Heidegger - Sein und Zeit: Stundenreflexionen


Hausarbeit, 2009

13 Seiten, Note: 1


Leseprobe

Inhalt

§§ 7 und 8

§§ 25 - 27

§§ 43 - 47

Quellenverzeichnis

§§ 7 und 8

In Paragraph sieben führt Heidegger seinen Phänomenologiebegriff anhand etymologischer Auslegungen der griechischen Termini φαινομενον (phainomenon) und λογος (logos) aus. Heidegger legt den Begriff lógos als „Rede“ aus; und noch im selben Absatz kritisiert er, dass „die vielfältigen und willkürlichen Interpretationen der nachkommenden Philosophie“ (S&Z, S.32) (nämlich der der antiken Philosophie folgende) die eigentliche Bedeutung von Rede ständig verdecken: Lógos wird „immer ausgelegt als Vernunft, Urteil, Begriff, Definition, Grund, Verhältnis“ (S&Z, S.32). Auch wenn man lógos mit „Aussage“ übersetzen würde, diese jedoch als Urteil verstehen würde, wäre laut Heidegger „mit dieser scheinbar rechtmäßigen Übersetzung die fundamentale Bedeutung doch verfehlt.“ (S&Z, S.32) Weiters schreibt Heidegger: „λογος als Rede besagt vielmehr soviel wie δηλοȣν, offenbar machen das, wovon in der Rede »die Rede« ist.“ (S&Z, S.32) Wenn der Rede immer schon das δηλοȣν vorausgeht, dann bedeutet das, dass das worüber in der Rede die Rede ist schon vorher offenbar sein muss. Dazu diskutierten wir im Proseminar ein Beispiel aus GA 45 um die „vierfach gegliederte Offenheit“ verständlich zu machen. Nämlich: Damit mir etwas als unverborgen erscheint, muss es sich zeigen (es muss offenbar sein). Aber auch ich muss offen sein, um das sich Zeigende wahrzunehmen; auch der Bereich, in dem es sich zeigt muss offen sein, sowie das sich Zeigende auch für andere offenbar sein muss. Heidegger versucht immer wieder auf diese ontologische Differenz hinzuweisen.

Heidegger zitiert nun Aristoteles, der die Funktion der Rede als αποφαινεζθαι beschrieb, und legt lógos als „Sehenlassen“ aus. Der lógos lässt etwas sehen, nämlich das wovon die Rede ist. Darüber hinaus kann der lógos etwas als wahr oder falsch sehenlassen. Lässt der lógos das, wovon die Rede ist entdecken, so ist der wahr; Heidegger nennt dieses Entdecken auch „aus seiner Verborgenheit herausnehmen“. (S&Z, S33) Verdeckt der lógos jedoch das, wovon die Rede ist, so ist er falsch. (Vgl. Luckner, S.25)

In GA 63 schreibt Heidegger außerdem: „«Sich-zeigen kann ein Aspekt sein, der sich durch Tradition so festgelegt hat, dass diese Uneigentlichkeit gar nicht mehr erkannt wird, sondern für das Eigentliche gehalten wird.“ (GA 63, S.75) Das bedeutet, dass man sich von festgelegten Traditionen über den lógos täuschen lässt. Heidegger unterstreicht hier ein weiteres Mal die Wichtigkeit der Destruktion, des stufenweisen Abbaus, philosophischer Traditionen. „Die Tradition der philosophischen Frage muss bis zu den Sachquellen zurückverfolgt werden. Die Tradition muss abgebaut werden.“ (GA 63, S.75) Aus Heideggers Übersetzung von lógos ergibt sich nun zusammen mit der Übersetzung von phainomenon (das „Sich-an-ihm-selbst-Zeigende“): „Das was sich zeigt, so wie es sich von ihm selbst her zeigt, von ihm selbst her sehen lassen.“ (S&Z, S.34) Das ist laut Heidegger die Aufgabe der Phänomenologie. Dieser Satz ist auch eine Anlehnung an Edmund Husserls Maxime: “Zu den Sachen selbst.“

Das heißt die Phänomenologie ist nicht als Wissenschaft wie zum Beispiel die Anthropologie oder die Biologie zu verstehen, vielmehr ist die Phänomenologie eine Methode der Erforschung der Gegenstände (des Seienden). Oder wie Heidegger es in Worte fasste: „Phänomenologie ist also ein ausgezeichnetes Wie der Forschung. Die Gegenstände kommen so zur Bestimmung, wie sie sich selbst geben.“ (GA 63, S.74) Deshalb bezeichnet Heidegger die Phänomenologie als die Methode der Fundamentalontologie; er geht sogar noch weiter und meint, dass Fundamentalontologie, als die Wissenschaft der Seinsweisen des Seienden, aus genau diesem Grund überhaupt nur als Phänomenologie möglich sei. (Vgl. Luckner, S.26) Nun stellt sich die Frage: Was soll sich zeigen? „Offenbar solches, was sich zunächst und zumeist gerade nicht zeigt,«“ (S&Z, S.35) Obwohl er das Kind nicht beim Namen nennt, wissen wir, dass Heidegger natürlich das „Sein“ beziehungsweise die Seinsweise des phänomenologisch erforschten Seienden meint. Die Frage nach dem „Sein“ muss am Seienden ansetzen, da sich ja nur das Seiende zeigt, nie das „Sein“ selbst. Wir müssen also „das Seiende, wovon die Rede ist, im λεγειν als aus seiner Verborgenheit herausnehmen und es als Unverborgenes sehen lassen, entdecken.“ (S&Z, S.33) Ich habe λεγειν so verstanden, dass es um ein Sammeln der „Idizien“, mit dessen Hilfe wir Rückschlüsse auf das „Sein“ ziehen können, geht.

Heidegger verbindet nun die Phänomenologie mit der Hermeneutik um sich in analytischer Weise an seine philosophischen Problemstellungen heranzutasten. Die Phänomenologie verfährt hermeneutisch, indem sie jenen Aspekt des Phänomens, welchen wir immer schon verstanden haben (sein Sein, wie es ist), auslegt. (Vgl. Luckner, S.27) Mit Hermeneutik meint Heidegger „im primären Sinn“ eine „Analytik der Existenzialität der Existenz“. (S&Z, S.38)

Zu guter Letzt gibt Heidegger (s)eine „Definition“ der Philosophie: „Philosophie ist universale phänomenologische Ontologie, ausgehend von der Hermeneutik des Daseins, die als Analytik der Existenz das Ende des Leitfadens alles philosophischen Fragens dort festgemacht hat, woraus es entspringt und wohin es zurückschlägt.“ (S&Z, S.38) Ich nehme mir diesen Satz nun Stück für Stück vor und versuche eine Interpretation zu geben: „Philosophie ist universale phänomenologische Ontologie“; also die Philosophie ist eine allgemeingültige (universale) das Seiende in seiner jeweiligen Seinsweise erforschende (phänomenologische) Wissenschaft von den Strukturen des Seienden (Ontologie).

Ä«ausgehend von der Hermeneutik des Daseins«“; das heißt der Ausgangspunkt ist die Auslegung (Hermeneutik) desjenigen Seienden, welches das Seinsverständnis hat (Dasein). „«als Analytik der Existenz das Ende des Leitfadens alles philosophischen Fragens dort festgemacht hat, woraus es entspringt und wohin es zurückschlägt.“ Die philosophische Analytik der Seinsweise des Daseins (Existenz) hat das Ende des Leitfadens alles philosophischen Fragens (Nach dem Sinn von „Sein“) dort festgemacht, woraus es (das Dasein?) entspringt und wohin es zurückschlägt.

Mit der Textpassage „«woraus es entspringt und wohin es zurückschlägt“ thematisiert Heidegger erneut die „Aufgespanntheit der Zeit“; meine Vergangenheit kommt aus der Zukunft auf mich zu.

Paragraph acht, das letzte Kapitel der Einleitung, beinhaltet lediglich eine Übersicht über den Inhalt des Fragment gebliebenen Werkes „Sein und Zeit“.

§§ 25 - 27

Heidegger beginnt das vierte Kapitel mit einer kurzen Einleitung zu den folgenden Paragraphen 25 - 27. Er weist darauf hin, dass in den vorhergehenden Paragraphen die Analyse der Weltlichkeit und der Welt das ganze Phänomen des In-der-Welt-seins ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückte. In diesem Kapitel möchte Heidegger nun die konstitutiven Momente des In-der-Welt-seins genauer betrachten. Heidegger hat in seiner ontologischen Interpretation der Welt zuerst das innerweltlich Zuhandene analysiert, da „das Dasein in seiner Alltäglichkeit, hinsichtlich derer es ständiges Thema bleibt, nicht nur überhaupt in einer Welt ist, sondern sich in einer vorherrschenden Seinsart zur Welt verhält.“ (S&Z, S.113) Eben diese „Seinsart des Aufgehens in der Welt und damit das zugrunde liegende In-Sein“ ((S&Z, S.113) bestimmen eben die Frage, welche Heidegger versucht in den folgenden Paragraphen zu beantworten: „Wer ist es, der in der Alltäglichkeit das Dasein ist?“ (S&Z, S.114) Heidegger skizziert nun den Weg, den er in seinen folgenden Ausführungen gehen wird, um die Frage nach diesem Wer zu beantworten: „Die Nachforschung«führt auf Strukturen des Daseins, die mit dem In-der-Welt-sein gleich ursprünglich sind: das Mitsein und das Mitdasein. In dieser Seinsart gründet der Modus des alltäglichen Selbstseins, dessen Explikation das sichtbar macht, was wir das ‚Subjekt‘ der Alltäglichkeit nennen dürfen, das Man.“ (S&Z, S.114)

Das alltägliche Dasein ist also kein selbständiges „Ich“, welches souverän über seine innerweltlichen Akte verfügt, sondern etwas Bewusstloses; Heidegger nennt es das Man. (Vgl. Luckner, S.54) Gleich zu Beginn des Paragraphen 25 verweist Heidegger auf Paragraph neun, in welchem er die Grundbestimmtheiten des Daseins bereits darlegte: „Dasein ist Seiendes, das je ich selbst bin, das Sein ist je meines.“(S&Z, S.114) Diese Bestimmung zeigt eine ontologische Verfasstheit an und „[«] enthält zugleich die ontische [«] Angabe, daß je ein Ich dieses Seiende ist und nicht Andere.“(S&Z, S.114) Das bedeutet, „das Wer beantwortet sich aus dem Ich selbst, dem ‚Subjekt‘, dem ‚selbst‘.“(S&Z, S.114) Wir dürfen jedoch nicht annehmen, dass die Antwort auf die Frage „Wer ist das Dasein?“ „das ‚selbst‘ des Daseins“ lautet; wir begingen einen „Existenzialienfehler“. Würden wir von einem Selbst, einem Ich oder einem Subjekt ausgehen, würden wir uns nicht mehr als Dasein, sondern als res cogitans verstehen, (Vgl. Luckner, S.54-55) welche, wie Heidegger bereits in Paragraph zwölf ausführte, kein Dasein, sondern ein Vorhandenes wäre.

Doch dürfen wir die Alltäglichkeit nicht aus den Augen verlieren, denn gerade das alltägliche Dasein soll betrachtet werden. Nun könnte es aber sein, „daß das Wer des alltäglichen Daseins gerade nicht je ich selbst bin.“(S&Z, S.115) Das heißt die Jemeinigkeit des Daseins ist zugleich die Ursache dafür, dass ich von mir entfremdet bin, denn ich bin ja nicht nur „da“, wenn ich mir gerade dessen bewusst bin. (Vgl. Luckner, S.55) Ich möchte nun diese beiden existenzialen Möglichkeiten des Daseins (das Ich-sein bzw. das Nicht-ich-sein) anhand eines Beispiels veranschaulichen: Während ich diese Stundenreflexion schreibe, lese ich Martin Heideggers Werk, denke über das Gelesene nach und mache mir Notizen. Ich bin gerade nicht-ich, denn der Fokus meiner Aufmerksamkeit liegt auf meiner Arbeit und nicht darauf, wie ich auf der Couch sitze und wie meine Hand den Stift führt, mit dem ich diese Zeilen schreibe. Das Nicht-ich-sein ist Selbstentfremdung im Vollzug; so zu sagen ein Modus der Anonymität. „Selbst zu sein und nicht selbst zu sein zeichnen sich also als grundlegende Möglichkeiten des Daseins ab.“ (Luckner, S.55)

Aus der Analyse des In-der-Welt-seins ging hervor, dass es kein „bloßes Subjekt ohne Welt“ (S&Z, S.116) gibt. Daraus schließt Heidegger nun: „Und so ist am Ende ebensowenig zunächst ein isoliertes Ich gegeben ohne die Anderen.“ (S&Z, S.116) Das bedeutet, dass das Dasein als In-der-Welt-sein immer schon auf die Anderen bezogen ist. Wenn wir also die Frage „Wer ist das Dasein?“ klären wollen, dann müssen wir uns zunächst mit der Frage „Wie ist das Dasein in Bezug auf die Anderen?“ auseinandersetzen. (Vgl. Luckner, S.56)

[...]

Ende der Leseprobe aus 13 Seiten

Details

Titel
Heidegger - Sein und Zeit: Stundenreflexionen
Hochschule
Universität Wien  (Institut für Philosophie)
Veranstaltung
LPS Martin Heidegger: Sein und Zeit
Note
1
Autor
Jahr
2009
Seiten
13
Katalognummer
V184018
ISBN (eBook)
9783656085164
ISBN (Buch)
9783656085409
Dateigröße
587 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
heidegger, martin, phänomenologie, sein, zeit, reflexion, einführung, kommentar
Arbeit zitieren
Evelyne Fröstl (Autor:in), 2009, Heidegger - Sein und Zeit: Stundenreflexionen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/184018

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