Topikalisierung und Fokusmarkierung im Spanischen


Seminararbeit, 2011

21 Seiten, Note: 1


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Topik
2.1 Topikalische Phrasen
2.2 Topikalisierung

3 Fokus
3.1 Pragmatik
3.2 Semantik
3.3 Akzent und Wortstellung

4 Topik vs. Fokus

Literaturverzeichnis

1 Einleitung

Schon in der Antike hat sich Aristoteles (Gabriel 2007: 19) mit der Aufteilung des Sat- zes beschäftigt. Dennoch ist die Informationsstruktur ein relativ neuer Bereich der modernen Linguistik (Gabriel 2007: 19). Die Wissenschaft akzeptiert, dass Sätze einen weniger informativen Teil - das Topik - und einen informativeren Teil - der Fokus - besitzen (Casielles 2004: 15). Was allerdings ein Problem darstellt, ist die irreführende Terminologie, mit der man in Bezug auf die Informationsstruktur konfrontiert wird. Manchmal werden unterschiedliche Begriffe verwendet, die dasselbe bedeuten. Topik konkurriert unter anderem mit Thema, offene Proposition oder Hintergrund. Neben Fokus gibt es noch Kommentar, Rhema, etc. (Casielles 2004: 3). Zudem ist unklar, an welcher Stelle man den Satz trennen soll und um welche Art der Trennung (Kontinu- um/Dichotomie) es sich handelt. Einige dieser Dichotomien - topic-comment und The- ma-Rhema - trennen das Topik vom Rest des Satzes. Andere spalten den Fokus vom Rest des Satzes ab, der den Hintergrund kodiert (Casielles 2004: 15). In meiner Arbeit beschäftige ich mich mit den Grundbegriffen Topik und Fokus. Hierzu gehe ich den Fragen nach, wie Topik und Fokus im Spanischen realisiert wer-den. Ziel dieser Arbeit ist es, syntaktische, phonologische, pragmatische und semanti-sche Implikationen dieser Grundkonzepte zu spezifizieren.

Im Mittelpunkt des 2. Kapitel stehen die syntaktische Analyse des Topik und seine diskursbezogenen Merkmale. Darüber hinaus werde ich auf die Definition des Topik eingehen, da zahlreiche Definitionen zu diesem Begriff existieren. Im 3. Kapitel werde ich zuerst die Definition des Fokus von Krifka vorstellen, die sich von den Ansichten der Prager Schule unterscheidet. Die Definition von Krifka ist erforderlich, weil die Er- klärungen der Beispiele auf ihr basieren. Danach werde ich die Auswirkungen des Fo- kus auf die pragmatische und semantische Interpretation analysieren. Zu guter Letzt werde ich im Einzelnen darlegen, welche Einflüsse syntaktische und phonologische Merkmale auf die Wortstellung haben. Das letzte Kapitel fasst die Ergebnisse der Ar- beit zusammen.

2 Topik

Um die Definition des Topik besser verstehen zu können, werde ich zuerst das zugrun- de legende Kommunikationsmodell Common Ground (CG) erläutern, auf das sich Krifka (2006a: 1) bezieht. Mit CG (= Kontext) ist „das gemeinsame Wissen zwischen Sprecher und Adressat“ gemeint, das „durch eine Menge von Propositionen dargestellt“ wird (Krifka 2006b: 9). Der CG lässt sich in CG content und CG management weiter unterteilen. CG content besteht aus der Information, die im CG präsent ist (Krifka 2006a: 4-5). „Eine Assertion des Sprechers, die vom Adressaten akzeptiert wird, führt zu einer Anreiche- rung der Information des CG“ (Krifka 2006b: 9). CG management hingegen bezieht sich auf die Strategien, die genutzt werden, um den CG zu entwickeln. Es beinhaltet Infor- mationen über die offensichtlichen Kommunikationsinteressen und -ziele der Ge- sprächsteilnehmer (Krifka 2006a: 4).

Zunächst einmal gibt die Topik-Konstituente an, worum es im Satz geht. Über diese Topik-Konstituente, die der Sprecher als Entität identifiziert, wird dann etwas ausge- sagt. Demzufolge wird neue Information nicht einfach zum CG content in Form von un- strukturierten Propositionen hinzugefügt (Krifka 2006a: 30), „sondern die Propositio- nen sind gegliedert als Informationen über bestimmte Dinge“. Man kann das anhand von Karteikarten veranschaulichen. „Eine Karteikarte hat eine Überschrift [= Topik], auf der steht, worüber die Karteikarte Information liefert. Auf der Karteikarte steht dann die Information zu dem Gegenstand, der auf der Überschrift identifiziert wurde“ (Krifka 2006b: 9). Daraus ergibt sich folgende Definition (Krifka 2006a: 30-1): „The topic constituent identifies the entity or set of entities under which the information expressed in the comment constituent should be stored in the CG content“. Diese Definition umfasst die Option, einen Kommentar über ein „set of entities“ zu äußern. Zum Beispiel betrifft das Topik-Konstituenten, die mit Quantoren verknüpft sind. Quantoren drücken aus, bis zu welchem Grad der Kommentar für die Elemente der Menge (siehe Beispiel 21b) gilt (Krifka 2006a: 32).

Auch wenn die hier vorgestellte Definition des Topik nichts mit dem „Konzept der alten Information“ zu tun hat, ist es dennoch wichtig zwischen alter und neuer Infor- mation zu unterscheiden (Krifka 2006b: 19). In der Regel kommen nur gegebene Kon- stituenten als Topik in Frage. Als gegeben wird eine Konstituente bezeichnet, deren Bedeutung im CG content vorhanden ist. Hierbei sollte man beachten, bis zu welchem Grad eine Konstituente gegeben ist, zum Beispiel ob sie im Kontext maximal salient oder dort einfach nur gegeben ist oder ob sie überhaupt nicht vorkommt. Anhand von anaphorischen Ausdrücken kann man den Status einer Konstituente erkennen. Be- stimmte Artikel können verwendet werden, um anzuzeigen, dass eine Bedeutung im

Kontext gegeben ist, wohingegen Klitika und Pronomen normalerweise anzeigen, dass ihre Bedeutung im Kontext maximal salient ist. Unbestimmte Artikel markieren neue Konstituenten (Krifka 2006a: 26-27). Daraus kann man entnehmen, dass gegebene Konstituenten sich auf eine Diskursentität beziehen müssen1 (Casielles 2004: 27).

2.1 Topikalische Phrasen

In diesem Kapitel werde ich topikalische Elemente analysieren, die nicht syntaktisch versetzt werden. Dazu gehört unter anderem das Satztopik, das laut Casielles (2004: 54) folgende Merkmale hat: (a) es ist auf ein eindeutiges Element beschränkt; (b) es steht am Satzanfang (oft ein präverbales Subjekt); (c) es scheint sich auf Diskursrefe- renten zu beziehen; (d) es ist nicht unbedingt diskursalt (Kontext muss nicht vorhan- den sein); und (e) es muss nicht unbetont sein. Das folgende Beispiel zeigt ein Satzto- pik (Casielles 2004: 65):

(1) Los niños fueron al cine.

In diesem Beispiel kann man erkennen, dass das Subjekt präverbal ist. Daraus lässt sich schließen, dass Subjekte, die sich in Argumentposition befinden, topikalisch sind. Das Satztopik zeichnet sich zudem dadurch aus, dass es mit einem weiten Fokus ge- meinsam auftritt. In diesem Beispiel ermittelt man den weiten Fokus mit der Frage: Was haben die Kinder gemacht? (Casielles 2004: 65).

Topikalische Elemente können nicht nur durch overte Phrasen ausgedrückt wer- den, sondern auch durch eine Nullkategorie. Laut Taboada et al (2010: 1823) werden neue Elemente, nach dem sie in den Diskurs eingeführt wurden, bevorzugt als Prono- men weitergeführt. Das am häufigsten benutzte Pronomen im Spanischen, wenn es ei- nem Subjekt entspricht, ist das Nullpronomen2, gefolgt von Pronomen und Nominal- phrasen. Die Ergebnisse, zu denen Taboada et al (2010: 1826) in ihrer empirischen Stu- die gekommen sind, decken sich auch mit früherer Forschung. Und zwar wird die sali- enteste Entität durch den am wenigsten markierten, referenzierenden Ausdruck reali- siert. Die folgende Skala zeigt mögliche Entitäten, die im Spanischen als Topik in Frage kommen. Man kann erkennen, dass der Experiencer in psychologischen Prädikaten die salienteste Entität ist, auch wenn er nicht unbedingt ein Subjekt ist; und dass belebte, indirekte Objekte höher bewertet sind als direkte Objekte (Taboada et al 2010: 1818).

(2) Experiencer > Sub > Animate IOb > DOb > Other > Impersonal / Arbitrary Pronouns

Zwar wird das Topik im Spanischen die meiste Zeit über als Subjekt realisiert, je- doch gibt es auch Beispiele, in denen das Topik nicht mit dem Subjekt übereinstimmt. Im folgenden Beispiel beeinflusst Empathie die Rangliste der Entitäten im Spanischen. Hierzu erhält die Empathie Vorrang gegenüber der grammatikalischen Funktion. In (3b) ist „nada“ das Subjekt, aber die Sprecherin (me) topikalisch. Das Topik ist immer die Sprecherin im Segment, die sich darüber beschwert, dass seitdem sie umgezogen ist, die Post nicht ankommt.

(3) a. lo que pasa es que como me he cambiado de casa
b. no no me llega nada
c. y no se nada

Zusätzlich zu den anaphorischen Ausdrücken gibt es die Deakzentuierung, mit der man anzeigen kann, ob eine Konstituente gegeben ist. Sie steht für die Reduzierung der prosodischen Realisierung von Konstituenten, die im unmittelbaren Kontext gegeben sind (Krifka 2006a: 28). Dies wird im folgenden Beispiel verdeutlicht:

(4) Los padres LLEVARON a los niños al cine (no los recogieron).

Das lexikalische, direkte Objekt „a los niños“ befindet sich innerhalb der VP. Normalerweise ist es in Argumentposition nicht topikalisch, aber durch die Fokussierung des Verbs wird das DO deakzentuiert. Dieser Satz bedeutet somit: „Was die Eltern, die Kinder und das Kino angeht, brachten die Eltern sie dort hin (d.h. sie haben die Kinder nicht abgeholt)“. Laut Casielles (2004: 66) wird mit diesem Verfahren nicht nur das DO zum Topik, sondern auch „Los padres“ und „al cine“.

2.2 Topikalisierung

Der Hintergrund besitzt genau die entgegengesetzten Merkmale des Satztopik: (a) er ist nicht auf ein eindeutiges Element beschränkt; (b) Position im Satz ist egal; (c) er ist nicht auf Diskursreferenten beschränkt; (d) er ist notwendigerweise diskursalt und (e) er ist notwendigerweise unbetont. Zu diesem Typ gehören alle externen, topikalischen Elemente (Casielles 2004: 54).

Die Verschiebung von Objekten werde ich anhand eines Beispiels mit kontrastiven Topiks erklären. Das kontrastive Topik ist eine Kombination aus Topik und Fokus. Es erscheint in Ausdrücken, die einen weiteren Fokus außerhalb des kontrastiven Topik haben. Seine Funktion ist es, eine Fragestellung in Teilfragen aufzuspalten, deren Ant- worten zusammen den aktuellen Bedürfnissen der Gesprächspartner gerecht werden (Krifka 2006a: 34-35). Im Spanischen ist es üblich, dass multiple Fragen mit versetzten Objekten beantwortet werden, die als kontrastive Topiks interpretiert werden (Arregi 2003: 2):

(5) a. ¿A quién le diste qué regalo?

b.[A [JUAN]Fokus]Topik, le di [ la MOto ]Fokus,

y [a [PEdro]Fokus]Topik, le di [ el LIbro ]Fokus.

Jeder Satz in (5b) ist eine Teilantwort auf die Frage in (5a). Im ersten Satz von (5b) zeigt der Fokus auf „Juan“ eine Alternative zum Topik „a Juan“ an, nämlich „a Pedro“ (Krifka 2006a: 34). Das Haupttopik in (5b) könnte vielleicht der Sprecher sein, weil sein Refe- rent als Nullsubjekt realisiert wird. Dennoch stellen die IOe prototypische Topiks dar, da es sich um dritte Personen handelt und die als Nutznießer in einer Szene beteiligt oder die Hauptakteure einer Szene sind (Brunetti 2009b: 267).

[...]


1 Im Spanischen hingegen kann fast jede Kategorie am Satzanfang stehen, wenn sie als topikalisch be- trachtet wird. Jedoch beziehen sich nicht alle Phrasen in satzinitialer Position auf eine Diskursenti - tät: „Estudiando nunca está“ (Casielles 2004: 26-7).

2 Es sollte darauf hingewiesen werden, dass nur topikalische Subjekte weggelassen werden können und nicht fokussierte Subjekte (vgl. pro Llamé a Pedro vs. Lo llamé YO; Casielles 2004: 56).

Ende der Leseprobe aus 21 Seiten

Details

Titel
Topikalisierung und Fokusmarkierung im Spanischen
Hochschule
Ludwig-Maximilians-Universität München  (Institut für Romanische Philologie)
Veranstaltung
Spanische Syntax
Note
1
Autor
Jahr
2011
Seiten
21
Katalognummer
V184319
ISBN (eBook)
9783656091714
Dateigröße
500 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
topikalisierung, fokusmarkierung, spanischen
Arbeit zitieren
Angela Minosi (Autor:in), 2011, Topikalisierung und Fokusmarkierung im Spanischen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/184319

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