Recycling und Logistik elektrischer und elektronischer Wertstoffe in Kreislaufwirtschaftssystemen


Bachelor Thesis, 2011

62 Pages, Grade: 2,3


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
1.2 Aufbau der Arbeit

2 Kreislaufwirtschaft
2.1 Grundlagen der Kreislaufwirtschaft
2.1.1 Entwicklung und Konzept der Kreislaufwirtschaft
2.1.2 Recyclinggedanke
2.1.3 Kreislaufwirtschafts-/Abfallgesetz
2.1.3.1 Einführung
2.1.3.2 Definition des Abfalls
2.1.3.3 Grundsätze der Kreislaufwirtschaft
2.1.3.4 Produktverantwortung
2.1.3.5 Entsorgung
2.2 Entsorgungslogistik
2.2.1 Einordnung in die Unternehmenslogistik und Entsorgung
2.2.2 Closed-Loop Supply Chain
2.2.3 Interne und externe Entsorgungslogistik
2.2.4 Entsorgungskosten und Ökobilanzierung

3 Aspekte des Elektro- und Elektronikschrotts
3.1 Definition
3.2 Menge, Klassifizierung und Zusammensetzung von Elektronikschrott
3.2.1 Mengenaufkommen und Zusammensetzung
3.2.2 Stoffliche Zusammensetzung und Toxizität
3.3 Elektro- und Elektronikgesetz
3.3.1 Einführung und Ziele
3.3.2 Recyclinggerechte Produktgestaltung und Stoffverbote
3.3.3 Herstellerpflichten und gemeinsame Stelle
3.3.4 Verwertungsmengen
3.3.5 Kritische Betrachtung des ElektroG

4 Prozesse der Entsorgung von Elektro- und Elektronikaltgeräten
4.1 Einführung
4.2 Sammlung und Rücknahmemöglichkeiten
4.2.1 Sammlungssysteme
4.2.2 Sammlung durch öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger
4.2.3 Freiwillige Rücknahme durch Hersteller und Händler
4.3 Konzepte der Abholung
4.3.1 Allgemeine Pflichten bei der Abholung
4.3.2 Organisatorische Möglichkeiten der Abholung und Behandlung
4.3.3 Netzwerk der Recyclingdienstleister
4.4 Behandlung und Verwertung
4.4.1 Gesetzliche Grundlagen und Vorbehandlung
4.4.2 Demontage
4.4.3 Remanufacturing
4.4.4 Verwertung und Wiedereinsteuerung
4.5 Zusammenfassende Übersicht

5 Zusammenfassung und Bewertung

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Vereinfachte Darstellung des Strukturwandels vom linearen 3 zum zyklischen System

Abb. 2: Facetten des Recyclings

Abb. 3: Kaskadenmodell als Rangfolge möglicher 6 Abfallbeseitigungsmaßnahmen

Abb. 4: Beseitigung und Verwertung von Abfall

Abb. 5: Stellung der Entsorgungslogistik in der Unternehmenslogistik

Abb. 6: Systematisierung der Entsorgung

Abb. 7: Prozentuale Verteilung der gesammelten Menge an 19 Elektro(nik)altgeräten im B2C- und B2B-Bereich

Abb. 8: Teilbereiche der umweltgerechten Produktgestaltung

Abb. 9: Möglichkeiten der Abfallerfassung in Redistributionssystemen

Abb. 10: Abfallerfassung im Redistributionssystem von 36 Elektro(nik)altgeräten

Abb. 11: Koordination in einem logistischen Recyclingnetzwerk

Abb. 12: Verfahrensschritte und Stoffe bei der Demontage

Abb. 13: Prozesse der Aufarbeitung und Aufbereitung in der 46 Qualitätssicherung

Abb. 14: Übersicht über die Prozesse der Entsorgungslogistik bei 48 Elektro(nik)altgeräten

Tabellenverzeichnis

Tab. 1: Akteure und ihre Aufgabengebiete in Kreislaufwirtschafts- 14 systemen

Tab. 2: Durchschnittliche Zusammensetzung des Elektro(nik)schrotts

Tab. 3: Soll-Ist-Vergleich der Verwertungs- und Recyclingquoten des 27 Jahres

Tab. 4: Wesentliche Behandlungsprozesse von Altgeräten

Tab. 5: Ausgewählte Trenn- und Sortierverfahren

1 Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Kreislaufwirtschaftssystem von Elektro- und Elektronikgeräten. Dieses steht im engen Zusammenhang mit dem 2005 in Kraft getretene Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG), das die geteilte Produktverantwortung in den Vordergrund stellt und damit Hersteller, Importeure und Händler zur Einrichtung eines kollektiven oder individuellen Rücknahme- und Verwertungssystems für Elektro- und Elektronikaltgeräte verpflichtet.

Unterdessen wirkt sich die infolge des technischen Fortschritts sinkende Produktlebensdauer besonders auf die Produkte der Elektro- und Elektronikindustrie aus. Steigende Abfallmengen und heterogene Stoffe problematisieren die Entsorgung in der Kreislaufwirtschaft zusätzlich.

Hersteller stehen folglich vor der Herausforderung ihre Produkte unter Recyclinggesichtspunkten so zu gestalten, dass die gesetzlichen Recycling- und Verwertungsquoten eingehalten werden können. Gestiegene gesetzliche Anforderungen sowie ein anschwellender Kosten- und Wettbewerbsdruck erschweren eine erlösbringende Behandlung der Altgeräte für Hersteller zunehmend. Daher müssen Rückführungskonzepte für ausgediente Altgeräte entwickelt werden. Die Aufgabe der Entsorgungslogistik ist demnach ein effizientes Recycling durch gezielte Kreislauf- und Verwertungsprozesse für Produkte, Bauteile und Rohstoffe unter Kostengesichtspunkten anzustreben.

Ziel dieser Arbeit ist die Darstellung der Prozesse und Rückführungsmöglichkeiten bei der Entsorgung von Altgeräten im Kreislaufwirtschaftssystem der Elektro- und Elektronikindustrie.

1.2 Aufbau der Arbeit

Einleitend werden im zweiten Kapitel die Entwicklung und die Prinzipien der Kreislaufwirtschaft im heutigen recyclingorientierten System sowie die in Deutschland zugrunde liegenden gesetzlichen Rahmenbedingungen erläutert. Zudem werden die Stellung der Entsorgungslogistik im Unternehmen und die dazugehörenden Faktoren erläutert.

Kapitel drei beschäftigt sich mit dem Begriff der „Elektro- und Elektronikgeräte“. Dabei wird das Abfallaufkommen ebenso wie die Zusammensetzung der Altgeräte und das für die Altgeräteentsorgung relevante ElektroG thematisiert. Außerdem werden die sich ergebenden Konsequenzen bei der Entsorgung für Hersteller dargestellt.

Kapitel vier geht auf den Ablauf und die Prozesse der Entsorgung von Elektro- und Elektronikaltgeräten ein. Dabei werden die entsorgungslogistischen Prozesse und unterschiedlichen Aspekte der Verfahrensschritte zur Sammlung, Abholung, Behandlung und Verwertung sowie Recyclingnetzwerke bei der Behandlung und Entsorgung veranschaulicht. Die Ausführung wird durch eine zusammenfassende Darstellung komplettiert.

Eine Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse der Arbeit erfolgt im fünften Kapitel.

2 Kreislaufwirtschaft

2.1 Grundlagen der Kreislaufwirtschaft

2.1.1 Entwicklung und Konzept der Kreislaufwirtschaft

Seit Anfang der 70er Jahre gibt es verbindliche Abfallrechtsnormen in Deutschland. Die erste Rechtsnorm war das Abfallbeseitigungsgesetz (AbfG), das im Jahre 1972 in Kraft trat. Den Kernpunkt bildete dabei die Hausmüllbeseitigung.1

Dieses Gesetz wurde im Jahre 1986 angesichts steigenden ökologischen Bewusstseins durch das Abfallgesetz (AbfG) abgelöst. Das Abfallgesetz enthielt erstmals den Grundgedanken der Abfallverwertung, hingegen nicht die Abfallvermeidung.2

Aufgrund von Veränderungen der gesellschaftlichen Einstellung und einem neuen politischen Umweltbewusstsein trat im Jahre 1996 das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG) in Kraft. Es bedeutet einen Wendepunkt in der Abfallwirtschaft, da es einen vorsorgeorientierten und verantwortungsbewussten Abfallbegriff einführt. Erstmalig hat sich die Rohstoffkette von einem linearen, endlichen Materialfluss in einen kreislauforientierten Ablauf entwickelt (vgl. Abb.1).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Vereinfachte Darstellung des Strukturwandels vom linearen zum zyklischen System, in Anlehnung an R INSCHEDE /W EHKING [Kreislaufwirtschaft 1995], S. 26

In Systemen der Kreislaufwirtschaft sind die Aufgaben Zulieferung, Produktion, Distribution, Handel, Redistribution, Aufarbeitung, Aufbereitung und Beseitigung zu bewältigen. Diese müssen in Prozesse der Logistik umgewandelt und den verschiedenen Akteuren der Logistikkette zugeordnet werden.3

2.1.2 Recyclinggedanke

Im Rahmen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes entstand die Frage nach der Schließung von Stoffkreisläufen und der damit verbundenen stofflichen und energetischen Verwertung von Rückständen.4 Mit dem Begriff der Verwertung hat man sich schon früh auseinandergesetzt, beispielsweise wurden nicht mehr benötigte Produkte aus Eisenschrott eingeschmolzen, um Kosten im Zusammenhang mit der Neugewinnung durch Erzabbau zu senken.5 Der Gedanke des Recyclings war demnach schon frühzeitig vorhanden. Aus der Erkenntnis, dass die Abfallmengen - vor allem aus privaten Haushalten - jährlich anstiegen, entwickelte sich nunmehr der Begriff des Recyclings in der Abfallwirtschaft.

Eine allgemeine Definition des Recyclings liefert u. a. der Brockhaus. Demnach ist Recycling „die Wiederverwendung von Abfällen (z. B. Nebenprodukte oder [verbrauchte] Endprodukte) als Rohstoffe für die Herstellung neuer Produkte […]. Beim Recycling wird eine Zirkulation der Wertstoffe zwischen Produktion und Konsum unter Einbeziehung von Verwendungs- und Verwertungskreisläufen angestrebt.“6 Eine Rückführung von Abfällen kann direkt in der Produktion, während oder nach dem Gebrauch der Produkte geschehen (vgl. Abb. 2).

Das Recycling bietet demzufolge vielseitige Möglichkeiten der Abfallbehandlung, wobei unter Berücksichtigung aller relevanten Gesichtspunkte, wie dem Energieverbrach der Recyclinganlagen, der Menge der nicht mehr rückführbaren oder auch toxischen Rückstände und dem Transportaufkommen der Abfälle, nach der sinnvollsten Zweitnutzung gesucht werden muss.7 Diese sollte allerdings nicht bezwecken, dass eine Weiternutzung der verwendeten Wertstoffe nach der Zweitnutzung unmöglich ist. Insofern ist der Lebenszyklus der Wertstoffe in dem Maße zu analysieren, dass eine möglichst langfristige Nutzung auf der höchstmöglichen Wertschöpfungsstufe angestrebt werden kann. Diesen Sachverhalt bezeichnen Rinschede und Wehking als Kaskade der Verwertbarkeit.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Facetten des Recyclings, in Anlehnung an A RNOLD U . A . [Handbuch Logistik 2008], S.488

Anhand des Kaskadengedankens lässt sich eine Rangfolge an Maßnahmen herleiten, auf die im Folgenden genauer eingegangen wird:8

Bei der Wiederverwendung werden Produkte gereinigt, um sie nochmals zum gleichen Zweck wie bei der Erstnutzung zu gebrauchen. Dabei verzichtet man auf die Zugabe von Primärrohstoffen, also denen, die bisher noch nicht recycelt wurden. Ein Beispiel hierfür sind Pfandflaschen.

Unter Weiterverwendung versteht man die Verwendung von Produkten oder Bauteilen für einen anderen meist minderwertigeren Zweck, wobei weiterhin auf eine Aufbereitung durch Zugabe von Primärrohstoffen verzichtet wird. Beispielhaft sei hierfür der Gebrauch alter Prozessorchips in Spielzeug genannt.

Die Wiederverwertung zeichnet sich durch den erneuten Einsatz des recycelten Sekundärrohstoffes aus. Bei dieser Maßnahme ist jedoch eine Zugabe von Primärrohstoffen oder eine Materialaufbereitung zwingend erforderlich. Ein Beispiel für diese Art der Verwertung ist die Herstellung neuer Glasflaschen aus Bruchglas.

Die Weiterverwertung stellt die letzte Stufe des Recyclings dar und wird daher auch Downcycling genannt. In diesem Fall werden die Wertstoffe aus Produkten für einen anderen Zweck benutzt. Es findet ebenfalls eine Aufbereitung statt. Ein Beispiel ist die Weiterverarbeitung von gemischten Altkunststoffen, z. B. PETFlaschen, zu Fleecepullovern oder Parkbänken.

Stellvertretend für Wieder- und Weiterverwendung bzw. Wieder- und Weiterverwertung spricht man oftmals auch von Produkt- bzw. Materialrecycling.9

Ist das Recycling wirtschaftlich und vor allem ökologisch aufgrund des hohen Energieverbrauches der Recyclinganlagen in Hinblick auf das Nutzungspotenzial der recycelten Stoffe und einer erneuten Verwendung oder Verwertung nicht sinnvoll, so ist von einem stofflichen Recycling um jeden Preis auf einer höchstmöglichen Stufe abzuraten.10

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Kaskadenmodell als Rangfolge möglicher Abfallbeseitigungsma ßnahmen, In Anlehnung an

RINSCHEDE /WEHKING [Kreislaufwirtschaft 1995], S. 44 und S CHLÖGL [Elektronikschrott 1995], S. 21

Die letzte Stufe des Recyclings stellt die zu Beginn bereits erwähnte energetische Verwertung dar. Bei dieser thermischen Verwertung wird das Potenzial des direkten Energiegehaltes - dem Heizwert der einzelnen Recyclingfraktionen - ausgenutzt.11 Dieses Verfahren beinhaltet demnach die Verbrennung der restlichen Stoffe, wobei die dabei freigesetzte Energie zur Stromerzeugung oder Heizung durch Fernwärme nutzbar gemacht wird.12 Das dabei entstehende Rauchgas (pro Tonne Abfall zwischen 4000 und 6000 m³) kann weitestgehend mit Hilfe fortschrittlicher Filterund Reinigungsverfahren gesäubert werden.13

2.1.3 Kreislaufwirtschafts-/Abfallgesetz

2.1.3.1 Einführung

Auf der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro trafen sich 1992 Vertreter aus 178 Ländern, um über ökologische Fragen und Nachhaltigkeit im 21. Jahrhundert zu beraten.14 Ergebnis war die Agenda 21, deren zentrales Element u. a. die Aufforderung zu einer lokalen und regionalen Umsetzung des Nachhaltigkeitsgedankens ist.15

In Deutschland wurde dieser Gedanke im Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz (KrW-/AbfG), das im Oktober 1996 eingeführt wurde, konsequent umgesetzt. Zu den Schwerpunkten des KrW-/AbfG gegenüber dem bis dahin gültigen Abfallgesetz (AbfG) gehören:16

Beseitigung der Unsicherheit des Abfallbegriffs (vgl. 2.1.3.2), Abfallvermeidung an der Quelle der Entstehung und die Ausdehnung der Verantwortung für die Produkte auf den Produzenten (vgl. 2.1.3.4) sowie Beschleunigung der Zulassung von Entsorgungs- bzw. Behandlungsanlagen.

Zweck des Gesetzes nach § 1 KrW-/AbfG „ist die Förderung der Kreislaufwirtschaft zur Schonung der natürlichen Ressourcen und die Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen.“17 Die Verantwortung zur Trennung des Abfalls wird demnach von den Abfallerzeugern bzw. -besitzern (Konsumenten) getragen.

2.1.3.2 Definition des Abfalls

Zu Zeiten des AbfG wurde zwischen dem „objektiven“ (Beseitigung im öffentlichen Interesse) und dem „subjektiven“ (persönlicher Entledigungswille) Abfallbegriff unterschieden. Das heutige KrW-/AbfG führte 1996 einen neuen, vorsorgeorientierten Abfallbegriff ein und gab den subjektiven Abfallbegriff auf.18

Abfälle sind nach § 3 Absatz 1 KrW-/AbfG „alle beweglichen Sachen, […] denen sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss.“ Sie werden in flüssige, pastöse und feste Abfälle untergliedert. Detaillierte Anforderungen an die Behandlung und den Nachweis von Abfällen19 werden an überwachungsbedürftige (nicht gefährliche) und besonders überwachungsbedürftige gestellt. Dies sind Abfälle, die in hohem Maße „gesundheits-, luft- und wassergefährdend, sowie explosibel oder brennbar sind oder Erreger übertragbarer Krankheiten enthalten oder hervorbringen können.“20 Des Weiteren wird der Begriff Abfall in Abfälle zur Verwertung und Beseitigung unterteilt.21 Eine Übersicht über den Abfallbegriff bietet auch Abb. 4.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Beseitigung und Verwertung von Abfall, eigenen Darstellung

Abfall entsteht im gesamten Güterkreislauf. Schon bei der Rohstoffgewinnung fallen große Abfallmengen an, z. B. in Form von Abraum. Auch die Herstellung des Endproduktes liefert neben defekten Produkten produktionsbedingte Abfälle, beispielsweise durch Verschnitt bei den verwendeten Rohstoffen. Vor allem verursachen die logistischen Prozesse, die TUL-Prozesse (Transport, Umschlag, Lagerung), von der Entstehung des Produktes bis hin zur Produktentsorgung Abfälle wie Einwegpaletten, Folien, Kartonagen, Papier etc. Ursächlich dafür sind verpackungstechnische und ladungssichernde Maßnahmen, die die Qualität des Produktes und der damit verbundenen Informationen erhalten sollen.22

2.1.3.3 Grundsätze der Kreislaufwirtschaft

Die Abfallwirtschaft bekam durch das KrW-/AbfG eine neue Zielhierarchie. Nach § 4 Absatz 1 KrW-/AbfG sind Abfälle „in erster Linie zu vermeiden, […] in zweiter Linie stofflich zu verwerten oder zur Gewinnung von Energie zu Nutzen (energetische § 41 Absatz 1 und Absatz 3 Satz 1 KrW-/AbfG; entnommen aus: KRANERT/CORD-LANDWEHR [Abfallwirtschaft 2010], S. 393. Verwertung).“23 Diese grundsätzliche Abfolge der Vermeidung vor der Verwertung wird ergänzt durch die Abfallbeseitigung. Nachfolgend werden die drei Zielkategorien näher erläutert.24

Bei der Abfallvermeidung sollen möglichst keine oder nur geringe Abfallmengen zugelassen und die Schädlichkeit des Abfalls verringert werden. Mögliche Maßnahmen zur Abfallvermeidung „sind insbesondere die anlageninterne Kreislaufführung von Stoffen, die abfallarme Produktgestaltung sowie ein auf den Erwerb abfall- und schadstoffarmer Produkte gerichtetes Konsumverhalten.25

Wie schon aufgeführt unterteilt sich die Abfallverwertung in die stoffliche und energetische Verwertung, wobei die bessere umweltverträgliche Verwertung Vorrang hat26. Die stoffliche Verwertung liegt vor, wenn Abfälle in dem Maße bearbeitet werden, dass sie für ihren ursprünglichen oder einen anderen Zweck als Sekundärrohstoffe zu Verfügung stehen (Wieder- bzw. Weiterverwertung).27 Bei der energetischen Verwertung werden Abfälle als Ersatzbrennstoff eingesetzt.28

Ist auch die energetische Verwertung nicht möglich oder empfehlenswert, müssen die Abfälle beseitigt werden. Die Abfallbeseitigung beinhaltet die thermische Behandlung bzw. Beseitigung in einer Müllverbrennungsanlage bzw. einer Deponie oder Abfallbeseitigungsanlage des Abfallerzeugers. In § 10 KrW-/AbfG werden Grundsätze der gemeinwohl-verträglichen Abfallbeseitigung festgelegt. Demnach sind Abfälle so zu beseitigen, dass:29

- sie dauerhaft von der Kreislaufwirtschaft auszuschließen sind.
- durch die Behandlung von Abfällen ihre Menge und Schädlichkeit zu vermindern ist.
- die bei der Behandlung und Ablagerung anfallende Energie oder Abfälle so weit wie möglich zu nutzen sind.
- das Wohl der Allgemeinheit nicht beeinträchtigt wird.

§ 5 Absatz 5 KrW-/AbfG erlaubt hingegen eine Ausnahme von dieser Regelung. Der „Vorrang der Verwertung von Abfällen entfällt, wenn deren Beseitigung die umweltverträglichere Lösung darstellt.“30

2.1.3.4 Produktverantwortung

Neben der zuvor genannten Zielhierarchie schreibt der § 22 KrW-/AbfG den Entwicklern, Herstellern, Be- und Verarbeitern oder Händlern die Produktverantwortung zur Erfüllung der Ziele der Kreislaufwirtschaft vor.31 Dabei gilt es folgende Aspekte zu berücksichtigen:

- Abfälle bei der Herstellung und dem Gebrauch von Produkten sollen vermindert werden.
- Die umweltverträgliche Verwertung und Beseitigung ist sicherzustellen.
- Produkte sind so zu gestalten, dass sie mehrfach verwendbar, technisch langlebig und nach Gebrauch zur ordnungsgemäßen und schadlosen Verwertung und umweltverträglichen Beseitigung geeignet sind.
- Neumaterial soll durch Sekundärrohstoffe in der Produktion ergänzt werden.
- Schadstoffe sollen gekennzeichnet werden.
- Es ist nötig die Produkte hinsichtlich Rückgabe-, Wiederverwendungs- und Verwertungsmöglichkeiten oder -pflichten zu kennzeichnen.
- Die Rücknahme der Produkte und deren Abfällen zur nachfolgenden Verwertung oder Beseitigung soll gewährleistet sein.

Für Hersteller oder Vertreiber bzw. Erzeuger und Besitzer wurden explizite Rücknahme- und Rückgabepflichten durch Rechtsverordnungen erlassen.32 Solche Rechtsverordnungen bestehen für Altöl, Batterien, Altautos und Verpackungen sowie seit 2005 auch für Elektro- und Elektronikschrott (vgl. 3.2).

2.1.3.5 Entsorgung

Nicht mehr zu verwertende Abfälle müssen entsorgt werden. Dabei ist darauf zu achten, dass sie aufgrund ihrer oft toxischen und umweltgefährdenden Eigenschaften nicht mehr zurück in die Prozesse der Kreislaufwirtschaft und das Ökosystem gelangen können. Gewöhnlich werden diese Abfälle Deponien zugeführt, um sicher endgelagert zu werden.33 Im Gegensatz zu früher sind Deponien heute endabgedichtete Anlagen, damit ein Eindringen von Schadstoffen in das Grundwasser oder eine sonstige Belastung der Umwelt vermieden werden kann. Gegenwärtig wird der Deponieraum immer knapper bzw. steht gar nicht zur Verfügung.34 Um ihn optimal zu nutzen, werden brennbare Abfälle zuvor in Müllverbrennungsanlagen verbrannt, wenn sie keinen Sondermüll darstellen. Heute werden Abfälle in weitaus geringeren Mengen auf Deponien entsorgt als dies noch vor 20 Jahren der Fall war, vor allem weil seit 2005 die Ablagerung unbehandelter Abfälle auf Deponien untersagt ist.35 Im Jahre 1991 bestand das Problem der Entsorgung in einer zu geringen Anzahl bzw. Kapazität von Müllverbrennungs- anlagen (47 Anlagen in 198936 ; 75 Anlagen in 200537 ), sodass der Abfall sofort auf Deponien entsorgt werden musste. Die heutige Gesetzgebung lässt diesbezüglich keine Ausnahmen mehr zu.

Weiterhin stellt die Entsorgung jedoch auch die Rückführung von Stoffen in Form des Recyclings in die Kreislaufwirtschaft dar.

Somit umfasst Abfallentsorgung die Beseitigung, aber auch die Verwertung von Abfällen.38

2.2 Entsorgungslogistik

2.2.1 Einordnung in die Unternehmenslogistik und Entsorgung

Lange Zeit war die Unternehmenslogistik auf die klassischen Logistikprozesse Beschaffung, Produktion und Distribution beschränkt. Auch wenn die Logistik als Querschnittsfunktion auf eine Betrachtung der gesamten Prozesse eines Unternehmens fokussiert war (TUL-Prozesse), blieb mit der Entsorgungslogistik ein wesentlicher Faktor innerhalb der Wirtschaftsabläufe lange unberücksichtigt39. Dieser Sachverhalt ist womöglich darauf zurückzuführen, dass die Entsorgung nicht als Wertschöpfung, sondern nur als Dienstleistung angesehen wurde, was sich durch den Wandel in ein Kreislaufwirtschaftssystem änderte. Durch Recycling besitzen viele Altprodukte noch einen verborgenen Wert. Heute hat sich die Entsorgungslogistik zu einem vierten Teilgebiet der Logistik entwickelt, da Abfälle während der gesamten Wertschöpfung von der Beschaffung über die Produktion bis hin zur Distribution entstehen (vgl. Abb. 5).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 5: Stellung der Entsorgungslogistik in der Unternehmenslogistik, eigene Darstellung

Nach Isermann umfasst die Entsorgungslogistik „die auf die Unternehmensziele und ökonomischen Rahmenbedingungen ausgerichtete Planung, Steuerung und Überwachung der logistischen Leistungsprozesse für Rückstände im Verantwortungsbereich des Unternehmens.“40 Damit enthält die Entsorgungslogistik das Management der Stoffströme bestehend aus Altgütern, Wert- und Reststoffen sowie der dazugehörigen Informationen.

Schulte teilt die Entsorgungslogistik als einen Teilbereich der Entsorgung ein.41 Nach seiner Definition gehören die Prozesse der Aufbereitung und Entsorgung i. e. S. nicht zur Entsorgungslogistik, sondern stellen Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung der Entsorgungslogistik dar (vgl. Abb. 6).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Systematisierung der Entsorgung, in Anlehnung an S CHULTE [Optimierung 1999], S. 416

Darüber hinaus sind die zur Unternehmenslogistik im Rahmen der nachhaltigen Logistik (Green Logistics) zählenden ökologischen Ziele für die Entsorgungslogistik von besonderem Interesse. Neben dem übergeordneten Ziel der Vermeidung und Verwertung von Abfällen umfassen sie u. a.:42

- Senkung von Emissionen durch Reduzierung von Schadstoffen, Lärm und Geräuschen,
- Schonung der Ressourcen durch minimalen Materialeinsatz und
- Schutz und Schonung der Natur durch Senkung des Energieverbrauchs sowie durch Verminderung des Flächenverbrauchs.

2.2.2 Closed-Loop Supply Chain

Die Entsorgungslogistik ergänzt die bisherige Versorgungslogistik zu einer Kreislauflogistik. Daraus folgt eine Betrachtung der Logistik- bzw. Wert- schöpfungskette als geschlossene Kette, der sogenannten Closed-Loop Supply Chain. In einer Closed-Loop Supply Chain fließen eigene Produkte - sei es in Form von rücklaufenden Neuprodukten (Retouren) oder durch Redistribution gebrauchter, zu recycelnder Produkte -wieder zurück in das Produktionsnetzwerk des Unternehmens.43

In Verbindung mit Closed-Loop Supply Chains ist ein besonderes Augenmerk auf das Supply Chain Management (SCM) zu richten. Es beschäftigt sich mit der Koordination der Logistik- und Wertschöpfungskette vom Lieferanten zum Kunden. Zur Koordination aller Beteiligten der Closed-Loop Supply Chain kann das Supply- Chain-Operations-Reference-Modell (SCOR) des Supply Chain Councils herangezogen werden. Das SCOR-Modell bezieht sich auf die fünf Prozesse Plan (Planen), Source (Beschaffen), Make (Herstellen), Deliver (Liefern) und Return (Zurückführen).44 Bei dem Prozess „Return“ handelt es sich in diesem Modell allerdings nur um das Retourenmanagement. Er muss daher um die Rückführung und Behandlung von Produkten, Bauteilen und Stoffen erweitert werden.

Tab. 1 zeigt die Akteure und ihre Aufgabengebiete in einer Closed-Loop Supply Chain auf. Sie entspricht einer Konkretisierung des SCOR-Modells.45 Dabei sind produktionswirtschaftliche- und logistische Akteure zu unterscheiden.

[...]


1 Vgl. ARNOLD U. A. [Handbuch Logistik 2008], S.495.

2 Vgl. ARNOLD U. A. [Handbuch Logistik 2008], S.495.

3 Vgl. HAASIS [Produktions- und Logistikmanagement 2008], S. 158.

4 Vgl. § 6 Absatz 1 KrW-/AbfG.

5 Vgl. Johannsen, O.: Geschichte des Eisens, 1953, S.180ff.; zitiert durch: FRANK [Rohstoffwirtschaft 1990], S. 7.

6 BROCKHAUS [Enzyklopädie 2005-06], Artikel Recycling; vgl. hierzu auch: VDI 2243 [Produktentwicklung 2002].

7 Vgl. RINSCHEDE/WEHKING [Kreislaufwirtschaft 1995], S.43.

8 Vgl. hierzu: SCHLÖGL [Elektronikschrott 1995], S. 19ff.; FRANK [Rohstoffwirtschaft 1990], S. 7f.

9 Vgl. SCHLÖGL [Elektronikschrott 1995], S. 20.

10 Vgl. RINSCHEDE/WEHKING [Kreislaufwirtschaft 1995], S. 28.

11Vgl. RINSCHEDE/WEHKING [Kreislaufwirtschaft 1995], S. 53.

12 Vgl. SCHLÖGL [Elektronikschrott 1995], S. 20.

13 Vgl. zur Rauchgasreinigung und Entstaubung von Abfällen aus Müllverbrennungsanlagen beispielsweise SCHWISTER [Umwelttechnik 2010], S. 403ff.

14 Vgl. UN [Conference 1992].

15 Vgl. BMZ [Rio o. J.].

16 Vgl. RINSCHEDE/WEHKING [Kreislaufwirtschaft 1995], S. 29.

17 § 1 KrW-/AbfG.

18 Vgl. RINSCHEDE/WEHKING [Kreislaufwirtschaft 1995], S. 29.

19 Vgl. § 43 KrW-/AbfG.

20(gefährliche) Abfälle

21 § 3 Absatz 1 Satz 2 KrW-/AbfG.

22 Vgl. RINSCHEDE/WEHKING [Grundlagen 1991], S. 29ff.

23 § 4 Absatz 1 KrW-/AbfG.

24 In der neuen Abfallrahmenrichtlinie vom 19. November 2008, Artikel 4 (2008/98/EG) wird eine fünfstufige Abfallhierarchie festgelegt: (1) Vermeidung, (2) Wiederverwendung, (3) stoffliche Verwertung, (4) sonstige, z. B. energetische Verwertung und (5) Beseitigung.

25 § 4 Absatz 2 KrW-/AbfG.

26 Vgl. § 6 Absatz 1 Satz 2 KrW-/AbfG.

27 Vgl. § 4 Absatz 3 KrW-/AbfG.

28 Vgl. § 4 Absatz 4 KrW-/AbfG.

29 Vgl. § 10 KrW-/AbfG.

30 Vgl. § 5 Absatz 5 KrW-/AbfG.

31 Vgl. § 22 Absatz 1 Satz 1 KrW-/AbfG.

32 Vgl. § 24 KrW-/AbfG.

33 Vgl. zur Deponierung von Abfällen beispielsweise SCHWISTER [Umwelttechnik 2010], S. 411ff.

34 Vgl. FÖRSTNER [Umweltschutztechnik 2008], S. 306.

35 Vgl. BMU [Abfallablagerungsverordnung 2010].

36 Vgl. RINSCHEDE/WEHKING [Grundlagen 1991], S. 16.

37 Vgl. ARNOLD U. A. [Handbuch Logistik 2008], S. 512.

38 Vgl. § 3 Absatz 7 KrW-/AbfG.

39 Vgl. ARNOLD U. A. [Handbuch Logistik 2008], S. 487.

40 ISERMANN [Gestaltung 1998], S. 310.

41 Vgl. SCHULTE [Optimierung 1999], S. 415.

42 Vgl. GUDEHUS [Logistik 2010], S. 75.

43 Vgl. TU-BRAUNSCHWEIG [Reverse Logistics 2011].

44 zum Supply Chain Council und weiteren Informationen über das SCOR-Modell vgl. http://supply- chain.org/ (englisch).

45 Vgl. HAASIS [Produktions- und Logistikmanagement 2008], S. 161f.

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Details

Title
Recycling und Logistik elektrischer und elektronischer Wertstoffe in Kreislaufwirtschaftssystemen
College
Hochschule Ostwestfalen-Lippe - University of Applied Sciences
Grade
2,3
Author
Year
2011
Pages
62
Catalog Number
V184404
ISBN (eBook)
9783656092117
ISBN (Book)
9783656092001
File size
1939 KB
Language
German
Keywords
Elektronikschrott, Entsorgungslogistik, Kreislaufwirtschaft, Recycling
Quote paper
Thorsten Frierk (Author), 2011, Recycling und Logistik elektrischer und elektronischer Wertstoffe in Kreislaufwirtschaftssystemen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/184404

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