S. 155 zitiert nach Malin 2004, S. 7). Die Form von intrinsischen Anreizen ist dadurch, dass sie in einer Handlung liegt also immer eine immaterielle Form, weshalb intrinsische Anreize oft auch als „immaterielle“ Anreize bezeichnet werden oder nach dem zuvor genannten Ursprung auch als „innere“ Anreize. Letztere Bezeichnung bietet meiner Ansicht nach eher eine umgangssprachliche und wissenschaftlich inkorrekte Be­schreibung, da auch intrinsische Anreize nicht aus dem Handelnden selbst kommen, sondern durch die Handlung, die sich teilweise außerhalb desselben abspielt. Korrek­ter erscheint Rheinbergs Bezeichnung „tätigkeitsorientierter Anreiz“ (vgl. Malin 2004, S. 7; Rheinberg 1989, S. 94,101).

Die besondere Bedeutung intrinsischer Anreize für die Betrachtung von Anreizsyste­men für Lehrer rührt daher, dass der Lehrerberuf wie kein anderer über den Beruf als solches hinaus auch Berufung sein sollte, also durch eine Menge an intrinsischer Mo­tivation gewählt werden sollte.

3.2 Extrinsische Anreize

Unter extrinsischen Anreizen versteht man all jene, deren Motivation durch klassi­sche Anreize wie Entlohnungs- oder Beförderungssysteme hervorgerufen werden kann - also durch Anreize außerhalb der eigentlichen Handlung, die dem Handeln­den ein Ziel bieten, für welches selbst oder für dessen Folgen es sich lohnt, die Hand­lung auszuführen. Die Handlung selbst ist bei extrinsischen Anreizen eher zweitran­gig. Da die angestrebten Anreize, durch die die Handlung hervorgerufen wird, meist materieller Natur sind, werden extrinsische Anreize auch als „materielle“ oder „äuße­re“ Anreize bezeichnet oder als Gegenstück zu Rheinbergs „tätigkeitsorientierten“ intrinsischen Anreizen als „ergebnisorientierte Anreize“ (vgl. Malin 2004, S. 7; Rheinberg 1989, S. 94, S. 101).

4 Anreizsysteme

Nach grundlegender Klärung der Begriffe Anreiz und Anreizsysteme und deren Funktionsweisen aus organisationspsychologischer Sicht, soll nun die praktische Funktionsweise von Anreizsystemen konkretisiert werden und deren mögliche und bereits praktizierte Umsetzung abgebildet werden. Die Nutzung von Anreizsystemen ist bisher hauptsächlich bzw. fast ausschließlich in der freien Wirtschaft anzutreffen und wird im öffentlichen Sektor zumindest in Deutschland bis jetzt fast gänzlich au­ßer Acht gelassen. Das Ziel dieser Arbeit liegt unter anderem darin, Anreizsysteme auszuarbeiten, die es ermöglichen, den Arbeitsprozess im Schulsystem so zu gestal­ten, dass Ressourcen effizienter genutzt werden und sich die Arbeit für alle teilneh­menden Parteien wirtschaftlicher gestaltet. Ohne die Welt der Bildung an die Welt der Wirtschaft angleichen zu wollen - was meines Erachtens einen sinnlosen und zum Scheitern verurteilten Versuch darstellen würde, soll doch versucht werden, die in der Wirtschaft eingesetzten Anreizsysteme soweit möglich und sinnvoll auf das Schulsystem zu übertragen. Aus diesem Grund sollen im Folgenden die grundle­genden Funktionsweisen von Anreizsystemen im theoretischen, ökonomischen Kon- text und dann die praktische Umsetzung derselben in der freien Wirtschaft betrachtet werden.

4.1 Ökonomische Ansätze

Anreize im weiteren Sinne in Unternehmen der Privatwirtschaft einzusetzen, ist kein neues ökonomisches Konzept. So wurden bereits in Zeiten der Industrialisierung Sondergratifikationen wie Weihnachtsgeld oder Treueprämien für lange Betriebszu­gehörigkeit bezahlt oder Wohnmöglichkeiten, Kindergärten oder sonstige soziale Einrichtungen für Arbeiter der jeweiligen Betriebe geschaffen, um diese für Be­triebstreue zu belohnen, zu einer höheren Leistung zu motivieren oder um gute Ar­beitnehmer an die Firma zu binden. Zwar waren auch dies Maßnahmen, die Arbeit­geber bewusst durchführten, um Leistung zu generieren, doch geschahen derartige Praktiken eher instinktiv. Explizite ökonomische Untersuchungen zur Wirkungswei­se von Anreizen wurden erst in den siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts angestellt und beruhen zumeist auf der Prinzipal-Agent-Theorie, die zuerst von Mi­chael Jensen und William Meckling erwähnt wurde und auf welche im Weiteren nä­her eingegangen werden soll (vgl. Jensen/Meckling 1976, S. 305ff.).

4.1.1 Prinzipal-Agent-Theorie

Die Prinzipal-Agent-Theorie beschreibt die Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer als Netzwerk aus expliziten und impliziten Vertragsbeziehungen unter Einbeziehung von Nutzenpräferenzen der Akteure und der Wirkung von Anreizen in­nerhalb dieses Netzwerks. Die Akteure der Theorie sind zum einen ein Prinzipal, dessen Funktion sich mit derjenigen eines Auftraggebers erklären lässt. Der Prinzipal kann sowohl die Rolle eines Vorgesetzten, als auch die eines Kunden einnehmen. Dementsprechend kann der Agent innerhalb dieser Theorie als Auftragnehmer be­zeichnet werden, der vom Prinzipal einen Auftrag entgegen nimmt. Neben den klas­sischen Prinzipal-Agent-Beziehungen wie der zwischen Vorgesetztem und Arbeiter oder zwischen Auftraggeber und Dienstleister existieren auch andere Konstellationen wie z.B. zwischen Wähler als Prinzipal und Politiker als Agent, welcher damit beauf­tragt wird, die Wählerinteressen im Parlament zu vertreten. Eine andere mögliche Beziehung wäre die eines Anteilseigners als Prinzipal, der den Geschäftsführer als Agenten damit beauftragt, seine Interessen dahingehend zu vertreten, dass er den Gewinn des Unternehmens maximiert. Deutlich wird hier bereits, dass das In­strument der Prinzipal-Agent-Theorie alle Akteure und alle möglichen impliziten und expliziten Konstellationen von Vertragsbeziehung zwischen diesen Akteuren ab­deckt. Zur Funktionsweise der Theorie. Es werden folgende Annahmen unterstellt:

- Beide Akteure besitzen eine Nutzenfunktion, die sie kennen.
- Es wird auf beiden Seiten versucht, die eigene Nutzenfunktion zu maximie­ren.
- Der Prinzipal kennt auch die Nutzenfunktion des Agenten.
- Die beiden Nutzenfunktionen divergieren.

(vgl. Mühlenkamp 2007, S. 18f.)

Konkret in die Arbeitspraxis übersetzt bedeutet dies:

Auftraggeber und Auftragnehmer haben unterschiedliche Bedürfnisse, deren sie sich bewusst sind und die sie durchsetzen möchten. Z.B. möchte ein Arbeitgeber (Prinzi­pal) möglichst viel produzieren, um einen möglichst hohen Umsatz und damit den höchstmöglichen Gewinn zu erzielen. Die Kosten für die Produktion (u.a. Lohnkos­ten) sollten minimal bleiben. Sein Arbeitnehmer (Agent) hingegen möchte möglichst wenig arbeiten, um seinen Nutzen durch möglichst viel Freizeit maximieren zu kön­nen. Ein fehlender Nutzen durch Freizeit ist durch einen Nutzen an Lohn jedoch kompensierbar. Durch das Wissen um die Nutzenfunktion des Agenten seitens des Prinzipals kann als Anreiz die an die Arbeitsintensität des Agenten gekoppelte Ent­lohnung desselben so hoch angesetzt werden, dass der Agent statt Freizeit so viel Arbeit wählt, dass sowohl die Ziele des Prinzipals als auch die Bedürfnisse des Agenten in einem höchstmöglichen Maße befriedigt werden können. Auf diese Art und Weise ergibt sich durch diese zugegebenermaßen sehr vereinfachte Erklärung der Prinzipal-Agent-Theorie bereits der Einsatz eines Anreizes durch leistungsbezo­gene Entlohnung. Durch komplexere Formen dieses allumfassenden ökonomischen Instrumentes, das sich zur Strömung der „neuen Institutionenökonomik“ zählen lässt, lässt sich für einzelne Vertragsbeziehungen oder auch für ganze Beziehungsnetzwer­ke nicht nur die Wirkung eines einzelnen Anreizes auf den jeweiligen Nutzen der Akteure vorherbestimmen, sondern es lassen sich ausgeklügelte Systeme, die ver­schiedenste Anreize innerhalb einer einzigen Beziehung zum Einsatz bringen, entwickeln. Anglo-Amerikanische Unternehmen bringen seit der Entwicklung derar- tiger Theorien als Vorreiter bereits seit langem ausgeklügelte Anreizsysteme zum Einsatz, in denen bewusst verschiedene Anreize gesetzt werden, die sich untereinan­der ergänzen und in Summe den Nutzen des Unternehmens und der Mitarbeiter be­deutender maximieren, als dies ein einzelner Anreiz tun könnte, (vgl. Langner/Siller 2008, S. 3)

Nachdem sich in der deutschen Wirtschafts- und Arbeitswelt derart wegweisende Konzepte und Modelle lange nicht durchsetzten, konnte man sich in den 90er Jahren auch hierzulande im Soge der Internationalisierung der Märkte und dem New-Econo- my-Boom den Modernisierungen nicht widersetzen und Anreizsysteme wie moderne leistungsorientierte Vergütungssysteme wurden zunächst auf der Führungsebene ein­gesetzt und konnten sich nach und nach auch auf niedrigeren Hierarchieebenen durchsetzen und bewähren (vgl. Mengel 2008, S. 2lf.).

4.1.2 Formen monetärer Anreize (vgl. im Folgenden ebenda, S. 22 ff.)

Einmalzahlung/Gratifikation

Die Einmalzahlung oder Gratifikation kann nicht als klassische Leistungsvergütung im direkten Sinne bezeichnet werden, da ihre Zahlung zumeist nicht von der erbrach­ten Leistung eines Arbeitnehmers abhängt. Eine Gratifikation wird in Form einer jährlichen Zusatzzahlung zum eigentlichen Entgelt gewährt. Klassische Formen sind Weihnachtsgeld oder Urlaubsgeld. Zwar wird mithilfe einer jährlichen Gratifikation keine Leistungsentlohnung vorgenommen, sie kann aber dennoch als Anreiz betrach­tet werden, da sie dazu führen kann, die Einstellung des Arbeitnehmers seinem Ar­beitgeber gegenüber positiv zu beeinflussen und somit implizit die Motivation her­vorzurufen, freiwillig mehr für diesen Arbeitgeber zu arbeiten. Darüber hinaus be­steht die Möglichkeit, eine Gratifikation als Belohnung für die Betriebstreue eines Mitarbeiters einzusetzen, sie also erst nach einer bestimmten Betriebszugehörigkeits­dauer zu gewähren.

Bonus

Im Gegensatz zur Gratifikation ist die Gewährung eines Bonus' typischerweise er­folgs- bzw. leistungsabhängig. Soweit Boni nicht (wie bei Führungskräften oft der Fall) an Unternehmens- oder Betriebserfolg gekoppelt sind, sondern direkt von per­ sönlicher Arbeitsleistung abhängig, wird als Entscheidungsgrundlage für die Auszah­lung oftmals die Zielerreichung bzw. der Zielerreichungsgrad einer zwischen Arbeit­geber und Arbeitnehmer über eine bestimmte Periode festgelegte Zielvereinbarung zugrunde gelegt. In beiden Fällen liegt mit einer erfolgs- bzw. leistungsabhängigen Vergütung ein extrinsischer monetärer, also materieller Anreiz vor.

Prämie

Prämien weisen sowohl Ähnlichkeit mit Boni als auch mit Einmalgratifikationen auf. Wie die Gratifikation werden Prämien traditionell jährlich und zusätzlich zum übli­chen Entgelt ausgezahlt. Allerdings sind Prämien durchaus an eine bestimmte Leis­tung gekoppelt und werden z.B. für eine hohe durchschnittlich erreichte Arbeitsqua­lität eines einzelnen Arbeitnehmers oder für überdurchschnittliche zeitliche Effizienz in der Produktion gewährt. Sie sind allerdings nicht als Akkordlohn zu verstehen, sondern sollen generalisierte überdurchschnittliche Verhaltensmerkmale von Arbeit­nehmern belohnen.

Tantieme

Ähnlich wie die Prämie wird auch die Tantieme im Regelfall als jährliche Einmal­zahlung ausgeschüttet. Klassischerweise stellt die Tantieme eine erfolgsorientierte Komponente in der Vergütung von Managern bzw. Mitgliedern der oberen Füh­rungsebene von Unternehmen dar. Das anzustrebende und oft auch in einer Zielver­einbarung festgehaltene Ziel von Arbeitnehmern dieser Hierarchieebene liegt typi­scherweise im Erfolg des Unternehmens, ausgedrückt in Gewinn oder Umsatz. Des­halb wird die Tantieme zumeist in Form einer anteiligen Gewinnbeteiligung ausge­zahlt. In selteneren Fällen wird innerhalb modernerer Anreizsysteme Tantieme auch als Gewinnbeteiligung an Arbeitnehmer in niedrigeren Hierarchieebenen ausgezahlt.

Provision

Eine Provision ist eine direkt leistungsbezogene Vergütung, die an den persönlichen Erfolg eines einzelnen Arbeitnehmers gekoppelt ist, und zwar nicht an Gesamterfolg wie bei jährlichen Erfolgszahlungen, sondern an einzelne Geschäftsvorgänge. Anzu­treffen ist der Einsatz von Provisionszahlungen zumeist im Vertriebssektor, wo Pro­visionen zusätzlich zu einem Gehaltsfixum für den erfolgreichen Abschluss von Ver­kaufs-, Vermittlungs- oder sonstigen angestrebten Verträgen ausbezahlt werden. Die Höhe der Provision richtet sich zumeist prozentual nach der wertmäßigen Höhe des abgeschlossenen Geschäfts.

Akkordlohn

Die Akkordvergütung ist meist in der industriellen Fertigung eine seit Langem ver­breitete und immer noch häufig eingesetzte Art der direkten Leistungsvergütung. Mittels Akkordlohn wird die vom Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsmenge vergütet. Traditionell wird mit der vom einzelnen Arbeitnehmer geleistete Ausbringungsmen­ge (z.B. in Stück) in Relation zur benötigten Zeit eine Akkordzahl errechnet, mit der wiederum der monetäre Akkordzuschlag bestimmt wird, der - wie die Provision - zusätzlich zu einem Grundgehalt im Normalfall monatlich ausbezahlt wird.

Mitarbeiterbeteiligung

Eine relativ moderne Form eines (indirekt) monetären Anreizes stellt die Mitarbeiter­beteiligung dar. Diese ist nicht wie die zuvor beschriebenen Anreizformen an die di­rekte Leistung des Mitarbeiters gekoppelt. Durch eine Beteiligung der Mitarbeiter, z.B. in Form von Mitarbeiteraktien werden Arbeitnehmer vom Untergebenenstatus in den Eigentümerstatus gehoben und profitieren von einem positiven Unternehmenser­gebnis durch Gewinnbeteiligung in Form von Provision wie gewöhnliche Aktionäre. Die Besonderheit dieser Form von Anreizen ist, dass Mitarbeiterbeteiligungen zum einen eine materielle, also extrinsische Form von Anreiz bietet, indem sie die Moti­vation bietet, am Ende des Geschäftsjahres monetär von der selbst erbrachten Arbeit (indirekt) zu profitieren. Zum anderen generiert eine Mitarbeiterbeteiligung aber auch extrinsische Motivation, indem sie durch den Eigentümerstatus gesteigertes Verantwortungs- bewusstsein und einen veränderten Blickwinkel des Mitarbeiters auf den Wert der eigenen Arbeit im eigenen Betrieb fördert.

4.2 Messung von Erfolgen

Eine einfach durchzuführende Form von Leistungsmessung in der freien Wirtschaft, die leistungsbezogener Vergütung zugrundegelegt werden kann, kann beispielsweise im Vertriebsbereich durchgeführt werden. Hier kann die Arbeitsleistung desjeweili­gen Arbeitnehmers durch einfaches Beziffern verkaufter Stückzahlen oder anhand des Wertes von Vertragsabschlüssen gemessen werden und dann anteilig vergütet werden. Auch im Produktionsbereich, wo gefertigte Produkte direkt einem Arbeit­nehmer zugeordnet werden können, kann mit produzierten Stückzahlen in Bezug zur benötigten Zeit eine relativ simple Leistungsmessung angewandt werden. Schwieri­ger gestaltet sich Leistungsmessung in Bereichen, in denen Leistung schwieriger dem einzelnen Individuum zuzurechnen ist oder die Leistung als solche schwer zu beziffern ist. Als Beispiele hierfür sind exemplarisch Bereiche zu nennen, die nicht direkt an Produktion oder Vertrieb beteiligt sind, sondern zur Aufrechterhaltung des allgemeinen Betriebes dienlich sind. In der Kostenrechnung des betriebswirtschaftli­chen Rechnungswesens werden diese indirekten Leistungsbereiche innerhalb eines Unternehmens auch als Gemeinkostenstellen bezeichnet. Sie erbringen - salopp aus­gedrückt - ihre Leistungen zugunsten des Allgemeinwohls des Unternehmens. Kon­krete Beispiele sind die Buchhaltung oder auch die EDV-Abteilung eines Unterneh­mens. Dass derartige Bereiche unverzichtbar sind, sollte als unstrittig angesehen werden. Welche konkrete numerische bzw. monetär erfassbare Leistung sie zum Er­folg des Unternehmens beitragen, ist jedoch meist nicht ohne weiteres bestimmbar. Die Messung von Erfolgen verläuft also von Unternehmen zu Unternehmen und dort von Bereich zu Bereich äußerst unterschiedlich, kann teilweise in numerischen Wer­ten erfolgen, muss aber teilweise auch sehr individuell gestaltet werden. Eine indivi­dualisierte Gestaltung der Leistungsmessung erfolgt meist im Rahmen von Zielen, die zu Beginn einer Periode innerhalb eines Zielvereinbarungsgesprächs festgelegt werden und deren Erreichung dann zum Ende der Periode festgestellt werden kann. Die Zielerreichung stellt dann eine mehr oder weniger messbare Größe des Erfolgs des Arbeitnehmers dar - auch wenn dessen Leistung nicht in Form von Umsatz oder Stückzahl einfach zu Beziffern ist.

4.3 Anwendung von Anreizen in der Privatwirtschaft

Es liegt in der Natur von Anreizen, dass sie nur dann motivieren können, wenn ein Individuum einen persönlichen Nutzen mit ihnen verbindet. Aus diesem Grunde kann ein Anreizsystem nur dann eingerichtet werden, wenn der Arbeitgeber die Be­dürfnisse der Arbeitnehmer kennt bzw. um mit Termini der bereits vorgestellten Prinzipal-Agent-Theorie zu arbeiten, dann, wenn der Prinzipal die Nutzenfunktion des Agenten kennt. Da diese Theorie ein wie in der Wissenschaft üblich reduziertes Modell der Realität darstellt, ist sie nicht ohne Weiteres auf die Realität zu übertra­gen. So kann ein Arbeitgeber niemals alle Bedürfnisse und Nutzenpräferenzen eines Arbeitnehmers kennen, da selbst dieser selbst nicht en detail beziffern oder sogar in­nerhalb einer Präferenzkurve darstellen kann, welchen Nutzenwert er aus bestimmten Vergütungen ziehen wird. Aus diesem Grunde muss ein Anreizsystem entwickelt werden, indem man zum einen versucht, durch empirische Untersuchungen (z.B. Fragebögen) die Bedürfnisse und Nutzenpräferenzen der Arbeitnehmer möglichst ge­nau zu ermitteln. Zum anderen müssen Erfahrungen über die Wirksamkeit von An­reizen in einem Trial-and-Error-Prozess gesammelt werden. Für Arbeitnehmer am einfachsten zu realisieren und mit einer gewissen Wirksamkeitsgarantie versehen sind finanzielle Anreize. Doch die Bedürfnisse von Individuen bzw. in diesem Falle Arbeitnehmern gehen sehr viel weiter als das Verlangen nach leistungsgerechter Ver­gütung von Arbeit. Die meisten innovativen und zukunftsorientierten Unternehmen haben dies erkannt und sind durchaus bereit, auf die Bedürfnisse ihrer Arbeitnehmer einzugehen. Den zunehmende Stellenwert von Würdigung des Personals in großen Unternehmen mit Sitz oder Unternehmenszweigen in Deutschland zeigen folgende Auszüge aus Geschäftsberichten in der Global Workforce Study von Towers Perrin:

„“Die richtige Anzahl qualifizierter Mitarbeiter anzuwerben und zu binden, ist essentiell für die erfolgreiche Umsetzung der Konzernstrategie.'’’(Shell Ge­schäftsbericht 2006)

“Wir begreifen die Internationalität des Konzerns und die Vielfalt seiner Mitar­beiter als unser wertvollstes Kapital. (DPWN Geschäftsbericht 2006)”

“Wer wissen möchte, was hinter unserem Erfolg steht, muss unsere Mitarbeiter ansehen. (Procter & GambleGeschäftsbericht 2006)”.

“Wir betrachten Personalarbeit als einen Schlüsselfaktor bei der erfolgreichen Umsetzung unserer Strategie und investieren entsprechend in unsere Mitarbei­ter und Mitarbeiterinnen. (Allianz SE Geschäftsbericht 2006)”

“Unsere Mitarbeiter sind unser wichtigstes Kapital. (Bayer AG Geschäftsbe­richt 2006)”

“All das konnten wir nur erreichen, weil (...) alle Mitarbeiterinnen und Mitar­beiter gemeinsam daran arbeiten, die gesteckten Ziele zu erreichen. Sie tun das mit einem Einsatz und einer Motivation, die alles andere als selbstverständlich sind. (BMW AG Geschäftsbericht 2006)”“

(Towers Perrin 2007 a, S. 2)

Ebendiese Studie bietet als Ergebnis einer repräsentativen Umfrage unter 86.000 An­gestellten, darunter 3.000 Angestellte in Deutschland, ein umfassendes Bild über Be­dürfnisse und Wünsche von Arbeitnehmern, indem Faktoren untersucht werden, die notwendig sind um gute Mitarbeiter zu gewinnen, gewonnene Mitarbeiter ans Unter­nehmen zu binden und die dazu beitragen, Angestellte zu motivieren.

Erster überraschender Teilaspekt im Ergebnis der Befragung deutscher Arbeitnehmer in der Rubrik „Treiber der Mitarbeitergewinnung“, bei der Angestellte unter 26 soge­nannten Treibern, die ihnen persönlich als Anreiz (im folgenden gilt „Treiber“ als Äquivalent zu „Anreiz“) für eine Anstellung im betreffenden Unternehmen als wich­tig erscheinen, ist der, dass in der Rangliste der Top-Ten-Treiber die Vergütung der Arbeit nicht an Platz 1 steht. Zwar ist „Wettbewerbsfähige Vergütung“ mit Platz 3 immer noch auf einem der vorderen Ränge zu finden, also als für die Arbeitnehmer als sehr bedeutsam wahrgenommener Treiber zu betrachten. Jedoch finden sich mit „Flexible Arbeitszeiten“ aufPlatz 1 ein zwar extrinsischer und u.U. mit einem gewis­sen Gegenwert bemessbarer, jedoch nicht-materieller Anreiz und mit „Herausfor­dernde Tätigkeit“ aufPlatz 2 ein rein intrinsischer Anreiz noch vor der Vergütung. Auch die weiteren der Top-Ten-Treiber bilden eine Mixtur aus intrinsischen, extrini- sischen, monetären, materiellen und nicht-materiellen Anreizen (vgl. Towers Perrin 2007, S. 7). Im Vergleich der deutschen mit den europäischen Ergebnissen fällt auf, dass zwar neun von zehn der 26 Treiber sich gleichermaßen unter den Top-Ten be­finden - die Rangfolge sichjedoch in der Europa-Befragung etwas anders gestaltet als in Deutschland. So befinden sich hier die klassischen Anreize „Wettbewerbsfähi­ge Vergütung“ und „Aufstiegs- und Karrieremöglichkeiten“ aufPlatz eins und zwei (Towers Perrin 2007, S.8). Der Grund dafür, dass Vergütung in Deutschland nicht als wichtigster Treiber/Anreiz betrachtet wird, kann darin vermutet werden, dass sich deutsche Arbeitnehmer ohnehin in einer vergleichsweise sicheren bzw. komfortablen Vergütungssituation befinden - was natürlich nicht ausschließt, dass auch im inner­deutschen Vergütungssystem Missstände existieren. Interessant ist auch ein Vergleich der Ergebnisse mit denjenigen des Vergleichsrankings der Jahre 2004/2005. So war im Jahre 2008 aufPlatz acht der Treiber „Vergütung ist mit indi­vidueller Leistung verknüpft“ zu finden - also ein Fokus auf leistungsorientierter Vergütung, die im Jahre 2004 noch nicht in den Top-Ten zu finden war (vgl. Towers Perrin 2006, S.6). Im Vergleich mit den neuesten Ergebnissen jedoch kann festge­stellt werden, dass Vergütung für die Arbeitnehmer als Anreiz an Wichtigkeit ge­wonnen hat. Fast alle anderen Treiber der Top-Ten aller betrachteten Jahre sind glei­chermaßen interessant, da sie auch für die Anreizsysteme in Schulen eine große Rol­le spielen können. Besonders hervorzuheben sind in diesem Kontext die Treiber „Herausfordernde Arbeit/Tätigkeit“, „Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten“, „Auf­stiegs- und Karrieremöglichkeiten“ (vgl. Towers Perrin 2006 S.6, 2007 S.8) und „Hohes Maß an Selbstständigkeit“ (vgl. Towers Perrin 2006, S.6).

Die Vergleichsübersichten der Studien beider Jahre:

Die Top-10-Treiber der Mitarbeitergewinnung im Jahresvergleich 2004 und 2005 (Deutschland-Ranking)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Top-Ten-Treiber Mitarbeitergewinnung 2004 und 2005 (Towers Perrin 2006, S.6)

[...]


[1] Die Begriffe Bezahlung, Vergütung, Entlohnung und im Schulkontext Besoldung werden synonym verwendet.

Fin de l'extrait de 86 pages

Résumé des informations

Titre
Anreizsysteme zur Qualitätssteigerung in Schule und Unterricht
Université
University of Hohenheim  (Institut für Berufs- und Wirtschaftspädagogik)
Note
1,7
Auteur
Année
2009
Pages
86
N° de catalogue
V183308
ISBN (ebook)
9783656077978
ISBN (Livre)
9783656078838
Taille d'un fichier
1478 KB
Langue
allemand
Mots clés
Anreiz, Anreizsystem, Lehrer, Beamtentum, Besoldung, Leistungsentlohnung, Wirtschaft
Citation du texte
Matthias Dorsch (Auteur), 2009, Anreizsysteme zur Qualitätssteigerung in Schule und Unterricht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/183308

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