Im Wirtschaftsgeschehen gibt es Entscheidungen, die auf den ersten Blick ökonomisch unsinnig erscheinen, steuerlich jedoch profitabel sein können. Dieses Phänomen lässt sich für alle Steuerarten beobachten. Im Bereich der Körperschaftsteuer stellt der sog. „Mantelkauf“ ein besonderes Problem dar, welches durch das obenstehende Zitat trefflich beschrieben wird. Unter einem Mantelkauf versteht man die Möglichkeit, zahlungsunfähige Körperschaften, bildlich bezeichnet als „Mäntel“, die steuerliche Verlustvorträge haben, zu erwerben und die Verluste für eine andere Körperschaft zu nutzen, was letztlich doch finanziell profitabel sein kann. Ein solcher „Handel mit Verlustvorträgen“ kann als missbräuchlich angesehen werden, denn grds. ist der Verlust innerhalb der steuerlichen Sphäre der Körperschaft mit dieser verbunden. Weder die Finanzgerichte noch der Gesetzgeber haben es bisher geschafft, dieses Problem zufriedenstellend einzudämmen. Nachdem lange versucht worden war, diese Situation über die ständige Rspr. des BFH zu regeln, wurde § 8 IV KStG vom Gesetzgeber erlassen. Da dieser nur sehr schwer gehandhabt werden konnte, wurde er aufgehoben und durch § 8c ersetzt, um eine „einfachere und zielgenauere Verlustabzugsbeschränkung“ bei Anteilsübertragungen zu schaffen.
Im Rahmen dieser Untersuchung des § 8c wird zunächst seine historische Entwicklung aufgezeigt. Sodann wird die Norm in ihren Bestandteilen dargestellt und an problematischen Stellen detailliert analysiert. Da die Ausnahmen vom Verlustuntergang nach § 8c I 1 u. 2, die „Konzernklausel“ aus S. 5 und die „Stille-Reserven-Klausel“ aus S. 6 – 9, besonders viele praktische Probleme mit sich bringen, werden diese en détail in praktischen Anwendungsfällen induktiv charakterisiert und dargestellt. Auch die „Sanierungsklausel“ aus Abs. 1a wird wegen ihrer nicht lange zurückliegenden – streitbaren – Suspendierung durch die Europäische Kommission und ihrer besonderen Relevanz in Krisenzeiten, wie wir derzeit eine erleben, vertieft untersucht, insbesondere auch hinsichtlich ihrer angeblichen Europarechtswidrigkeit.
Bei der kritischen Würdigung bildet insbesondere die Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips durch § 8c und der daraus resultierende Konflikt mit Art. 3 I GG einen weiteren Schwerpunkt, aber auch weitere steuerrechtliche Prinzipien sowie Art. 14 GG und Art. 20 III GG werden behandelt. Abschließend wird die Untersuchung des § 8c in einem Resümee zusammengefasst und bewertet.
Inhaltsverzeichnis
- Abkürzungsverzeichnis
- Gliederung
- Der Untergang von Verlusten nach § 8c KStG und das objektive Nettoprinzip
- A. Einleitung
- B. § 8c KStG – Eine historisch-systematische Darstellung der Norm
- I. Rechtsentwicklung
- 1. Die Verlustnutzung
- 2. Die „Mantelkauf“-Problematik
- 3. § 8 IV KStG – Die Reaktion auf die Änderung der Rechtsprechung
- 4. Die Einführung und Weiterentwicklung des § 8c KStG
- II. Anwendungsbereich des § 8c KStG
- 1. Persönlicher und sachlicher Anwendungsbereich
- 2. Zeitlicher Anwendungsbereich gem. § 34 VIIb KStG
- III. Regelungsziel und Charakter des § 8c KStG
- IV. Regelungsinhalt und Bedeutung des § 8c KStG
- 1. Zusammenspiel von KStG und EStG
- 2. Abs. 1 S. 1-Quotaler Untergang nicht genutzter Verluste
- a) Zeitliche Voraussetzung
- b) Mittelbarer und unmittelbarer Beteiligungserwerb
- c) Quantitative Voraussetzung
- d) Gegenstand der Übertragung
- e) Erwerberkreis
- f) Die Übertragung als Form schädlichen Beteiligungserwerbs
- g) Der Ersatztatbestand des „vergleichbaren Sachverhalts“
- 3. Abs. 1 S. 2 - Vollständiger Untergang nicht genutzter Verluste
- 4. Die Rechtsfolge von Abs. 1 S. 1 u. 2
- 5. Abs. 1 S. 3- Die Erwerbergruppe mit gleichgerichteten Interessen
- 6. Abs. 1 S. 4-Bewertung einer Kapitalerhöhung
- 7. Abs. 1 S. 5-9 und Abs. 1a - Ausnahmen vom Verlustuntergang
- a) Die „Konzernklausel" aus Abs. 1 S. 5
- aa) Praktischer Anwendungsfall
- bb) Induktive Analyse von Abs. 1 S. 5
- cc) Lösung des praktischen Anwendungsfalls
- b) Die „Stille-Reserven-Klausel" aus Abs. 1 S. 6-9
- aa) Praktischer Anwendungsfall
- bb) Induktive Analyse von Abs. 1 S. 6–9
- cc) Lösung des praktischen Anwendungsfalls
- c) Die Sanierungsklausel aus Abs. 1a
- a) Die „Konzernklausel" aus Abs. 1 S. 5
- C. Bedenken hinsichtlich § 8c KStG – Eine kritische Würdigung
- I. Rechtspolitische Bedenken
- 1. § 8c KStG als „Wirtschaftsbremse“
- 2. Rechtsunsicherheit
- II. Verfassungsrechtliche Bedenken
- 1. Verstoß gegen Art. 3 I GG
- a) Konkretisierungen des Art. 3 I GG im Steuerrecht
- aa) Das Leistungsfähigkeitsprinzip
- bb) Das objektive Nettoprinzip
- (1) Inhalt des objektiven Nettoprinzips
- (2) Gesetzliche Verortung des objektiven Nettoprinzips
- cc) Das Folgerichtigkeitsprinzip
- dd) Das Trennungsprinzip
- b) Durchbrechungen verschiedener Prinzipien durch § 8c KStG
- aa) Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips
- bb) Durchbrechung des Trennungsprinzips
- cc) Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips
- dd) Durchbrechung des Folgerichtigkeitsprinzips
- c) Verfassungskonforme Auslegung
- d) Rechtfertigungsgründe
- a) Konkretisierungen des Art. 3 I GG im Steuerrecht
- 2. Verstoß gegen Art. 14 GG
- 3. Verstoß gegen Art. 20 III GG
- 1. Verstoß gegen Art. 3 I GG
- D. Auswertung der Untersuchung - Ein Resümee
- I. Rechtspolitische Bedenken
- Abkürzungsverzeichnis
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit befasst sich mit der rechtlichen Entwicklung und den verfassungsrechtlichen Bedenken des § 8c KStG, der den Untergang von Verlusten bei bestimmten Beteiligungserwerben regelt. Ziel ist es, die Norm historisch-systematisch darzustellen, ihren Anwendungsbereich zu erläutern und die damit verbundenen rechtspolitischen und verfassungsrechtlichen Probleme zu analysieren.
- Die historische Entwicklung des § 8c KStG und die damit verbundenen Rechtsprechungsänderungen
- Der Anwendungsbereich des § 8c KStG und die verschiedenen Ausnahmen von der Verlustuntergangsvorschrift
- Die rechtspolitischen Bedenken gegen den § 8c KStG, insbesondere die Kritik an der „Wirtschaftsbremse“ und der Rechtsunsicherheit
- Die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den § 8c KStG, insbesondere die Frage, ob die Norm gegen das objektive Nettoprinzip, das Leistungsfähigkeitsprinzip, das Trennungsprinzip oder das Folgerichtigkeitsprinzip verstößt
- Die Möglichkeiten einer verfassungskonformen Auslegung des § 8c KStG und die Rechtfertigungsgründe für die Norm
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Thematik des Verlustuntergangs nach § 8c KStG und das objektive Nettoprinzip vor. Sie skizziert die Relevanz der Thematik und die Zielsetzung der Arbeit.
Das Kapitel „§ 8c KStG – Eine historisch-systematische Darstellung der Norm“ beleuchtet die Entwicklung der Norm und die damit verbundenen Rechtsprechungsänderungen. Es werden die verschiedenen Phasen der Verlustnutzung, die „Mantelkauf“-Problematik und die Reaktion des Gesetzgebers durch die Einführung des § 8c KStG dargestellt. Der Anwendungsbereich des § 8c KStG wird im nächsten Kapitel erläutert. Hier werden der persönliche und sachliche Anwendungsbereich sowie der zeitliche Anwendungsbereich gem. § 34 VIIb KStG behandelt.
Das Kapitel „Regelungsziel und Charakter des § 8c KStG“ analysiert die Ziele und den Charakter der Norm. Es wird das Zusammenspiel von KStG und EStG sowie die verschiedenen Tatbestandsmerkmale des § 8c KStG erläutert. Die Ausnahmen vom Verlustuntergang, wie die „Konzernklausel“ und die „Stille-Reserven-Klausel“, werden ebenfalls behandelt.
Im Kapitel „Bedenken hinsichtlich § 8c KStG – Eine kritische Würdigung“ werden die rechtspolitischen und verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den § 8c KStG untersucht. Es werden die Kritik an der „Wirtschaftsbremse“, die Rechtsunsicherheit und die potenziellen Verstöße gegen verschiedene verfassungsrechtliche Prinzipien, wie das objektive Nettoprinzip, das Leistungsfähigkeitsprinzip, das Trennungsprinzip und das Folgerichtigkeitsprinzip, analysiert.
Das Kapitel „Auswertung der Untersuchung - Ein Resümee“ fasst die Ergebnisse der Arbeit zusammen und zieht ein Fazit zu den rechtlichen und verfassungsrechtlichen Problemen des § 8c KStG.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen den § 8c KStG, den Verlustuntergang, das objektive Nettoprinzip, die Beteiligungserwerbe, die Rechtsentwicklung, die Rechtspolitik, die Verfassungsmäßigkeit, das Leistungsfähigkeitsprinzip, das Trennungsprinzip, das Folgerichtigkeitsprinzip und die kritische Würdigung der Norm.
- I. Rechtsentwicklung
- Arbeit zitieren
- Georg Lorenz (Autor:in), 2011, Der Untergang von Verlusten nach § 8c KStG und das objektive Nettoprinzip, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/184089