Methoden zur Identifikation und Bewertung von Trends

Überblick und Kategorisierung


Bachelorarbeit, 2009

93 Seiten, Note: 1,3


Leseprobe


Inhaltsverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

III. Tabellenverzeichnis

IV. Abkürzungsverzeichnis

1. Einleitung

2. Was ist ein Trend?

3. Systematisierung von Methoden

4. Methoden
4.1 Bibliometrie
4.1.1 Begriffliche Abgrenzung
4.1.2 Die bibliometrische Analyse
4.1.3 Die Zitationsrate und der Impact-Factor (IF)
4.1.4 Möglichkeiten der Bibliometrie
4.1.4.1 Beispiel: Kohlenstoffröhren
4.1.4.2 Exkurs
4.1.4.3 Beispiel: „Schneller Brüter“ und Bibliometrie
4.1.5 Eignung der Bibliometrie
4.2 Patentanalyse
4.2.1 Patente
4.2.2 Einführung in die Patentanalyse
4.2.2.1 Die qualitative Patentanalyse
4.2.2.2 Die quantitative Patentanalyse
4.2.3 Patentdatenbanken
4.2.4 Eignung der Patentanalyse
4.2.4.1 Eignung der qualitativen Patentanalyse
4.2.4.2 Eignung der quantitativen Patentanalyse
4.2.5 Beispiel: Patentanalyse in der Nanotechnologie
4.3 Technologielebenszyklusanalyse
4.3.1 Überblick
4.3.1.1 Modell von Ford und Ryan
4.3.1.2 Hype Cycle Modell von Gartner
4.3.1.3 S-Kurven-Konzept von McKinsey
4.3.1.4 Weitere Technologielebenszyklusmodelle
4.3.2 Eignung der Technologielebenszyklusanalyse
4.4 Delphi-Methode
4.4.1 Von der Expertenbefragung zur Delphi-Methode
4.4.2 Einführung in die Delphi-Methode
4.4.3 Die klassische Delphi-Befragung
4.4.4 Eignung der Delphi-Befragung
4.5 Szenariotechnik
4.5.1 Begrifflichkeit und Historie
4.5.2 Systematische entwickeln von Szenarien
4.5.3 Eignung der Szenariotechnik

5. Kategorisierung der Methoden
5.1 Eignung der Methoden zur Identifikation und Bewertung von Trends
5.2 Höhe der Ressourcenintensität der Methoden
5.2.1 Personelle Ressourcen
5.2.2 Zeitliche Ressourcen
5.2.3 Möglichkeiten der Durchführung
5.3 Perspektive der Methoden
5.4 Evaluationsmöglichkeit der Methoden
5.5 Breite des Anwendungsspektrums
5.6 Technologien

6. Aktuelle Entwicklungen

7. Fazit

V. Literaturverzeichnis

II. Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Anzahl der Begriffsnennungen festgestellt im Jahr 2000

Abbildung 2: grafische Übersicht der Disziplinen der Informetrie

Abbildung 3: Unterschiedlicher Einfluss verschiedener Wissenschaften

Abbildung 4: weltweite Publikationen im Bereich der Kohlenstoffforschung

Abbildung 5: Artikel je Millionen Einwohner (2001 - 2005)

Abbildung 6: Anzahl der publizierte Artikel in den USA

Abbildung 7: Entwicklung der Publikationsaktivitäten und des gleichenden Durchschnitts für das Thema "Schneller Brüter"

Abbildung 8: Zahl der nachgewiesenen Artikel zum Thema Bibliometrie

Abbildung 9: Zitationen nach Erscheinungsjahr

Abbildung 10: Zu- und Abnahme der Zitationen "schneller Brüter"

Abbildung 11: Zu- und Abnahme der Zitationen "Bibliometrie"

Abbildung 12: Patentanmeldungen in Deutschland (eigene Darstellung)

Abbildung 13: Beispiel für eine internationale Patentklassifizierung

Abbildung 14: Formen der Patentrecherche

Abbildung 15: Varianten der patentstatistischen Analyse (eigen Darstellung)

Abbildung 16: Branchenbezogene Effektivitätsbeurteilungen von Patenten und anderen Schutzmaßnahmen

Abbildung 17: Zeitlicher Verlauf der Patentanmeldungen in der Nanotechnologie

Abbildung 18: Technologielebenszyklus nach Ford und Ryan

Abbildung 19: Gartner Hype Cycle Modell

Abbildung 20: S-Kurven-Konzept von McKinsey

Abbildung 21: Die drei Phasen des Technologieverlaufs nach McKinsey

Abbildung 22: Technologielebenszyklus-Modell nach Arthur D. Little

Abbildung 23: Markt-, Technologie-, Produktlebenszyklus nach Ansoff

Abbildung 24: Szenariotrichter

Abbildung 25 (links): Die Schritte der Szenariotechnik nach von Reibnitz

Abbildung 26 (rechts): Sieben Phasen des Szenario- Managements

Abbildung 27: Drei Schritte der Szenarioentwicklung

Abbildung 28: Modell der Systemebenen und Einflussbereiche

Abbildung 29: Auswahl von Schlüsselfaktoren

Abbildung 30: Entwicklung der Publikationen, Patente und Umsätze bei Laserlichtquellen

Abbildung 31: Status quo in Unternehmen: Methoden der Zukunftsforschung die Anwendung finden

Abbildung 32: Zunahme der Bedeutung verschiedener Methoden in Zukunft

Abbildung 33: Überblick der ausgewählten Methoden (eigene Darstellung)

III. Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Kategorisierungsschema

Tabelle 2: Eignung der Methoden zur Identifikation und Bewertung von Trends

Tabelle 3: Ressourcenintensität der Methoden

Tabelle 4: Detailkategorisierung - personelle Ressourcen

Tabelle 5: Detailkategorisierung - zeitliche Ressourcen

Tabelle 6: Möglichkeiten der Durchführung

Tabelle 7: Perspektive der Methode

Tabelle 8: Evaluationsmöglichkeit der Methoden

Tabelle 9: Breite des Anwendungsspektrums

Tabelle 10: Technologiespektrum der Methoden

IV. Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Zusammenfassung

Die Zukunfts- und Trendforschung gewinnt immer mehr an Bedeutung. Neben einigen Dienstleister betreiben Think-Tanks großer Unternehmen selbst Zukunfts- und Trendforschung. Hierfür gibt eine große Bandbreite an verschiedenen Werkzeugen. Diese Arbeit soll einen Überblick über einige ausgewählte Methoden zur Identifikation und Bewertung von Trends schaffen. Nach deren Beschreibung wird eine Kategorisierung der Methoden vorgenommen. Das Ziel dieser Kategorisierung ist, dass sie einem Unternehmen als praktischer Entscheidungshilfe dienen kann.

Abstract

The study and research of future trends is becoming increasingly more important. It has grown to a degree of importance, at which major corporations have created their own think-tanks to study and predict future trends. Various kinds of methods and tools to support this research are available. The goal of this thesis is to provide an overview and rating of select methods of trend identification. Ultimately, this categorization should serve corporations as a practical tool and decision guidance.

1. Einleitung

Ein chinesisches Sprichwort sagt: “Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Mauern und die anderen Windmühlen.“

Die Welt und ihre Akteure sind fortwährenden Veränderungen ausgesetzt durch die sich ständig in Bewegung befindliche Welt. Jedoch sehen sich nicht nur Gesellschaft und Politik sondern auch die Wirtschaft mit einer veränderten Natur des Wandels konfrontiert. Ursache ist der Übergang vom industriellen Zeitalter zum postindustriellen wissensbasierenden Zeitalter1 und der stetig wachsenden Dynamik2 und Komplexität.3 In solch einer Wissensgesellschaft wird der Erfolg des Unternehmens entscheidend vom „Wissen“ determiniert. Damit einher geht auch die Notwendigkeit des Wissens über zukünftige Entwicklungen. Ein Unternehmen muss im Sinne von Ansoff früh die „schwachen Signale“4 der „überraschenden“ Veränderungen erkennen, denn nur dann kann ein Unternehmen dauerhaft erfolgreich sein. Auf das chinesische Sprichwort umgemünzt kann man provokant sagen: Nur die Unternehmen, die den Wind des Wandels wahrnehmen und ihn nutzen - also Windmühlen bauen - werden erfolgreich sein. Die anderen Unternehmen werden weniger oder gar nicht erfolgreich sein. Um erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen diese „Winde“ frühzeitig erkennen und ihr Umfeld ähnlich einer Wetterkarte ständig scannen. Dabei geht es, nicht nur um Großwetterlagen sondern vielmehr darum kleine Veränderungen bzw. Wandlungen aufzuspüren.

Um „schwache Signale" für Veränderungen feststellen zu können, gibt es verschiedene Werkzeuge, die Unternehmen verwenden können. „So kann das Neue, dass in die Welt kommt, innerhalb von Unternehmen besser wahrgenommen werden“5 und das Unternehmen kann sich somit geänderten Bedingungen früher anpassen als die Konkurrenz, woraus ein Wettbewerbsvorteil entstehen kann.6

Im Folgenden soll auf die unterschiedlichen Systematisierungen von Methoden eingegangen werden. Danach werden ausgewählte Methoden vorgestellt, mit Beispielen veranschaulicht und auf ihre Eignung zur Identifikation und Bewertung von Trends analysiert. Ziel ist es nicht nur die Methoden zu skizzieren und anschaulich zu beschreiben. Die abschließende Kategorisierung der ausgewählten Methoden soll dem Leser vielmehr als Entscheidungshilfe für oder gegen den Einsatz einer Methode dienen können.

2. Was ist ein Trend?

Das Wort Trend wird so vielseitig benutzt, dass vor einer Beschreibung von Methoden, die dienlich sein könnten, um Trends zu identifizieren und zu bewerten, zunächst einmal definiert werden muss, was ein Trend ist.

Von Trends wird in Börsennachrichten ebenso häufig geredet, wie in Modemagazinen oder auch in Computerzeitschriften darüber zu lesen ist. Es kann konstatiert werden, dass niemand am „Trend“ vorbei kommen kann. Doch was ist ein Trend? Pero Mićić hat aus vielfältiger Literatur und seiner praktischen Arbeit vier Verständnisbilder für den Begriff identifiziert und strukturiert7:

- Mathematisches Trend-Verständnis: Ein Trend ist eine Zeitreihe von Zahlen, die sich in eine klare Richtung entwicklen.
- Sozioökonomisches Trend-Verständnis: Ein Trend ist ein gerichteter Wandel des sozio-ökonomischen Umfelds, d.h. ein Trend entsteht durch das Zusammenkommen vieler Entscheidungen und Bewegungen zu Ereignissen und Entwicklungen in eine Richtung.
- Phänomenales Trend-Verständnis: Ein Trend ist ein neues Muster oder eine neue Kombination von Knoten in der mentalen Matrix der Gesellschaft.
- Populäres Trend-Verständnis: Ein Trend ist etwas Neues, dessen zukünftige Verbreitung man annimmt.

Die Trenddefinition, die die weitere Grundlage dieser Arbeit sein soll, ergibt sich aus dem Anspruch, dass die abschließende Kategorisierung dem Leser Nutzen stiften soll. Somit steht das Trendverständnis hinsichtlich dessen Wirksamkeit und greifbaren Nutzens8 im Mittelpunkt. Trends können dem sozioökonomischen Trendverständnis nach als beschreibbare „beobachtbare Entwicklungen [einer oder mehrerer Variablen] in eine vergleichsweise eindeutige Richtung“9 verstanden werden.

Die Identifizierung von Trends beschäftigt sich somit mit beobachtbaren Veränderungen eines Umfeldbereiches10. Die Bewertung von Trends beschäftigt sich hingegen mit der Frage, wie sich der Verlauf eines Trends in Zukunft entwickeln wird. Der prognostizierte zukünftige Verlauf des Trends ist folglich das Ergebnis einer Beurteilung von Trends.

3. Systematisierung von Methoden

Um ein besseres Verständnis für die verschiedenen Methoden zu bekommen, ist eine Einordnung der Methoden in ein System hilfreich. Eine solche Systematisierung der vielfältigen Methoden, schafft einen strukturierten Überblick und erleichtert damit die Methodenauswahl. Eine Vielzahl von Arbeiten haben versucht, die Methodenvielfalt der Zukunftsforschung zu systematisieren. Steinmüller11 hat hier innerhalb seiner Arbeit einen guten Literaturüberblick über Systematisierungsansätze geschaffen.

Im Folgenden soll jedoch von einer vollständigen Systematisierung der Methoden abgesehen werden und nur auf die Differenzierung in quantitative und qualitative Methoden eingegangen werden. Diese Differenzierung ist für den Umfang der ausgewählten Methoden ausreichend und ist hinreichend hilfreich in der Beurteilung der ausgewählten Methoden zur Identifikation und Bewertung von Trends.

Quantitative vs. Qualitative Methoden

Grundsätzlich lassen sich Methoden zu Identifikation von Trends in zwei Klassen unterteilen und zwar nach dem Grad der analytischen Absicherung12:

- Quantitative Methoden
- Qualitative Methoden

Die Grundlage der quantitativen Methoden ist die Anwendung von mathematischen und statistischen Methoden. Die Zeitreihenanalyse ist beispielsweise solch ein quantitatives Instrumentarium, welches auf der Basis von Vergangenheitswerten versucht die Zukunft zu „errechnen“ und so die zukünftige Entwicklung zu prognostizieren. Neben diesen auch als univariate Methoden bezeichnete Verfahren, die nur eine Variable - die Zeit - berücksichtigen, gibt es auch multivariate Verfahren. Diese Klasse von Methoden beziehen außer der Zeit auch andere Variablen mit ein. Diese Verfahren versuchen den „Entwicklungsverlauf erklärender Kausalfaktoren zu berücksichtigen“13, wie beispielsweise ökonomische Modelle.

Qualitative Verfahren prognostizieren die Zukunft mithilfe von qualitativen Methoden, wie Kreativität, Intuition, Vorstellungs- und Urteilskraft oder auch der Voraussicht von Experten. Diese Verfahren blenden die Entwicklung der Vergangenheit nicht aus und damit zwangsläufig auch nicht die quantitativen Methoden. Die Prognose von Trends kann gerade durch die subjektive Urteilskraft und den Eindruck eines Experten und sogar Laien völlig anderes aussehen.

Die Bedeutung qualitativer Methoden haben immer mehr zugenommen, da Märkte sich immer dynamischer entwickeln und dies Unternehmen dazu zwingt, sich ebenso schnell anzupassen. Gerade die voranschreitende technologische Entwicklung und die damit verbundenen Technologiesprünge erschweren eine Prognose allein auf Basis der quantitativen Methoden. Denn diese Methoden können die exogenen - manchmal nicht vorhersehbaren - Faktoren nicht berücksichtigen und „hinken“ zudem einer quantitative Analyse zeitlich quasi hinterher.

Es sei dennoch darauf hingewiesen, dass bei qualitativen Verfahren nicht gänzlich auf Zahlen verzichtet wird, denn einige Methoden streben explizit quantitative Bewertungen an, wie beispielsweise die Cross-Impact-Analyse oder die Relevanzbaumanalyse.14 Zudem können grundsätzlich auch mehrere Methoden, ob quantitative oder qualitative gemeinsam eingesetzt werden und so ein besseres Ergebnis erzielen.15 Der technologische Fortschritt der letzten 5-10 Jahre hat weiterhin dazu geführt, dass die Verarbeitung von digitalen Daten leichter geworden ist. Dies hat auch zu Neuentdeckung alter Methoden geführt, wie beispielweise die Bibliometrie.16

4. Methoden

In den folgenden Kapiteln sollen nun ausgewählte Methoden vorgestellt werden, die eingesetzt werden können, um Trends zu erkennen und zu bewerten. Zunächst soll jedoch dargestellt werden, wie sich die Auswahl der Methoden gestaltete.

Der erste Berührungspunkt mit Methoden der Trendidentifikation und -bewertung stellte das Studium dar, sodass es ein Anreiz war, eine genauere Analyse der im Studium vorgestellten Methoden in eine solche Arbeit mit aufzunehmen. Aus diesem Grund wurden die verschiedenen Konzepte im Bereich der Technologielebenszyklen und ihre Eignung Trends zu identifizieren und zu bewerten in diese Arbeit mit aufgenommen.

Eine generelle Orientierung hinsichtlich der Auswahl der Methoden boten jedoch die Ausführungen von Matthias Horx und Jan Oliver Schwarz.

Matthias Horx unterteilt in seinem Vorwort im Handbuch zur Trend- und Zukunftsforschung die Teildisziplinen der Trend- und Zukunftsforschung in fünf Kategorien:“

- Szenario-Technik: Das Entwickeln und strategische „Spiegeln“ möglicher Zukunftsverläufe.
- Delphi-Verfahren: Das Befragen von Expertenzirkeln über wahrscheinliche Entwicklungen.
- Trenddiagnose: Das Diagnostizieren, Definieren und Dokumentieren von
- Veränderungsbewegungen in Gesellschaft, Märkten und Marketing.
- Kontext-Analyse: Das analytische „Kontexting“ von Produkten, Strategien oder Firmenkonzepten im Rahmen von Trendanalysen.
- Trend-Innovating: Erzeugen von innovativen Konzepten mithilfe von Trendwissen.“17

Die Kontext-Analyse und das Trend-Innovating sind neue Konzepte und stecken erst in den Kinderschuhen.18 So wurden die Szenario-Technik und die Delphi-Methode als Methoden zur Trendidentifizierung und -bewertung ausgewählt, um diese auf ihre Eignung hin zu analysieren.

“The Future of Future Studies: A Delphi Study with a German Perspective” von Jan Oliver Schwarz (2006a) war eine weitere Orientierung. Schwarz unterteilte für seine Delphi-Studie die Werkzeuge zur Zukunftsforschung in sechs Kategorien19:

- Quantitative Forecasting
- Simulation and gaming
- Delphi technique
- Scenario technique
- Environmental scanning, trend monitoring, trend research, strategic early warning
- Creativity

Die Bibliometrie und die Patentanalyse sind dem Bereich des environmental scanning zuzuordnen. Die Auswahl der Methoden sollte auch diesen Bereich abdecken, der nach Einschätzung der Befragten in den Unternehmen, zukünftig am meisten an Bedeutung hinzugewinnen wird.20

Folgende Methoden sollen nun hinsichtlich ihrer Eignung zur Trendidentifizierung und -bewertung näher analysiert werden:

- Bibliometrie
- Patentanalyse
- Technologielebenszyklen
- Delphi-Methode
- Szenario-Technik

4.1 Bibliometrie

Bibliometrische Analysemethoden entstanden Anfang der 70er Jahre. Mathematiker, Informationswissenschaftler und Soziologen entwickelten ihrer Zeit mathematische Modelle in der Bibliometrie21. Jedoch verhalfen erst neue Technologien und eine veränderte Wissenschaftslandschaft Ende der 90er Jahre der Bibliometrie zum Durchbruch.22 Bibiometrische Daten waren nun digital verfügbar und die große Menge an Daten konnte nun mit Informationstechnologien adäquat verarbeitet und analysiert werden. Die Anforderungen an die Datenverarbeitung und -analyse sind sehr hoch, deren Ursache in der Menge der zu verarbeitenden Informationen begründet ist, denn zurzeit erscheinen jährlich ca. 10 Mio. Publikationen in 100.000 Zeitschriften.23 „Das Angebot an verwertbaren Inhalten ist hoch, die Anwendung wird aber immer schwieriger: Das Problem ist die Erfassung aller Inhalte durch potenzielle Nutzer.“24

Im Kontext von Bibliometrie werden auch die Begriffe Scientometrie, Informetrie und neuerdings auch Webometrie verwendet. Diese verschiedenen Begriffe sind verwandte Disziplinen, die sich jedoch teilweise überlappen und deren Abgrenzung somit nicht immer eineindeutig möglich ist.

Zunächst soll ein kurzer Überblick über die Begrifflichkeiten geschaffen werden. Im Anschluss werden zwei verbreitete Indikatoren vorgestellt und dann die Möglichkeiten der Bibliometrie zur Identifikation und Bewertung von Trends anhand zweier ausgewählter Beispiele veranschaulicht.

4.1.1 Begriffliche Abgrenzung

Die verschiedenen Bereiche und deren Begrifflichkeiten unterscheiden sich durch ihren Fokus bzw. durch deren Forschungsobjekt. Die mathematisch-statistischen Methoden und andere Techniken werden größtenteils in allen Bereichen angewendet.25

Die Informetrie ist auf Otto Nacke (1979) zurückzuführen, der Informetrie als Teilgebiet der Informationswissenschaft angelegt hatte. Heute kann man festhalten, dass Informetrie als allgemeinster Begriff zu verstehen ist und die Begriffe Bibliometrie, Scientometrie und auch die Webometrie vereint.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Anzahl der Begriffsnennungen festgestellt im Jahr 200026

Hood et. al konstatieren, dass die Anwender jenen Begriff verwenden werden, dem sie sich und ihre Arbeit am nächsten fühlen.27 Dies verdeutlicht nochmals, dass eine genaue Abgrenzung der einzelnen Begriffe nicht immer möglich ist. Zudem gehen Hood et. al davon aus, dass im besonderen Wissenschaftler anderer Disziplinen, das gebräuchlichste Wort, Bibliometrie verwenden werden28, ohne weiter zu differenzieren. Eine Untersuchung im Jahr 2000 hat gezeigt, dass der Begriff Bibliometrie bei Publikationen am meisten verwendet wird (vgl. Abbildung 1).

Die Scientometrie geht auf die russischen Wissenschaftler V. V. Nalimov und Z. M. Mulchenko zurück und deren russischer Begriff „naukometriya“. Das gleichnamige Buch wurde 1969 veröffentlicht und bedeutet übersetzt „Wissenswissenschaft“. Im Fokus der Scientometrie steht nicht nur die Analyse von Publikationen sondern „the quantitive study of science and technology“29 „[because] there is more to science and technology for scientomentircians to measure and analyze than its literature“30. Die Scientometrie grenzt sich damit von der Bibliometrie insofern ab, dass die Entstehung, Verbreitung und Benutzung wissenschaftlicher Informationen quantitative analysiert wird, um ein besseres Verständnis über die Mechanismen wissenschaftlicher Forschung als soziale Aktivität zu erlangen31. Mit der Gründung der Zeitschrift "Scientometrics" durch den Ungarn Tibor Braun hat dieser Bereich der Wissenschaft eine institutionalisierte Plattform erhalten und hat dazu geführt, dass der Begriff heute weit verbreitet ist.

Der Begriff Bibliometrie ist Teil der Scientometrie und wurde durch A. Pritchard im Jahr 1969 geprägt, der Bibliometrie als „Anwendung mathematischer und statistischer Methoden auf Bücher und andere Medien der wissenschaftlichen Kommunikation“32 definierte. Der Fokus liegt auf der quantitativen Auswertung von Büchern, Zeitschriften und anderer Informationsquellen. Eine Teildisziplin der Bibliometrie ist die Zitatanalyse mit Hilfe von Zitatindizes. Solche Zitatindizes wurden im Bereich der Rechtswissenschaften schon im 18. Jahrhundert angelegt und deren Analyse schon Anfang des 19. Jahrhunderts.33 Die Ursprünge der Bibliometrie sind also schon sehr alt. Erst Anfang der 90er wurde die Bibliometrie durch den informationstechnologischen Fortschritt wieder entdeckt. Ohne die heutigen technischen Möglichkeiten könnte eine Analyse und Verarbeitung der zunehmenden Zahl wissenschaftlicher Publikation nicht erfolgen.

Die Webometrie34 ist eine relativ neue Wissenschaft, deren Fokus in der Anwendung informetrischer Methoden auf das World Wide Web ist. Die Ersten, die diese Disziplin formulierten, waren Almind und Ingwersen (1997). Die Analyseobjekte dieser Disziplin wurden von Björneborn (2004) wie folgt aufgelistet35:

- web page content analysis
- web link structure analysis
- web usage analysis (e.g. log files of users’ searching and browsing behavior)
- web technology analysis (including search engine performance)

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: grafische Übersicht der Disziplinen der Informetrie36

In der Literatur werden die abgehandelten Begriffe und deren Disziplinen vielfältiger abgegrenzt, als es hier in Gänze beschrieben werden kann, und soll hier nicht weiter Gegenstand der Arbeit sein. Die Abbildung 2 schafft grafisch einen zusammenfassenden Überblick. Eine ausführliche Literaturanalyse der verschiedenen Begrifflichkeiten haben Hood et. al (2001) durchgeführt.

4.1.2 Die bibliometrische Analyse

Grundsätzlich kann die bibliometrische Analyse in die qualitative Analyse und die quantitative Analyse getrennt werden.

Die qualitative Analyse kann durch die im vorherigen Kapitel beschriebene Menge an Publikationen kaum im größeren Maßstab erfolgen. Sie kann aber durchaus zur Evaluierung der quantitativen Analyse herangezogen werden. Die qualitative Methode wird vorwiegend im Bereich, der wissenschaftliche Begutachtung (peer review) eingesetzt, die von Experten durchgeführt wird. Vor der Veröffentlichung einer Publikation wird diese durch Experten analysiert. Nur Artikel, die von den Experten zur Veröffentlichung freigegeben werden erscheinen in den „reviewten Zeitschriften“. Diese Methode soll aber hier nicht weiter behandelt werden.

Zunächst sollen nun die geläufigsten quantitativen Indikatoren, die Zitationsrate und der Impact Factor (IF) und beispielhafte Anwendungsbereiche vorgestellt werden. Dann soll gezeigt werden, welche weiteren Erkenntnisse durch eine bibliometrische Analyse erlangt werden können und inwieweit die bibliometrische Analyse zur Trendidentifikation und -bewertung eingesetzt werden kann.

4.1.3 Die Zitationsrate und der Impact-Factor (IF)

Die im folgenden beschriebenen Indikatoren, die je nach Fragestellung sehr individuell angepasst werden können, sollen die Vielzahl an Indikatoren repräsentieren. Meist müssen bei der bibliometrischen Analyse auch mehrere Indikatoren herangezogen werden, um gestellte Fragestellungen adäquat zu beantworten.

Die Zitationsrate, auch CCP (number of citations received per publication) genannt, ist ein Maß, welches darüber Auskunft gibt, wie häufig ein Artikel durchschnittliche zitiert wurde. Dies ist eine sehr einfache Darstellung der Resonanz von Veröffentlichungen.37 Der Vergleich der Zitationsrate, von unterschiedlichen Disziplinen der Wissenschaft ist sehr schwer, da das Publikationsverhalten mehr oder weniger stark ausgeprägt ist.38 Um diesem Problem zu begegnen, kann der CCPf eingesetzt werden, „the number of citations per publication normalized by traditional science areas.“39

Die Zitationsrate als einfache Kennzahl ist gerade in der heutigen Zeit problematisch zu sehen, denn Publikationszahlen werden heute nicht nur als Indikator zur Evaluation der Forschung eingesetzt sondern auch im Bereich der leitungsorientierten Mittelvergabe in Wissenschaft und Forschung40. Die Konsequenzen einer solchen Evaluation können drastisch ausfallen, bis hin zur Schließung ganzer Forschungseinrichtungen.41 Der ironische Satz „Publish or perish! (Veröffentliche oder verende!)“42 zeigt recht deutlich die Abhängigkeit der Forschung von den Publikationszahlen. Es wundert somit nicht, dass die Anzahl der Publikationen jährlich steigt und „Publikationsstrategien“ wie Salami- oder Mehrfachpublikationen und Koautorenschaft zunehmen43. Einen Überblick über diese und weitere Einflüsse auf die Zitationsrate bieten Jokic/Ball und Havemann, sollen aber hier nicht weiter behandelt werden. Die „Publikationsstrategien“ und die verschiedenen Einflüsse sollten aber bei der Durchführung einer bibliometrischen Analyse bekannt sein, um die Analyse vielleicht im Anschluss qualitative zu bewerten.

Eine Möglichkeit um „Publikationsstrategien“ vorzubeugen, ist beispielsweise die Gewichtung von Zeitschriften hinsichtlich ihrer Reputation. Eine Möglichkeit die Reputation zu schätzen bildet der Impact-Factor.

Der Impact-Factor (IF) ist „ein Maß für die Anzahl der Artikel, die eine Journal in zwei aufeinanderfolgenden Jahren veröffentlicht hat (Publikationsfenster) und die Anzahl der Zitationen dieser Artikel im Folgejahr.“44 Ein IF von 10 würde bedeuten, dass jeder Artikel der untersuchten Zeitschrift im betrachteten Zeitraum im darauffolgenden Jahr durchschnittlich 10mal zitiert wurde.

Aufgrund der Menge von Zeitschriften ist es nicht trivial festzustellen, welche Zeitschriften aufgrund ihres Informationsgehaltes wichtig und relevant sind. Mithilfe des Impact-Factors ist nun ein Vergleich von Zeitschriften und deren Informationsgehalt möglich.

Der Impact-Factor konnt erst mit dem Aufbau der Zitatendatenbank SCI (Science Citation Index) durch das Institut for Scientific Information (ISI) im Jahr 1960 erstmalig genutzt, obwohl das Problem schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts präsent war. Eugene Garfield stellte seine Idee schon im Jahr 1955 vor und definierte 1960 den Indikator mit dem Ziel, den Auswahlprozess von Zeitschriften zur Aufnahme in die SCI-Datenbank zu vereinfachen.45 Der Impact-Factor, basierend auf der SCI-Datenbank (ISI-Impact-Factor), kann jährlich dem Journal Citation Reports (JCR) entnommen werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 3: Unterschiedlicher Einfluss verschiedener Wissenschaften46

Neben dem Impact-Factor nach Garfield gibt es noch weitere Varianten, die hier aber nicht näher behandelt werden sollen. Gründe für weitere Varianten des Impact-Factors sind in der Kritik am ISI-Impact-Factor begründet. Häufig wird der sehr geringe betrachtete Zeitraum bemängelt, sodass beispielsweise neuere Zeitschriften (jünger als drei Jahre) nicht berücksichtigt werden können. Auch Disziplinen mit längeren Verwertungszyklen für Informationen, wie beispielsweise Mathematik oder Geisteswissenschaften sind systembedingt benachteiligt.47 Dieses Ungleichgewicht wird anhand der Abbildung 3 noch deutlicher, denn schon die absolute Anzahl an Zitaten je Artikel, wie beispielsweise im Bereich der Mathematik ist wesentlich geringer als bei anderen Wissenschaften. Daraus ergibt sich auch ein geringerer Einfluss der Veröffentlichungen und der Zeitschriften in denen publiziert worden ist.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Behandlung von Notes, Editorials, Letters, News und Konferenzzusammenfassungen, bei denen es sich eigentlich um nicht zitierbare Quellenartikel handelt. Dieses Thema wird sehr kontrovers diskutiert. Es gibt verschiedene Studien, die gezeigt haben, dass diese Quellen häufig zitiert werden und damit doch Auswirkungen auf den Impact-Factor haben, obwohl die Datenbankbeschreibung von JCR dies ausschließt.48 Ein weiterer Kritikpunkt ist der Ausschluss von Büchern, Buchbeiträgen und graue Literatur.49

Damit ist die Kritik jedoch nicht am Ende, kann hier aber nicht weiter ausgeführt werden. Die beiden erwähnten kritischen Punkte sollen nur dahin gehend sensibilisieren, dass bei der Bildung und vor allem bei der Verwendung von Indikatoren nicht vergessen werden sollte, welche Annahmen getroffen wurden und welche Kriterien bei der Nutzung von Datenbanken zu beachten sind, da diese als gegeben Rahmenbedingungen bei der Analyse nicht beeinflusst werden können.

Ein Problem, dass nicht in der Methodik begründet ist, ist die quasi Monopolstellung des Science Citation Index. Der SCI ist zurzeit die einzige multidisziplinäre Datenbank in dieser Form.50 Neue Konkurrenten sind das kostenpflichtige Angebot von Scopus (http://info.scopus.com/) und die kostenlose Zitierdatenbank Google-Scholar (http://scholar.google.de/). Fraglich ist, inwieweit sich diese Konkurrenzprodukte etablieren werden.

4.1.4 Möglichkeiten der Bibliometrie

Die Zunahme von Publikationen in allen Wissenschaftsbereichen und der technologische Fortschritt ermöglichen eine schnellere und adäquatere Aufbereitung und Analyse der Datenmenge. Die damit neuen Rahmenbedingungen haben zu einer Wiederentdeckung der Bibliometrie geführt51, sodass die Bibliometrie einen Beitrag zur Trendidentifikation und -bewertung liefern könnte.

Die Bibliometrie ist in der Lage auf der Basis von Indikatoren, wie sie im Kapitel zuvor angesprochen wurden, mit vertretbarem Arbeitsaufwand aussagekräftige Ergebnisse hinsichtlich drei Perspektiven zu liefern52:

- Vergangenheitsorientierung: Wie hat sich die Zahl der Veröffentlichungen über einen bestimmten Zeitraum entwickelt?
- Gegenwartsorientierung: Wie wurden diese Artikel zitiert?
- Zukunftsorientierung: Gab es bei den Publikationszahlen / Zitierungen große Zuwächse oder Einbrüche?

Speziell der letzte Punkt ist sehr interessant. Deshalb soll im Folgenden an zwei ausgewählten Beispielen gezeigt werden, dass die statistische Auswertung von wissenschaftlichen Publikationen Hinweise auf zukünftige Entwicklungen geben könnten, obwohl die Analyse auf vergangenheitsorientierten und im besten Fall auf gegenwärtigen bibliometrischen Daten aufbaut.53 54

4.1.4.1 Beispiel: Kohlenstoffröhren

Mittermaier et al. haben das Forschungsthema Kohlenstoffröhren auf der Datenbasis der SCI-Datenbank einer bibliometrischen Analyse unterzogen.55 Anhand der Abbildung 4 ist gut zu erkennen, dass es Anfang der 90er Jahre zu einem starken Anstieg von Publikationen zum Thema Fullerene56 kam. Die Anzahl der Veröffentlichungen erreichte seinen Höhepunkt im Jahr 1997 und pendelte sich im Bereich von 1900 Publikationen weltweit ein. Nach der Entdeckung der Kohlenstoffröhrchen (CNT57 ), die die Fullerenforschung erst ermöglicht hatte, nahm auch die Anzahl der Publikation in diesem Bereich ab 1994 stetig zu. Der Fokus verschob sich im Bereich der Nanotechnologie und Nanoelektronik von der Grundlagenforschung in Richtung der Anwendungsforschung.58 Die Grafik zeigt, dass die absolute Anzahl der Veröffentlichungen wesentlich größer ist, sobald die Forschung anwendungsbezogener wird.59

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: weltweite Publikationen im Bereich der Kohlenstoffforschung60

Es kann festgehalten werden, dass der Trend im Bereich der Grundlagenforschung Fullerene eher stagnierend ist, solange es nicht zu fundamentalen neueren Forschungsergebnissen kommt. Es ist anzunehmen, dass der Trend im Bereich der Kohlenstoffröhrchen anhält, sodass zunächst noch eine Steigerung der Veröffentlichungen zu erwarten ist, bis die wissenschaftliche Entwicklung ausgereizt ist.61

4.1.4.2 Exkurs

An diesem Beispiel, das prinzipiell zwei aufeinander aufbauende Forschungsthemen behandelt, lässt sich gut erkennen, dass der Anstieg in den ersten Jahren der Forschung stark ansteigt und dann abflacht (nur Fullerenforschung). Interessant wäre, ob Analogien über sehr viele Forschungsgebiete erstellt werden können, sodass statistische Frühindikatoren gebildet werden könnten.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Artikel je Millionen Einwohner (2001 - 2005)62

Eine weitere Aufbereitung der Daten ist der Abbildung 5 zu entnehmen, die die gesamte Anzahl der Veröffentlichung ins Verhältnis zur Einwohnerzahl setzt. In absoluten Zahlen lagen die USA mit 7990 Artikeln zwar vorne, aber im Verhältnis zur Einwohnerzahl sind die USA nur auf Platz 14.63 Interessant wäre hier ein Vergleich von Zu- und Abnahme je Jahr und Staat, sodass auch Trends in verschiedenen Staaten und deren Entwicklung im Verhältnis zueinander erkennbar sind. So könnte in einigen Jahren nicht nur die Förderung der Forschung im Bereich der Kohlenstoffröhrchen durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)64 evaluiert werden, sondern es könnte auch festgestellt werden, ob Deutschland im internationalen Vergleich aufholen konnte.

4.1.4.3 Beispiel: „Schneller Brüter“ und Bibliometrie

Das Beispiel zum Thema „Kohlenstoffröhrchen“ hat gezeigt, wie die Bibliometrie zur Identifikation und auch zur Bewertung von Trends herangezogen werden kann. Die nun folgenden Beispiele zu den wissenschaftlichen Themen des „Schnellen Brüters (fast breeder)“ und der „Bibliometrie“ sollen nun nochmals die Möglichkeiten der bibliometrischen Analyse aufzeigen. Im Vergleich zum vorherigen Beispiel sollen auch andere Facetten der bibliometrischen Analyse beleuchten werden und zeigen, wie durch eine unterschiedliche Verarbeitung der Daten eine Trendaussage getroffen werden kann. Die Ausführungen beschreiben die Analyseform von Ball/Tunger65, deren Methode sich in drei Stufen unterteilt66:

1. Analyse der zeitlichen Entwicklung der Veröffentlichungen
2. Analyse der Zitationen nach Erscheinungsjahr
3. Analyse der zeitlichen Entwicklung der Zu- und Abnahmen der Zitationen

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 6: Anzahl der publizierte Artikel in den USA67

1. Analyse der zeitlichen Entwicklung der Veröffentlichungen

Zunächst wird die zeitliche Entwicklung der Veröffentlichungen betrachtet. Die Abbildung 6 zeigt den Verlauf der Veröffentlichungen zum Thema „Schneller Brüter“ von ausschließlich in den USA publizierter Veröffentlichungen von 1963 bis 2003. Die Datengrundlage bilden die in Kapitel 4.1.3 erwähnte SCI-Datenbank und die Inspec- Datenbank.68 Dem Verlauf nach zu urteilen kann davon ausgegangen werden, dass der Trend anhält und sich auf dem Niveau von 2003 hält und sich sogar weitere der 0 annähern wird. Bekräftigt wird der prognostizierte Trend, wenn man den Verlauf der Publikationen zum Thema „Schneller Brüter“ mit allen Publikationen in der SCI- Datenbank vergleicht und zusätzlich den gleitenden Durchschnitt69 zum Vergleich hinzuzieht. Die Abbildung 7 zeigt nun deutlich, dass sich die Zahl der Veröffentlichungen zum Thema „schneller Brüter“ stets unter dem gleitenden Durchschnitt befinden und eine abnehmende Entwicklung festzustellen ist.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 7: Entwicklung der Publikationsaktivitäten und des gleichenden Durchschnitts für das Thema "Schneller Brüter"70

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 8: Zahl der nachgewiesenen Artikel zum Thema Bibliometrie71

Die Abbildung 8 zum Thema Bibliometrie zeigt, wie sich die Publikationen seit 1963 entwickeln. Man kann seit Anfang der 90er Jahre eine steigende Anzahl von Publikationen feststellen, sodass von einem Trend die Rede sein kann. Zudem kann aus der Sicht des Jahres 2003, indem die Analyse durchgeführt wurde, eine Trendbewertung erfolgen. Die konstante Zunahme der Publikationen seit Mitte der 90er Jahre lässt den Schluss zu, dass das Interesse der Wissenschaft an diesem Thema nicht kurzfristig war, sondern dass es sich darüber hinaus um einen nachhaltig andauernden Trend handelt.

2. Analyse der Zitationen nach Erscheinungsjahr

Die Abbildung 9 zeigt nun die Zitationen nach Erscheinungsjahr der zitierten Publikationen. Durch diese Form der Analyse der Zitationen lässt sich feststellen, in welchen Jahren die wichtigsten Erkenntnisse der wissenschaftlichen Disziplin gewonnen wurden. Dieser Indikator kann dann helfen, eine Trendaussage zu treffen.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 9: Zitationen nach Erscheinungsjahr72

Wenn man den Verlauf bezüglich der Thematik „schneller Brüter“ anschaut, so kann man erkennen, dass Publikationen aus den dem Jahr 1977 am meisten zitiert wurden und Veröffentlichungen ab Mitte der 90er Jahre kaum zitiert wurden. Aus diesem Grund kann geschlossen werden, dass die grundlegenden Erkenntnisse in diesem Bereich schon gemacht wurden.

Im Vergleich dazu sieht man, dass im Bereich „Bibliometrie“ vor allem Publikationen seit Mitte der 90er Jahre zitiert wurden. Dies impliziert, dass gerade in der jüngeren Vergangenheit neuer Erkenntnisse gewonnen wurden. „Zusammen mit der steigenden Anzahl an Zitationen und Publikationen lässt sich .. hier steigendes Interesse feststellen, beispielsweise an den Ergebnissen und Methoden.“73

[...]


1 Vgl. Horx (2003), S. 3.

2 Schon 1969 spricht Drucker von einem Zeitalter der Diskontinuität, dem „Age of Discontinuity“, siehe dazu näheres in Kapitel 4.3.1.3.

3 Vgl. Schwarz (2009), S. 245.

4 Vgl. Ansoff (1984), S. 22 ff.

5 Horx (2003), S. 3.

6 Vgl. Geldmann (2007), S. 135.

7 Vgl. Mićić (2006), S. 71 ff.

8 Vgl. Mićić (2006), S. 71 ff.

9 Mićić (2006), S. 73.

10 Vgl. Mićić (2006), S. 73.

11 Vgl. Steinmüller (1997), S. 28 ff.

12 Vgl. Wolfrum (1991), S. 137.

13 Wolfrum (1991), S. 138.

14 Diese können hier nicht näher erläutert werden, siehe dazu Corsten (2006), S. 305 ff.

15 Vgl. hierzu die Ausführungen im Kapitel 7.

16 Vgl. hierzu Kapital 4.1.

17 Horx (2003), S. 4.

18 Vgl. Horx (2003), S. 4.

19 Schwarz (2008), S. 310.

20 Vgl. Schwarz (2008), S. 310.

21 Vgl. Ball/Tunger (2005), S. 11.

22 Vgl. Ball/Tunger (2005), S. 11.

23 Vgl. Umstätter (2004), S. 237.

24 Tunger (2007), S. 235.

25 Vgl. Jokic/Ball (2006), S. 15.

26 Vgl. Hood/ Wilson (2001), S. 296.

27 Vgl. Hood /Wilson (2001), S. 300.

28 Vgl. Hood /Wilson (2001), S. 300.

29 Vgl. Hood /Wilson (2001), S. 299.

30 Vgl. Hood /Wilson (2001), S. 293.

31 Vgl. Jokic/Ball (2006), S. 16.

32 Vgl. Jokic/Ball (2006), S. 15.

33 Vgl. Jokic/Ball (2006), S. 12.

34 Zwischen den Begriff Webometrie, Cybermetrie und Internetometrie soll nicht weiter unterschieden werden.

35 Björneborn (2004), S. 52.

36 Björneborn (2004), S. 54.

37 Vgl. Ball/Tunger (2005), S. 16.

38 Auf diese Problematik wird beim Imapct-Factor noch mal im speziellen eingegangen.

39 Noyons et al. (2003), S. 56.

40 Vgl. Ball/Tunger (2005), S. 11.

41 Vgl. Havemann (2009), S. 47.

42 Havemann (2009), S. 47.

43 Vgl. Havemann (2009), S. 47.

44 Ball/Tunger (2005), S. 16.

45 Vgl. Jokic/Ball (2006), S. 80.

46 Amin/Mabe (2000), S. 3.

47 Vgl. Herb (2006), http://www.heise.de/tp/r4/artikel/23/23829/1.html [06.05.2009].

48 Vgl. Jokic/Ball (2006), S. 81f.

49 Vgl. Herb (2006), http://www.heise.de/tp/r4/artikel/23/23829/1.html [06.05.2009].

50 Vgl. Ball/Tunger (2005), S. 17.

51 Oftmals setzen sich Erfindungen erst nach vielen Jahren später, aufgrund neuer technologischer Entwicklungen, durch. Siehe dazu: Mićić (2006), S. 18 ff.

52 Vgl. Tunger/Sebald (2005), S. 25.

53 Vgl. Tunger (2007), S. 243.

54 Diese und weitere Beispiele sind kostenfrei online verfügbar unter: http://epaper.konradin- relations.de/wissdex/ [03.07.2009].

55 Vgl. Mittermaier et al. (2006), S. 64 f.

56 Fullerene sind eine auftretende Modifikation des Kohlenstoffs, die erst 1985 entdeckt wurde. Es ist

davon auszugehen, dass Fullerene der Chemie ein ganz neues Feld eröffnen. Näheres unter der Microsoft Encarta Enzyklopädie: http://de.encarta.msn.com/encyclopedia_721525171/Fullerene.html [03.07.2009].

57 CNT: Abkürzung für das englische Wort für carbon nanotubes.

58 Vgl. Mittermaier et al. (2006), S. 64.

59 Dies würde zudem bestätigen, dass Forschungsgebiete die nicht anwendungsbezogen sind, weniger Veröffentlichungen aufweisen und dementsprechend bestimmte Wissenschaften durch die im Kapitel

4.1.3 vorgestellten Indikatoren, „relativ“ weniger Einfluss haben.

60 Mittermaier et al. (2006), S. 64.

61 Vgl. Tunger (2009a), S. 94.

62 Vgl. Mittermaier et al. (2006), S. 64.

63 Vgl. Mittermaier et al. (2006), S. 64.

64 Vgl. http://www.bmbf.de/pub/flyer_innovationsallianz.pdf [03.07.2009] und http://www.inno- cnt.de/de/uebercnt_projekte.php [03.07.2009].

65 Vgl. Ball/Tunger (2005), S. 35 ff.

66 Vgl. Ball/Tunger (2005), S. 42.

67 Ball/Tunger (2005), S. 37.

68 Vgl. http://www.theiet.org/publishing/inspec/ [17.05.2009]

69 Tunger wählte einen gleitenden Durchschnitt 10 Perioden, damit der Zeitraum ausreichend ist, um kurzfristige Schwankungen auszugleichen.

70 Tunger (2009b), S. 177.

71 Ball/Tunger (2005), S. 38.

72 Ball/Tunger (2005), S. 40.

73 Ball/Tunger (2005), S. 40.

Ende der Leseprobe aus 93 Seiten

Details

Titel
Methoden zur Identifikation und Bewertung von Trends
Untertitel
Überblick und Kategorisierung
Hochschule
Hochschule Ludwigshafen am Rhein
Note
1,3
Autor
Jahr
2009
Seiten
93
Katalognummer
V184342
ISBN (eBook)
9783656091035
ISBN (Buch)
9783656091257
Dateigröße
2268 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
methoden, identifikation, bewertung, trends, überblick, kategorisierung
Arbeit zitieren
Andreas Hell (Autor:in), 2009, Methoden zur Identifikation und Bewertung von Trends, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/184342

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