Die im Jahr 2004 bzw. 2007 der Europäischen Union (EU) beigetreten Länder haben sich verpflichtet, so bald wie möglich den Euro als Währung einzuführen. Die Mitgliedschaft in der Europäischen Währungsunion (EWU) ist mit der Erfüllung von auf der EU-Ebene definierten Kriterien verbunden. Der Zeitpunkt der Euroeinführung ist nicht vorgegeben und somit Gegenstand nationaler Entscheidungsprozesse. Schon beim Beitritt zur EU divergieren die nationalen Zeitpläne, was mit wirtschaftlichen Ausgangslagen und Kosten-Nutzen-Überlegungen erklärt werden kann. Bei der Umsetzung der Zeitpläne lassen sich ebenfalls unterschiedliche Geschwindigkeiten ausmachen. Einige Länder haben den Euro plangemäß eingeführt, bei der Mehrzahl kommt es jedoch zu Verzögerungen. Die Vermutung liegt nahe, dass die jeweilige Konstellation der an den Entscheidungen beteiligten Akteure Auswirkungen auf den Prozess der Euroeinführung hat.
Letzterer Zusammenhang ist Thema dieser Arbeit, in der ich die Entscheidungssysteme der mittel- und osteuropäischen Länder (MOE-Länder) in vergleichender Perspektive analysiere. Dabei greife ich auf die Vetospielertheorie zurück, die das Ausmaß von Machtteilung und inhaltlichen Distanzen zwischen den entscheidenden Akteuren zu den erzielten Politikergebnissen in Beziehung setzt. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass gesetzgeberische Handlungsspielräume in politischen Systemen mehr oder weniger stark begrenzt sind und dass in Abhängigkeit davon ein Politikwechsel mehr oder weniger wahrscheinlich wird. Die Frage, mit der ich mich in dieser Arbeit beschäftige, lautet also, inwieweit die unterschiedlichen Geschwindigkeiten bei der Euroeinführung in den MOE-Ländern durch die nationalen Bedingungen politischen Entscheidens erklärt werden können.
Bevor ich die Entscheidungssysteme, in denen Euroeinführungsstrategien entwickelt und umgesetzt werden, miteinander vergleiche, gehe ich kurz allgemein auf die Währungsunion als Form währungspolitischer Integration und speziell auf das Funktionieren der EWU ein. Anschließend führe ich mit den Vergleichskriterien für die Analyse der politischen Entscheidungssysteme zunächst die unabhängigen Variablen ein und gebe dann einen Überblick über die zu erklärenden, empirisch beobachtbaren Geschwindigkeiten der Euroeinführung in den MOE-Ländern.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Die Euroeinführung als Policy
- 2.1. Was ist eine Währungsunion?
- 2.2. Wie funktioniert die EWU?
- 3. Institutionen und Akteure – der Vergleich politischer Entscheidungssysteme
- 3.1. Institutionelle Aspekte: Machtverteilung
- 3.2. Kognitive Aspekte des Handelns: Policy-Distanzen
- 4. Die unterschiedlichen Geschwindigkeiten bei der Euroeinführung
- 5. Die nationalen Entscheidungssysteme im Vergleich
- 5.1. Die Machtverteilung in den Entscheidungssystemen
- 5.1.1. Die institutionellen Vetospieler
- 5.1.2. Die Regierung im Parlament
- 5.1.3. Expertise und Delegation: Zentralbank und Interessenvermittlungssystem
- 5.2. Die inhaltlichen Distanzen zwischen den Akteuren
- 6. Auswertung und Diskussion
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Euroeinführung in mittel- und osteuropäischen Ländern (MOE-Länder) im Kontext nationaler Entscheidungssysteme. Sie nutzt die Vetospielertheorie, um den Einfluss von Machtverteilung und inhaltlichen Distanzen zwischen Akteuren auf politische Ergebnisse zu analysieren. Das Ziel ist es zu klären, inwieweit nationale Bedingungen den Prozess der Euroeinführung beeinflussen.
- Einfluss nationaler Entscheidungssysteme auf die Euroeinführung
- Anwendung der Vetospielertheorie auf den Vergleich der MOE-Länder
- Analyse von Machtverteilung und Policy-Distanzen in den Entscheidungsprozessen
- Untersuchung der Rolle institutioneller Akteure (z.B. Zentralbank, Regierung, Parlament)
- Erklärung unterschiedlicher Geschwindigkeiten der Euroeinführung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung beschreibt den Kontext der Euroeinführung in den 2004 bzw. 2007 der EU beigetretenen mittel- und osteuropäischen Ländern. Sie betont die Verpflichtung zur Euroeinführung, die nationale Entscheidungsfreiheit bezüglich des Zeitpunkts und die beobachteten unterschiedlichen Einführungsgeschwindigkeiten. Die Arbeit fokussiert auf die Analyse der nationalen Entscheidungssysteme und deren Einfluss auf den Prozess mithilfe der Vetospielertheorie, wobei die Eurokrise als Hintergrund für die Relevanz der Thematik dient. Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach dem Zusammenhang zwischen nationalen Bedingungen und den unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Euroeinführung.
2. Die Euroeinführung als Policy: Dieses Kapitel beleuchtet zunächst den Begriff der Währungsunion, charakterisiert durch fixierte Wechselkurse, gemeinschaftliche Geldpolitik und ideale einheitliche Währung. Es diskutiert die Vorteile (geringere Transaktionskosten, höhere Preistransparenz) und die Kosten (Abgabe nationaler Entscheidungskompetenz) einer Währungsunion im Kontext der Theorie des optimalen Währungsraums (OCA). Anschließend analysiert es das Funktionieren der Europäischen Währungsunion (EWU), indem es die Konvergenzkriterien, die Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) und die Bedeutung haushaltspolitischer Disziplin und Lohnzurückhaltung für die Stabilität des Systems herausstellt. Schließlich werden potentielle Gefahren wie Vertrauensverlust auf den Finanzmärkten und nicht-produktivitätsgebundene Lohnzuwächse erörtert.
3. Institutionen und Akteure – der Vergleich politischer Entscheidungssysteme: Dieses Kapitel legt die Grundlage für den Vergleich der politischen Entscheidungssysteme in den MOE-Ländern. Es dürfte institutionelle Aspekte wie die Machtverteilung und kognitive Aspekte wie die Policy-Distanzen zwischen den Akteuren betrachten. Diese Aspekte bilden die Grundlage der folgenden vergleichenden Analyse der nationalen Entscheidungsprozesse zur Euroeinführung.
4. Die unterschiedlichen Geschwindigkeiten bei der Euroeinführung: Dieses Kapitel präsentiert einen Überblick über die empirisch beobachteten unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Euroeinführung in den MOE-Ländern. Es legt den empirischen Bezugsrahmen für die anschließende Analyse der nationalen Entscheidungssysteme und deren Einfluss auf die jeweilige Geschwindigkeit der Euro-Einführung.
5. Die nationalen Entscheidungssysteme im Vergleich: Dieser Abschnitt vergleicht die nationalen Entscheidungssysteme der MOE-Länder hinsichtlich der Machtverteilung (institutionelle Vetospieler, Rolle der Regierung und des Parlaments, Einfluss der Zentralbank und des Interessenvermittlungssystems) und der inhaltlichen Distanzen zwischen den Akteuren. Es dürfte die zuvor eingeführten Vergleichskriterien auf die einzelnen Länder anwenden und die Unterschiede in den Entscheidungsprozessen herausarbeiten.
Schlüsselwörter
Euroeinführung, mittel- und osteuropäische Länder, Entscheidungssysteme, Vetospielertheorie, Machtverteilung, Policy-Distanzen, Europäische Währungsunion (EWU), Europäische Zentralbank (EZB), Geldwertstabilität, Konvergenzkriterien, haushaltspolitische Disziplin, Lohnpolitik, ökonomische Integration.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: "Unterschiedliche Geschwindigkeiten der Euroeinführung in mittel- und osteuropäischen Ländern"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit untersucht die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Euroeinführung in mittel- und osteuropäischen Ländern (MOE-Länder) nach dem EU-Beitritt 2004 bzw. 2007. Sie analysiert, wie nationale Entscheidungssysteme diesen Prozess beeinflusst haben.
Welche Methode wird angewendet?
Die Arbeit verwendet die Vetospielertheorie, um den Einfluss von Machtverteilung und inhaltlichen Distanzen zwischen Akteuren auf die Geschwindigkeit der Euroeinführung zu analysieren. Es wird untersucht, wie institutionelle Gegebenheiten und politische Meinungsverschiedenheiten das Ergebnis beeinflusst haben.
Welche Forschungsfrage wird gestellt?
Die zentrale Forschungsfrage lautet: Inwieweit beeinflussen nationale Bedingungen den Prozess der Euroeinführung und erklären die unterschiedlichen Geschwindigkeiten?
Welche Akteure werden betrachtet?
Die Arbeit betrachtet verschiedene Akteure im Entscheidungsprozess, darunter die Regierung, das Parlament, die Zentralbank, und andere Interessenvertreter. Der Einfluss dieser Akteure auf die Entscheidungsfindung wird untersucht.
Welche Aspekte der Entscheidungssysteme werden verglichen?
Der Vergleich der nationalen Entscheidungssysteme konzentriert sich auf die Machtverteilung (institutionelle Vetospieler, Rolle der Regierung und des Parlaments, Einfluss der Zentralbank und des Interessenvermittlungssystems) und die inhaltlichen Distanzen zwischen den Akteuren.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit?
Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel: Einleitung, die Euroeinführung als Policy, Institutionen und Akteure, unterschiedliche Geschwindigkeiten der Euroeinführung, nationale Entscheidungssysteme im Vergleich, und Auswertung und Diskussion. Jedes Kapitel untersucht einen spezifischen Aspekt des Themas.
Was wird in der Einleitung behandelt?
Die Einleitung beschreibt den Kontext der Euroeinführung in den MOE-Ländern, die Verpflichtung zur Einführung, die nationale Entscheidungsfreiheit und die beobachteten unterschiedlichen Einführungsgeschwindigkeiten. Sie stellt die Forschungsfrage und den methodischen Ansatz vor.
Was wird im Kapitel "Euroeinführung als Policy" behandelt?
Dieses Kapitel erklärt den Begriff der Währungsunion, ihre Vor- und Nachteile, das Funktionieren der Europäischen Währungsunion (EWU), die Rolle der EZB und potentielle Gefahren für die Stabilität des Systems.
Was wird im Kapitel "Institutionen und Akteure" behandelt?
Dieses Kapitel legt die Grundlage für den Ländervergleich, indem es institutionelle Aspekte wie die Machtverteilung und kognitive Aspekte wie Policy-Distanzen zwischen Akteuren beschreibt.
Was wird im Kapitel "Unterschiedliche Geschwindigkeiten" behandelt?
Dieses Kapitel präsentiert einen empirischen Überblick über die unterschiedlichen Geschwindigkeiten der Euroeinführung in den MOE-Ländern.
Was wird im Kapitel "Nationale Entscheidungssysteme im Vergleich" behandelt?
Dieses Kapitel vergleicht die nationalen Entscheidungssysteme der MOE-Länder hinsichtlich der Machtverteilung und der inhaltlichen Distanzen zwischen den Akteuren.
Welche Schlüsselwörter sind relevant?
Wichtige Schlüsselwörter sind: Euroeinführung, mittel- und osteuropäische Länder, Entscheidungssysteme, Vetospielertheorie, Machtverteilung, Policy-Distanzen, EWU, EZB, Geldwertstabilität, Konvergenzkriterien, haushaltspolitische Disziplin, Lohnpolitik, ökonomische Integration.
- Quote paper
- Daniela Wolf-Mahn (Author), 2011, Die Euroeinführung in den mittel- und osteuropäischen Ländern, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/183514