Der Parlamentarische Rat hat innerhalb von neun Monaten das Grundgesetz erarbeitet. Dieser
Prozess war geprägt von einem komplizierten Beziehungsgeflecht. Auf der Ebene der deutschen
Politiker standen sich unterschiedliche Demokratievorstellungen gegenüber. Der Parlamentarische
Rat wiederum stand in einem komplizierten Verhältnis zu den westlichen Alliierten,
die selbst unterschiedliche Interessen in ihrer Deutschlandpolitik verfolgten. Diese
Arbeit wird das Beziehungsgeflecht aufzeigen und untersuchen.
Zur Darstellung des Aushandlungsprozesses im Parlamentarischen Rat, stütze ich mich auf
Niclauß Systematisierung der Konzepte der sozialen Mehrheitsdemokratie und konstitutionellen
Demokratie. Diese erlauben es, die Beratungsvorgänge aus einer zeitlich linearen Darstellung
zu lösen, um sie systematisch-inhaltlich zu analysieren.
Die Aushandlungsprozesse unter den deutschen Politikern werden umrahmt von den unterschiedlichen
Vorstellungen der alliierten Mächte Großbritannien, Frankreich und USA, welche
einerseits klare inhaltliche Vorgaben, andererseits aber Gestaltungsspielraum gaben. Hier
soll Maß und Art des Einflusses untersucht werden.
Durch die Kombination dieser beiden Fragestellungen ergibt sich folgende Ausgangthese für
diese Arbeit: die Alliierten haben der deutschen Politik einen Auftrag mit einem vorher nicht
festgelegten Gestaltungsspielraum gegeben, der sich während den Beratungen des Parlamentarischen
Rats ausgeprägt hat. Dies führte dazu, dass die Alliierten Ansichten insbesonder
dann durchsetzten, wenn sie zwischen zwei sich widersprechenden Auffassungen auf deutscher
Seite entscheiden konnten.
Zur Überprüfung dieser These wird zunächst die Ausgangslage und der Auftrag zum Grundgesetz
dargestellt. Nach einer anschließenden Übersicht über die Arbeit des Parlamentarischen
Rats erfolgt dann die Analyse des alliierten Vorgehens gegenüber dem Gremium. Anschließend
wird – angelehnt an Niclauß – der Beratungsprozess des Grundgesetzes untersucht.
In der Kombination der Ergebnisse beider Untersuchungen ergibt die Überprüfung der
o.g. These.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- DIE VORAUSSETZUNGEN FÜR EINE DEUTSCHE VERFASSUNG
- AUFBAU DES POLITISCHEN LEBENS IN WESTDEUTSCHLAND
- DER ALLIIERTE AUFTRAG
- DIE REAKTIONEN DER MINISTERPRÄSIDENTEN
- DIE VORBEREITUNGEN DER MINISTERPRÄSIDENTEN
- DIE ARBEIT DES PARLAMENTARISCHE RATS
- ZUSAMMENSETZUNG UND ORGANISATION DER ARBEIT
- EINWIRKUNGEN AUF DIE BERATUNGSARBEIT
- DIE ALLIIERTEN UND DER PARLAMENTARISCHE RAT
- DIE ALLIIERTEN VORBEREITUNGEN ZUM WESTSTAAT
- GRUNDPOSITIONEN DER ALLIIERTEN
- Demokratie
- Föderalismus
- DIE EINGRIFFE DER ALLIIERTEN IN DIE GRUNDGESETZBERATUNGEN
- Aide Mémoire
- Frankfurter Affäre
- Schlussberatungen des Grundgesetzes
- ZWISCHENFAZIT
- DEMOKRATIEKONZEPTIONEN IM PARLAMENTARISCHEN RAT
- SOZIALE MEHRHEITSDEMOKRATIE
- KONSTITUTIONELLE DEMOKRATIE
- DER BERATUNGSPROZESS
- DIE KONSENSPUNKTE
- Parlamentarische und Parteisstaatliche Demokratie
- Grundrechte
- Regierungssystem
- Demokratie- und Verfassungsschutz
- DIE KONFLIKTPUNKTE
- Föderalismus
- Länderkammer
- Gesetzgebungskompetenzen
- Finanzverfassung
- Verwaltung
- Judikative
- OFFENE FRAGEN
- ZWISCHENFAZIT
- SCHLUSSBETRACHTUNG
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit analysiert die Entstehung des Grundgesetzes im Parlamentarischen Rat im Kontext des komplexen Beziehungsgefüges zwischen deutschen Politikern mit unterschiedlichen Demokratievorstellungen und den westlichen Alliierten mit ihren eigenen Interessen in der Deutschlandpolitik. Der Fokus liegt auf der Analyse der Aushandlungsprozesse im Parlamentarischen Rat und der Interaktion mit den Alliierten, um den Einfluss beider Seiten auf die Entstehung des Grundgesetzes zu verstehen.
- Die unterschiedlichen Demokratiekonzepte der deutschen Politiker im Parlamentarischen Rat
- Der Einfluss der Alliierten auf die Ausgestaltung des Grundgesetzes
- Die Aushandlungsprozesse und Kompromisse im Parlamentarischen Rat
- Die Ausgestaltung von zentralen Verfassungsbereichen wie Grundrechten, Föderalismus und Regierungssystem
- Die Herausforderungen und Konflikte bei der Gestaltung einer neuen deutschen Verfassung nach dem Zweiten Weltkrieg
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung gibt einen Überblick über die Entstehung des Grundgesetzes und die komplexen Beziehungen zwischen den deutschen Politikern und den westlichen Alliierten. Das erste Kapitel beleuchtet die Voraussetzungen für eine deutsche Verfassung, indem es den Aufbau des politischen Lebens in Westdeutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, den alliierten Auftrag zur Gestaltung einer neuen Verfassung und die Reaktionen der deutschen Politiker auf diesen Auftrag darstellt. Das zweite Kapitel behandelt die Arbeit des Parlamentarischen Rats, einschließlich seiner Zusammensetzung, Organisation und der Herausforderungen, die während seiner Arbeit auftraten.
Das dritte Kapitel befasst sich mit dem Einfluss der Alliierten auf den Parlamentarischen Rat. Es werden die alliierten Vorbereitungen zum Weststaat, die Grundpositionen der Alliierten und ihre Eingriffe in die Grundgesetzberatungen, beispielsweise durch das Aide Mémoire und die Frankfurter Affäre, untersucht. Der Fokus liegt darauf, wie die Alliierten ihre Interessen durchsetzten und welchen Einfluss sie auf den Gestaltungsprozess des Grundgesetzes hatten.
Das vierte Kapitel analysiert die Demokratiekonzepte der deutschen Politiker im Parlamentarischen Rat. Es werden die beiden Konzepte der sozialen Mehrheitsdemokratie und der konstitutionellen Demokratie vorgestellt und deren Relevanz für die Grundgesetzberatungen erläutert. Das fünfte Kapitel untersucht den Beratungsprozess des Grundgesetzes, indem es die Konsenspunkte und Konfliktpunkte in den Beratungen beleuchtet. Dabei werden die wichtigsten Themenfelder, wie Grundrechte, Regierungssystem, Föderalismus und Judikative, im Detail betrachtet. Das sechste Kapitel befasst sich mit offenen Fragen und liefert ein Zwischenfazit zum Beratungsprozess.
Schlüsselwörter
Parlamentarischer Rat, Grundgesetz, Bundesrepublik Deutschland, Westalliierte, Demokratie, Föderalismus, Grundrechte, Regierungssystem, Aushandlungsprozess, Konsens, Konflikt, Verfassungsprozess, Nachkriegsdeutschland, westliche Deutschlandpolitik, deutsche Politik, Konstitutionelle Demokratie, Soziale Mehrheitsdemokratie.
- Arbeit zitieren
- Kersten Mügge (Autor:in), 2003, Der Parlamentarische Rat und das Grundgesetz, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/18339